Freitag, 17. August 2012

DIE JÄGER DER GOLDENEN GÖTTIN


LA LEGGENDA DEL RUBINO MALESE
Italien 1985

Regie:
Antonio Margheriti

Darsteller:
Christopher Connelly,
Protacio Dee,
Marina Costa,
Luciano Pigozzi,
Lee Van Cleef,
Mike Monti,
Alan Collins,
Rene Abadeza



„Herkömmlicher Abenteuerfilm; einfallslos inszeniert und mit viel Feuer und Explosionen garniert.“ [Lexikon des Internationalen Films]


Inhalt:

Malaysia 1938: Der ehemalige Söldner Duke [Christopher Connelly] organisiert gemeinsam mit seinem trinkfreudigen Kumpel Gin [Luciano Pigozzi] Abenteuerexpeditionen für gelangweilte Millionäre. Eines Tages bekommt er von seinem alten Freund Warren [Lee van Cleef] den Auftrag, der Archäologin Maria [Marina Costa] zu helfen: Sie ist auf der Suche nach einem sagenumwobenen roten Rubin, der sich unter einem Vulkan befinden soll. Nicht ganz freiwillig nimmt Duke den Auftrag an, hält er die Existenz des Rubins doch für ein Ammenmärchen. Der Drogenboss ‚Tiger‘ [Orotacio Dee] jedoch ist ebenfalls hinter dem Stein her, da dieser ihn zum Mogul von Malaysia machen soll. Als ‚Tiger‘ eine schießwütige Söldnerbande auf die Expedition ansetzt, brennt im Dschungel bald im wahrsten Sinne des Wortes die Luft.

Kritik:

In den 70er und 80er Jahren erhoben die italienischen Filmschaffenden die Kopie zur Kunst und bewiesen sich mehrfach als ungekrönte Weltmeister des kostengünstigen Wiederkäuens erfolgreicher Hollywood-Ware. Zwar geriet die Replik dann meistens auch optisch deutlich billiger als das Original, dafür jedoch in der Regel nicht weniger kurzweilig. Als apartes Anschauungsobjekt für diesen Umstand empfiehlt sich das rührige Radaustück DIE JÄGER DER GOLDENEN GÖTTIN, dessen Titel bereits kaum einen Zweifel daran zulässt, dass man es hier mit einem recht unverhohlenen Abklatsch von Steven Spielbergs Unterhaltungsmeilenstein JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES zu tun hat, welcher im Jahre 1980 das Genre des großen Abenteuerfilms quasi im Alleingang neu definierte und noch jahrelang etliche Nachahmer befeuerte.

Die inhaltlich zwar kaum innovative, doch mit einnehmendem Billigcharme aufgeheizte Imitation fackelt dabei nicht lang und frühstückt bereits in den ersten 15 Minuten pflichtbewusst alle zu erwartenden Klischee-Zutaten ab: Da kämpft sich der wackere Held (mit Auftraggeber und versoffenem Kumpel im Schlepptau) per Machete durch fast undurchdringlichen Dschungel, kriecht durch verborgene Höhlen, findet den durch mehrere Todesfallen geschützten Goldschatz, flieht vor blutrünstigen Eingeborenen (wobei der bedauernswerte Alki-Freund von mehreren Pfeilen gespickt wird) und schafft seinen Gönner mitsamt erbeutetem Kleinod in letzter Minute an Bord des rettenden Wasserflugzeugs. Doch bereits in der 16. Minute wird mit den Stereotypen augenzwinkernd gebrochen: Die vermeintlich lebensbedrohliche Hatz entpuppt sich als inszenierter Denkzettel für den vom Reichtum gelangweilten Auftraggeber, die wilden Eingeborenen sind in Wahrheit des Helden beste Freunde und der vermeintlich dahingesiechte Kumpan darf sich die Plastikpfeile wieder abstreifen und die nächste Buddel öffnen. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist die Botschaft ebenso klar wie deutlich: Wir kupfern zwar ab – aber nehmt das bitte nicht so ernst!

Um das Fazit vorwegzunehmen: DIE JÄGER DER GOLDENEN GÖTTIN ist eine astreine Entertainment-Explosion, die von vorn bis hinten gewaltig Laune macht! Die üppige Dschungellandschaft der Philippinen diente einmal mehr als äußerst attraktive Kulisse für einen wahrhaft feurigen Vergnügungscocktail, der die typischen Elemente des klassischen Abenteuerfilms mit den beliebtesten Motiven markiger 80er-Jahre-Action verrührt. Soll heißen: Keilereien, Verfolgungsjagden, Feuergefechte und Explosionen am laufenden Meter, mit brennenden Ölbächen und ausbrechenden Vulkanen garniert und als Sahnehäubchen wilde Tiere und brutale Söldner obendrauf. Langeweile ist angesichts dieser geballten Gaudi-Ladung tatsächlich nahezu ausgeschlossen.

Dass die Schose trotz des reichlich spinnerten Skripts so wunderbar rund läuft, ist nicht zuletzt auch ein Verdienst des Mannes auf dem Regiestuhl: Antonio Margheriti  [→ EIN TURBO RÄUMT DEN HIGHWAY AUF] besaß schon immer ein sicheres Händchen dafür, mit begrenzten Mitteln möglichst kerniges Krawallkino zu kredenzen. Besonders der Showdown erfreut das Pyromanen-Herz, denn Margheriti tut mal wieder das, was er am besten kann: Alles in die Luft fliegen lassen, was auch nur ansatzweise entzündbar ist. So erinnert das Finale dann auch stark an den von Margheriti ähnlich großartig inszenierten GEHEIMCODE: WILDGÄNSE: Duke und seine Kumpanen kapern kurzerhand einen mit Flammenwerfern bestückten Radlader, um damit im Anschluss durch die feindliche Raffinerie zu brettern und schlichtweg alles abzufackeln, was das bedauernswerte Unglück hat, im Wege zu stehen. Gebäude, Gerät und Gesocks versinken in gigantischen Feuerbällen, in genüsslicher Zeitlupe zelebriert, einmal mehr kostengünstig in Miniatur getrickst, doch dreimal so teuer scheinend und in seiner Zügellosigkeit überaus beeindruckend.

Der eigentliche Hauptdarsteller ist somit ganz eindeutig die Action, während die in ihr agierenden Charaktere kaum mehr sind als grob umrissene Zweckfiguren: Christopher Connelly [→ DJANGOS RÜCKKEHR], der in manchen Momenten Roy Scheider verblüffend ähnlich sieht, schlägt sich als ökonomischer 'Indiana Jones'-Verschnitt recht wacker, wenn er als agile Heldenfigur bisweilen auch ein wenig zu klapperig wirkt. Protacio Dee [→ MISSING IN ACTIONgibt dazu den Oberfiesling, dessen Motive ähnlich nebulös bleiben wie seine Herrschaftspläne – wie genau ihm der Rubin nun die große Macht sichern soll, ist nicht wirklich klar ersichtlich. Aber wer erwartet schon nachvollziehbare Pläne bei einem Bösewicht, der sich ‚Tiger‘ nennt (englisch ausgesprochen, versteht sich), und in eitler Selbstüberschätzung Sätze raushaut wie: „Ich kann mich auf meine Männer verlassen! Sie befolgen meine Befehle! Denn ich … bin der ‚Tiger‘!“? Lee van Cleefs [→ ZWEI GLORREICHE HALUNKEN] Rolle ist kaum der Rede wert und offensichtlich nur in die Handlung geschrieben worden, um sich mit dem zugkräftigen Namen schmücken zu können. Seine Auftritte beschränken sich hauptsächlich auf ein paar Dialoge mit den Hauptpersonen, bevor er sich im Finale dann kurz noch mal blicken lassen darf (vermutlich, um den Gehaltsscheck zu kassieren).

Trotz deutlichem Hang zum Trash bleiben allzu große Albernheiten aus. Auf den Eingeborenenjungen, der mit seiner abgerichteten Hauskobra kommuniziert wie einst der kleine Bengel mit seinem Gaul Fury, hätte man dennoch gut verzichten können. Auch der Soundtrack gewinnt keine Punkte: Während einer Autoverfolgungsjagd dudelt da schon mal, ebenso unpassend wie uninspiriert, reichlich lahmer Billig-Jazz vor sich hin.

Zu erwähnen sei noch, dass der deutsche Titelschmied ob der gebotenen Opulenz wohl etwas verwirrt schien, immerhin gilt die Jagd keiner goldenen Göttin, sondern einem roten Rubin. Und Drehbuchautor Giovanni Simonelli 
[→ KOMMISSAR X – JAGD AUF UNBEKANNTverzettelte sich ebenfalls ein wenig, als er Malaysia bereits 1938 zum unabhängigen Staat erklärte – und damit gut 25 Jahre zu früh dran war. Aber ein Werk wie DIE JÄGER DER GOLDENEN GÖTTIN führt man sich ja auch nicht zu Gemüte, um seine Geschichtskenntnisse zu erweitern, sondern um mal wieder richtig Rambazamba zu erleben – und in dem Zusammenhang stimmt hier wirklich alles! Wenn Antonio Margheriti zum großen Dschungel-Event lädt, erwacht das Kind im Manne und freut sich über lupenreinen Rabatz vor schmucker Kulisse, völlig frei von Ballast und Durchhang. Garantiert unterhaltsamer als jeder Dschungelabend auf RTL – Augen weit auf und rein ins Vergnügen! 

Laufzeit: 95 Min. / Freigabe: ab 16

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