Eigene Forschungen

Samstag, 28. Juli 2012

DIE NONNE VON MONZA


LA MONACA DI MONZA
Italien 1969

Regie:
Eriprando Visconti

Darsteller:
Anne Haywood,
Antonio Sabato,
Hardy Krüger,
Margarita Lozano,
Giulio Donnini,
Giovanna Galletti,
Renzo Giovampietro,
Luigi Pistilli



„Aus dem Geheimarchiv des Vatikans, jetzt endlich freigegeben!“
(Warum sollten Kinoplakate lügen?) 


Inhalt:

Äbtissin Virginia de Leyva [Anne Heywood] lässt sich von Pater Paolo Arrigone [Hardy Krüger] erfolgreich bequatschen, dem Lebemann und flüchtigen Mörder Giampaolo Osio [Antonio Sabato] im Kloster Unterschlupf zu gewähren. Dieses hätte sie mal besser gelassen, denn Giampaolo entpuppt sich als dauergeiler Lüstling, der von nun an Tag und Nacht versucht ist, unschuldige Novizinnen zu verführen. Als Virginia ihn deswegen zu verweisen gedenkt, beschwört sie damit eine Katastrophe herauf: Giampolo lauert ihr auf und vergewaltigt die Nonne. Diese ist daraufhin zutiefst verunsichert, empfand sie das Geschehene im Nachhinein doch als gar nicht mal so unprickelnd. Obwohl sie weiß, dass sie sich damit gegen alles stellt, woran sie jemals geglaubt hat, verliebt sie sich in Giampaolo und bringt schließlich sogar ein Kind von ihm zur Welt. Ein Umstand, den die Inquisition nicht gern sieht …

Kritik:

Nunsploitation nennt sich ein Sub-Genre des spekulativen Schmuddelkinos, welches in den 60ern zunächst nur zaghaft ihre Knospen sprießen ließ, um in den folgenden Jahren dann immer wildere und buntere Blüten zu treiben. Eine fehlgeleitete Ordensschwester nach der nächsten durfte über die Leinwand toben, um dem historisch interessierten Publikum die allerneuesten schockierenden Enthüllungen über fürchterliche Freveleien hinter sündigen Klostermauern zu präsentieren. Enthüllt wurde dabei in der Tat nicht unbedingt selten, erwarteten den Betrachter doch überwiegend nicht mehr und nicht weniger als die nacktesten Tatsachen. Vor allem Italien erwies sich dabei in den 70ern als filmische Hochburg: Zum einen verlor der Vatikan zu jener Zeit erheblich an Einfluss, zum anderen hatte man im Stiefelland seit jeher recht wenig Hemmungen, moralisch nicht ganz einwandfreie Ware auf die Leinwand zu hieven. DIE NONNE VON MONZA ist ein noch früher Vertreter dieser Gattung und bedient sich der historisch verbürgten Geschichte Virginia de Levyas, der gefallenen Nonne, die eines Tages das Zölibat Zölibat sein ließ, um sich mit einem Mann zusammenzutun und mit eben jenem schließlich sogar noch Kinder in die Welt zu setzen. Die Kirche, damals diesbezüglich wenig erfreut, ließ daher bald eine Mauer um ihre einstige Dienerin bauen – nicht nur eine des Schweigens.

Geeigneter Stoff also für ein zünftiges cineastisches Schmierenstück. Vor falschen Erwartungen sollte man sich allerdings dennoch hüten. Im Gegensatz zu vielen späteren Beiträgen der Gattung, die deutlich sensationslüsterner zur Sache gingen, hält sich Eriprando Viscontis [→ LA ORCA] Vorreiter nämlich noch recht diskret zurück. Zwar wird auch hier unterschwellig an die niederen Instinkte des Zuschauers appelliert, so richtig getraut, die wilde Drecksau von der Leine zu lassen, hat man sich trotzdem nicht. Stattdessen hüllte man sich in den seriösen Mantel eines vor historischer Kulisse stattfindenden Liebesdramas und heuchelt dabei ein bisschen so etwas wie Bedeutsamkeit. Das Ergebnis ist eine etwas befremdliche Mischung aus Anspruch und Schlüpfrigkeit – recht kurzweilig zwar, doch arg unausgegoren. Das darstellerische Niveau ist dabei überraschend hoch – in Anbetracht der überwiegend sehr banalen Dialoge keine Selbstverständlichkeit. Besonders Anne Heywood [→ EIN MANN GEHT AUFS GANZE] weiß zu gefallen und spielt die schwierige Rolle der leidgeprüften Klosterfrau sehr anständig. Während Hardy Krüger [→ DIE WILDGÄNSE KOMMEN] als undurchsichtiger Priester ebenfalls überzeugen kann, wirkt Antonio Sabatos [→ THE RIFFS II] ständig lüsterner Verführer mit Hang zu Eitelkeit und Gewaltausbrüchen allerdings fast schon lächerlich überzogen.

Als größtes Manko erweist sich allerdings das unausgegorene, vom Regisseur mitverfasste Drehbuch, das seine Charaktere oftmals höchst unnachvollziehbar und widersprüchlich handeln lässt. Selbst, wenn man die abstruse Ausgangssituation, dass eine vergewaltigte Nonne sich in ihren Peiniger verliebt, akzeptieren möchte, geizen die darauf folgenden Ereignisse auch nicht unbedingt mit Merkwürdigkeiten: So verliebt sich offenbar auch der Vergewaltiger in sein Opfer, was ihn jedoch nicht davon abhält, auch weiterhin hinter jedem Rock herzusein, der ihm über den Weg läuft. Dass er schließlich, um den Spaniern zu entkommen, bei seiner Geliebten im Kloster untertaucht (das übrigens direkt neben seinem Haus liegt und daher nicht nur aufgrund der Tatsache, dass von seiner Liaison ohnehin bereits jeder weiß, kein gutes Versteck ist), sich dort zudem äußerst auffällig benimmt und nach Lust und Laune fröhlich ein- und ausspaziert (freilich ohne, dass die Nonnen seinen Aufenthalt dabei bemerken), ist nicht einfach nur unglaubwürdig, sondern schlichtweg hanebüchen (mal ganz abgesehen davon, dass seine Geliebte aufgrund ihres Verhaltens ohnehin schon längst aus dem Orden geflogen wäre, immerhin zieht sie sogar ihr Kind hinter den Klostermauern groß). Da DIE NONNE VON MONZA für sich in Anspruch nimmt, eine wahre Geschichte zu erzählen, fallen derartige Fehlpässe gleich noch mal um so stärker ins Gewicht.

So befindet sich die Handlung trotz aller Anstrengungen, den Eindruck von Authentizität zu erwecken, letzten Endes lediglich auf simplem Groschenroman-Niveau. Unglücklicherweise weiß man der vorherrschenden Trivialität kaum etwas entgegenzusetzen. Auch nicht in Sachen Schaulust, denn Visconti & Co. kurven mit auffallend angezogener Handbremse durch die Klostermauern. Zwar kommt es im Laufe der Handlung auch zu Folterungen, doch diese werden kurz, knapp und kaum selbstzweckhaft abgehandelt und machen den verwöhnten Exploitation-Jünger daher garantiert nicht glücklich. Am grausamsten geriet daher tatsächlich die anfängliche Vergewaltigung. Zwar sieht man auch hier keine Details, doch dafür geriet Anne Heywoods Schauspiel in der Szene sehr intensiv. Auf Nacktheit – egal in welchem Zusammenhang – hofft man hier dennoch ebenfalls vergebens: Die Kutte bleibt an!

DIE NONNE VON MONZA macht es daher am Ende keiner Partei so wirklich recht: Für sabbernde Gore-Bauern gerieten die Ereignisse deutlich zu harmlos, während ein anspruchsvolleres Publikum sich vor allem über die gebotene Oberflächlichkeit echauffieren dürfte. Neben den gelungenen darstellerischen Darbietungen kann ansonsten eigentlich nur noch die überwiegend gekonnt eingefangene Mittelalter-Atmosphäre überzeugen. So bleibt dieser frühe Ausflug in die grausame Welt gepeinigter Pinguine final ein fein ausgestattetes und (besonders in der Hauptrolle) ansprechend gespieltes Liebesdrama, das sich – gehüllt in die ebenso effektvolle wie unaufdringlich-schöne Musik Ennio Morricones [→ AN SEINEN STIEFELN KLEBTE BLUT] – nicht so recht traut, zu seinen spekulativen Tendenzen zu stehen.

Laufzeit: 105 Min. / Freigabe: ab 18

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