China 2013
Regie:
Clarence Fok
Darsteller:
Donnie Yen,
Andy On,
Jing Tian,
Zhang Hanyu,
Collin Chou,
Paw Hee-Ching,
Ronald Cheng,
Frankie Ng Chi-Hung
„Wie soll ich da arbeiten? Mit welcher Identität?“ - „Mit einer speziellen.“
(Damit wäre dann auch der Filmtitel abgefrühstückt.)
Inhalt:
Hongkong-Polizist Chen Zilong [Donnie Yen] arbeitet als verdeckter Ermittler und hat sich in acht Jahren das Vertrauen des Unterweltbosses Xiong [Collin Chou] erschlichen. Doch Chen agiert immer leichtsinniger, so dass seine Tarnung droht, aufzufliegen. Als er seinen Vorgesetzten [Roland Cheng] darum bittet, aussteigen zu dürfen, hat dieser noch einen letzten Auftrag für ihn: Chen soll in die Volksrepublik nach Nanhai reisen, um seinem alten Kumpel Sunny [Andy On] das Handwerk zu legen, von dem vermutet wird, dass er die Geschäfte Xiongs an sich reißen möchte. Nach kurzem Zögern nimmt Chen den Job an. Gemeinsam mit seiner Kollegin vor Ort, Fang Jing [Tian Jing], beginnt Chen ein gefährliches Spiel und gerät zwischen alle Fronten.
Kritik:
Donnie Yens Karriere kam langsam, aber dafür gewaltig. Obwohl er bereits seit den 80er Jahren in Action-Attraktionen wie RED FORCE und zum Teil überragenden Martial-Arts-Epen wie LAST HERO oder IRON MONKEY von sich reden machte, blieb er im Westen trotz immensen Outputs lange Zeit nahezu unbekannt. Spätestens jedoch nach seinem Auftritt als Kung-Fu-Lehrer 'Ip Man' in der gleichnamigen 2008 gestarteten Kinoreihe konnte sich der agile Knochenbrecher seinen Platz neben Ikonen wie Jackie Chan oder Jet Li als weiterer chinesischer Vorzeige-Fighter sichern – was ihm unter anderem Rollen in kassenträchtiger Hollywood-Ware wie der TRIPLE X- oder STAR WARS-Saga einbrachte. Abseits jeder Ermüdungserscheinung drehte der mittlerweile immerhin 50-jährige Yen in seinem Heimatland fleißig weiter, um die Früchte seines späten Ruhmes bestmöglich auszukosten. Dabei blieb er seiner Auswahl stets treu und agierte entweder bunt kostümiert vor historischem Hintergrund oder gab den modernen Prügel-Polizisten mit weichem Herz und harter Faust. SPECIAL ID fällt natürlich in letztere Kategorie und präsentiert seinen Star in der Eröffnungssequenz als tätowierten Hooligan, der erst mit seinen Gegnern Mahjong spielt, bevor er sich mit ihnen einen saftigen Schlagabtausch auf bestimmt recht hässlich pikenden Spielwürfeln liefert. Das nachfolgende Streitgespräch mit seinem Vorgesetzten entlarvt ihn dann hurtig als verdeckten Ermittler, dessen Gangster-Montur lediglich eine geschickte Tarnung darstellt – denn Gangster ohne Tätowierungen, so etwas gibt es schließlich nicht.
Zugegeben: Das ist alles nichts Neues und ähnliche Konstellationen sind nicht nur aus den Paradebeispielen KILL ZONE und FLASH POINT bekannt, die 2005 und 2007 aufgrund ihrer Opulenz und Kompromisslosigkeit die Fangemeinde begeistert in die Hände klatschen ließen. SPECIAL ID wirkt da wie ein verspäteter Nachklapp und auf den ersten Blick alles andere als innovativ. Doch obwohl man sich auch hier klassischer Themen wie Loyalität, Verrat und verletztem Ehrgefühl bediente, ist SPECIAL ID nicht als überlebensgroße Action-Oper inszeniert, wie besagte Vorzeigestücke, sondern kommt als relativ geerdete Kriminal- und Kriminellengeschichte daher, die zudem, obwohl es auch hier stellenweise nicht unbedingt zimperlich zur Sache geht, auf ausufernde Brutalitäten weitestgehend verzichtet. Dafür reicherten die Autoren Tai Lee-Chan [→ IP MAN] und Kam-Yuen Szeto [→ DOG BITE DOG] das Geschehen mit einer ordentlichen Portion Screwball-Comedy an und lassen Donnie Yen und seine Co-Partnerin Tian Jing [→ POLICE STORY – BACK FOR LAW] mehrere humorsprühende Wortgefechte austragen, was sich trotz des vermeintlichen Widerspruchs nicht nur mit den ansonsten wenig harmoniebedürftigen Ereignissen verträgt, sondern sie sogar unterstützt, verleiht sie den ansonsten eher rudimentär charakterisierten Figuren doch die dringend benötigten sympathisch-menschlichen Züge.
Obwohl die Idee der erzwungenen Mann-Frau-Konstellation, bei welcher sich beide Parteien zunächst nicht ausstehen können und sich eifrig gegenseitige Kabbeleien liefern, bevor sie dann schließlich doch eine perfekte Einheit bilden, natürlich einen Bart von Wanne-Eickel bis nach Nanhai hat, funktioniert das Schema hier prächtig – was vor allem daran liegt, dass die Protagonisten bereits von Haus aus einen äußerst einnehmenden Eindruck machen. Tian Jing ist als Fang Jing schlichtweg reizend und beeindruckt neben ihrer Niedlichkeit auch durch ihre Physis. Wenn sie aus heiterem Himmel ihren Autositz mit den Hello Kitty-Bezügen (ja, wirklich!) verlässt und ohne Umschweife damit beginnt, gekonnt in gegnerische Hintern zu treten, dann fühlt man sich an deutlich ältere Zeiten erinnert, als die 'Deadly China Dolls' noch eine eigene Unterkategorie des Genres Hongkong-Action bildeten. Und auch Donnie Yen agiert hier nicht wie ein von Schicksal und Schlägen gebeutelter Zyniker, wie so häufig, sondern erinnert an den draufgängerischen Jungspund, den er zu Beginn seiner Karriere überwiegend verkörperte. So hat SPECIAL ID dann am Ende deutlich mehr mit dem verspielten RED FORCE gemein als mit dem bedeutungsschwangeren KILL ZONE.
Einen wirklichen Zwiespalt, was seine Mission angeht, scheint Chen Zilong dann auch nicht mit sich herumzutragen. Wo in gängigen Undercover-Storys in der Regel ein innerer Konflikt entsteht zwischen der eigenen Identität und jener, die man annehmen muss, hat Chen einfach nur Angst, aufzufliegen – was gewissermaßen unnötig ist, denn irgendwie weiß hier so ziemlich jeder, Freund wie Feind, bereits über sein Doppelleben Bescheid, was schon irgendwie ziemlich drollig ist. Allerdings ist das auch kein Wunder, denn wirklich vorsichtig geht Chen nicht zu Werke und unterhält sich auch schon mal lautstark und auf offener Straße mit seinem Vorgesetzten über den Job, was doch einiges an Plausibilität vermissen lässt. Doch solch kleine Ungereimtheiten kann man locker verschmerzen, zumal sich SPECIAL IP generell nicht allzu wichtig nimmt und bereits von Grund auf darauf verzichtet, großartig mehr sein zu wollen als ein knackiger Klopper für zwischendurch. So kommt es dann auch, dass zwei mittige Rückblenden, die wohl so etwas Ähnliches wie epische Breite vorgaukeln sollen, merkwürdig fehl am Platze wirken. Denn am Ende bleibt die Story simpel konstruiert, verzichtet auf Ballast und unnötiges Personal und geriet damit erfreulich übersichtlich. Die Action ist dazu großzügig verteilt, Stunts, Keilereien und Verfolgungsjagden geben sich die Klinke in die Hand. Logisch, dass auf Schusswaffengebrauch immer dann verzichtet wird, wenn es dramaturgisch viel besser passt, sich gegenseitig mit Hand und Fuß das Fell zu gerben. Auch hier erinnert SPECIAL ID wieder an das Hongkong-Kino der 80er Jahre. Wenn Tian Jing sich einen rustikalen Schlagabtausch liefert, auf engsten Raum gepfercht, in der Kabine eines fahrenden Autos (aus dem sie im Anschluss natürlich unbeschadet herausspringt), dann lautet die Devise: Waghalsigkeit vor Wirklichkeitsnähe.
Die Zeit vergeht dabei wie im Fluge. Clarence Foks [→ DRAGON FROM RUSSIA] Polizei-Sause geriet – nicht zuletzt aufgrund ihrer gekonnten Montage – ausgesprochen rasant und dynamisch und langweilt nicht eine Sekunde. Das ist erstaunlich, soll es hinter den Kulissen doch immer wieder zu künstlerischen Querelen gekommen sein, die das Projekt verzögerten und verteuerten. Davon jedoch ist nichts zu spüren. SPECIAL ID ist ein gefälliger, gut gelaunter Beitrag in Donnie Yens Vita, ein kurzweiliges Kampfsport-Vergnügen mit knackigem Tempo, etwas Typenkomik (ein Gangster brüllt die ganze Zeit vollkommen grundlos herum, was doch recht amüsant ist) und ausnahmsweise auch mal ohne versteckte ideologische Staatsbotschaften. Die deutsche Sprachfassung kommt ebenfalls sehr anständig daher, obwohl Tian Jing eine etwas nervige Stimme abbekam und man sich erst ein paar Augenblicke lang daran gewöhnen muss, dass Donnie Yen hier wie Colin Farrell klingt. Doch insgesamt gibt es hier erfreulich wenig zu meckern. Fans schnörkelloser Hongkong-Action können sich diese spezielle Identität ohne Gewissensbisse zulegen.
Laufzeit: 95 Min. / Freigabe: ab 16
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