Italien 1966
Regie:
Antonio Margheriti
Darsteller:
Tony Russel,
Lisa Gastoni,
Franco Nero,
Carlo Giustini,
Enzo Fiermonte,
Linda Sini,
Nando Angelini,
John Bartha
Inhalt:
Zeit: Die Zukunft. Ort: Raumstation Gamma 1: Commander Halstead [Tony Russel] und seine Crew befinden sich in Feierlaune. Das neue Jahr steht vor der Tür. Da wird alle Förmlichkeit vergessen und das Tanzbein geschwungen, als ob es kein Morgen gäbe. Dummerweise stimmt das vielleicht sogar: Seltsame wolkenähnliche Gebilde tauchen plötzlich auf und lassen Menschen zur Salzsäule erstarren. Und der einst so loyale Captain Dubois [Michel Lemoine] steht plötzlich unter dem Einfluss einer fremden Macht und verkündet unheilvolle Botschaften: Die Menschheit wurde dazu auserkoren, körperlosen Invasoren als Wirt zu dienen, die baldige Gleichschaltung aller Lebewesen steht bereits kurz bevor. Halstead und sein Kompagnon, der wagemutige Lieutenant Jacowitz [Franco Nero], wollen das nicht hinnehmen und gehen in den unlegitimierten Widerstand. Die Spur führt zum Mars.
Kritik:
Nachdem RAUMSCHIFF ALPHA im Vorjahr unerwartet sogar in den Lichtspielhäusern landen durfte, obwohl der kostengünstig zusammengerührte Cocktail aus Kosmos-Krimi und Verrückter-Wissenschaftler-Schote eigentlich nur für die Mattscheibe konzipiert war, schickten sich anno 1966 TÖDLICHE NEBEL an, es dem gleichzutun. Auch der Fortsetzung wurden spontane Leinwand-Ehren zuteil, weswegen das Wiedersehen mit den aus dem Vorgänger bekannten Figuren im wohligen Dunkel des Kinosaals erfolgen konnte. Viel geändert hat sich dabei nicht. Kein Wunder, denn aus Gründen der Effizienz wurde Teil 2 gleich zusammen mit dem Erstling abgekurbelt, weswegen nicht nur die Darsteller dieselben bleiben, sondern auch die biederen Bauten und Modelle, welche hier abermals die Weiten des Weltalls suggerieren sollen. Nach wie vor ohne großen Erfolg, denn die zahlreichen Raumstations- und -schiff-Miniaturen sind viel zu klobig und undetailliert gestaltet, um nicht sofort als ordinäres Spielzeug entlarvt zu werden. Und auch in Sachen Tricktechnik sind keine Veränderungen auszumachen: Jeder Effekt ist in seiner Machart auf Anhieb durchschaubar, und man gab sich auch keine Mühe, sein Publikum in irgendeiner Form zu verblüffen. Die Schnüre, an denen die Astronauten-Statisten hier arg ungelenk durchs angebliche All schaukeln, sind so dermaßen prominent ins Bild gerückt, die sollten einfach gesehen werden. Kurzum: Die Illusion, man befände sich in ferner Zukunft zwischen fremden Sternen, kann nicht eine Sekunde erweckt, geschweige denn aufrechterhalten werden.
Dazu trägt nicht nur die unterdurchschnittliche Effekt-Arbeit bei, sondern auch der Umstand, dass die Fantasie der Schöpfer abermals nicht ausreichte, sich eine plausible futuristische Vision zu erdenken. So befindet man sich erneut eindeutig in den allertiefsten 1960er-Jahren, was bereits bei der einleitenden Silvester-Feierlichkeit mehr als deutlich wird: Während im Vordergrund mit bierernster Miene Technik-Tinnef abgesondert wird, tobt im Hintergrund eine rauschende Champagner-Fete mit hippen Beats und flotten Girls, bei der alles wie verrückt zappelt, schwoft und sich beschwipst Schweinereien ins Ohr säuselt. Auch die lässigen Dialoge, welche zumindest die deutsche Synchronfassung vom Stapel lässt, können nur aus dieser Zeit stammen. „Saufen Sie nicht mehr als Sie vertragen können“, raten sich die Crew-Mitglieder da gegenseitig, oder bemerken folgerichtig: „Spaß muss sein, sonst geht keiner mit zur Beerdigung.“ Dieser unbekümmert zelebrierte Zeitgeist ist es dann auch, der TÖDLICHE NEBEL zu einem aparten Anschauungsobjekt werden lässt. Hier wird aus jeder Pore pure Nostalgie geschwitzt, der Rest ist redundant. Denn – wenig überraschend! - auch die Geschichte reißt niemanden vom Hocker.
War im Vorgänger noch die Gen-Technik und deren Missbrauch als Wurzel allen Übels ausgemacht, bediente man sich hier des klassischen Körperfresser-Motivs, das 1956 im wegweisenden Sci-Fi-Grusler DIE DÄMONISCHEN erstmals publikumswirksam die Leinwände der Welt heimsuchte. Die unheimliche Macht, die in Wolkenform vom Menschen Besitz ergreift, ist hier wie dort unschwer als kommunistische Ideologie zu deuten, will das fremde Wesen sich doch alles in Gleichheit untertan machen. Auf die Frage, wo die verschwundenen Team-Mitglieder abgeblieben sind, antwortet der unerwünschte Eindringling: „Ihr werdet sie lebend wiedersehen. Als neue Menschen unserer Welt. Voller Hoffnung und Energie. Im Dienste der Allgemeinheit.“ Zwar war die Idee eines individuenverschlingenden Invasoren 1966 noch längst nicht so abgestanden wie einige Jahre später, aber wirklich zu nutzen wusste man sie hier nicht. Geriet der Beginn, als man noch herauszufinden versucht, was es mit den sonderbaren Ereignissen auf sich hat, noch angenehm atmosphärisch, ist, nachdem die Fronten geklärt sind, die Luft auch größtenteils schon wieder raus. Das liegt vor allem daran, dass der Gegner nicht nur körper-, sondern offenbar auch hirnlos ist, lässt er sich doch auf denkbar simple Weise austricksen und besiegen. Schuld daran ist natürlich das einfallslose Drehbuch, für das sich nun wahrlich niemand ein Bein ausgerissen hat. Mehr noch: Die erzählerischen Kniffe, wie die Helden jeder Gefahr entkommen, sind fast schon unverschämt dreist und setzen einfach voraus, dass das Publikum wirklich jede Kröte zu schlucken bereit ist. So überleben die Protagonisten nur, weil der Feind, obwohl gerade noch in bester Tötungslaune, sie einfach am Leben lässt und wie unartige Schulkinder wegschickt („Macht, dass ihr wegkommt! Ihr stört nur!“), und sie entkommen ihrer Gefängniszelle, weil der Fluchtweg praktischerweise schon mit eingebaut wurde und sich per Knopfdruck öffnen lässt (ein weiterer Knopfdruck serviert den vermeintlich Gefangenen übrigens gleich noch nen Satz Werkzeuge dazu).
In solchen Momenten gibt sich TÖDLICHE NEBEL der Lächerlichkeit preis und verärgert sogar ein wenig, da man offensichtlich annahm, der Konsument würde diese verfilmte Leistungsverweigerung anstandslos akzeptieren. Dem gegenüber stehen allerdings auch ein paar gelungene Momente, die zumindest kurzzeitig so etwas Ähnliches wie Spannung oder Dramatik aufkommen lassen. Dazu gehören vor allem die atmosphärischen und überraschend harten Szenen, in welchen die außerirdischen Eindringlinge ihre Opfer assimilieren und somit zu ihresgleichen machen: Die Menschen werden in eine untermarsliche, von unheimlichem Nebel erfüllte Höhle geschickt, aus der sie als seelenlose Gestalten wieder herauskommen. Wer sich weigert, wer seine Individualität nicht verlieren möchte, wird noch vor Ort gnadenlos zu Tode geröstet. Die Kaltblütig- und Hoffnungslosigkeit dieser Sequenz lässt erahnen, dass hier durchaus einiges an Potential vergeudet wurde. Denn überwiegend obsiegt hier doch das Defizit: Futuristische Fahrzeuge, die nicht mehr können als stinknormale PKW, Personen, die versuchen, Nebelwolken mit Flammenwerfern zu bekämpfen, Atomexplosionen, die nicht mehr sind als ein ordinäres Silvester-Feuerwerk oder eine angeblich erstarrte Raumschiff-Crew, die verzweifelt versucht, stillzustehen ohne zu blinzeln, was aber leider nicht so ganz geklappt hat. Patzer wie diese sind garantiert bereits während des Drehs aufgefallen, aber man hat es – vornehmlich aus Zeit- und Kostengründen – einfach hingenommen, was TÖDLICHE NEBEL einfach sehr lieblos wirken lässt. Dazu hagelt es herrlichen verbalen Nonsens wie: „Registrierte Strahlungswerte: weit über maximal“ oder Begrifflichkeiten wie „Kosmo-Visions-Sendung“, „Synchrotron-Strahlungs-Anzeige“ oder „Super-Space-Geschwindigkeit“ (nur „wahnsinnige Geschwindigkeit“ wäre noch schneller), während es von der Tonspur in futuristischer Fröhlichkeit beständig piepst und pfeift und flötet.
Am Ende wirkt TÖDLICHE NEBEL wie eine etwas schluderig erdachte und inszenierte Doppelfolge der Kult-Serie RAUMSCHIFF ENTERPRISE, in der man sich ebenfalls regelmäßig fremder Eindringlinge erwehren musste und die zwischen Pappmaché-Planeten und Studio-Kulissen häufig philosophische Fragen oder moralische Dilemmata hinaufbeschwor. Margheriti und seine Crew verfehlten dieses Niveau letzten Endes aufgrund ihrer Schnellschuss-Mentalität und ihrem Desinteresse daran, mehr als zweckdienlichen Durchschnitt abzuliefern. Interessante Ansätze werden nicht zu Ende gedacht, Situationen werden unzureichend aufgelöst und die Effekte wirken nicht charmant, sondern schlichtweg unbeholfen. Aber bei Science-Fiction-Abenteuern, die mit weiblichem Eifersuchts-Gehabe beginnen und mit inniger Knutscherei enden, muss man generell skeptisch sein.
Laufzeit: 92 Min. / Freigabe: ab 16
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