Italien, BRD, Spanien 1967
Regie:
Giuliano Montaldo
Darsteller:
Edward G. Robinson,
Janet Leigh,
Robert Hoffmann,
Klaus Kinski,
Riccardo Cucciolla,
George Rigaud,
Adolfo Celi,
Jussara
Inhalt:
Nach 42 Jahren stattet Professor James Anders [Edward G. Robinson] seinem Jugendfreund Mark Milford [Adolfo Celi], mittlerweile ein Oberhaupt des organisierten Verbrechens, einen Besuch ab. Die Gründe dafür jedoch sind weniger sentimentaler Natur: 30 Jahre lang hat Anders in Rio de Janeiro als Englischlehrer gearbeitet. 30 Jahre lang blickte er vom Fenster seines Klassenzimmers aus auf die gegenüberliegende Bank. Seit 30 Jahren beobachtet er, wie zweimal im Jahr ein streng gesicherter Diamanten-Transport die Bank verlässt. Nun, nach seiner Pensionierung,
will Anders auch endlich sein Stück vom Kuchen. Jahrelang studierte
penibel genau das akkurat durchexerzierte Übergaberitual und erarbeitete
einen ebenso kühl durchkalkulierten Plan, die millionenschwere Ware zu
rauben. Doch zum Gelingen des Plans braucht er von Milford vier
Männer: den Safeknacker Agostino [Riccardo Cucciolla], den
Elektronikexperten Gregg [George Rigaud], den unberechenbaren Söldner
Erich [Klaus Kinski] und den Playboy Jean-Paul [Robert Hoffmann], der
sich an die Bankangestellte Mary [Janet Leigh] heranmachen soll.
Beeindruckt von der plötzlichen kriminellen Energie seines Freundes,
stellt Milford ihm das Team zusammen. Doch als die vier Männer sich in
Rio begegnen, kommt es aufgrund ihrer unterschiedlichen Charaktere
schnell zu Reibereien. Als dann auch der Plan nicht immer so
funktioniert, wie er funktionieren soll, liegen die Nerven schneller
blank als geplant …
Kritik:
Als 'Caper Movies' bezeichnet man
ein Untergenre des klassischen Kriminalfilms, dessen Hauptfiguren nicht
auf der Seite des Gesetzes stehen, sondern ganz im Gegenteil versuchen,
eben dieses zu übertreten – in der Regel durch einen spektakulären
Raub. Planung und Vorbereitung des Verbrechens nehmen dabei meistens
ebenso viel erzählerischen Platz in Anspruch wie die eigentliche
Durchführung. Im Grundton meist amüsant ist das Geschehen jedoch
auch oft mit aufregenden Spannungsmomenten durchsetzt und der glückliche
Ausgang der Ereignisse nicht unbedingt gewährleistet. Die Beliebtheit dieser Gattung, als dessen Startschuss der bereits 1955 entstandene französische Kassenerfolg RIFIFI gewertet werden darf, zieht sich mit Beiträgen wie OCEAN’S ELEVEN oder BANK JOB bis ins neue Jahrtausend. Als noch recht früher Vertreter dieser Kategorie, präsentiert sich TOP JOB
in Sachen Handlung, Aufbau und Dramaturgie nahezu als Musterbeispiel, werden doch fast lehrbuchkonform alle notwendigen Versatzstücke brav und der Reihe nach abgefrühstückt. So findet das vom damaligen
Dream Team Italien/Deutschland/Spanien gemeinsam gestemmte Werk seine
Stärke dann auch weniger in der nur selten originellen Handlung, die den
zu diesem Zeitpunkt bereits gesetzten Genre-Regeln in schon beinahe demütiger Schnörkellosigkeit gehorcht und in welcher selbst Fehlschläge
den zu erwartenden Gesetzmäßigkeiten folgen.
Allerdings werden
die Ereignisse dermaßen dicht erzählt, dass deren Formalhaftigkeit gar
nicht belastend ins Gewicht fällt. Tatsächlich hat die wohlüberlegte
Regie Giuliano Montaldos’ [→ GOTT MIT UNS] das Werk so kompetent im Griff, dass die temporären Unglaubwürdigkeiten (ein paar davon muss sich TOP JOB schon ans Bein binden lassen) von der straffen Dramaturgie spielend übertüncht werden. Die
malerische Kulisse Rio de Janeiros ruft mit ihrem exotischen Flair beim
Betrachter geradezu zwangsläufig beschwingte Urlaubsgefühle hervor und
gibt somit einen nahezu perfekten Schauplatz für das Gaunerstück ab,
steht das bunte Treiben doch im schönsten Widerspruch zu den sinistren
Taten der Protagonisten.
Die größte Trumpfkarte TOP JOBs
dürfte die international zusammengeklaubte Besetzung sein. Zwar bedient
jede einzelne der Figuren auf fast schon lächerlich überzogene Art und Weise
eine bis in die Haarspitzen stereotypische Klischeefigur, doch werden
diese ausnahmslos auf solch hochengagierte Weise dargestellt, dass man
für die realitätsfremden Übertreibungen schon fast dankbar sein muss. So gibt Klaus Kinski [→ JACK THE RIPPER]
den grobschlächtigen Söldner – seinem Image treu bleibend – als
tickende Zeitbombe mit unerfreulichem Hang zu spontanen
Gewaltausbrüchen, während Robert Hoffmann [→ DIE NACHT DER ROLLENDEN KÖPFE]
als leicht tuckiger französischer Herzensbrecher (natürlich auf
den Namen Jean-Paul hörend) einem dieser Qualitätsromane mit den
halbnackten, eine kesse Adelsfrau im Arm haltenden Muskelmännern auf dem
Titelblatt entsprungen sein könnte. Ein besonderer Höhepunkt ist Georges Rigaud [→ FRISS ODER STIRB]:
Sein Charakter als gealterter Technikexperte, zwischen krimineller
Energie und milder Altersweisheit, strahlt eine Aura des Würdevollen aus
und hat schnell die Sympathien des Publikums auf ihrer Seite. Einzig Riccardo Cucciolla [→ TOTE PFLASTERN SEINEN WEG]
fällt als analytischer Safeknacker ein wenig ab und hinterlässt einen
im Vergleich wenig bleibenden Eindruck, was jedoch hauptsächlich seiner
etwas lieblos konzipierten Figur geschuldet ist – an seinem Schauspiel
ist im Prinzip nichts auszusetzen.
Glücklicherweise war die
Regie bedacht genug, nach Ende eines Dialogs nicht Hals über Kopf zur
nächsten Sequenz zu hetzen, sondern den Akteuren vor Szenenwechsel noch
ausreichend Zeit zu gewähren – für noch einen letzten Blick, eine kurze
Mimik, eine abschließende Geste. So entstanden massig kleine, aber
äußerst feine Momente, in welchen das exquisite Ensemble seine
Qualitäten nochmal zusätzlich unter Beweis stellen kann. Das
Konfliktpotential zwischen den grundsätzlich so verschiedenen Parteien
wurde geschickt genutzt und sorgt für zusätzliche Spannung: Wie die vier
unterschiedlichen Männer, die sich weder zuvor kannten, noch sich
besonders gut leiden können, gezwungen sind, zusammenzuarbeiten, um zum
Erfolg zu gelangen, das steckt voll unterschwelliger brodelnder Unruhe,
einem Pulverfass gleich, das jeden Moment hochgehen könnte.
Durch
Tunnel, Panzertüren und Lichtschranken bahnen sich die Protagonisten
ihren Weg und sorgen dabei für einige große Augenblicke: So sind die Einbrecher
in einer Szene zu absoluter Lautlosigkeit gezwungen, da bereits das
geringste Geräusch Alarm auslösen würde. Die Angespanntheit der
minutenlangen Stille, in welcher jeder Schnaufer bereits wie
das lauteste Geräusch der Welt wirkt, raubt einem selbst den Atem und
ist von beachtlicher Intensität. In Momenten wie diesen erhebt sich TOP JOB
zu wahrer Größe und scheint seinen etlichen Epigonen um
einige Qualitätsstufen voraus. Gegen Ende jedoch sahen sich Autoren
offenbar gezwungen, origineller zu sein als notwendig und verwässerten
die bis dahin äußerst geradlinig ablaufenden Ereignisse mit ein paar
hastig herbeieilenden Überraschungsmomenten. Dieses schadet nicht nur
der bis dahin tapfer durchgezogenen Stringenz, sondern strapaziert bisweilen auch
ein wenig zu sehr die Glaubwürdigkeit. Doch wirken selbst diese kleineren Unvollkommenheiten TOP JOBs (zu
denen sich auch die eindeutig als Drahtseile zu identifizierenden Lichtschranken zählen dürfen) eher sympathisch als verärgernd und können dem munteren Trubel kaum etwas anhaben.
Eingerahmt vom für den Komponisten zwar
ungewöhnlichen, aber dennoch wie üblich sehr hörenswerten Sound Ennio
Morricones [→ SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD], welcher die Ereignisse dieses Mal mit glockenreinen
Knabenstimmen untermalt und damit bereits während des Vorspanns ein
beschwingtes Gefühl der Leichtigkeit vermittelt, werden einem hier gut
zwei Stunden vorzügliche Unterhaltung mit ungemein stimmiger
60er-Jahre-Wohnfühl-Atmosphäre geboten – ein exakt dosiertes Konglomerat aus Raub, Radau und Ränkespiel. Top Job!
Laufzeit: 119 Min. / Freigabe: ab 12
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