Hongkong 1971
Regie:
Chang Cheh
Darsteller:
Ti Lung,
David Chiang,
Ku Feng,
Wang Chung,
Chen Sing,
Wang Kuang-Yu,
Bolo Yeung,
Fung Sui-Fang
„Sie kommen wie ein Sturmwind über ihre Feinde.“
Inhalt:
Die Mongolen sind in China und unterjochen das Volk. Prinz Kang [Yau Lung], ehrenwertes Mitglied der Sung-Dynastie, fällt in die Hände des Feindes. Doch im Untergrund regt sich Widerstand: Die Truppe um Freiheitskämpfer Bao Ting Tien [Ti Lung] erfährt durch Zufall, wo der Prinz gefangengehalten wird. Doch der einzige Weg, diesen Ort zu erreichen, führt über eine baufällige alte Brücke. Bao beschließt, den als äußerst wendig und leichtfüßig bekannten Yian Luyan [Stanley Fong] einzuspannen, dem er als einzigem zutraut, das morsche Bauwerk schadenfrei zu überqueren. Doch bei seiner Ankunft muss er feststellen, dass Yian sich bereits mit dem Feind verbündet hat. Vor Ort ist zufälligerweise auch Little Bat [David Chiang], ein ehemaliger Schulkamerad Yians - gemeinsam können sie den Verräter schlagen. Logische Schlussfolgerung: Da Bat Yian besiegt hat, muss er besser und geschickter sein, als dieser es war, und wäre damit ebenfalls geeignet, die Brücke zu passieren. Bat verspricht, ihnen zu helfen, während sich Baos Männer bei ihren Überquerungsversuchen bereits nach und nach die Hälse brechen.
Kritik:
In den 70er Jahren erfreute sich im Kino ein Genre weltweiter Beliebtheit, das von der intellektuell sich ziemenden Kritiker-Garde fast einhellig als billiger Schund abgekanzelt und nicht selten gar der menschenverachtenden Gesinnung nebst Gewaltverherrlichung beschuldigt wurde. Es war das Jahrzehnt der stählernen Todeskrallen, der gnadenlosen Knochenbrecher, der gelben Tiger und tödlichen Fäuste, kurz: der knallharten Kung-Fu-Kämpfer, welche scheinbar der Schwerkraft trotzend ihre Kapriolen schlugen und dabei zu schier Übermenschlichem im Stande zu sein schienen. Im Zeitalter des anspruchsvollen Autorenkinos stieß das überwiegend auf Unverständnis, während durchaus vorhandene eindeutige Qualitäten dabei meist konsequent ignoriert wurden.
Die eifrige Produktionsschmiede der Gebrüder Shaw war nicht nur die treibende Kraft hinter dem Erfolg des vom Feuilleton so schmählich verachteten Martial-Arts-Genres, sondern kristallisierte sich auch schnell als dessen Speerspitze heraus. Denn trotz ihres gigantischen Ausschusses und der routinierten Abwicklung bestachen die Werke der Shaw Brothers durch ihre gekonnte Inszenierung, ihre aufwändigen Produktionsmittel und nicht zuletzt durch ihre charismatischen Stars und setzten somit immer wieder neue Standards, welche die Konkurrenz nur selten erreichen konnte.
DIE TÖDLICHEN ZWEI vereint gleich zwei der damals zugkräftigsten Namen auf seiner Besetzungsliste: David Chiang und Ti Lung. Beide begannen ihre Karriere bei den Shaws als Stuntmen, bevor sie, vorzugsweise unter der Schirmherrschaft von Regisseur Chang Cheh, zu zwei der größten Ikonen des Genres ausgebaut und damit in Asien zu Superstars wurden. Dabei lag es weniger an ihrer Muskelkraft, dass sie das Publikum immer wieder erfolgreich für sich einnehmen konnten (speziell David Chiang war ein schmaler Hering, dem man seine Unbesiegbarkeit oft nur schwerlich abkaufen konnte), als viel mehr an ihrer Leinwandpräsenz und ihren (selbst für westliche Augen) markanten Gesichtszügen.
Mit derlei Star-Power ausgestattet, sparte man bei DIE TÖDLICHEN ZWEI hingegen gehörig an der Story, die dieses Mal tatsächlich auffallend spartanisch daherkommt und jeden Anflug von Komplexität quasi vollkommen vermissen lässt. Dafür erlaubt sich der rasante Kostümschinken mit seinen knackigen 75 Minuten Laufzeit auch keine Längen und geht stattdessen von Beginn an extrem steil. Bereits nach wenigen Sekunden sind die Fronten glasklar abgesteckt: Auf der einen Seite kämpfen die bösen Mongolen, die grausam und ohne Rücksicht auf Verluste das Volk unterjochen, auf der anderen die unterdrückten Chinesen, die tapfer und heldenhaft ihre Freiheit verteidigen. Für feine Zwischentöne blieb dabei natürlich kein Platz. Das ist zwar fraglos an der Realität vorbei, aufgrund der gebotenen Trivialität jedoch ohnehin nicht wirklich ernstzunehmen.
DIE TÖDLICHEN ZWEI – und das ist keine große Überraschung – taugt somit weder als ernstzunehmender Geschichtsunterricht, noch als Lektion in Sachen politischer Korrektheit, bietet dafür jedoch Actionfreunden das volle Krawall-Programm ohne jedwede Sperenzchen. Bereits unmittelbar nach dem Vorspann tobt ausladendes Kampfgetümmel, und erst unmittelbar vor der Ende-Einblendung, wenn alles in Schutt und Scherben liegt, kommen die Krieger wieder zur Ruhe. Einzig die problematische Überquerung einer einsturzgefährdeten Brücke lässt als retardierendes Moment das Handkantengewitter pausieren. So wagt sich ein wackerer Held nach dem nächsten in waghalsiger Todesverachtung auf das morsche Bauwerk, nur, um im Anschluss ebenso tragisch zu Tode zu stürzen, wie der bedauernswerte Vorgänger es bereits getan hat. Zwar wirkt es auf Dauer ein wenig albern, wie unverbesserlich und lernresistent hier einer nach dem anderen auf solch unerquickliche Art und Weise das Essbesteck reicht, doch als ebenso simples wie effektives Spannungselement funktioniert diese Episode durchaus.
Die Kampfszenen – die eigentliche Referenz der Shaw Brothers – sind abermals großartig choreographiert und nicht selten in einer einzigen Einstellung gefilmt. In perfektem Timing hauen sich die Protagonisten hier gekonnt aufs Mett, während die Kamera dabei unermüdlich über das Schlachtfeld wandert. David Chiang mutiert dabei zeitweilen zum Berserker und fightet, als ginge es tatsächlich um sein Leben. Das Finale schließlich übertreibt es dann maßlos mit Heldenmut und Tapferkeit und schaufelt eine Extraschicht Pathos in einen apokalyptischen, von Blut und Tränen getränkten Showdown, der in seinem Hang zur hemmungslosen Theatralik jeden Realitätsanspruch unter sich begräbt.
Das ist sicherlich nicht zuletzt auch ein Verdienst des Mannes auf dem Regiestuhl: Chang Cheh [→ DIE TODESPAGODE DES GELBEN TIGERS], einer der renommiertesten Regisseure der Shaws, der ein paar der größten Erfolge und späteren Klassiker mitzuverantworten hatte, war schon immer ein Freund der überlebensgroßen Geste, jemand, der lieber klotzte, anstatt zu kleckern. Das Heroic Bloodshed, das heldenhafte Blutvergießen, war sein Steckenpferd, von seinem Schüler John Woo später die Massen begeisternd perfektioniert und waffenstarrend in die Moderne getragen. In Anlehnung an die alten chinesischen Rittermythen feiern Bruderschafts- und Ehrgefühl erneut bluttriefende Triumphe.
DIE TÖDLICHEN ZWEI ist fraglos nichts für Feingeister: Hier werden keine Gefangenen gemacht, der Blutzoll steigt ins Unermessliche und die Knochen knacken im Dreivierteltakt. Auf moralische Konflikte, wie sie oft im Zentrum der Shaw-Klassiker stehen, wurde größtenteils verzichtet. In Struktur und Ambition insgesamt eher zurückhaltend, in Ausstattung und Engagement dafür mehr als üppig, in seiner inhaltlichen Genügsamkeit gleichzeitig sympathisch aufrichtig, zählt hier die pure, perfekt inszenierte Attraktion, frei von Schnörkel und Ballast. Das taugt zwar nicht zum Klassiker, wohl aber zur astreinen Actionrakete zum Feierabend und präsentiert sich als mit enormem Tempo vorpreschender Kung-Fu-Kracher, der nicht nur eingefleischten Fans ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen schmiedet. Billiger Schund war selten so unterhaltsam.
Laufzeit: 78 Min. / Freigabe: ungeprüft
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