China 2013
Regie:
Wong Tsz-Ming
Darsteller:
Wen Zhang,
Jet Li,
Michelle Chen,
Liu Shishi,
Liu Yan,
Jacky Wu,
Tong Dawei,
Collin Chou
Inhalt:
Hongkong:
Innerhalb kürzester Zeit sterben ein Schauspieler, ein Turmspringer, ein
Balletttänzer und ein Immobilienberater auf hochmysteriöse Weise – ohne
ersichtlichen Grund, aus heiterem Himmel und mit einem ins Gesicht
gemeißelten Lächeln. Die beiden etwas chaotischen Polizisten Wang Bu Er
[Wen Zhang] und Huang Feihong [Jet Li] sollen, unter der Leitung ihrer
Chefin Angela [Michelle Chen], Licht ins Dunkel bringen. Schon bald
finden sie heraus, dass alle Opfer mit der Schauspielerin Liu Jingshui
[Liu Schishi] liiert waren. Als Hauptverdächtige gilt jedoch bald ihre
attraktive Halbschwester Dai Yiyi [Liu Yan], welche ihr nicht nur jeden
einzelnen Mann ausgespannt, sondern diesen kurz vor ihrem Ableben auch
noch Lebensversicherungen zu ihren Gunsten aufgeschwatzt hat. Um den
Mörder zu entlarven, spielt Wang Bu Er schließlich den Lockvogel und
gibt sich als neuer Verlobter Lius aus. Schon nach kurzer Zeit muss auch
er um sein Leben fürchten.
Kritik:
BADGES OF FURY
– vom deutschen Verleih fast schon unverschämterweise als ‚spannungsgeladener Actionthriller‘ ins Rennen geschickt – ist eine mit
jeder Menge rasanter Bewegung gespickte, dabei komplett durchs Dach
steigende Nonsenskomödie, die ihre im Kern durchaus interessante
Kriminalprämisse lediglich dazu nutzt, einen wüsten Orkan comichaft
überzogener Krawall- und Klamaukszenen abzufackeln, die nur mühsam und
allzu offensichtlich alibihaft durch notdürftig verbindende Story-Elemente
zusammengehalten werden. So atmet Wong Tsz-Mings Regiedebüt auf eine
gewisse Art und Weise den Geist des albern-überdrehten – manch einer
möchte hier womöglich ausrufen: peinlichen - Hongkong-Kinos der 80er und
90er Jahre, wenn auch durch den damals noch nicht möglichen CGI-Einsatz
inbrünstig ins neue Jahrtausend katapultiert. Im poppigen Manga-Stil
werden hier pausenlos Possen gerissen, Grimassen geschnitten und nicht
zuletzt die Gesetze der Schwerkraft in hyperkinetischen
Martial-Arts-Geplänkeln außer Kraft gesetzt, wenn die Kämpfer ohne jede
Not kilometerweit durch die Lüfte fliegen.
Doch im beispielhaften Gegensatz zu Stephen Chows zumindest stilistisch ähnlichem KUNG FU HUSTLE (2004) verfehlt BADGES OF FURY
sein Ziel des Lacherfolges durch ein überraschend schlechtes Timing der
ohnehin nur selten – eigentlich nie! – wirklich komischen Gags, die
sich zu allem Überfluss auch nicht für eine bestimmte Richtung
entscheiden können. Durchaus gelungene visuelle Spielereien mit
attraktivem Cartoon-Charakter (der Schatten der männermordenden Femme
Fatale erscheint als Schlangensilhouette an der Wand, Wolken verdichten
sich bei drohender Gefahr zu einem Totenschädel) treffen auf banale
Typenkomik inklusive schwulen Schotten und stotternden
Versicherungsagenten, dazu gesellen sich abgestandene Slapstick-Nummern
der Marke 'Sich den Kopf stoßen', 'Durch die Wand brechen' und 'Mit dem
Gesicht gegen eine Scheibe klatschen'.
Der Krimi-Plot geht in
dieser Ansammlung von Albernheiten mehr als einmal verloren, was immer
dann zur Irritation führt, wenn die Fülle an Zoten mal wieder
unvermittelt für dramatische, bisweilen sogar melancholische Momente
unterbrochen wird, die im krassen Gegensatz stehen zu der generell
vorherrschenden Geistlosigkeit. Doch interessiert man sich für die
Schicksale der Protagonisten zwischen dem ungenierten Gehampel und
Geblödel ebenso wenig wie für die Frage nach dem Täter, auch wenn die
finale Auflösung, wenn auch nicht unbedingt bis ins Mark logisch, so
doch zumindest ausreichend überraschend daherkommt. In solchen Augenblicken wird erst klar, wie viel Potential hier eigentlich verschwendet wurde,
fällt die Konzentration auf die zugrundeliegende Handlung doch von Minute zu
Minute schwerer, da man den im Klamauk versinkenden Dialogen und
Ereignisketten schließlich nicht mehr die Bedeutung beimisst, die sie
zumindest teilweise verdient hätten. Dramaturgisch äußerst ungeschickt
setzt zudem der Subplot, dass Wang sich als Verlobter Lius ausgibt (und
sich damit dem Mörder als Köder anbietet), viel zu spät ein, um bereits
nach kurzer Zeit sang- und klanglos wieder fallengelassen zu werden,
obwohl doch gerade diese Idee, so unoriginell sie eigentlich auch ist,
für den dringend benötigten frischen Wind und die bis dato vermisste
klare Linie hätte sorgen können.
Für anspruchslose Seelen mit
Affinität zum überkandidelten Mainstream-Kino Asiens ist das Gebotene
dennoch von durchaus brauchbarer Essenz, zumal der wilde Trip in seiner
entfesselten Anarchie nicht vollkommen reizlos geriet. Schrille Kostüme
und knallige Farben beherrschen das absurde Szenario, das zudem gespickt
ist mit Anspielungen auf das Hongkong-Kino moderner und klassischer
Tage. So lautet der Rollenname Jet Lis hier nicht zufälligerweise 'Huang
Fei Hong', und die dazugehörige Fanfare nebst finaler Kampfszene im
altertümlichen Theater verweisen fast schon ein wenig zu penetrant auf
Lis größten Leinwanderfolg ONCE UPON A TIME IN CHINA. Neben einer seltsam uninspirierten und gut 15 Jahre zu späten MEN IN BLACK-Referenz fallen augenzwinkernde Bemerkungen über Jackie Chans POLICE STORY-Reihe und Hongkongs Filmgeschäft an sich, während die zahlreichen Gastauftritte (unter anderen vom Lam Suet [→ TRIANGLE], Stephen Fung [→ HOUSE OF FURY] und Jacky Wu [→ KILLZONE])
für Eingeweihte zwar ein paar „Ach, schau an, der/die/das spielt da
auch mit!?“-Effekte bergen, an einem Großteil des westlichen Publikums
jedoch eher unbemerkt vorbeirauschen dürften.
Jet Li, als
prominentester Mitwirkender vom Marketing natürlich publikumswirksam ins
Bild gerückt, hat zwar ein paar gelungene Kampfszenen, fiedelt hier
jedoch nur auf zweiter Geige. Die eigentliche Show gehört Wen Zhang
(welcher mit seinem Co-Star bereits in dem Fantasymärchen DIE LEGENDE DER WEISSEN SCHLANGE
vor der Kamera stand) als trotteligem Polizisten, der seine Fälle mehr
durch Glück als durch Verstand löst. Besonders in den humorbetonten
Szenen wirkt Wen dabei ein wenig überfordert, da es ihm nicht gelingt,
deren Möglichkeiten ausreichend auszuschöpfen, was besonders im direkten
Zusammenspiel mit seiner Partnerin Michelle Chen auffällt (welche ihr
Ziel ebenfalls verfehlt). Die Sequenz, in welcher beide erfolglos das
Verhörspiel „Guter Bulle, böser Bulle“ ausprobieren, offenbart in ihrer
Witzlosigkeit exemplarisch das Scheitern der Komik BADGES OF FURYs:
Die Darsteller spielen brutal aneinander vorbei, die Reaktionen und
Dialoge scheinen isoliert voneinander abzulaufen und die ganze Situation
verpufft am Ende quasi pointenlos.
So oder so ähnlich fehlt es BADGES OF FURY über die gesamte Laufzeit hinweg erheblich an Rhythmus und Balance.
Stattdessen feuert man hier rücksichtslos aus allen Rohren, garniert die
Kampfszenen mit zeichentrickartigen Klangeffekten und serviert lieber
einen Jux zu viel als zu wenig. Dass mit Corey Yuen [→ TRANSPORTER]
ein geachteter Profi für die Martial-Arts-Action zuständig war, sollte
man erwähnen, doch verschwindet dessen Talent größtenteils unter
massivem Drahtseil- und Rechnereinsatz. Wer weiß, worauf er sich
einlässt und nicht jedes Mal nach Perfektion strebt, kann bei dieser
hyperaktiven Cop-Comedy im Staccato-Tempo durchaus gute 90 Minuten grellbunten Spaß
erleben, ohne dabei ein großartig schlechtes Gewissen haben zu müssen, und
Jet-Li-Fans schauen sowieso rein. Den ‚spannungsgeladenen Actionthriller‘ gibt es dann halt das nächste Mal.
Laufzeit: 94 Min. / Freigabe: ab 12
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