Freitag, 8. Dezember 2023

TRIPLE THREAT


TRIPLE THREAT
Thailand, China, USA 2019

Regie:
Jesse V. Johnson

Darsteller:
Tony Jaa,
Iko Uwais,
Tiger Chen,
Scott Adkins,
Michael Jai White,
Michael Bisping,
Celina Jade,
Michael Wong



„Wir rennen seitwärts und schießen dabei alles zu Klump.“
(Ganz wichtig bei sowas: Immer seitwärts rennen!)

Inhalt:

Irgendwo im Dschungel Indonesiens, in einem Erdloch gefangen, hockt Collins [Scott Adkins] – einer der gefährlichsten Terroristen der Welt. Als die Söldner Payu [Tony Jaa] und Long Fei [Tiger Chen] angeheuert werden, den Mann zu befreien, ahnen sie freilich noch nicht, mit wem sie es zu tun haben. Erst nach erfolgreicher Ausführung des Auftrages offenbart der frisch Befreite sein wahres grausames Gesicht. Payu und Fei beschließen, ihren Fehler wieder gutzumachen und den flüchtigen Collins zur Strecke zu bringen. Dabei werden sie allerdings selbst verfolgt: Der ehemalige Wachmann Jaka [Iko Uwais] verlor bei der Befreiungsaktion seine Frau und sieht in den beiden Männern die Schuldigen für dieses Unglück. Während er sich von Rache getrieben auf die Jagd begibt, planen Collins und seine Gefolgsleute einen Anschlag auf die reiche Erbin Tian Xiao [Celina Jade], die vorhat, ihr Vermögen der Verbrechensbekämpfung zur Verfügung zu stellen.

Kritik:

Fans und Sympathisanten des zünftigen Körperertüchtigungs-Kinos dürften mehrheitlich der spontanen Schnappatmung anheimgefallen sein, als die Besetzungsliste TRIPLE THREATs bekannt gegeben wurde. Das testosterongeschwängerte Personal-Paket, das findige Produzenten hier in Erwartung klingender Münze zusammenschnürten, schien den feuchten Träumen freidrehender Actionfilm-Nerds entsprungen zu sein, versammelten sich hier doch tatsächlich die zu dem Zeitpunkt wohl angesagtesten Heroen der Leinwand-Keile zum großen Karneval des Knochenverbiegens: Der Thailänder Tony Jaa, der 2003 mit dem staubtrockenen ONG-BAK einen Welterfolg landete, der Kritiker Vergleiche mit goldenen Bruce-Lee-Zeiten ziehen ließ. Der Indonesier Iko Uwais, dem 2011 mit THE RAID ein wegweisendes Action-Konglomerat gelang, dessen Kompromisslosigkeit neue Maßstäbe setzte. Der chinesische Kampfkünstler Tiger Chen, Schüler von Choreographie-Koryphäe Yuen Wo Ping, welcher der breiten Öffentlichkeit 2013 durch die Hauptrolle in Keanu Reeves’ Liebeserklärung MAN OF TAI CHI bekannt wurde. Der Brite Scott Adkins, der mit Werken wie NINJA (2009) die B-Action im 80er-Jahre-Stil wieder salonfähig machte. Der ehemalige US-Karate-Champion Michael Jai White, der sich durch seine Mitwirkung bei diversen Steven-Seagal- und Jean-Claude-Van-Damme-Vehikeln seine Lorbeeren verdiente und 2009 mit BLACK DYNAMITE einen herrlich selbstironischen Beitrag zum Blaxploitation-Genre erschuf. Die thailändische Faustverteilerin Jeeja Yanin, die 2008 durch den Leinwand-Wirbelwind CHOCOLATE internationale Aufmerksamkeit erregte. Und in einer kleineren Rolle gesellte sich auch noch Hongkong-Urgestein Michael Wong [→ FIRST OPTION (1996)] zu der illustren Truppe, der wohl immer mit dem Bild des harten, aber herzlichen Polizei-Ausbilders verbunden bleiben wird (obwohl er auch etliche andere Rollen verkörperte).

Eine ganze Wagenladung an Kompetenz und Können also, welche die Erwartungshaltung in nahezu schwindelerregende Höhen schraubte. Um das Fazit vorwegzunehmen: Fans cineastischer Kinetik kommen voll auf ihre Kosten. TRIPLE THREAT tritt tüchtig aufs Gaspedal und liefert kernigen Krawall in hoher Konzentration. Vom Action-Olymp ist man dennoch meilenweit entfernt – so sehr, dass jede der aufgeführten Darsteller-Referenzen tatsächlich ungleich sehenswerter ist. Denn die pickepacke vollgepackte Stabliste ist zugleich auch das Problem: Jedem der Stars gelingt es locker, ein Werk allein zu tragen. Ihre größten Erfolge bestachen durch zweckdienlich erdachte Konfliktsituationen, die so passgenau auf den jeweiligen Akteur zugeschnitten waren, dass dieser genügend Gelegenheit dazu bekam, seine Qualifikation zur Schau zu stellen. Hier, so hat man den Eindruck, stehen sich alle irgendwie gegenseitig im Weg. Was freilich geblieben ist, ist ein alibiartiges Story-Gerüst, das teils abenteuerliche Kapriolen schlagen muss, um die zahlreichen Publikumslieblinge halbwegs anständig unter einen Hut zu bringen. Dabei ist es nur allzu offensichtlich, dass zuallererst die Action-Szenen standen und man den Rest mehr oder minder improvisiert drumherum erfinden musste. Nun erwartet hier gewiss niemand im Vorfeld eine ausgefeilte Abhandlung, aber ein bisschen mehr Feinschliff, um die ganzen losen Enden und übriggebliebenen Fragezeichen zumindest etwas zu entkräften, wäre nun wahrlich kein Hexenwerk gewesen.

Generell ging man mit Erklärungen sehr ökonomisch um: Collins ist einfach „einer der gefährlichsten Terroristen“. Sich tatsächlich etwas auszudenken, was genau der Mann denn ausgefressen haben könnte, hat die Autoren offenbar überfordert. Dessen Zielperson Tian Xiao ist einfach nur eine „Millionenerbin“, die irgendwie irgendetwas gegen das Böse unternehmen will. Was genau, weiß man nicht. Es muss aber schon was wirklich Gravierendes sein, wenn die Unterwelt so in Aufruhr gerät, dass sie einen der „gefährlichsten Terroristen“ befreit, um die Dame auszuschalten (so ein gewöhnlicher Feld-, Wald- und Wiesen-Attentäter wäre der Aufgabe natürlich nicht gewachsen gewesen). So bekommt hier jede Figur einfach ein notdürftig erdachtes Attribut auf die Stirn gepinnt, welches als Charakterisierung einfach reichen muss. Auch der Rest bleibt eher schwammiger Natur – was vor allem für das Motiv der im Hintergrund die Fäden ziehenden Auftraggeberin gilt, die sich manchmal geheimnisumwabert per Telefon bei den Terroristen meldet, um neueste Instruktionen zu erteilen. Antwortmöglichkeiten darauf, wer sie ist und was sie antreibt, sparte das Skript vollkommen aus. Wobei das im Ansatz immerhin tatsächlich effektiv ist, hat es doch was von einem weiblichen Dr. Mabuse, eine unheilvolle, über allem schwebende Macht aus dem Dunkel.

Die Söldner Payu (Tony Jaa) und Long (Tiger Chen) machen zudem auch nicht den hellsten Eindruck, wenn sie zum Auftakt Scharen an Gegnern niederstrecken und im Nachhinein dann plötzlich ein schlechtes Gewissen bekommen, da sie der irrigen Meinung waren, bei dem Metzelauftrag handele es sich eigentlich um eine ‚humanitäre Mission‘. So ein Missverständnis aber auch … (Vermutlich war in der Heilsarmee kein Platz mehr frei, sodass die beiden Menschenfreunde auf Söldner umschulen mussten.) Doch zum Glück macht auch die Terror-Truppe um Scott Adkins nicht den Eindruck, einen Kompetenzwettbewerb in Sachen Geistesleistung gewinnen zu können: Nachdem ihr die Zielperson vor einem Fernsehstudio trotz ausgiebiger (und reichlich unkoordinierter) Bleiverspritzung durch die Lappen ging (indem sie einfach davonlief), beschließt die Mörderbande völlig plan- und kopflos, die gleiche Kamikaze-Nummer direkt noch einmal bei der örtlichen Polizei-Station abzuziehen. Getreu dem Motto: Ich bin Terrorist, ich bin böse, ich muss den ganzen Tag irgendwas umnieten. 18 Uhr ist Feierabend! Warum dieser grobschlächtige Haufen (der auch im weiteren Verlauf nichts so richtig gebacken bekommt) so gefürchtet sein soll, fragt man sich dann schon. Immerhin sorgt die Aktion für reichlich Schauwert, erinnert die bleihaltige Aufmischung des Reviers doch an eine beträchtlich aufgemotzte Variante der brachialen Zerlegung eines ebensolchen im Meilenstein TERMINATOR.

Dass hier statt Faust und Fuß in erster Linie Kugeln fliegen, mag eingefleischte Fans der Darsteller freilich enttäuschen. In der Tat besitzt TRIPLE THREAT insgesamt mehr Ähnlichkeit mit dem früheren philippinischen Söldner-Kino als mit den zeitnah entstandenen Martial-Arts-Epen, aus denen die Stars ja eigentlich hervorgingen. Ein paar Schlagabtausche gibt es dennoch zu bewundern. So passiert das erste Zusammentreffen (wobei „Zusammentreffen“ hier wörtlich gemeint ist) von Tiger Chen und Iko Uwais bei einem (offenbar illegalen) Untergrund-Kampf-Szenario, das doch stark an das 1988er Kultstück BLOODSPORT (oder fast noch mehr an dessen zahlreiche asiatische Nachahmer) erinnert. Und wem die Ereignisse bis dahin trotzdem noch zu bleihaltig waren, der wird mit einer finalen Zusammenschlag-Zusammenkunft entschädigt, deren Schauplatz, ein alter verfallener Palast, Assoziationen zum Shaw Brothers-Klassiker DIE TODESPAGODE DES GELBEN TIGERS (1969) zulässt. Das macht auch optisch schwer was her und dient somit auch als kleine Wiedergutmachung für den bis dahin doch arg kargen Look, der TRIPLE THREAT überwiegend anlastet: So scheint sich im Mittelteil phasenweise alles nur in einer schäbigen Straße abzuspielen.

Wer es schafft, die verklausulierte Erzählweise zu schlucken (das Skript zögert manche Dinge unnötig hinaus und kann sich lange Zeit nicht entscheiden, auf welcher Seite manche Figuren eigentlich stehen sollen), keine Scheu hat vor armseligem Dialoggut („Wer sind die?“ - „Eine Verbrecherbande. Richtig üble Kerle.“) und zudem ein Faible mitbringt für defizitäre 80er-Jahre-Billig-Action, an die sich TRIPLE THREAT nicht selten anschmiegt, geht somit am Ende doch recht glücklich nach Hause. Leid tun kann einem allerdings Celina Jade [→ THE MAN WITH THE IRON FISTS], die einfach nur das hilflose Opfer mimen darf und deren permanentes Panik-Gekreische nur unwesentlich unter dem von Fay Wray in KING KONG liegt.

Laufzeit: 96 Min. / Freigabe: ab 18

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen