Japan 1978
Regie:
Kinji Fukasaku
Darsteller:
Vic Morrow,
Philip Casnoff,
Hiroyuki Sanada,
Etsuko Shihomi,
Peggy Lee Brennan,
Sonny Chiba,
Tetsuro Tanba,
Mikio Narata
„Es war einmal in vielen 1000 Jahren …“
Inhalt:
Das böse Volk der
Gabanas überfällt den einst blühenden Planeten Illucia und rottet fast
die gesamte Bevölkerung aus. Die letzten Überlebenden der brutalen
Invasion ziehen sich in die Berge zurück und fristen dort ein
erbärmliches Leben. Doch es gibt Hoffnung: „Nach vielen Fehlschlägen ist es unseren letzten Wissenschaftlern
endlich gelungen, diese heiligen Nüsse mit konzentrierter Energie
unserer Muttersonne aufzuladen. Sie sollen wandern durch Zeit und Raum
und ein Volk finden, dass uns von der Tyrannei der Gabaner befreien
kann“, verkündet ein alter Zausel und schleudert im Anschluss besagte
acht Walnüsse ins Weltall. Prinzessin Esmeralda [Etsuko Shihomi] erhält
daraufhin den Auftrag, mit einem Vertrauten „der Spur der Nüsse“ zu folgen. Planet 'Alpha 2': General Genda [Vic Morrow], ein älterer,
desillusionierter Raumschiff-Kapitän, findet eine Nuss in seinem
Whiskey-Glas. Aaron [Philip Casnoff] und Shiro [Hiroyuki Sanada], zwei
jugendliche Draufgängerpiloten, finden je eine Nuss in ihren Triebwerken
(„Ne Nuss in der Düse?“), während ihr kleinkrimineller Kumpel
Jake (stets im Glitzerfummel unterwegs) sich beim Biss in die Tomate
fast das Übergebiss zertrümmert („Was soll das? Wie kommt die Nuss in die Tomate?“). Nun
wirken die vier freilich alles andere als heldenhaft, und als sie von
Prinzessin Esmeralda von ihrer angeblichen Bestimmung erfahren, lehnen
sie die Aufgabe zunächst ab. Doch das Schicksal hat andere Pläne …
Kritik:
1977! STAR WARS! Begeisterung! Welterfolg! George Lucas’ 'Krieg
der Sterne' sorgte für Euphorie und volle Kassen und veränderte dank
seiner sensationellen Optik und wegweisenden Effekte das Gesicht des
Kinos.
1978: Höchst beeindruckt vom Erfolg der Sternen-Saga, hob das japanische
Toei-Studio flugs ein ähnliches Projekt aus der Taufe, um sich noch ein
möglichst großes Stück vom Kuchen einverleiben zu können. Und weil man
ja auch ein bisschen was repräsentieren will, stattete man die recht
dreiste Kopie mit einem (freilich für damalige japanische Verhältnisse)
extrem hohen Budget aus und scheute auch sonst kaum Kosten und Mühen. So
betraute man mit der Inszenierung Kinji Fukasaku, ein vor allem im
Gangsterfilm-Genre sehr erfolgreicher Regisseur, der sich wohl mit dem
artverwandten, wenn auch etwas behäbigen Weltraum-Horror MONSTER AUS DEM ALL für die Rolle empfahl. Obwohl STERNENKRIEG IM WELTALL (wie man das Ergebnis in Deutschland ebenfalls in deutlicher Anlehnung an KRIEG DER STERNE
getauft hat) damals als die bis dato teuerste japanische Kinoproduktion
betrommelt wurde, bleibt das engagierte All-Spektakel dennoch – gerade
aus moderner Sicht – ein rührend simpel getrickstes Werk voller putziger
Modell-Effekte, in welchem fremdartig ausgeleuchtete Theaterkulissen
die Oberflächen ferner Planeten darstellen und Miniatur-Raumschiffe vor
der Weltraumtapete an Fäden durchs Bild gezogen werden. Die Guten erkennt man an den Lorbeerkränzen auf den Häuptern (die mit
Alleskleber befestigt sein müssen, die verrutschen nicht mal beim
Raumschiff-Absturz), während die Bösen behörnte Fahrradhelme und silberne
Schminke im Gesicht spazieren tragen.
Doch wer es sich jetzt einfach macht und pflichtschuldigst ‚Trash‘
hinausposaunt, ignoriert auf fast schon böswillige Art und Weise den
schier überbordenden Einfallsreichtum der Macher und deren nahezu
spürbaren Enthusiasmus, aus den vorhandenen Mitteln das Optimum
herauszukitzeln. Denn ebenso einfach wie die Effekte sind, so wirkungsvoll wurden sie
umgesetzt, während die zahlreichen Modelle durch ihre enorme
Detailverliebtheit bestechen. STERNENKRIEG IM WELTALL
versteht es wahrlich vorzüglich, seinen Handfertigungs-Charme
auszuspielen: In fantasievollen Kostümen jagt man sich hier durch
liebevoll arrangierte Kulissen und brennt dabei ein wahres Feuerwerk
herrlich verrückter Ideen ab: „Majestät! Eben ist ein Illucia-Schiff gestartet!“
tönt ein Scherge der bösen Gabaner, und tatsächlich erscheint besagtes
Schiff auf dem Radarschirm. Doch wer jetzt mit einem für das Genre
typischen Raumschiff gerechnet hat, macht nun große Augen, schippert
doch stattdessen tatsächlich eine altmodische Segelbarke durchs All.
Momente wie dieser sind bezeichnend für MESSAGE FROM SPACE
(internationaler Titel): Quasi an jeder Ecke wartet eine neue
Überraschung, festgefahrene Erwartungen werden auf den Kopf gestellt bei
diesem Sammelbecken schräger Einfälle und kindlich-verspielter
Abenteuerromantik, bei dem nichts unmöglich zu sein scheint. Fukasaku und sein Team mixten klassische Western-Elemente (man beachte
vor allem die Plünnen Vic Morrows), alte Samurai-Legenden und bekannten
Märchenstoff zu einem grandiosen Unterhaltungscocktail, bis zum Anschlag
angefüllt mit Tempo und Action: Laserduelle, Schwertkämpfe, Verfolgungsjagden und Massenschlachten,
gekrönt von einem wahrhaft feurigen Finale, in dem so ziemlich alles in
die Luft fliegt, was irgendwie verfügbar war. Die Gesetze der Physik werden dabei natürlich auf großartigste Weise
außer Acht gelassen (in einer besonders dusseligen Szene springen die
Helden von einer explodierenden Raumstation kurzerhand mit dem
Fallschirm ab – logisch, ne?).
Doch bei allem Spektakel gibt es auch plötzliche Momente der Ruhe: Als
die Gabaner ein steinaltes Erdenweib entführen (das aussieht, wie die
fleischgewordene Hexe Schrumpeldei) und ihr Hirn zwecks
Informationsbeschaffung an eine Gedankenlese-Maschine anschließen,
erscheinen auf dem Bildschirm, von minimalistischer Klaviermusik
begleitet, plötzlich unerwartet Aufnahmen von fliegenden Vögeln und dem
weiten Meer – die letzten Erinnerungen einer sterbenden Frau an ihre
Heimat. In Momenten wie diesen entwickelt STERNENKRIEG eine fast schon zärtliche Poesie, die man in einem Streifen wie diesem als Allerletztes vermutet hätte.
Um das Ganze etwas westlicher aussehen zu lassen, verpflichtete man in
größeren Rollen ein paar amerikanische Schauspieler: Vic Morrow (welcher
später auf tragische Weise aus dem Leben schied) spielt die Rolle des
Weltraum-Cowboys sehr sympathisch und auch Philip Casnoff kann als
ungestümer Raumschiffpilot überzeugen. In der Rolle von dessen Kumpel ist Hiroyuki Sanada zu sehen, welcher dem
westlichen Publikum später vor allem durch seine Rollen in großen
Hollywoodfilmen wie LAST SAMURAI bekannt wurde. Der sicherlich berühmteste Darsteller (wenn auch in einer eher kleinen
Rolle) ist Sonny Chiba, welcher damals in Japan zu einem Bruce-Lee-Klon
herangezüchtet wurde und in Quentin Tarantinos KILL BILL in der Rolle des Hattori Hanzo zu sehen war.
Die nahezu epische Laufzeit von 100 Minuten wollte der hiesige Verleih seinerzeit dem offenbar als ungeduldig verschrienen Teutonen nicht zumuten, so dass gut 20 Minuten der Schere zum Opfer fielen (wobei es meist nur kurze Einstellungen am Ende oder während einer Szene traf, die sich dann aber halt summierten). Die Synchronisation kocht dazu ebenfalls ihr eigenes Süppchen, weswegen das gesprochene deutsche Wort oft nur noch im Ansatz etwas mit dem Originaldialog zu tun hat (prinzipiell ging es wohl vor allem auch darum, möglichst viele Nuss-Sprüche unterzubringen).
Um die eigene Sternenkrieg-Version zum Kassenschlager zu peitschen, wurde das ‚Original‘ STAR WARS in Japan gar mit einem Aufführungs-Stopp belegt – nicht gerade die feine japanische Art, aber der (forcierte) Erfolg (dem sogar noch eine Fernsehserie folgte) ist den Machern durchaus zu gönnen. Es knallt, es zischt, zu sehen ist … ALLES! STERNENKRIEG IM WELTALL ist eine wahre Wundertüte an Ideen, Enthusiasmus und zügelloser Fantasie – kunterbunt, knallig und quietschvergnügt. Da spielt garantiert jede Nuss verrückt!
Laufzeit: 101 Min. / Freigabe: ab 12
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen