Hongkong 1972
Regie:
Chung Chang-Hwa
Darsteller:
Lo Lieh,
Wang Ping,
Chao Hsiung,
Tien Feng,
Bolo Yeung,
Fang Mien,
Kim Ki-ju,
Tung Lin
„Eine hochexplosive Packung Dynamit, deren Sprengkraft alle bisherigen Maßstäbe des Actionfilms zertrümmert.“ [Trailer lügen nicht!]
Inhalt:
Sung Wu-Yang [Ku Wen-Chung], Lehrer einer Kung-Fu-Schule, weiß, dass er nicht mehr der Jüngste ist. Da in Kürze ein wichtiges Turnier stattfindet, rät er seinem geschätzten Schüler Chao Chih-Hao [Lo Lieh] daher, sich in die Lehre von Meister Suen Hsin Pei [Fang Mien] zu begeben, um dort die bestmögliche Ausbildung zu erhalten. Nach kurzem Zögern bewirbt sich Chao wie empfohlen, unterliegt bei der Aufnahmeprüfung jedoch im Zweikampf und wird zunächst zum Küchendienst verdammt. Doch Suen bemerkt schnell, welch Potential in dem jungen Mann steckt und sein demütiges Wesen überzeugt ihn schließlich, ihn zum Training zuzulassen. Doch dann droht Ärger in Gestalt des machthungrigen Meisters Meng Tung-Shan [Tien Feng], der möchte, dass sein Sohn Tien-Hsiung [Tung Lam] das anstehende Turnier gewinnt und dem die Fähigkeiten Chaos daher ein Dorn im Auge sind. So wirbt er den knallharten Kämpfer Chen Lang [Kim Ki-Ju] an, der Chao provoziert und die Schüler Suens terrorisiert. Chao kann Chen im Zweikampf besiegen, was ihm den Respekt seines Meisters einbringt, der infolgedessen beschließt, ihn in die gefürchtete 'Technik der Eisernen Faust' einzuweihen – ein Privileg, das nur die wenigsten genießen. Das wiederum gefällt Han Lung [James Nam] nicht – ein weiterer Schüler Suens, der Chao den Erfolg neidet. Han läuft zu Meng über und gemeinsam spinnen sie eine Intrige, die Chao seine Hände kosten wird.
Kritik:
Die Brüder Runme und Run Run Shaw feierten ihren größten Triumph ab Mitte der 60er Jahre, als sie damit begannen, Asiens Kinosäle mit einer gigantischen Welle an Kung-Fu-Epen zu fluten, deren Erfolg trotz eines nahezu astronomischen Ausschusses über 15 Jahre lang niemals so wirklich abebben wollte. Neben dem enormen Wiedererkennungswert der Produktionen (herrührend aus der Langzeitverpflichtung bestimmter Darsteller und wiederholtem Einsatz vertrauter Sets) lag das vor allem daran, dass sie in der Regel deutlich gewissenhafter und durchdachter gefertigt waren als die oft schleunig übers Knie gebrochenen Schnellschüsse der Konkurrenz. Als Beleg für diese These sei ZHAO – DER UNBESIEGBARE gereicht, der 1972 erstmalig das Licht der Leinwand erblickte und außerhalb Deutschlands in erster Linie als KING BOXER bekannt ist. Die Geschichte zweier sich in den Haaren liegender Kung-Fu-Schulen mag dabei zwar wie ein alter Hut klingen, zu Beginn der 70er Jahre jedoch war die Idee noch relativ neu, was man der Frische der Erzählung auch durchaus anmerkt. Regisseur Chung Chang-Hwa [→ VENUS MIT DEN 1000 GESICHTERN] beging zudem auch nicht den Fehler, FIVE FINGERS OF DEATH (so ein weiterer Alternativtitel) zu einer banalen Dauerbalgerei verkommen zu lassen, sondern zeichnet den Weg Chaos (der im deutschen Titel zu Zhao wurde) von der Küchenhilfe zum Kung-Fu-Triumphator als von Entbehrungen und Schicksalsschlägen gesäumten Selbstfindungsprozess, der zwar nicht frei von Kitsch und Klischee, aber doch stets nachvollziehbar und interesseweckend vonstattengeht.
Tatsächlich investiert die von Kong Yeung [→ STÄRKER ALS 1000 DRACHEN] erdachte Fabel mindestens ebenso viel Leidenschaft in ihre Figuren wie in ihre Fights und setzt die körperlichen Auseinandersetzungen nicht redundant ein, sondern mit Bedacht und Geschick. So sind es vor allem die Kleinigkeiten, die das perfekt in Szene gesetzte Martial-Arts-Märchen zu besonderem Glanze verhelfen: Als Chao beschließt, seinen alten Meister zu verlassen und somit auch dessen Tochter Ying Ying, die in unausgesprochener Liebe zu dem jungen Kämpfer erblüht ist, und er ihr zum Abschied stumm und zärtlich über die tränenbenetzte Wange streicht, dann mag das nur ein flüchtiger Moment sein, bildet jedoch einen latent effektiven Kontrast zum blutigen Kampfgeschehen. Lo Lieh [→ DAS TODESDUELL DER TIGERKRALLE] (der sich später aus irgendeinem Grunde überwiegend mit eher undankbaren Nebenrollen begnügen musste) verkörpert die Titelfigur als konstant besonnen agierenden Ehrenmann, der trotz seiner oftmals passiven Art und ausgemachten Musterknabenattitüde niemals langweilig wirkt, sondern stets sympathisch und liebenswert. Los Chao ist kein klassischer Actionheld, der sich in coole Posen wirft, markige Sprüche vom Stapel lässt und sich dann mit Leichtigkeit durch seine Gegner pflügt. Chao ist eigentlich friedlebend, verweigert sich mehrmals dem Kampf und reagiert in der Regel immer erst dann, wenn er wirklich keine Wahl mehr hat. Dem deutschen Titel zum Trotze ist er auch mitnichten unbesiegbar und muss bis zum Finale einiges an Rückschlägen einstecken, was darin gipfelt, dass ihm, nach Vorbild von Sergio Corbuccis Western-Markstein DJANGO, die Hände zertrümmert werden.
Zarte Seelen mögen solche Momente womöglich erschrecken, insgesamt jedoch geriet die Gewaltdarstellung eher moderat – mit einer Ausnahme freilich, die in ihrer Comic-Ästhetik allerdings eher zum Schmunzeln als zum Schaudern einlädt, wenn einem bedauernswerten Unglücksraben beide Augäpfel herausgerissen werden. Quentin Tarantino adaptierte für sein Meisterwerk KILL BILL nicht nur diese Idee, sondern auch gleich den sirenenartigen Sound, der diese Szene begleitet (und der hier wiederum aus der TV-Serie DER CHEF annektiert wurde). Dazu gesellen sich ein paar effektive Kunstblutfontänen und lustige Klänge aus der Geräuschekammer, die Knochenbrüche und Körperschäden signalisieren sollen. Die Zeit dazwischen ist besonnen und angenehm unaufgeregt inszeniert und bietet ein buntes Potpourri aus Verrat, Intrigen, Eifersucht und einem Quäntchen Rassismus (auffallend viele Missetäter sind unchinesisch). Die von den Kameramännern Wong Wing-Lung [→ TI LUNG – DER TEMPEL DES ROTEN LOTUS] und Choi Seung-Woo [→ THE THUNDERBOLT FIST] eingefangenen Bilder sind ein echter Augenschmaus und zeigen neben den aufwändigen und prachtvoll ausgestatteten (manchmal allerdings auch etwas artifiziell wirkenden) Studiobauten auch echte Außenaufnahmen, was für visuelle Abwechslung sorgt.
Als Antagonisten sieht man Tien Feng [→ WU KUNG – HERR DER BLUTIGEN MESSER], der als schurkischer Kung-Fu-Lehrer herrlich fies und verschlagen agiert, sowie Tung Lam [→ KUNG-FU-BRIGADE SCHWARZER PANTHER] als dessen missratener Sohn, der die Bosheit seines Erzeugers offenbar geerbt hat. Kim Ki-Ju [→ DIE TÖDLICHEN ZWEI] darf in der Rolle des Vollstreckers Chen Lang ein bisschen mehr als nur der tumbe Bösewicht sein und im Laufe der Handlung ein wenig an Profil gewinnen, während die weibliche Belegschaft, bestehend aus Wong Gam-Fung [→ DIE RACHE DER GELBEN TIGER] als Sängerin, die dem Helden schöne Augen macht und ihm wiederholt das Leben rettet, sowie Wang Ping [→ TI LUNG – DUELL OHNE GNADE] als dessen tatsächliches Liebchen, fast schon Shaw-Brothers-typisch ein wenig unterfordert wirken. Und weil das noch nicht genug der Konflikte wäre, darf James Nam [→ DIE 13 SÖHNE DES GELBEN DRACHEN] als Han Lung dann noch mal tüchtig gegen den Titelhelden intrigieren, da dieser ihm den Erfolg beim Training und beim schönen Geschlecht neidet und ebenfalls Interesse an der attraktiven Sängerin hegt. Die Dreiecksgeschichte, die sich aus dieser Konstellation ergibt, ist interessanterweise nicht etwa Ausbremser, sondern bisweilen sogar Motor der Handlung und auch alles andere als langweilig geraten.
Hocherfreulich ist die Ernsthaftigkeit, mit welcher die Geschichte erzählt wird. Auf humoristische Einlagen oder alberne Witzfiguren hat man vollkommen verzichtet, und auch die deutsche Synchronisation geriet ungemein sorgfältig und erspart sich dumme Sprüche – beileibe keine Selbstverständlichkeit in diesem Genre und dieser Epoche. So eignet sich ZHAO – DER UNBESIEGBARE aufgrund seiner Seriosität, Kompetenz in Sachen Action und Anspruch und zeitweilig innovativer Ideen (wie ein finaler Kampf, der in völliger Finsternis stattfindet – eine nette Hommage an den Thriller-Klassiker WARTE, BIS ES DUNKEL IST) auch als apartes Anschauungsobjekt für all jene, die sich von den Qualitäten des Martial-Arts-Genres erst noch überzeugen lassen möchten.
Laufzeit: 97 Min. / Freigabe: ab 16