Freitag, 25. April 2014

BADGES OF FURY


BU ER SHEN TAN
China 2013

Regie:
Wong Tsz-Ming

Darsteller:
Wen Zhang,
Jet Li,
Michelle Chen,
Liu Shishi,
Liu Yan,
Jacky Wu,
Tong Dawei,
Collin Chou



Inhalt:

Hongkong: Innerhalb kürzester Zeit sterben ein Schauspieler, ein Turmspringer, ein Balletttänzer und ein Immobilienberater auf hochmysteriöse Weise – ohne ersichtlichen Grund, aus heiterem Himmel und mit einem ins Gesicht gemeißelten Lächeln. Die beiden etwas chaotischen Polizisten Wang Bu Er [Wen Zhang] und Huang Feihong [Jet Li] sollen, unter der Leitung ihrer Chefin Angela [Michelle Chen], Licht ins Dunkel bringen. Schon bald finden sie heraus, dass alle Opfer mit der Schauspielerin Liu Jingshui [Liu Schishi] liiert waren. Als Hauptverdächtige gilt jedoch bald ihre attraktive Halbschwester Dai Yiyi [Liu Yan], welche ihr nicht nur jeden einzelnen Mann ausgespannt, sondern diesen kurz vor ihrem Ableben auch noch Lebensversicherungen zu ihren Gunsten aufgeschwatzt hat. Um den Mörder zu entlarven, spielt Wang Bu Er schließlich den Lockvogel und gibt sich als neuer Verlobter Lius aus. Schon nach kurzer Zeit muss auch er um sein Leben fürchten.

Kritik:

BADGES OF FURY – vom deutschen Verleih fast schon unverschämterweise als ‚spannungsgeladener Actionthriller‘ ins Rennen geschickt – ist eine mit jeder Menge rasanter Bewegung gespickte, dabei komplett durchs Dach steigende Nonsenskomödie, die ihre im Kern durchaus interessante Kriminalprämisse lediglich dazu nutzt, einen wüsten Orkan comichaft überzogener Krawall- und Klamaukszenen abzufackeln, die nur mühsam und allzu offensichtlich alibihaft durch notdürftig verbindende Story-Elemente zusammengehalten werden. So atmet Wong Tsz-Mings Regiedebüt auf eine gewisse Art und Weise den Geist des albern-überdrehten – manch einer möchte hier womöglich ausrufen: peinlichen - Hongkong-Kinos der 80er und 90er Jahre, wenn auch durch den damals noch nicht möglichen CGI-Einsatz inbrünstig ins neue Jahrtausend katapultiert. Im poppigen Manga-Stil werden hier pausenlos Possen gerissen, Grimassen geschnitten und nicht zuletzt die Gesetze der Schwerkraft in hyperkinetischen Martial-Arts-Geplänkeln außer Kraft gesetzt, wenn die Kämpfer ohne jede Not kilometerweit durch die Lüfte fliegen.

Doch im beispielhaften Gegensatz zu Stephen Chows zumindest stilistisch ähnlichem KUNG FU HUSTLE (2004) verfehlt BADGES OF FURY sein Ziel des Lacherfolges durch ein überraschend schlechtes Timing der ohnehin nur selten – eigentlich nie! – wirklich komischen Gags, die sich zu allem Überfluss auch nicht für eine bestimmte Richtung entscheiden können. Durchaus gelungene visuelle Spielereien mit attraktivem Cartoon-Charakter (der Schatten der männermordenden Femme Fatale erscheint als Schlangensilhouette an der Wand, Wolken verdichten sich bei drohender Gefahr zu einem Totenschädel) treffen auf banale Typenkomik inklusive schwulen Schotten und stotternden Versicherungsagenten, dazu gesellen sich abgestandene Slapstick-Nummern der Marke 'Sich den Kopf stoßen', 'Durch die Wand brechen' und 'Mit dem Gesicht gegen eine Scheibe klatschen'.

Der Krimi-Plot geht in dieser Ansammlung von Albernheiten mehr als einmal verloren, was immer dann zur Irritation führt, wenn die Fülle an Zoten mal wieder unvermittelt für dramatische, bisweilen sogar melancholische Momente unterbrochen wird, die im krassen Gegensatz stehen zu der generell vorherrschenden Geistlosigkeit. Doch interessiert man sich für die Schicksale der Protagonisten zwischen dem ungenierten Gehampel und Geblödel ebenso wenig wie für die Frage nach dem Täter, auch wenn die finale Auflösung, wenn auch nicht unbedingt bis ins Mark logisch, so doch zumindest ausreichend überraschend daherkommt. In solchen Augenblicken wird erst klar, wie viel Potential hier eigentlich verschwendet wurde, fällt die Konzentration auf die zugrundeliegende Handlung doch von Minute zu Minute schwerer, da man den im Klamauk versinkenden Dialogen und Ereignisketten schließlich nicht mehr die Bedeutung beimisst, die sie zumindest teilweise verdient hätten. Dramaturgisch äußerst ungeschickt setzt zudem der Subplot, dass Wang sich als Verlobter Lius ausgibt (und sich damit dem Mörder als Köder anbietet), viel zu spät ein, um bereits nach kurzer Zeit sang- und klanglos wieder fallengelassen zu werden, obwohl doch gerade diese Idee, so unoriginell sie eigentlich auch ist, für den dringend benötigten frischen Wind und die bis dato vermisste klare Linie hätte sorgen können.

Für anspruchslose Seelen mit Affinität zum überkandidelten Mainstream-Kino Asiens ist das Gebotene dennoch von durchaus brauchbarer Essenz, zumal der wilde Trip in seiner entfesselten Anarchie nicht vollkommen reizlos geriet. Schrille Kostüme und knallige Farben beherrschen das absurde Szenario, das zudem gespickt ist mit Anspielungen auf das Hongkong-Kino moderner und klassischer Tage. So lautet der Rollenname Jet Lis hier nicht zufälligerweise 'Huang Fei Hong', und die dazugehörige Fanfare nebst finaler Kampfszene im altertümlichen Theater verweisen fast schon ein wenig zu penetrant auf Lis größten Leinwanderfolg ONCE UPON A TIME IN CHINA. Neben einer seltsam uninspirierten und gut 15 Jahre zu späten MEN IN BLACK-Referenz fallen augenzwinkernde Bemerkungen über Jackie Chans POLICE STORY-Reihe und Hongkongs Filmgeschäft an sich, während die zahlreichen Gastauftritte (unter anderen vom Lam Suet [→ TRIANGLE], Stephen Fung [→ HOUSE OF FURY] und Jacky Wu [→ KILLZONE]) für Eingeweihte zwar ein paar „Ach, schau an, der/die/das spielt da auch mit!?“-Effekte bergen, an einem Großteil des westlichen Publikums jedoch eher unbemerkt vorbeirauschen dürften.

Jet Li, als prominentester Mitwirkender vom Marketing natürlich publikumswirksam ins Bild gerückt, hat zwar ein paar gelungene Kampfszenen, fiedelt hier jedoch nur auf zweiter Geige. Die eigentliche Show gehört Wen Zhang (welcher mit seinem Co-Star bereits in dem Fantasymärchen DIE LEGENDE DER WEISSEN SCHLANGE vor der Kamera stand) als trotteligem Polizisten, der seine Fälle mehr durch Glück als durch Verstand löst. Besonders in den humorbetonten Szenen wirkt Wen dabei ein wenig überfordert, da es ihm nicht gelingt, deren Möglichkeiten ausreichend auszuschöpfen, was besonders im direkten Zusammenspiel mit seiner Partnerin Michelle Chen auffällt (welche ihr Ziel ebenfalls verfehlt). Die Sequenz, in welcher beide erfolglos das Verhörspiel „Guter Bulle, böser Bulle“ ausprobieren, offenbart in ihrer Witzlosigkeit exemplarisch das Scheitern der Komik BADGES OF FURYs: Die Darsteller spielen brutal aneinander vorbei, die Reaktionen und Dialoge scheinen isoliert voneinander abzulaufen und die ganze Situation verpufft am Ende quasi pointenlos.

So oder so ähnlich fehlt es BADGES OF FURY über die gesamte Laufzeit hinweg erheblich an Rhythmus und Balance. Stattdessen feuert man hier rücksichtslos aus allen Rohren, garniert die Kampfszenen mit zeichentrickartigen Klangeffekten und serviert lieber einen Jux zu viel als zu wenig. Dass mit Corey Yuen [→ TRANSPORTER] ein geachteter Profi für die Martial-Arts-Action zuständig war, sollte man erwähnen, doch verschwindet dessen Talent größtenteils unter massivem Drahtseil- und Rechnereinsatz. Wer weiß, worauf er sich einlässt und nicht jedes Mal nach Perfektion strebt, kann bei dieser hyperaktiven Cop-Comedy im Staccato-Tempo durchaus gute 90 Minuten grellbunten Spaß erleben, ohne dabei ein großartig schlechtes Gewissen haben zu müssen, und Jet-Li-Fans schauen sowieso rein. Den ‚spannungsgeladenen Actionthriller‘ gibt es dann halt das nächste Mal.

Laufzeit: 94 Min. / Freigabe: ab 12

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