Dienstag, 29. Juni 2021

ORION 3000 - RAUMFAHRT DES GRAUENS


IL PIANETA ERRANTE
Italien 1966

Regie:
Antonio Margheriti

Darsteller:
Giacomo Rossi Stuart,
Peter Martell,
John Bartha,
Marco Bogliani,
Ombretta Colli,
Vera Dolen,
Enzo Fiermonte,
Goffredo Unger



Inhalt:

In der Zukunft herrscht mal wieder Panik: Die Erde wird in regelmäßigem Abstand von Naturkatastrophen durchgeschüttelt. Die Wissenschaft ist ratlos, aber Rod Jackson [Giacomo Rossi-Stuart], Commander der Raumstation Gamma 1, hat eine Theorie: Die Gefahr kommt aus dem All und besitzt die Form eines Meteoriten. Ein Flug in den Weltraum bestätigt die schlimmsten Befürchtungen: Der Himmelskörper, der sich der Erde nähert, ist in Wahrheit ein lebender, alles vernichtender Organismus. Die Zeit zur Rettung drängt.

Kritik:

Bühne frei für Runde drei! Nach RAUMSCHIFF ALPHA und TÖDLICHE NEBEL ist ORION 3000 – RAUMFAHRT DES GRAUENS bereits der dritte Beitrag zur von Regisseur Antonio Margheriti zum Leben erweckten Gamma 1-Tetralogie, der sich mit seinen Vorgängern allerdings in erster Linie nur noch die Schauplätze „Raumstation“ und „Weltall“ teilt. Die kostengünstigen Kulissen haben sich zwar ebenso wenig geändert wie die einfältigen Effekte, aber in Sachen Stab und Stimmung kommt es dafür zu auffälligen Abweichungen: So glänzt das bewährte Team um Commander Halstedt hier durch Abwesenheit und macht Platz für das Team um Commander Jackson, der in seinem autoritären Auftreten und seiner rumpeligen Art nur wenig Sympathiepunkte sammeln kann. Da fängt der Mann doch wie ein ungezogener Schuljunge aus völlig nichtigen Gründen eine zünftige Rauferei mit einem Kollegen an oder lässt ohne Not Dinge vom Stapel wie „Wir kennen uns jetzt fünf Jahre, du dumme Sau.“ Derlei Gebaren lässt nicht gerade auf Harmonie im All schließen und tatsächlich wird dieses Mal an allen Ecken und Enden rumgezickt. Denn trotz seines rüpelhaften Benehmens fliegen dem Commander die Frauenherzen zu. Seine neue Flamme behandelt er dabei an Deck wie Dreck, nur im stillen Kämmerlein lässt er sich mal zu einem etwas freundlicheren Tonfall herab. Und da ist da noch seine Ex, die ihn aus unerfindlichen Gründen zurückerobern möchte und sich dazu extra auf die Raumstation verlegen lässt, wo sie ihre Zeit nun hauptsächlich damit verbringt, ihrer Nebenbuhlerin blasierte Blicke und bissige Bemerkungen zuzuwerfen.

Witzigerweise lösen sich im weiteren Verlauf all diese angedeuteten Konflikte (teilweise sogar wortwörtlich) in Rauch auf und kommen so über ihre Ansätze niemals hinaus. Offenbar dienen sie damit in erster Linie dem Zweck, den wahrlich nicht sehr ergiebigen Inhalt auf ein Maximum zu strecken. Und tatsächlich erreicht ORION 3000 gerade mal mit Müh und Not die knappe 80-Minuten-Marke. Allerdings ist es auch ganz angenehm, dass man die Sache nicht unnötig komplizierter machte als sie eigentlich ist. Obwohl man locker 20 Minuten hätte entfernen können, ohne dass es in Sachen Verständnis zu Verlusten geführt hätte, weicht die verklausulierte Erzählweise der Vorgänger, die ihre ebenfalls sehr simplen Prämissen umständlich aufbrezelten, hier doch einem klar formulierten Ziel: die Vernichtung des herannahenden Meteoriten, der sich als weltenverschlingender Organismus entpuppt. Etwas bedauerlich, dass man gerade diesem Konzept keine weitere Erklärung gegönnt hat: Der Himmelskörper ist offensichtlich ein lebendes Wesen, das alles in sich aufsaugt, was in dessen Nähe kommt. Aber wie und warum, ob aus Gründen der Feindschaft oder des Überlebens, ob bewusst oder unbewusst, darüber wird nicht ein Gedanke verschwendet. Dennoch sind die finalen Szenen im Inneren des pulsierenden Gesteins das einzige wirkliche Glanzlicht der mauen Erzählung. Zwar werden die Effekte nicht undurchschaubarer, aber das mit zappelnden Tentakeln, dampfenden Kratern, blubbernden Lavabächen und wabernden Rauchschwaden angereicherte Innenleben der garstigen Kreatur erzeugt trotz simpler Umsetzung durch passende Ausstattung und Ausleuchtung eine gelungene Atmosphäre.

Während das Finale beweist, dass man mit ein bisschen Fantasie und Feingefühl trotz fehlender Finanzen funktionierende Szenarien entwerfen kann, sollte über den Rest der versuchten Illusionen erneut der Mantel des Schweigens gehüllt werden. Die deutlich sichtbaren Schnüre (eigentlich fast schon dicke Taue), an denen die vermeintlichen Astronauten wie die Sandsäcke hängen und hilflos mit den Armen rudern, die gespielten Zeitlupen (hat der Crew eigentlich wirklich niemand gesagt, dass man auch tatsächliche Zeitlupen erzeugen kann?) und die klobigen Modelle (vor allem die gefährlich wackelig herumeiernde „Raumstation“, bei deren Einblendung man jedes Mal erneut Angst bekommt, sie könne jeden Augenblick vom Faden fallen, ist immer wieder schön) kennt man bereits aus den Vorgängern. Dazu gesellt hier allerdings noch ein Effekt, der so sagenhaft mies und sehnervverwirrend umgesetzt wurde, dass die eigentliche Dramatik der Szene (der Tod eines der Charaktere, der einem bei vernünftiger Umsetzung sogar nahegegangen wäre) sich in beschämtes Staunen auflöst. Ohnehin macht sich der Mangel an Zeit und Budget quasi durchgehend bemerkbar: Angeblich radiert der unheilvolle Himmelskörper am laufenden Meter ganze Großstädte aus, zu sehen bekommt man nichts davon. Eine nur sekundenlange Szene mit brennenden Flugzeugmodellen und eilig hineingeschnittene Archivaufnahmen von tatsächlichen Naturkatastrophen müssen ausreichen, um den dräuenden Untergang glaubhaft zu machen. Die alles vernichtende Explosion einer Anti-Materie-Bombe wird durch den Knall eines Feuerwerkskörpers veranschaulicht, dann wird abgeblendet. Den Rest muss man sich halt denken. Diese offensichtlichen Sparmaßnahmen fallen überdeutlich ins Auge und verhindern eine wirkliche Anteilnahme an dem Geschehen.

Ganz im Gegensatz zu den Protagonisten, die angestrengt damit beschäftigt sind, stets sorgenvoll aus der Wäsche zu gucken und am Ende von Heldentum und -tod gar nicht genug bekommen können. Gespielt ist das alles durchaus anständig, was in Anbetracht der offensichtlichen Billig-Kulissen, durch die man sich hier bewegen musste, gar nicht so selbstverständlich ist. Giacomo Rossi Stuart [→ DIE FÜNF GEFÜRCHTETEN] verkörpert den herrischen Commander Jackson fernab der Stromlinienförmigkeit seines Vorgängers, was ihn immerhin zur interessanteren Figur macht. Deutlich mehr zur Sympathieperson jedoch taugt sein Mitstreiter Lt. Dubrowski (Pietro Martellanza [→ DAS AUGE DES BÖSEN]), der mit Jackson aus irgendwelchen Gründen im Dauer-Clinch liegt, sich mit ihm schlägt, mit ihm verträgt, und das damals übliche Männlichkeitsideal beizeiten auch mal beiseite legt und unumwunden Tränen der Trauer vergießt. Enzo Fiermonte [→ CARRERA – DAS GEHEIMNIS DER BLONDEN KATZE] wiederholt in bewährt aristokratischer Manier offenbar seine Rolle aus dem Erstling, obwohl er hier merkwürdigerweise einen neuen Namen trägt. Und die weibliche Belegschaft gerät leider mal wieder ein bisschen ins Hintertreffen und ist überwiegend dazu da, als Anhängsel zu dienen. Halina Zalewska [→ DER LEOPARD] agiert zwar durchaus selbstbewusst als vollwertiges Crew-Mitglied, hat aber dennoch nichts Besseres zu tun, als sich um die Treue ihres lieben Commanders zu sorgen. Und Ombretta Colli [→ DER KUCKUCK] hat als ihre Rivalin so wenig zu tun, dass man fast hofft, sie hätte den Autoren im Anschluss mal so richtig die Meinung gegeigt.

ORION 3000 (der Titel ist eine deutsche Erfindung, die nichts mit der Handlung zu tun hat) ist am Ende dann wirklich nur etwas für unverbesserliche Fans italienischer Niedrigpreis-Unterhaltung. Anders als so oft beflügelte das schmale Budget hier nicht die Fantasie der Macher, man merkt dem Werk Lieblosigkeit und Zeitdruck seiner Entstehung deutlich an (immerhin entstanden alle vier Gamma 1-Abenteuer in einem Abwasch). Die Raumfahrt des Grauens ist somit vielmehr eine Raumfahrt des Gähnens, eine leidenschaftslose Auftragsarbeit ohne Schmiss und Elan und innerhalb der eigentlich sehr feinen Filmographie Antonio Margheritis [→ DIE JÄGER DER GOLDENEN GÖTTIN] eher vergessenswert.

Laufzeit: 78 Min. / Freigabe: ab 12

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