Eigene Forschungen

Freitag, 29. März 2019

VIER FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU


CARAMBOLA
Ialien 1973

Regie:
Ferdinando Baldi

Darsteller:
Paul L. Smith,
Antonio Cantafora,
Horst Frank,
Luciano Catenacci,
Franco Fantasia,
Guglielmo Spoletini,
Pino Ferrara,
Pedro Sanchez



Inhalt:

Der schlitzohrige Tausendsassa Toby [Antonio Cantafora] ist ehemaliges Armeemitglied, trotz seiner hohen Trefferquote jedoch schon längst ausgestiegen. Eines Tages meldet sich sein ehemaliger Vorgesetzter Captain Johnson [Luciano Catenacci] wieder bei ihm: Waffenschmuggler sind am Werk und machen Jagd auf einen modernen Superrevolver, der zufällig in Tobys Hände fällt. Toby bietet seine Hilfe an, hätte dabei allerdings gern seinen bärenstarken Kumpel Butch [Paul L. Smith] mit an Bord. Dieser jedoch stellt sich stur, ist er vom quirligen Toby doch schwer angenervt. Erst durch einen Trick kann man ihn zur Zusammenarbeit überreden. Nachdem das Duo aufgehört hat, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen, beginnt schließlich die Gaunerhatz. Gehauen wird dabei allerdings auch. Das bekommt vor allem der schurkische Clydeson [Horst Frank] zu spüren, Drahtzieher der illegalen Waffenverkäufe und außerdem Kidnapper des renommierten Waffenexperten Professor Langer [Franco Fantasia]. Es kommt zum großen Finale der fliegenden Fäuste.

Kritik:

Als sich 1970 DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS über die Leinwände der Welt prügelten, veränderte das ein ganzes Genre. Die unter der Regie Enzo Barbonis entstandene Western-Humoreske wurde ein überwältigender Kassenschlager und machte ihre beiden Hauptdarsteller Terence Hill und Bud Spencer zu gefeierten Stars. Natürlich rief das jede Menge Nachahmungstäter auf den Plan. In den Folgejahren konnte sich der Kinofreund somit kaum retten vor schlagkräftigen Duos, die sich ihren Weg durch den Westen bahnten und dabei nicht nur Sprüche klopften. Waren diese Imitationen auch eindeutig an das beliebte Erfolgsgespann angelehnt, so besaßen sie in der Regel trotz allem immer noch genügend Eigenständigkeit, um sich entsprechend abheben zu können. Armando Todaro [→ HORROR-SEX IM NACHTEXPRESS] hingegen hatte da deutlich weniger Hemmungen als die Konkurrenz. In frommer Hoffnung auf den flinken Dollar kopierte der findige Produzent daher nicht nur das zugrunde liegende Konzept, sondern alles andere gleich noch mit. Mit Antonio Cantafora und Paul L. Smith castete man zwei Darsteller, die Terence Hill und Bud Spencer möglichst ähnlich sahen, brachte sie durch ein bisschen Maskerade zusätzlich in die gewollte Form und ließ sie Mimik und Gestik der Vorbilder genauestens einstudieren. Mit den so herangezüchteten Klonen in den Hauptrollen entstand dann schließlich der Wildwest-Klamauk CARAMBOLA, der formal und inhaltlich ebenfalls den Werken Barbonis nacheifert. Nach Fertigstellung wurden (angeblich als Hommage) die Namen der Originale größer auf dem Plakat platziert als die der Plagiate, in der Hoffnung, das Publikum würde den Schwindel entweder nicht bemerken oder ihn gleichgültig zur Kenntnis nehmen.

Der hiesige Verleih schloss sich dieser gezielten Verwirrungstaktik dann auch liebend gern an, und so erlebte die Replik im Februar 1975 ihre Deutschland-Premiere als VIER FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU. Dieser Titel suggeriert natürlich eine Fortsetzung zum kurz zuvor gestarteten VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA, der seinerseits die Fortsetzung zu DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS war. Ungeachtet jeder filmischen Qualität ist es schon bemerkenswert, wie man es geschafft hat, ein nahezu perfektes Ebenbild zu erschaffen. Smith und Cantafora sehen ihren Vorlagen in manchen Momenten so verblüffend ähnlich, dass man tatsächlich beinahe vergisst, es nicht mit Bud Spencer und Terence Hill zu tun zu haben. Das liegt freilich nicht nur an der optischen Ähnlichkeit. Vor allem Paul Smith gelingt es vorzüglich, die vertrauten Mechanismen Bud Spencers bestmöglich nachzuahmen (dass man ihm im Deutschen noch dieselbe Synchronstimme verpasst hat, macht die Illusion fast vollkommen). Antonio Cantafora (der später in dem Heuler SUPERSONIC MAN einen weiteren Helden nachäffen durfte) hat hingegen deutlich mehr Mühe, wirkt häufig unbeholfen oder sogar verunsichert (was auch verständlich ist, wenn man als Schauspieler dazu gezwungen wird, ein anderer Schauspieler zu sein). Die Dramaturgie des Plots folgt ebenfalls vertrauten Mustern: Ein ungleiches Paar, das sich vordergründig nicht ausstehen kann und ständig versucht, sich gegenseitig auszustechen, wird aufgrund widriger Umstände zur Zusammenarbeit gezwungen, vergrault sich auf halber Strecke gegenseitig, um sich am Ende dann doch wieder zusammenzuraufen und mit dem Rest der Welt abzurechnen.

Das große Manko des Ganzen liegt auf der Hand: VIER FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU besitzt nicht einen Hauch Souveränität und ist der beste Beweis dafür, dass der Erfolg der Spencer-/Hill-Filme nicht allein darauf beruhte, dass ein schlaksiges Blauauge und ein bärtiger Dickwanst zotenreißend durch die Gegend ziehen und Leute vermöbeln. Denn obwohl auch die Kopie inhaltlich all das bietet, was das Original groß und beliebt gemacht hat, bleibt sie ein müdes Plagiat, dem die perfekt harmonierende Interaktion und darstellerischen Fähigkeiten seiner Hauptdarsteller ebenso abgeht, wie die gekonnte und gut getimte Inszenierung Barbonis. Die (natürlich ebenfalls zahlreich vorhandenen) Prügeleien entsprechen in ihrer Choreographie zwar gleichermaßen dem Vorbild (inklusive der berühmten Bud-Spencer-Kopfnuss), erfolgen aber stets völlig uninspiriert und lediglich als Mittel zum Zweck. Der Höhepunkt der Dreistigkeit steht dann auch exemplarisch dafür, warum der Abklatsch nicht funktioniert: In einer Szene stellt Antonia Cantafora Terence Hills Dauer-Backpfeife aus VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA quasi 1 : 1 nach. Völlig aus dem Handlungskontext gerissen, dient sie hier überhaupt keinem Zweck und existiert nur, da man der Ansicht war, sie gehöre halt einfach hinein. Dieser eine Moment veranschaulicht das ganze Dilemma: Man reproduzierte zwar handwerklich versiert, aber ohne jedwede Kohärenz und Relevanz und führt das Ganze somit letzten Endes in die Sinnlosigkeit.

Leider ist auch die deutsche Synchronfassung längst nicht so spritzig geraten wie beim populären Prototypen. Das ist bedauerlich, immerhin kam es schon mehrmals vor, dass eine bierselige Teutonen-Vertonung eher belanglosen Italo-Klamauk tüchtig aufpeppen konnte. Gute Laune besorgt immerhin der flotte (natürlich im Stil von Oliver Onions komponierte) Titelsong, der sich wie ein Leitmotiv durch das Geschehen zieht. Um die Regie kümmerte sich Routinier Fernando Baldi, der bereits den unsäglichen BLAUE BOHNEN FÜR EIN HALLELUJA verbrochen hatte, auf dessen Konto allerdings auch sehenswerte Genre-Beiträge wie DJANGO UND DIE BANDE DER GEHENKTEN gehen (beide ironischerweise mit dem echten Terence Hill). Obwohl das Publikum damals (angeblich) lauthals protestierte, war die Masche wohl recht erfolgreich: Ein Jahr später kam mit VIER FÄUSTE UND EIN HEISSER OFEN eine direkte Fortsetzung, zudem wurden noch drei weitere unabhängige Klopper-Komödien mit dem Doppelgänger-Duo fabriziert. Lässt man die fehlende Eigenständigkeit außer Acht, so bietet VIER FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU auch zumindest sauber gefertigten Zeitvertreib für anspruchslose Gemüter. Wer sich an Spencer und Hill sattgesehen hat, kann es daher ruhig mal mit Smith und Cantafora probieren.



Und? Wer ist hier zu sehen?


Laufzeit: 100 Min. / Freigabe: ab 12

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