Sonntag, 4. August 2024

DEADLY ANGELS


LIMA CEWEK JAGOAN
Indonesien 1980

Regie:
Danu Umbara

Darsteller:
Yatti Octavia,
Lydia Kandou,
Debbie Cinthya Dewi,
Dana Christina,
Eva Arnaz,
Bram Adrianto,
Suzy Bolle,
Dorman Borisman



Weibliche Schlagkraft war im asiatischen Action-Kino deutlich früher etabliert als im Rest der Welt. Während die Mehrheit der professionellen Arschtreterinnen aus Hongkong kam, wo eine gut geölte Filmindustrie existierte, scheuten andere Länder trotzdem nicht davor zurück, ihre eigenen Körperertüchtigungsfachkräfte ebenfalls auf die Leinwand zu bringen. Die DEADLY ANGELS kommen aus Indonesien und das sieht man auch: Die filmischen Gehversuche der Nation im Bahnhofskino-Bereich sind nicht selten von ausgemachter Tapsigkeit, zwar mit wenig Budget und oft noch weniger Talent umgesetzt, dafür aber mit ungebremstem Elan und Mut zur qualitativen Lücke. Die vorliegende Bemühung, ein halbwegs brauchbares Hieb-, Stich- und Ballerfest auf die Beine zu stellen, ist diesbezüglich ein Paradebeispiel, bricht sich die Unbeholfenheit doch ab der ersten Minute ungeniert Bahn. Eigene Ideen hat man dabei wenig überraschend keine; die Autorenschaft reiht ein räudiges Klischee an das nächste.

Inhalt:

Hardi [Cok Simbara] ist Wissenschaftler. Also, zumindest trägt er nen weißen Kittel, steht unter einem Plakat mit der Aufschrift „Gefährliche Materialien“ und schüttet angestrengt Flüssigkeit aus einem Reagenzglas in ein Gebilde, das aussieht, als habe man vier Shisha-Pfeifen zusammengeschraubt und auf eine mobile Herdplatte gestellt. Danach dreht er ein paar Knöpfe, setzt sich an den Schreibtisch, greift zu einem angeketteten Edding und schreibt mit unsichtbarer Tinte etwas auf den Bildschirm eines Radargeräts. Jap, eindeutig Wissenschaftler! Danach setzt er sich nen Mundschutz auf. Warum? Vielleicht, weil seine Freundin Yanti [Yatti Octavia] in diesem Moment den Raum betritt. „Du kommst im richtigen Augenblick“, freut er sich und nimmt den Mundschutz auch schon wieder ab (lag wohl doch nicht an ihr). „In ein paar Minuten bin ich mit meinem Experiment fertig.“ Yanti freut sich mit ihm: „Du bist wirklich ein Riesentyp!“ Hardi lässt dann auch gleich die Katze aus dem Sack: Er hat die Formel für einen „hochbrisanten“ Sprengstoff ertüftelt, mit dem alles noch ein bisschen geiler explodiert als mit herkömmlicher Handelsware. „Ich werde sie unserer Regierung zum Kauf anbieten“, erklärt er, „denn meine Entdeckung darf nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden.“ Ein Patriot aus echtem Schrot(t) und Korn! Staatsfeinde werden dann demnächst nur noch ganz friedlich weggesprengt!

Auf dem Nachhauseweg, der durch brachliegendes Tagebau-Gelände führt (wo wohnt der Typ denn?), werden er und Yanti plötzlich von zwei Finstermännern zum Anhalten gezwungen. „Keine Angst, das ist kein Überfall“, erklärt der erste, was glaubwürdiger wäre, hätte sein Komplize nicht bereits die Pistole im Anschlag. Und so geraten der Forscher und seine Freundin in die Gefangenschaft des Klischee-Gangsters Broto [Rachmat Hidayat], der natürlich die Formel haben will, von deren Existenz er eigentlich noch gar nichts wissen kann. Während Yanti recht schnell und schlagkräftig entkommen kann, bleibt Hardi in der Hand des Feindes. Noch während der Flucht lernt Yanti die kaum weniger resolute Anita [Anita Suwu] kennen, die ihr aus einer weiteren Gefahrensituation heraushilft. Die Frauen verbünden sich und suchen nach weiteren Genossinnen, um Hardi zu retten. Wird es ihnen gelingen? Wird die Regierung ihren pazifistischen Sprengstoff bekommen? Und wird der Herr Professor sich bald mal ne richtige Bude leisten können oder muss er weiterhin im Bergwerk hausen?

Kritik:

Als Aufhänger dient also mal wieder eine geniale Formel. Eine hochorginelle Idee! Wäre sie ein Pferd, müsste sie zum Abdecker. Weil sich besagtes Bombenbaurezept ausschließlich in den Hirnwindungen desjenigen Wissenschaftlers befindet, der es ausgebrütet hat, läuft es final auf einen dann doch sehr simplen Entführungsfall hinaus. Sogar die titelgebenden „Tödlichen Engel“ fragen sich am Schluss, warum man nicht einfach die Polizei verständigt, und hätte man diesen Einfall früher gehabt, wäre die Sache in der Tat schon längst zu den Akten gewandert. Da man aber ohnehin schon genug Mühe damit hat, die Zeit bis zum Finale mit Vorkommnissen zu füllen, wird die Idee geflissentlich ignoriert. Dafür dürfen sich die Kämpferinnen, immerhin fünf an der Zahl, erst noch kennenlernen und zum Selbstjustizkollektiv formieren. Wie sich die „Engel“ hier fast alle zufällig über den Weg laufen, unverzüglich Freundschaft schließen und schließlich eine waffenstarrende Rettungsmission starten, als ginge es dabei um einen zwanglosen Junggesellinnenabschied, lässt sie auf unbekümmerte Art sympathisch wirken. Damit hat es sich dann aber eigentlich auch schon. So etwas wie Persönlichkeit entwickeln die Protagonistinnen nie, und woher sie die Nerven haben, bösen Buben teils doch recht hemmungslos das Handwerk zu legen, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Während die meisten Kino-Kolleginnen aus Fernost immerhin Polizistinnen sind, Agentinnen oder generell Kampfkünstlerinnen, was besagte Befähigung ja recht plausibel erklärt, sind die Tödlichen Engel … nunja … nichts! Trotzdem schicken sie reihenweise Gegner auf die Matte, verteilen Tritte, verballern Kugeln und werfen Messer in feindliche Brustkörbe, als sei das völlig normal.

Weil bloßes Kennenlernen noch nicht ausreicht, um akuter Inhaltsarmut Herr zu werden, verläuft man sich auf halber Strecke noch in einer Nebenhandlung, in der ein schmieriger Supermacho eine der Damen entführt, um sich für seine Zurückweisung zu rächen. Nun kann ein fragiles Ego ja so einiges bewirken, aber diese Reaktion erscheint dann doch leicht übertrieben. Grund genug immerhin für den Rest der Truppe, seine Fähigkeiten schon einmal unter Beweis zu stellen und die Kollegin wieder rauszuhauen. Freilich bleibt die kämpferische Qualifikation auch hier reine Behauptung: Schläge und Tritte sind auffallend unbeholfen umgesetzt und überwiegend inkompetent in Szene gesetzt. Da ist nicht ein Hauch Dynamik im Spiel und nicht ein einziger Cut kaschiert, dass hier wirklich niemand Ahnung von Kung Fu hat. Dafür ist die Montage in anderen Momenten dann wieder so wirr, dass sich nur noch raten lässt, was gerade passiert. Da wird anscheinend mal jemand von Hunden angefallen, von Schlangen bedroht oder per Feuerstoß gegrillt. Die einzelnen Szenen passen dabei allerdings nicht wirklich zusammen und der Schnitt ist zudem so schlecht gesetzt, dass auch kein einheitlicher Fluss entsteht. Nur aufgrund der sattsam bekannten Situationsklischees lässt sich in Kombination mit eigener Seherfahrung erahnen, was hier im wahrsten Sinne des Wortes gespielt wird.

Auch die restliche Action ist auffallend unzulänglich umgesetzt. Während manche Sequenzen beschleunigt abgespielt werden, um Rasanz vorzutäuschen (was aber eher an alte Slapstick-Nummern erinnert), wird an anderen Stellen wiederum Zeitlupe zelebriert, wie bei Sprüngen über Motorhauben oder durch Fensterglas, einmal aber auch bei der Flucht zu Fuß, was ein wenig merkwürdig wirkt, weil der Rest in normaler Geschwindigkeit abläuft und es darum nun so aussieht, als könne die Dame tatsächlich nicht schneller rennen. Größter Quell der Freude aber sind die zahlreichen Verfolgungsjagden. Immer wieder kommt es nämlich aus fadenscheinigsten Gründen zu PS-gestützter Geschwindigkeitsübertretung, bei der überwiegend grundlos durch Karren, Holzverschläge oder Glasscheiben gebrettert wird, die stets wie zufällig im Weg rumstehen. „Wieder einer weniger!“, freut sich einer der Engel beim Blick durch die Heckscheibe. Ja, weil einer der Verfolger mit Anlauf gegen einen Baum gefahren ist. Einfach so! Vermutlich vor die Karre gesprungen, das garstige Gehölz!

Für zusätzliche Heiterkeitsschübe sorgt die handfeste Hackfressen-Parade, die einem hier mit Schmackes vor die Schuhe geschmettert wird: Oberschurke Broto sieht aus ein schmieriger Porno-Produzent vom Hinterhof und seine Handlanger haben sich ihre Rubel in der Vorwoche garantiert noch als Rübenbauern verdient (wobei zumindest einer darauf zu spekulieren scheint, am kommenden Tag den Che-Guevara-Ähnlichkeitswettbewerb zu gewinnen, um endlich frei zu sein). Brotos erklärtes Ziel ist es übrigens, mittels der brisanten Sprengstoff-Formel die Herrschaft über ganz Südostasien zu erlangen. Klar, warum sollte man auch kleinere Brötchen backen!? Der Typ macht zwar den Eindruck, nicht mal unfallfrei nen Bahnhofs-Kiosk leiten zu können, aber so ein halber Kontinent, der regiert sich doch sicher ganz locker weg! Auch dieser Widerspruch zwischen behaupteter Gigantomanie und tatsächlicher Präsentation provoziert ein permanentes Maß an ausgemachter Munterkeit: Einerseits hat man keine Scheu davor, mit einem James-Bond-artigen Bösewicht zu protzen, der direkt mal Teile der Welt zu unterjochen gedenkt, andererseits eiert man die ganze Zeit durch denkbar triste Käffer und bedient sich generell eines ausnehmend schäbigen Looks, was mit der gelobten Großmannssucht nicht die Bohne in Einklang zu bringen ist.

Gerade deswegen jedoch machen die DEADLY ANGELS durchgehend gute Laune und sind damit manch höher budgetierten und besser geplanten Produktion überlegen. Dazu ballert die deutsche Synchronisation noch einen amtlichen Sprücheteppich ins Mikro, und zwar dermaßen zügellos, dass mancher Kalauer sogar mehrmals fällt. So beglücken einen die Damen zwischendurch immer mal wieder mit Weisheiten wie: „Zwischen Leber und Milz passt immer noch’n Pils“ oder (besonders schön!): „Verbittert ist der Kakadu, sagt man zu ihm: ‚Du Kacker, du!‘“. Am Ende kommt dann doch noch die Polizei vorbei und der zuständige Kommissar schimpft auch ein bisschen mit den Engeln, weil Selbstjustiz ja eigentlich doof ist und in der Regel bitteschön unterlassen werden sollte. Allerdings ist er doch begeistert genug von den Qualitäten des Quintetts, um noch an Ort und Stelle einen neuen „Fall“ anzubieten. Die Frauen freuen sich, das Bild friert ein und „Fortsetzung folgt“ wird eingeblendet. Entweder war man also von Anfang an selbstbewusst genug, an einen Kassenerfolg zu glauben, oder man hatte nach Drehschluss einfach noch genügend Glasscheiben und Baumstämme zum sinnlosen Durch- und Dagegenfahren übrig. Nur ein Jahr später hieß es dann auch schon: TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK. Der Witz daran: Wer sich darauf gefreut hat, die hier so mühsam etablierten Damen tatsächlich bei einem neuen „Fall“ zu erleben, der schaut in die Röhre. Im vermeintlichen zweiten Teil wird nämlich plötzlich ein komplett neuer Hühnerhaufen präsentiert. Verbittert ist der Kakadu!

Laufzeit: 80 Min. / Freigabe: ab 18

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