Eigene Forschungen

Donnerstag, 14. März 2019

BRUCE LEE - TAG DER BLUTIGEN RACHE


SHEN LONG
Hongkong 1978

Regie:
Huang Fei-Lung

Darsteller:
Bruce Li,
Chen Sing,
Wang Yung-Sheng,
Lung Fei,
Tseng Chao,
Tsai Hung,
David Tang Wei,
Shih Chung-Tien



Inhalt:

Die chinesische Provinz Pienh Puh steht unter der Fuchtel des tyrannischen Ko Fei [Chen Sing], der mit seinen Gefolgsleuten Tod und Terror verbreitet. Da die örtliche Polizei den Kampf längst aufgegeben hat, wird der unkonventionelle Hauptmann Shen Long [Bruce Li] von der Regierung beauftragt, wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Seine Ankunft schlägt hohe Wellen, erst recht, als er sein Vorhaben offenbart: Da die Gefängnisse überfüllt sind mit Mördern und anderen Gewalttätern, plant Long, die brutalsten und skrupellosesten Knastbrüder zu einer Armee zu formieren, die mit ihm an der Spitze gegen Ko ins Feld zieht. Wem es gelingt, das Himmelfahrtskommando zu überleben, dem winkt zur Belohnung die Freiheit. Tatsächlich finden sich ca. 30 Männer zusammen, die sich auf den Weg machen, um den Feind zu besiegen. Als der einflussreiche Ko davon erfährt, aktiviert er im ganzen Land seine Helfershelfer. Es kommt zu mehreren mörderischen Kämpfen, welche die Truppe deutlich dezimiert. Aber die letzte Abrechnung steht noch bevor.

Kritik:

Nach dem frühen und überraschenden Tod der Martial-Arts-Ikone Bruce Lee sprossen die Nachahmer wie Pilze aus dem Boden, um fleißig Faust und Fuß zu schwingen und von der plötzlichen weltweiten Beliebtheit des Originals zu profitieren. Bruce Li (der eigentlich natürlich anders heißt, nämlich Ho Tsung-Tao) stach dabei positiv heraus. Er sah dem Vorbild nicht nur am ähnlichsten, er besaß auch Leinwandpräsenz und brachte ein ausreichendes Maß darstellerischer Qualitäten mit sich. BRUCE LEE – TAG DER BLUTIGEN RACHE, in welchem er abermals die Hauptrolle übernahm, gehört allerdings gar nicht zu den offiziellen Epigonen, die mit dem Namen Bruce Lees das Publikum anlocken (oder im schlimmsten Falle täuschen) sollten, sondern ist ein eigenständiges Werk ohne Bruce-Lee-Bezug. Dem hiesigen Verleih erschien das aber wohl ein wenig zu unsicher, weswegen der berühmte Name hier abermals nicht nur das Plakat, sondern auch den Titel schmücken durfte. Allerdings will auch der Rest der deutschen Benennung nicht so wirklich passen, da es hier primär gar nicht um einen reinrassigen Rachefeldzug geht. DEADLY STRIKE (englischer Titel) folgt vielmehr den Formeln eines Kriegsfilms, speziell denen eines typischen Men on a Mission-Abenteuers, wie es sie seit dem Erfolg von Robert Aldrichs DAS DRECKIGE DUTZEND (1967) zu Dutzenden (höhö!) gab: Ein Tross treu- und gesetzloser Strauchdiebe muss sich zusammenraufen, um in höherem Auftrage und in Aussicht auf Freiheit und Straferlass gegen einen übergroßen Feind zu Felde zu ziehen. Nur, dass der Feind hier eben nicht von außen kommt, sondern sich bereits im Lande befindet.

Natürlich ist das alles andere als wahnsinnig originell, aber im Kung-Fu- und Knochenbrecher-Genre eine doch recht willkommene Abwechslung zu den bösen japanischen Invasoren oder den gemeinen Drogenhändlern, denen normalerweise das Fell gegerbt werden muss. Der Vorteil eines solchen Konzeptes ist der, dass selbst bei minimalem Aufwand in Sachen Dramaturgie und Narration nicht wirklich viel schiefgehen kann. Es reichen ein paar grob umrissene und mit stereotypen Eigenschaften ausstaffierte Figuren, die man erst ihren Zwist untereinander ausfechten lässt, bevor sie zum Finale alle an einem Strang ziehen und fleißig Heldentode sterben dürfen. Sowas funktioniert eigentlich immer und ist, wenn schon nicht innovativ, so doch zumindest angenehm kurzweilig. Auch TAG DER BLUTIGEN RACHE bildet da keine Ausnahme, wenngleich einem die Protagonisten hier schon mehr als nachlässig vorgestellt werden. Ein, zwei Sätze pro Person müssen hier reichen. Am meisten Hintergrund bekommt noch der Gewalttäter Piao Lung (Wang Yung-Sheng [→ EINE FAUST WIE EIN HAMMER]), der allerdings nicht wirklich böse ist und nur deswegen im Gefängnis sitzt, weil er im Affekt die Mörder seiner Frau kaltgemacht hat.

Ohnehin traute man sich nicht, wirklich in die Vollen zu gehen, werden doch auch die restlichen Rekrutierten mehrheitlich als Opfer widriger Umstände oder alberne Witzfigur angelegt (Wie geschmackssicher es ist, einen mehrfachen Vergewaltiger als infantilen Pflaumenaugust zu präsentieren, muss jeder selbst entscheiden). Die Reise führt den Trupp durch Berg, Tal und Tempel, wo sich die Männer – zwischen den obligatorischen gegenseitigen Kabbeleien – immer wieder gegen die Schergen des Schurkens erwehren müssen, was einen gekonnten Austausch von Handkanten und Messerklingen zur Folge hat. Das ist stets unterhaltsam und natürlich auch genau das, was Genre-Fans sehen möchten, sorgt aber aufgrund dramaturgischer Inkonsequenz für Irritation. Ist der Grundtenor der Story generell eher düster und brutaler Natur, driften die körperlichen Konfrontationen aufgrund der oft skurrilen Kontrahenten häufig in komische Gefilde ab. Wenn man eben noch Zeuge einer erbarmungslosen Hinrichtung war und im nächsten Moment gegen zwei Männer in modischer Tiger-Schärpe angetreten wird, die beim Kampf abwechselnd auf die Schulter des anderen springen, dann ist das schon ein enormer Stil- und Stimmungsbruch. Die Extravaganz der zahlreichen Gegner erinnert dabei teilweise sogar an die grandiose Gaga-Granate DUELL DER GIGANTEN – freilich ohne deren ausgelassene Verrücktheit zu erreichen. Aber wenn Long es mit Mönchen zu tun bekommt, die ihre Widersacher dadurch zu Fall bringen, indem sie auf den Bäuchen liegend über den spiegelglatten Tempelboden schlittern, dann ist das kein hartes Selbstjustiz-Brett mehr, sondern schlichtweg fröhliches Gute-Laune-Kino.

Hart und humorlos zur Sache geht es dann wieder im Finale, wenn sich die Reihen auf beiden Seiten bereits empfindlich gelichtet haben und es gilt, den Oberschuft vom Antlitz der Erde zu tilgen. Dieser wird verkörpert von Chen Sing, ebenfalls ein populärer Darsteller, der auch oft den Helden spielen durfte und in Deutschland sogar eine eigene Reihe spendiert bekam, indem sein Name einfach mehrere Titel zierte (z. B. bei CHEN SING – DER SUPERHAMMER). Hier hat er nicht allzu viel zu tun und wird tatsächlich erst beim Endkampf wirklich aktiv. Zuvor darf er nur hin und wieder mal sein Gesicht vor die Kamera halten und ein paar böse Sätze sagen, damit das Publikum nicht vergisst, dass er ja auch noch da ist. Dafür spendierte man ihm eine sehr schöne Szene, in der er mit seinen Fäusten Kobrabissen ausweicht, um seine Reflexe zu schulen. Chen erweist sich als würdiger Kontrahent und liefert sich ein gelungenes Duell, bevor der TAG DER BLUTIGEN RACHE dann mit der zu erwartenden Schlusseinstellung zur Neige geht. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass der deutsche Verleih das Werk mit seiner Bruce-Lee-Isierung deutlich unter Wert verkaufte. Die meisten Lee-Imitations-Klopper, das dürfte sich auch damals längst herumgesprochen haben, waren bestenfalls Durchschnittsware, schlimmstenfalls völliger Schrott. Huang Fei-Lungs [→ SHAOLIN KUNG FU – VOLLSTRECKER DER GERECHTIGKEITAction-Abenteuer reißt nun natürlich auch keine Bäume aus, ist nur wenig ambitioniert und lässt auch viele Möglichkeiten ungenutzt, bietet aber eine knackige Story, pausenloses Geschehen und mit Bruce Li einen brauchbaren Helden. Hüten sollte man sich allerdings vor einer kursierenden Schnittfassung, die gerade mal 63 Minuten läuft und aus der ganze Kampf- und Handlungsblöcke mit der Heckenschere entfernt wurden, weswegen der verbliebene Rest kaum noch einen nachvollziehbaren Sinn ergibt.

Laufzeit: 89 Min. / Freigabe: ab 18

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