USA, Hongkong 1982
Regie:
Michael Mak
Darsteller:
Bruce Baron,
Ho Tsung-Tao/Bruce Li,
Mandy Moore,
James Barnett,
Olivia Cheng,
Fong Min,
Randy Channel,
Seon Blake
„Trübsal ist nicht alles, was geblasen wird.“
[Jack Sargeant hat immer ein passendes Bonmot parat.]
Inhalt:
Wenn jemand schon Jack Sargeant heißt, dann dürfte klar sein, dass dieser jemand seinen Lebensunterhalt nicht durch Blumengießen bestreitet. Das zeigt sich bereits gleich zu Beginn, als die eben so genannte Person ihrem Gegenüber eine hübsche Kette um den Hals legt. Allerdings keine filigrane aus Gold und Geschmeide, sondern ein massives Eisenprodukt, das sich bestens dazu eignet, unliebsame Gestalten in ungeahnte Höhen zu hieven. Tatsächlich nämlich ist Sargeant [Bruce Baron] ein knallharter Killer, der im Auftrag der Regierung halbseidenes Geschmeiß zurück zum Absender schickt. Kaum gönnt er sich nach seinem letzten Einsatz eine Auszeit am Pool, bereitet Vater Staat seinem entspannten Geplänkel auch schon wieder ein jähes Ende. Eine neue Mission liegt bereit: Prinzessin Rawleen [Mandy Moore], Thronfolgerin des fernen Landes Mongrovia (das liegt vermutlich dort, wo die Auerochsen und Ure wohnen), wurde bei einem Staatsbesuch aus dem Domizil ihrer Freundin Elana [Cheng Man-Nga] entführt. Die Spur führt nach Asien, wo der schurkische General Marushka [James Barrett] sie gefangen hält und dazu zwingen will, politische Entscheidungen zu seinen Gunsten zu treffen. Sargeant nimmt Kurs auf Hongkong und trifft dort auf Dai Lung [Ho Tsung-Tao], den Anführer der Dragon Force, so eine Art Kung-Fu-Elite-Einheit, die ihn nach Absolvierung diverser Aufnahmerituale in ihre Reihen aufnimmt. Gemeinsam ziehen sie nun zu Felde gegen den garstigen General, der wiederum seine Ninja-Armee in die Schlacht schickt. Ein explosiver Kampf entbrennt.
Kritik:
DRAGON FORCE ist Bahnhofskino wie aus dem Bilderbuch und vereint in dieser Funktion so ziemlich alle Klischees, die von solch einem billigen Actionbrett erwartet werden darf. Bereits der grobschlächtige Beginn badet regelrecht in stereotypischen Szenen und Situationen, wenn – nach ein paar einleitenden Aufnahmen aus der verschwitzten Muckibude – der schmierige Bruce Baron ein paar Ganoven beim Diamanten-Deal behumst und im Anschluss so lang in der Gegend herum schießt, schlägt, stößt und stranguliert, bis jede Gegenwehr im Keim erstickt ist. In Kombination mit den schäbigen Schauplätzen, dem plumpen Schnitt und nicht zuletzt den saudummen Sprüchen, die dabei – zumindest in der deutschen Fassung – vom Stapel gelassen werden, ergibt das exakt die Art anspruchsloser Bodensatzunterhaltung, die man nach einem anstrengenden Arbeitstag in der Neurochirurgie einfach mal braucht.
Die Handlung ist wenig überraschend alles andere als originell und klingt zu Beginn fast wie aus einem Märchenbuch, wenn die Prinzessin eines Fantasiestaates aus den Gemächern ihres Schlosses (ok, es ist „nur“ so eine Art Herrenhaus) geraubt wird. Verantwortlich dafür sind jedoch nicht etwa geflügelte Ghule oder ähnliche Gestalten, sondern ein paar handelsübliche Ninjas, wie sie in den 1980ern nach Erfolgen wie ENTER THE NINJA an jeder zweiten Kinoecke zu finden waren – zum Glück, denn Ninjas machen fast alles noch ein kleines bisschen geiler. Bei geklauten Königstöchtern muss natürlich ein Fachmann ran, weswegen die Regierung keinen anderen Ausweg sieht, als Bruce Baron (alias Jack Sargeant) einzuschalten, der es sich gerade am Schwimmbecken gut gehen lässt. Hier war eindeutig James Bond die Blaupause – wobei man offensichtlich bestrebt war, das Vorbild noch zu übertreffen. Und wie toppt man eine dieser typischen Szenen, in denen Schwerenöter 007 kurz vor dem nächsten Auftrag mit einer leicht bekleideten Dame herumschäkert? Klar: Man verdoppelt den Weiblichkeitsfaktor und lässt seine Kopie gleich bei zwei Badenixen auf Tuchfühlung gehen. Auffallend attraktive Erscheinungen sind die beiden freilich nicht, aber Bruce Baron sieht ja auch nicht aus wie Sean Connery – eher wie jemand, der vorbeikommt, wenn das Rohr verstopft ist.
Und das Rohr ist verstopft, und zwar gewaltig. Darum geht es für Baron alias Sargeant postwendend nach Hongkong, wo er zunächst einen Kontaktmann treffen muss („Sagen Sie mir die geheime Parole!“ - „Die was? Es gibt keine Parole!“ - „Sehr richtig, das ist die Parole.“). Diese Episode ist eigentlich ziemlich überflüssig, denn weder der kugelsichere Pulli noch das explosive Jojo aus dem Arsenal des chinesischen Q können Sargeant begeistern. Stattdessen erhält er lediglich Informationen über seinen nächsten Ansprechpartner: den Anführer der Kung-Fu-Kampfeinheit Dragon Force, die der Originalfassung zu ihrem Namen verhilft. Dieser wird gespielt von Ho Tsung-Tao und ist Fans des Hongkong-Kinos alles andere als unbekannt, agierte er doch in mehreren Machwerken als Nachahmer und -folger der früh verstorbenen Kampfkunst-Ikone Bruce Lee (wofür er von den Produzenten das alberne Pseudonym Bruce Li verpasst bekam).
Das Erbe Bruce Lees ist nach Ninjas und James Bond dann auch die dritte Zutat, die in den großen DRAGON FORCE-Kopftopf geworfen wurde. Speziell das Finale erinnert massiv an den Durchbruch des Publikumslieblings: den 1973er-Kung-Fu-Kult ENTER THE DRAGON, der bereits zahlreiche Imitatoren beflügelte. Aber bevor die Fronten im attraktiven Insel-Setting geklärt werden, hangelt sich die Nummer ziemlich vergnüglich und im gesunden Tempo von Station zu Station und gefällt dabei durch ihr infantiles Gebaren ebenso wie durch ihr stets eingehaltenes Mindestmaß an Produktionsqualität. Klar, das Ganze ist kostengünstig und wenig ambitioniert in Szene gesetzt. Aber ein paar der späteren Schauplätze sind wirklich schick und die Actionszenen gefallen durch eine kompetente Umsetzung. Spannung im klassischen Sinne kommt freilich niemals auf. Aber langweilig wird es eben auch nicht, wenn Baron am laufenden Band von den skurrilsten Gestalten angegriffen wird, die wie die Perlen an der Schnur ins Szenario gleiten, sei es ein Samurai-Krieger, ein kostümiertes Drachentänzer-Duo oder eine nur scheinbar harmlose Flötenspielerin, die plötzlich ganz andere Töne anschlägt. Realistisch sind die Schlagabtausche natürlich keine Sekunde lang. Vielmehr erinnert das Ganze an eine launige Zirkusvorstellung, wenn fortwährend bunte Ninjas von den Dächern hüpfen, und das meist in praktischen Zweierpacks, weil sie so viel einfacher zu besiegen sind. Der Härtegrad bleibt dabei eher moderat – wohl auch, weil für ausufernde Brutalitäten das Budget fehlte. Und fliegen doch mal abgetrennte Gliedmaßen durch die Gegend, befindet sich die Effektqualität so ungefähr auf Geisterbahnniveau.
Bruce Baron [→ SÖLDNER KENNEN KEINE GNADE] in der Hauptrolle ist so schlecht, dass es schon fast als Karikatur durchgeht. Der in Hongkong aufgewachsene Darsteller machte sich vor allem durch seine Auftritte für Ramsch-Regisseur Godfrey Ho einen Namen. Dieser erwarb in den 1980ern die US-Rechte für zahlreiche asiatische Produktionen und drehte fürs amerikanische Publikum neue Szenen hinzu – oft mit irgendwelchen Hampelmännern, die in billigen Ninja-Kostümen durch die Botanik springen. Auch Baron war mehrmals dabei und mimisch passte er dort auch rein. Den weltmännischen Witwentröster hingegen kauft man ihm keine Sekunde lang ab; seine mit dreckigem Grinsen garnierten Anmachsprüche hätten in der Realität nicht einmal in der Dorfdisco um 5 Uhr morgens Erfolg. Hier hingegen wird er als unwiderstehlicher Charmebolzen verkauft, was immerhin als unfreiwilliger Lacherfolg funktioniert. Deutlich besser schlägt sich (im Wortsinne) Ho Tsung-Tao [→ TAG DER BLUTIGEN RACHE], der richtig Glanz in die Hütte bringt. Großartig besser als der Rest spielt er zwar strenggenommen nicht, aber er besitzt halt echtes Charisma. Zudem hat er körperlich auch wirklich etwas auf dem Kasten, weswegen die Kampfszenen mit ihm richtig was hermachen. Schade ist das frühe Ausscheiden des (fast schon obligatorischen) SHAFT-Verschnitts Max Leon, gespielt von Seon Blake, der als Sicherheitsbeauftragter der Prinzessin erst groß eingeführt, dann aber recht lieblos links liegengelassen wird. Dabei kam der schon ziemlich cool rüber und gern hätte man ihn später als Teil der Truppe gesehen.
Apropos Truppe: Der deutsche Titel forciert unnötigerweise eine Verbindung zum 1982er-Heuler KILL SQUAD, der vom selben Verleih als DAS SÖLDNERKOMMANDO vertrieben wurde. Das ist ziemlich paradox, denn Parallelen existieren weder auf inhaltlicher Ebene noch auf stilistischer. Die einzige Gemeinsamkeit liegt darin, dass beide Werke aufgrund ihres Trommelfeuers an Stereotypen und Stupiditäten reichlich gute Laune verbreiten. DRAGON FORCE ist ein ziemlich blöder, ziemlich bunter und ziemlich temporeicher Trip mit einem Drehbuch, das wirkt, als hätten es zwei 15-Jährige nach ner Runde Alkopops verfasst: Kloppe, Ninjas, nackte Weiber, dazu Missetäter aus der Mottenkiste, Hypnose durch rituelles Akupunktieren und dumme Sprüche, bis der Arzt kommt. Der Oberschurke ist so fett, dass er im Türrahmen steckenbleibt und einen Helikopter am Abheben hindern kann. Und die Ninjas? Die springen wie die Cheerleader übereinander, um Pyramiden zu bilden, und explodieren seltsamerweise, sobald sie besiegt sind. Trotz ihres relativ späten Erscheinungsjahrs ist die Veranstaltung zudem immer noch durchzogen von den wohltuenden Vibrationen der Post-Bruce-Lee-Ära, als sich die Tugenden des Hongkong-Kinos regelmäßig mit denen der amerikanischen Blaxploitation und Crime-Serien kreuzten. Das geht klar!
Laufzeit: 93 Min. / Freigabe: ungeprüft
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