China 2015
Regie:
Wu Jing
Darsteller:
Wu Jing,
Scott Adkins,
Yu Nan,
Ni Dahong,
Zhou Xiaoou,
Shi Zhaoqi,
Deng Ziyi,
Kevin Lee
Inhalt:
Elitesoldat
Leng Feng [Wu Jing] steht vor dem Militärgericht. Grund: Während
der Erstürmung eines Verbrecherhauptquartiers missachtete er die
Anordnungen seines Vorgesetzten und pustete einem Geiselnehmer gegen
jeden Befehl das Hirn raus. Der Heißsporn rechnet mit Entlassung,
tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall: Kommandeurin Long
Xiaojun [Yu Nan] wirbt ihn für ihre Spezialeinheit Wolf Warriors ab. Währenddessen braut sich jenseits der Grenze neues Unheil
zusammen: Der Bruder des Mannes, den Leng bei dem Einsatz tötete,
ist der mächtige Gangster Min Peng [Ni Dahong]. Als dieser verhaftet
werden soll, richten seine Kompagnons, eine Truppe blutrünstiger
Söldner, unter den Polizisten ein Massaker an. Als Nächstes will
sich Min aus Gründen der Rache nun Leng und seine Wolf Warriors vorknöpfen. Er schickt seine Mannen, angeführt vom ehemaligen
Soldaten Tom Cat [Scott Adkins], in chinesisches Grenzgebiet, um dort
gehörig aufzuräumen. Die Wolf Warriors befinden sich gerade auf
einer Übung, als sie von der feindlichen Attacke blutig überrascht
werden. In den Wäldern Chinas beginnt ein beinharter
Überlebenskampf.
Kritik:
Wu
Jing sollte mal so etwas wie der neue Jet Li werden. Aus diesem
Grunde sprang er eine Zeit lang durch eher durchschnittliche
Martial-Arts-Opern wie FATAL CONTACT oder LEGENDARY ASSASSIN
(zugegeben: auch durch großartige wie KILL ZONE). Der beabsichtigte Durchbruch jedoch wollte sich nicht einstellen. Daher war Umsatteln
angesagt. In WOLF WARRIOR, der ersten Produktion, die komplett unter
seiner Regie entstand, geht es dann auch deutlich seltener um
klassische Kampfartistik als vielmehr darum, das Gewehr richtig zu
halten. Wu (der hier trotz seiner 40 Lenzen immer noch aussieht wie
frisch aus dem Ei gepellt) mimt den knallharten Elitesoldaten Leng
Feng, der vermutlich schon im Flecktarn zur Welt kam und die gute
alte Cowboy-und-Indianer-Nummer mit kindlicher Begeisterung und
jugendlichem Überschwang geradezu euphorisch zelebriert. Solch
leidenschaftlich ausgelebte Tötungslust und Vaterlandsliebe wird
natürlich prompt mit Versetzung in höhere Weihen belohnt, mit der
Mitgliedschaft bei den titelgebenden Wolf Warriors, sozusagen die
Elitetruppe der Elitetruppen, die Besten der Besten der Besten (ja,
das wird sehr oft betont!). Hier treffen sich die härtesten Jungs,
um den ganzen Tag lang Krieg zu spielen und dumme Sprüche
rauszuhauen. Als es dann plötzlich ernst wird und böse ausländische
Invasoren dem tapferen Team an Leib und Leben wollen, müssen sie
sich bewähren und liefern dafür das volle Programm aus Pathos,
Wagemut und patriotischen Parolen.
Das
alles strotzt nur so vor Klischees und bewegt sich gefährlich nah am
Rande der eigenen Karikatur. Da zeigt einer der Soldaten seinem
Kameraden eine Fotografie seiner kleinen Tochter. Überraschung:
Keine 10 Minuten später liegt der Mann tot im Sand. Man mag kaum
glauben, dass die Macher tatsächlich den Mumm hatten, diese
wahrscheinlich älteste Kamelle der Welt nochmal aus der Mottenkiste
zu zerren, aber tatsächlich bedient das stereotype Skript so ziemlich
jede Binse, die gerade irgendwie greifbar war. Dazu gehört freilich
auch, dass die Heimatliebe hier pausenlos Höhenflüge feiert.
„Unterschätz die Chinesen nicht!“, ermahnt der böse Big Boss
seine Söldnerbrigade gleich zu Beginn, und auch im weiteren Verlauf
hören derlei Verlautbarungen nicht auf. Immer wieder wird vehement
zwischen China und dem Rest der Welt unterschieden, die eigene
Staatsangehörigkeit zum Nonplusultra erklärt. China hat die besten
Kämpfer, die tollste Technik und die hochwertigsten Waffen, und wer
das nicht glaubt, der wird sich noch umgucken. So wird dann auch geprotzt und posiert bis sich die Balken biegen. Dicke Panzer, schicke Helis und schnieke
Drohnen schieben sich immer wieder wichtigtuerisch durchs Bild und lassen
nicht den geringsten Zweifel daran zu, dass diese Armee im
Nullkommanix alles und jeden pulverisieren könnte. Seltsamerweise
tut sie das aber nicht. Mit derlei Gerät wäre es tatsächlich ein
leichtes, den fiesen Eindringling quasi mühelos von der Platte zu
putzen. Den Konflikt klären muss dann aber dennoch der kleine Soldat
ganz allein im Wald, während die Befehlshaber im sicheren Kämmerlein
vor ihren futuristischen animierten 3D-Panoramen hocken und Maulaffen
feilhalten.
Der
Grund dafür ist denkbar lächerlicher Natur: Die Armee greift
deswegen nicht ein, weil die Wolf Warriors sich beweisen sollen.
Die Regierung riskiert (und opfert) hier also ganz bewusst
Menschenleben im Namen ihrer Ideologie - was am Ende mehr über die
Landesführung aussagt, als vermutlich beabsichtigt war. Denn unter
dem Deckmantel des handelsüblichen Action-Reißers ist WOLF WARRIOR
politische Propaganda in Reinkultur. Hier kämpft der gute Sozialismus gegen den bösen Kapitalismus. Der finale Fight bringt es
dann auch verbal auf den Punkt, als der böse Ami (USA-Import Scott
Adkins) dem geradezu hündisch staatstreuen Chinesen Wu
zu erklären versucht, es sei doch im Prinzip egal, ob man für seine
Ideale kämpfe oder für den schnöden Mammon. Diese ungeheuerliche
Aussage kann der linienloyale Musterkrieger natürlich nicht
ungestraft durchgehen lassen. Ein Blick auf seinen aufgenähten
Button („Ich kämpfe für China“ steht da allen Ernstes drauf) beflügelt den eigentlich
bereits unterlegenen Kämpfer und lässt ihn neue Kraft schöpfen, um
sich doch noch einmal aufbäumen und seinem Kontrahenten den Rest
geben zu können. Gut möglich, dass es chinesische Landsleute gibt,
die bei solchen Momenten die Hacken zusammenschlagen, auf ein
deutsches Publikum jedoch wirkt das dermaßen drüber, dass man
sich fragt, ob das tatsächlich noch ernstgemeint ist oder man
versehentlich den Kanal zu HOT SHOTS gewechselt hat.
Jedweden
Realitätsbezug hat WOLF WARRIOR zu diesem Zeitpunkt allerdings eh
schon längst ad acta gelegt. Für Lacher sorgt schon ein Moment zu Beginn,
in dem eine simple Maschinengewehrsalve einen parkenden Polizeiwagen
zur Explosion bringt (woraufhin die umstehenden Autos aus Solidarität
gleich mit explodieren). Spätestens aber, wenn als zusätzlicher
Spannungsindikator eine ominöse Biowaffe aus dem Hut gezaubert wird,
die allerdings nur Chinesen gefährlich kann (!), ist der Ofen aus.
Ab diesem Zeitpunkt bleibt dann nur noch die Möglichkeit, alles zu
akzeptieren, was noch kommt, und sich einfach an der Action zu
erfreuen. Diese ist für den Genre-Fan nämlich durchaus erbaulich
und bietet die volle Palette aus Schusswechsel, Nahkampfkeilerei und
Pyrotechnik. Ein wenig erinnert das Geschehen an frühere
amerikanische Action-Ware, deren Helden Namen trugen wie Chuck
Norris, Dolph Lundgren oder – wenn man Pech hatte – Michael
Dudikoff und die, dabei auch immer tüchtig auf die
Patriotismus-Pauke hauend, gegen Feinde ankämpften, die stets von jenseits der Grenze kamen. Hier heißt der Held nun Wu Jing und zieht
gegen den bösen Ami ins Feld, dargestellt von Scott Adkins, der in
den USA mit kleinen Videotheken-Highlights wie NINJA zum B-Star
wurde. Beide sind Könner auf dem Gebiet der Martial Arts und liefern
sich hier einen kurzen, aber knackigen Finalkampf, der auch
choreographisch nicht enttäuscht.
Wem
es gelingt, die permanente Propaganda auszublenden, der wird hier tatsächlich ziemlich gut unterhalten. Wus Debüt bietet kompetent
inszeniertes Dauerfeuer in technischer Perfektion (lediglich der
Angriff eines im Rechner entstandenen Wolfrudels auf die titelgebende
Truppe sieht ein wenig merkwürdig aus – ohnehin eine seltsam
sinnlose Sequenz). Nach etwa 80-minütigem Krawall entlässt WOLF WARRIOR sein Publikum dann wieder mit einer erneuten Einstellung einer Armada imposanter Helikopter im prahlerischen Präsentationsflug. Für ein zünftiges „Heil, Mao!“ war wohl keine Zeit mehr.
Laufzeit: 86 Min. / Freigabe: ab 16
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