Die schlagkräftigen Brüder Fan Ke [David Chiang] und Wen Lieh [Ti Lung] brachten einst den gefährlichen Verbrecher Chiang Ren [Chen Sing] hinter Gitter. Dieser ist jedoch gar nicht so dumm, wie er aussieht, und kann mithilfe einer unfassbar billigen List aus dem Gefängnis entkommen. Aus Rache tötet er zunächst Wens Familie und entführt im Auftrage der japanischen Unterweltgröße Yamaguchi [Chang Cheh] dann auch noch dessen Freundin Yu Lan [Ching Li]. Fan und Weh reisen nach Tokio, um Yu buchstäblich wieder rauszuhauen. Zwar geht die Aktion erfolgreich über die Bühne, doch Yamaguchi gibt nicht auf: Er schickt seinen besten Kämpfer Katsu [Yasuaki Kurata] mit seinem Team [unter anderen: Bolo Yeung] nach China, um dort mit den Brüdern abzurechnen. Doch die lassen sich nicht so ohne weiteres die Wurst vom Brot ziehen.
Stuart Redman und DJANGOdzilla begutachten alte Schätze und neue Entdeckungen
Sonntag, 22. November 2020
ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE
Hongkong 1971
Regie:
Chang Cheh
Darsteller:
Ti Lung,
David Chiang,
Chen Sing,
Kurata Yasuaki,
Ching Li,
Chang Cheh,
Bolo Yeung,
Fang Jen-Tzu
Inhalt:
Kritik:
Zehn
gelbe Fäuste, das macht rein rechnerisch fünf gelbe Menschen. Wie genau der deutsche Anbieter auf diese Zahl kam, wird
wohl ewig ein Geheimnis bleiben. Hauptfiguren existieren nämlich im
Prinzip lediglich zwei, Grund zur Rache hingegen hätte so ziemlich
jeder der Beteiligten. Allerdings ist es müßig, sich mit schnöder
Mathematik zu beschäftigen, wenn so wunderbar konsequent feindliche
Scheitel geradegerückt werden wie bei ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE
RACHE. Der kompromisslose
Kino-Klopper fährt nämlich das volle Programm
70er-Jahre-Hongkong-Action auf und erfüllt dabei so ziemlich alle
Erwartungen, die man in solch einen Beitrag setzen könnte. Um
ihren seriösen Ruf besorgte Kritiker rümpfen in Anbetracht dünner
Story, dummer Dialoge und überzogener Brutalitäten natürlich
pflichtschuldig die Nase, und in der Tat sind diverse Defizite nicht
von der Hand zu weisen. Wirklich inspiriert oder von großer Vision
beseelt ging man hier wahrlich nicht zu Werke, und es ist
offensichtlich, dass man einige Mühe hatte, die überschaubare
Handlung auf die obligatorischen 90 Minuten zu zerren. So muss man
sich manche Gangster-Erläuterungen gleich mehrfach anhören und wird
auch immer wieder Zeuge inhaltlich sinnfreier Autofahrten durch das
wahlweise nächtliche oder tägliche Tokio, die aber schon allein
deswegen von Nutzen sind, weil sie, mit groovigem Score unterlegt,
ein wunderbar mondänes Großstadt-Flair verbreiten und damit
essentieller Bestandteil des immens wichtigen Wohlfühl-Faktors sind.
Faktisch
hat man es zwar mit der Fortsetzung von FAN CHU – TÖDLICHE RACHE
zu tun, der im Vorjahr mit fast identischer Besetzung vor und hinter
der Kamera entstand. Tatsächlich aber ist dessen Kenntnis
abdinglich – ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE funktioniert, nicht
zuletzt aufgrund der sehr simplen Story, auch ohne Vorwissen als
eigenständiger Kung-Fu-Snack für zwischendurch. Das von Ni Kuang [→
DIE TÖDLICHEN ZWEI] verfasste Skript sät die Action vergleichsweise
sogar eher spärlich; dafür geht es bei Stattfinden alles andere als
zimperlich zur Sache: Bei der ausschließlich aus Prügeleien
bestehenden Konfliktbewältigung suppt das Blut stets in anständiger
Dosis, und immer wieder hagelt es neben Faust und Fuß manch fiese
kleine Gemeinheit. Die Choreographie besorgte das bewährte Duo Liu
Chia-Liang und Tong Kai, das unter anderem bereits dem Klassiker DAS
GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS kinetisches Leben einhauchte. Mit
dessen eleganten Duellen hat das hier vorliegende Hieb- und Stichfest
allerdings herzhaft wenig am Hut. Die Ästhetik entspricht dem rauen
Straßenkampf; statt taktischem Belauern und effizientem Zuschlagen
geht es hier ohne Federlesens schnurstracks zur Sache. Das ist eine
willkommene Abwechslung zum gewöhnlichen Œuvre der produzierenden
Shaw Brothers-Studios, die ihre Darsteller überwiegend in
kaiserzeitliche Kostüme steckten, um sie mit Lanze und Schwert
aufeinander losgehen zu lassen. Beiträge, die in der Moderne
spielen, genießen daher automatisch sympathischen Exotenbonus.
In
den Hauptrollen harmonieren Ti Lung [→ DAS BLUTIGE SCHWERT DER
RACHE] und David Chiang [→ DIE EROBERER], die damaligen
Aushängeschilder des Studios, abermals überaus prächtig als
zuschlagendes Geschwistergespann, das die gegnerische Gangsterbande
quasi im Alleingang aufreibt. Chang Cheh [→ DER MANN MIT DER TIGERPRANKE], der die ganze Chose extrem schmissig in Szene setzte,
spielt höchstpersönlich die Rolle des schmierigen japanischen
Obermuftis, der genussvoll seine Monsterzigarre schmaucht und die
Sonnenbrille wohl nicht mal auf dem Donnerbalken zur Seite legt. Dass
der Regie-Gigant sich auch mal vor die Kamera wagte, geschah
tatsächlich so selten, dass man es an einer Hand abzählen kann. Ein
weiterer Höhepunkt ist der Auftritt Chen Sings [→ TAG DER BLUTIGEN RACHE], der in der Rolle des Killers Chiang Ren auf fast schon
rührende Art und Weise putzig wirkt: Als er sich nach einem
vollkommen planlosen und deshalb auch grandios gescheiterten
Attentatsversuch beim Boss seine wohlverdiente Schelte abholt und
dabei aus der Wäsche guckt wie ein geprügelter Hund, möchte man
ihm glatt das Ganovenhändchen halten. Nicht besser wird es dadurch,
dass er zusätzlich noch die meiste Zeit hilflos auf Krücken
herumhumpelt. Wenn er sich mitsamt seinen Gehhilfen unkoordiniert auf
seine Gegner stürzt, überkommt einen aufrechte Sorge, er könne
sich als nächstens versehentlich auch noch den Hals brechen.
Interessanterweise ist sein Charakter später plötzlich auch gar
kein Thema mehr, obwohl man anfangs noch den Eindruck gewinnt, er sei
der Hauptgegner.
Eine
weitere wichtige Rolle spielt in hiesigen Breitengraden die deutsche
Sprachfassung aus dem bewährten Hause Karlheinz Brunnemanns. Der
ungeniert zwischen geschmackloser Zote und zünftigem Klamauk
pendelnde Kneipenjargon ist zwar nicht immer ganz stubenrein, passt
zu der dreckigen Straßen-Attitüde aber wie die Faust aufs Auge.
„War hier ein Verkehrsunfall oder was ist?“ - „Ach was, im Gebüsch raucht einer.“
„Jetzt kommt der Onkel mit dem ganz langen ... Gewand.“
„Je mehr sich die Damen wehren, desto heißer wird’s in der Hose.“
„Falls du ihn siehst, dann sag ihm, er soll nicht wagen, gegen uns zu schießen! Sonst schlagen wir ihm die Schnauze weg, und das halten die Vorderzähne nicht aus.“
ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE erreicht zwar niemals die Königsklasse, und selbst aus dem Hause Shaw kam im Bereich der Modern Times Action bereits wesentlich besseres Material. Freunde gepflegter Handkanten-Applikation werden sich dennoch auf Anhieb heimisch fühlen. Ti Lung und David Chiang beweisen erneut, dass sie ein großartiges Duo sind, das Tempo passt und die Action macht keine Gefangenen. Vor allem das finale Baustellen-Massaker heizt dem Betrachter noch mal tüchtig ein, wenn die Protagonisten per Schaufel, Brecheisen und Bagger aufeinander losgehen und das fröhliche Verwemsen beginnt. Bäume reißt das nicht aus. Aber es sorgt für 90 schöne Minuten für Fans gewalt(ät)iger Kloppe. Nicht mehr. Aber auch auf gar keinen Fall weniger.
Laufzeit: 89 Min. / Freigabe: ab 16
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