Eigene Forschungen

Mittwoch, 6. März 2019

WOLF WARRIOR


ZHAN LANG
China 2015

Regie:
Wu Jing

Darsteller:
Wu Jing,
Scott Adkins,
Yu Nan,
Ni Dahong,
Zhou Xiaoou,
Shi Zhaoqi,
Deng Ziyi,
Kevin Lee



Inhalt:

Elitesoldat Leng Feng [Wu Jing] steht vor dem Militärgericht. Grund: Während der Erstürmung eines Verbrecherhauptquartiers missachtete er die Anordnungen seines Vorgesetzten und pustete einem Geiselnehmer gegen jeden Befehl das Hirn raus. Der Heißsporn rechnet mit Entlassung, tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall: Kommandeurin Long Xiaojun [Yu Nan] wirbt ihn für ihre Spezialeinheit Wolf Warriors ab. Währenddessen braut sich jenseits der Grenze neues Unheil zusammen: Der Bruder des Mannes, den Leng bei dem Einsatz tötete, ist der mächtige Gangster Min Peng [Ni Dahong]. Als dieser verhaftet werden soll, richten seine Kompagnons, eine Truppe blutrünstiger Söldner, unter den Polizisten ein Massaker an. Als Nächstes will sich Min aus Gründen der Rache nun Leng und seine Wolf Warriors vorknöpfen. Er schickt seine Mannen, angeführt vom ehemaligen Soldaten Tom Cat [Scott Adkins], in chinesisches Grenzgebiet, um dort gehörig aufzuräumen. Die Wolf Warriors befinden sich gerade auf einer Übung, als sie von der feindlichen Attacke blutig überrascht werden. In den Wäldern Chinas beginnt ein beinharter Überlebenskampf.

Kritik:

Wu Jing sollte mal so etwas wie der neue Jet Li werden. Aus diesem Grunde sprang er eine Zeit lang durch eher durchschnittliche Martial-Arts-Opern wie FATAL CONTACT oder LEGENDARY ASSASSIN (zugegeben: auch durch großartige wie KILL ZONE). Der beabsichtigte Durchbruch jedoch wollte sich nicht einstellen. Daher war Umsatteln angesagt. In WOLF WARRIOR, der ersten Produktion, die komplett unter seiner Regie entstand, geht es dann auch deutlich seltener um klassische Kampfartistik als vielmehr darum, das Gewehr richtig zu halten. Wu (der hier trotz seiner 40 Lenzen immer noch aussieht wie frisch aus dem Ei gepellt) mimt den knallharten Elitesoldaten Leng Feng, der vermutlich schon im Flecktarn zur Welt kam und die gute alte Cowboy-und-Indianer-Nummer mit kindlicher Begeisterung und jugendlichem Überschwang geradezu euphorisch zelebriert. Solch leidenschaftlich ausgelebte Tötungslust und Vaterlandsliebe wird natürlich prompt mit Versetzung in höhere Weihen belohnt, mit der Mitgliedschaft bei den titelgebenden Wolf Warriors, sozusagen die Elitetruppe der Elitetruppen, die Besten der Besten der Besten (ja, das wird sehr oft betont!). Hier treffen sich die härtesten Jungs, um den ganzen Tag lang Krieg zu spielen und dumme Sprüche rauszuhauen. Als es dann plötzlich ernst wird und böse ausländische Invasoren dem tapferen Team an Leib und Leben wollen, müssen sie sich bewähren und liefern dafür das volle Programm aus Pathos, Wagemut und patriotischen Parolen.

Das alles strotzt nur so vor Klischees und bewegt sich gefährlich nah am Rande der eigenen Karikatur. Da zeigt einer der Soldaten seinem Kameraden eine Fotografie seiner kleinen Tochter. Überraschung: Keine 10 Minuten später liegt der Mann tot im Sand. Man mag kaum glauben, dass die Macher tatsächlich den Mumm hatten, diese wahrscheinlich älteste Kamelle der Welt nochmal aus der Mottenkiste zu zerren, aber tatsächlich bedient das stereotype Skript so ziemlich jede Binse, die gerade irgendwie greifbar war. Dazu gehört freilich auch, dass die Heimatliebe hier pausenlos Höhenflüge feiert. „Unterschätz die Chinesen nicht!“, ermahnt der böse Big Boss seine Söldnerbrigade gleich zu Beginn, und auch im weiteren Verlauf hören derlei Verlautbarungen nicht auf. Immer wieder wird vehement zwischen China und dem Rest der Welt unterschieden, die eigene Staatsangehörigkeit zum Nonplusultra erklärt. China hat die besten Kämpfer, die tollste Technik und die hochwertigsten Waffen, und wer das nicht glaubt, der wird sich noch umgucken. So wird dann auch geprotzt und posiert bis sich die Balken biegen. Dicke Panzer, schicke Helis und schnieke Drohnen schieben sich immer wieder wichtigtuerisch durchs Bild und lassen nicht den geringsten Zweifel daran zu, dass diese Armee im Nullkommanix alles und jeden pulverisieren könnte. Seltsamerweise tut sie das aber nicht. Mit derlei Gerät wäre es tatsächlich ein leichtes, den fiesen Eindringling quasi mühelos von der Platte zu putzen. Den Konflikt klären muss dann aber dennoch der kleine Soldat ganz allein im Wald, während die Befehlshaber im sicheren Kämmerlein vor ihren futuristischen animierten 3D-Panoramen hocken und Maulaffen feilhalten.

Der Grund dafür ist denkbar lächerlicher Natur: Die Armee greift deswegen nicht ein, weil die Wolf Warriors sich beweisen sollen. Die Regierung riskiert (und opfert) hier also ganz bewusst Menschenleben im Namen ihrer Ideologie - was am Ende mehr über die Landesführung aussagt, als vermutlich beabsichtigt war. Denn unter dem Deckmantel des handelsüblichen Action-Reißers ist WOLF WARRIOR politische Propaganda in Reinkultur. Hier kämpft der gute Sozialismus gegen den bösen Kapitalismus. Der finale Fight bringt es dann auch verbal auf den Punkt, als der böse Ami (USA-Import Scott Adkins) dem geradezu hündisch staatstreuen Chinesen Wu zu erklären versucht, es sei doch im Prinzip egal, ob man für seine Ideale kämpfe oder für den schnöden Mammon. Diese ungeheuerliche Aussage kann der linienloyale Musterkrieger natürlich nicht ungestraft durchgehen lassen. Ein Blick auf seinen aufgenähten Button („Ich kämpfe für China“ steht da allen Ernstes drauf) beflügelt den eigentlich bereits unterlegenen Kämpfer und lässt ihn neue Kraft schöpfen, um sich doch noch einmal aufbäumen und seinem Kontrahenten den Rest geben zu können. Gut möglich, dass es chinesische Landsleute gibt, die bei solchen Momenten die Hacken zusammenschlagen, auf ein deutsches Publikum jedoch wirkt das dermaßen drüber, dass man sich fragt, ob das tatsächlich noch ernstgemeint ist oder man versehentlich den Kanal zu HOT SHOTS gewechselt hat.

Jedweden Realitätsbezug hat WOLF WARRIOR zu diesem Zeitpunkt allerdings eh schon längst ad acta gelegt. Für Lacher sorgt schon ein Moment zu Beginn, in dem eine simple Maschinengewehrsalve einen parkenden Polizeiwagen zur Explosion bringt (woraufhin die umstehenden Autos aus Solidarität gleich mit explodieren). Spätestens aber, wenn als zusätzlicher Spannungsindikator eine ominöse Biowaffe aus dem Hut gezaubert wird, die allerdings nur Chinesen gefährlich kann (!), ist der Ofen aus. Ab diesem Zeitpunkt bleibt dann nur noch die Möglichkeit, alles zu akzeptieren, was noch kommt, und sich einfach an der Action zu erfreuen. Diese ist für den Genre-Fan nämlich durchaus erbaulich und bietet die volle Palette aus Schusswechsel, Nahkampfkeilerei und Pyrotechnik. Ein wenig erinnert das Geschehen an frühere amerikanische Action-Ware, deren Helden Namen trugen wie Chuck Norris, Dolph Lundgren oder – wenn man Pech hatte – Michael Dudikoff und die, dabei auch immer tüchtig auf die Patriotismus-Pauke hauend, gegen Feinde ankämpften, die stets von jenseits der Grenze kamen. Hier heißt der Held nun Wu Jing und zieht gegen den bösen Ami ins Feld, dargestellt von Scott Adkins, der in den USA mit kleinen Videotheken-Highlights wie NINJA zum B-Star wurde. Beide sind Könner auf dem Gebiet der Martial Arts und liefern sich hier einen kurzen, aber knackigen Finalkampf, der auch choreographisch nicht enttäuscht.

Wem es gelingt, die permanente Propaganda auszublenden, der wird hier tatsächlich ziemlich gut unterhalten. Wus Debüt bietet kompetent inszeniertes Dauerfeuer in technischer Perfektion (lediglich der Angriff eines im Rechner entstandenen Wolfrudels auf die titelgebende Truppe sieht ein wenig merkwürdig aus – ohnehin eine seltsam sinnlose Sequenz). Nach etwa 80-minütigem Krawall entlässt WOLF WARRIOR sein Publikum dann wieder mit einer erneuten Einstellung einer Armada imposanter Helikopter im prahlerischen Präsentationsflug. Für ein zünftiges „Heil, Mao!“ war wohl keine Zeit mehr. 

Laufzeit: 86 Min. / Freigabe: ab 16

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