USA 1969
Regie:
David L. Hewitt
Darsteller:
Anthony Eisley,
Megan Timothy,
Scott Brady,
Kent Taylor,
Gary Kent,
Greydon Clark,
Sheldon Lee,
Lee Parrish
Es soll Leute geben, die der Auffassung sind, die GODZILLA-Filme der
60er und 70er hätten schlechte Effekte. Gewiss wurde dort hin
und wieder mal etwas geschludert, aber in der Summe zeichnete sich
die Reihe durch hohen Aufwand und handwerkliches Können aus. Wer
einmal erleben möchte, wie mieserable Trickarbeit wirklich aussieht,
dem sei MIGHTY GORGA gereicht, eine filmische Unfassbarkeit, die Ende
der 60er Jahre unter der Leitung David L. Hewitts entstand. Was hier
ohne Rücksicht auf Verluste auf Zelluloid gestümpert wurde, passt
auf keinen Affenpelz und ist ein Paradebeispiel technischen
Unvermögens.
Inhalt:
Mark
Remington [Anthony Eisley] hat in letzter Zeit wenig zu lachen. Sein
Zirkus steht kurz vor der Pleite. Scheinbar gibt es nur noch eine
Hoffnung: Ein Geschäftspartner berichtete vor vielen Jahren von
einem gigantischen Gorilla, der in den Wäldern Afrikas lebt. Wenn es
Mark gelänge, dieses sagenhafte Wesen einzufangen, wären all seine
Probleme gelöst. Also macht er sich auf den Weg nach Afrika und
macht dort die Bekanntschaft der (natürlich) attraktiven April
Adams, deren Vater auf der Suche nach dem Riesenaffen verschollen
ist. Gemeinsam beschließen sie, sich durch den Dschungel zu
schlagen, um Vater samt Affe zu finden. Was sie noch nicht wissen:
Das Ungetüm wird von einem der dort ansässigen Stämme als Gottheit
verehrt. Als es die Runde macht, dass Eindringlinge auf dem Weg sind,
lassen sie die Bestie von der Leine.
Kritik:
Bereits
die Inhaltsangabe verdeutlicht, dass Originalität kein Ding MIGHTY
GORGAs ist. Der Plot ist schamlos dem 30er-Jahre-Klassiker KING KONG
entliehen und bemüht sich keinen Deut um Variation.
Riesenmonsterfreunden könnte das freilich herzlich egal sein.
Hauptsache, irgendein Ungetüm stampft durch Wald oder Flur, um
möglichst viel kaputtzumachen. Allerdings werden in diesem Falle
nicht nur Häuser, Menschen und Botanik zerstört, sondern in erster
Linie die Sehnerven des Publikums. Das fängt schon bei dem
erbärmlichen Affenkostüm an, das einer launigen Karnevalsparty
gewiss genügen würde, als „weltgrößtes Monster“ (wie der
deutsche Untertitel ja behauptet) jedoch keine Furcht, sondern
hauptsächlich Mitleid erregt. Dabei wurde nicht einmal der Versuch
unternommen, die offensichtliche Dürftigkeit der wandelnden
Fellstola zu kaschieren. Wo ein geschickterer Regisseur zunächst
versucht hätte, Spannung durch Nichtzeigen und Andeutungen
aufzubauen, geht Hewitt sofort in die Vollen: Bereits nach sage und
schreibe 15 Sekunden Spielzeit stolpert der mächtige Affenarsch aus
dem Gesträuch, elegant wie Trinker-Uwe um halb 5 Uhr morgens aus der
Dorfkneipe. Danach hat er zwar erst einmal ein wenig Pause, aber was
Hewitt (der auch das Drehbuch verzapfte) dem Publikum in der
Zwischenzeit auftischt, geht auch nicht unbedingt sparsam mit
Absurditäten um.
Dass
sich Hauptprotagonist Mark Remington auf Monsterjagd begibt, um
seinen maroden Zirkus aufzumöbeln, geht inhaltlich durchaus klar.
Die Begleitumstände jedoch sind eher seltsamer Natur, wird er doch
von einem mafiabossähnlichen Finstermann unter Druck gesetzt, der
aufgrund seines Einflusses und irgendwelcher krummen Geldgeschäfte
kleinere Unternehmen dazu zwingt, an sich zu verkaufen. Man fragt
sich schon, was er davon hat, und wie so ein paar spärliche
Provinzzirkusse ihm überhaupt gefährlich werden könnten.
Jedenfalls sind diese Drohungen für Remington Grund genug, sich in
den nächsten Flieger nach Afrika zu setzen, was sich ebenfalls
gehörig mit dem zuvor Vernommenen beißt, war er doch eben angeblich
noch völlig pleite, und so ein Flug ist ja nun bekanntlich nicht
gratis (da er auch später nicht damit aufhört, mit vierstelligen
Geldbeträgen um sich zu werfen, muss man sich fragen, ob
Hewett eigentlich sein eigenes Skript gelesen hat). In Afrika
angekommen, ist dann erstmal Zeit für ein bisschen Rassismus, wenn
Remington seine Kontaktperson, die Amerikanerin April Adams, trifft,
welche sich den ganzen Tag auf ihrer Veranda lümmelt und die
Schwarzen herumscheucht, als befände man sich nicht etwa 1969 in
einem afrikanischen Dorf sondern 200 Jahre früher auf einer
Baumwollplantage in Virginia. Allerdings glauben auch nur
Allernaivsten, dass man sich hier tatsächlich in Afrika befindet;
die kalifornischen Autokennzeichen sprechen zumindest deutlich
dagegen. Und auch, was einem im Folgenden als afrikanischer Urwald
verkauft werden soll, ist einfach nur ein stinknormaler Wald, wie man
ihn in den USA an jeder zweiten Ecke findet.
Nun
sind all diese Unzukömmlichkeiten aber gar nicht das eigentliche
Problem MIGHTY GORGAs. Viel gravierender wiegt, dass offenbar niemand
in der Lage war, die Geschichte filmisch sinnvoll zu erzählen. Als
Beispiel sei das Gespräch dreier Personen auf der Veranda besagter
Miss Adams genannt. Einer spricht, die Kamera klebt auf seinem
Gesicht. Der nächste antwortet, die Kamera fängt wieder nur den
sprechenden Kopf ein. Und bei jeder neuen Antwort ist es wieder das
gleiche. Jeder starrt irgendwohin, nie scheinen sich Blicke zu
treffen, sodass man als Betrachter bald gar nicht mehr weiß, wo man
sich eigentlich gerade befindet. Ist dieses Beispiel noch relativ
harmloser Natur, drehen die Synapsen dann endgültig durch, sobald
die Effektaufnahmen beginnen. Einen Vorgeschmack bekommt man bereits
bei der Aufnahme einer brennenden Hütte – ein offensichtliches
Mini-Modell, das in einem merkwürdig falschen Verhältnis ins Bild
kopiert wurde. Endgültig Feierabend ist allerdings, als das Suchteam
während der Expedition von einem Saurier attackiert wird. Das
„Monster“ würde selbst ein Fünfjähriger auf Anhieb als
Plastikpuppe aus der Spielwarenabteilung identifizieren, und die Art
und Weise, wie die zappelnde Attrappe mit dem Rest des Bildes
kombiniert wurde, spottet jeder Beschreibung. Während die Charaktere
mit ihren Gewehren nach rechts aus dem Bild feuern, hampelt die
ungelenke Dino-Imitation irgendwo im Vordergrund herum, und absolut
niemand, und sei er noch so bescheuert, würde jemals der Illusion
erliegen, beide Objekte könnten tatsächlich eine Einheit darstellen.
Was
folgt, ist ein unfassbarer Moment, in dem das Affenkostüm gegen die
Plastikpuppe... nunja... „kämpft“ - was in der Praxis bedeutet,
dass der Mann im Zottelfell (übrigens auch der Regisseur persönlich) seinen nahezu unbeweglichen
Kunststoff-Kontrahenten einfach nur wild hin-und herschüttelt und
dabei so tut, als könne dieser ihm tatsächlich irgendwie gefährlich
werden. Als Zuschauer fällt man bei dieser Sequenz fast vom Glauben
ab. Jedes Kasperletheater bietet bessere Spezial-Effekte. Ab diesem
Zeitpunkt könnte nichts und niemand MIGHTY GORGA noch retten; jede
Bereitschaft zur Akzeptanz dieser fremden (Film-)Welt wurde innerhalb
dieser (eigentlich nur wenige Sekunden dauernden) Aufnahmen gnadenlos
gekillt. Zu allem Überfluss offenbart sich gegen Ende auch noch ein weiteres Musterbeispiel
erzählerischer Impotenz: Als sich die Helden in einer Höhle
befinden, wo sie einen Schatz aus (reichlich modern aussehenden)
Perlenketten finden, werden sie von einem weiteren Urvieh überrascht,
animiert mittels etwas, das wohl mal Stop-Motion werden sollte (und vermutlich aus einem anderem Werk entliehen). Da
hier perspektivisch abermals geschlampt wurde, weiß man gar nicht so
recht, ob sich das Ungetüm nun eigentlich im Vorder- oder im Hintergrund
befinden soll, was die Sinnesorgane bereits gehörig in Rotation
bringt. Als es dann plötzlich heißt, dass nun ein Vulkan ausbreche
(der freilich auch niemals zuvor erwähnt wurde), folgen komplett
zusammenhanglose Aufnahmen von unterirdischen Lavamassen,
Plastik-Skeletten, Feuer, Dinosaurier und rennenden Menschen. Dann
ist der Spuk aus heiterem Himmel wieder vorbei, man befindet sich im
Freien und der Vulkanausbruch hat sich scheinbar in Luft aufgelöst.
Für ein normal funktionierendes Gehirn ist es schlichtweg unmöglich
zu eruieren, was hier eigentlich gerade passiert sein soll. Das
erinnert ein wenig an Ed Woods DIE RACHE DES WÜRGERS, in dessen
Finale sich Bilder von einem lebenden Oktopus, einem künstlichen
Oktopus, den sich Darsteller Bela Lugosi um den Hals wickelt, einem
Blitz und einer Atombombenexplosion aneinanderreihen und man raten
muss, was das alles zu bedeuten hatte – nur, dass man dort noch
eher zu einer einigermaßen sinnvollen Entscheidung gelangen konnte
als es bei MIGHTY GORGA der Fall ist.
MIGHTY
GORGA ist ein Mysterium. Warum er überhaupt entstanden ist, ist bereits das erste große Rätsel. Um
sich an ein bekannteres Projekt mit ähnlicher Thematik zu hängen,
war man entweder zu früh dran (John Guillermins KING
KONG-Neuverfilmung kam erst sechs Jahre später) oder zu spät
(Ishirō Hondas DIE RÜCKKEHR DES KING KONG war bereits sieben Jahre
her). Und nur, um das neu erworbene Affenkostüm doch noch für etwas anderes zu nutzen als den letzten Kindergeburtstag, ist
der Rest dann doch wieder ein wenig zu aufwändig inszeniert. Auch
die Darsteller sind eigentlich viel zu gut für solch eine Graupe,
weswegen sie einem manchmal auch irgendwie aufrichtig leid tun.
Zugestanden sei, dass der Abenteuerteil (obwohl hier eben eindeutig
nicht durch den Dschungel, sondern durch amerikanische Waldlandschaften gestromert wird) trotz permanenter Ereignislosigkeit
doch irgendwie Laune macht und man direkt Lust bekommt, sich mit
längst verloren geglaubter kindlicher Begeisterung und Papas
Brotmesser als Machetenersatz durch die Botanik zu pflügen, um ebenfalls Monster zu jagen. Klar, MIGHTY GORGA ist ne mächtige Gurke. Aber
Gurken können ja auch viel Freude bereiten (das wird jede Nonne
bestätigen). Im Grunde eignet sich Hewitts völlig missratener
Mummenschanz hervorragend als Anschauungsobjekt an Filmhochschulen.
Irgendwie ist es doch viel sinnvoller, alle Unzulänglichkeiten
dieses amüsanten Affentheaters aufzudecken, als zum x-ten Male
CITIZEN KANE durchzuanalysieren. Wer einen professionellen Film abliefern möchte, muss
einfach alles haargenauso machen wie David L. Hewitt. Nur eben
andersrum.
Laufzeit: 83 Min. / Freigabe: ab 12
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