Montag, 27. Januar 2020

TSCHANG FU - DER TODESHAMMER


JING WU MEN XU JI
Hongkong 1976

Regie:
Lee Tso-Nam,
Jimmy Shaw

Darsteller:
Bruce Li,
Lo Lieh,
Chen Hui-Lou,
Tien Feng,
Sit Hon,
James Nam,
Philip Ko



Inhalt:

Shanghai, Anfang des 20. Jahrhunderts: Große Teile Chinas sind von den Japanern besetzt. Die Bürger werden in ihren Grundrechten eingeschränkt, die Kultur des Landes soll systematisch ausgemerzt werden. Doch es regt sich Widerstand. Einer der tapfersten Rebellen war Chen Zhen, der dafür mit dem Leben bezahlte. Aber ein Chen kommt selten allein: Als Chen Shen (in der deutschen Fassung unsinnigerweise: Tschang Fu) [Bruce Li] vom Tode seines Bruders erfährt, steht er postwendend auf der Matte, um dem skrupellosen Tyrannen Miyamoto [Lo Lieh] zu zeigen, wo der Todeshammer hängt.

Kritik:

Einer der beliebtesten Filme des ikonischen Kung-Fu-Akteurs Bruce Lee war und ist der 1972er FIST OF FURY, der in Deutschland als TODESGRÜSSE AUS SHANGHAI zur Aufführung kam. Des Protagonistens rasende Rebellion gegen böse ausländische Besatzer inklusive Heimatliebe und Heldentod kitzelte in ihrem Herkunftsland das nationale Selbstbewusstsein und im Rest der Welt hauptsächlich den Sehnerv, der sich an der Choreographie des Kampfes und dem Charisma des Stars ergötzte. Dass die Geschichte auch im realen Leben tragisch endete, ist bekannt: Bruce Lee starb, kurz nach dem Durchbruch, im Alter von nur 33 Jahren. Die gerade eben erst erstarkte Hongkonger Filmindustrie, die von heute auf jetzt ihr populärstes Aushängeschild verlor, reagierte partiell panisch und zimmerte eilig ein paar wirklich sehr, sehr seltsame Zelluloid-Erzeugnisse zusammen, in denen lauter Leute durchs Bild sprangen, die angeblich Bruce Lee sein sollten, es aber partout nicht waren. Andere agierten besonnener und versuchten, die Erfolge Lees mit neuen Figuren fortzuführen. Erwähnter FIST OF FURY war dabei als Kontinuationsobjekt dermaßen begehrt, dass er dubioserweise gleich von zweien, unabhängig voneinander realisierten Rache-Reißern weitergesponnen wurde. Der eine, NEW FIST OF FURY, wurde von Lo Wei, dem Regisseur des Originals, mit Jackie Chan in der Hauptrolle produziert (der deutsche Titel ganz vermessen: 2 FÄUSTE – STÄRKER ALS BRUCE LEE). Und der andere entstand von einem völlig anderen Team für ein völlig anderes Studio – und weil offenbar niemand etwas dagegen hatte, erreichte er die Säle auch noch fast zeitgleich mit der Konkurrenz als FIST OF FURY II. Deutscher Titel: TSCHANG FU – DER TODESHAMMER!

In der Titelrolle sieht man hier Ho Tsung-Tao [→ BRUCE LEE – TAG DER BLUTIGEN RACHE] (abermals unter dem albernen Pseudonym Bruce Li unterwegs), der als Bruder des im Vorgänger ermordeten Chen Zhen (Bruce Lee) fäusteflexend und vergeltungsgelüstig in die Stadt kommt, um den ehrlosen Japanern beizupulen, wie man sich gefälligst zu benehmen hat. Kaum dem Zug entstiegen (stilecht im weißen Kaftan), muss er bereits ein paar besonders frechen Besatzer-Spitzbuben eine gehörige Portion Respekt einbläuen, als sie es wagen, verstorbenen Landsleuten nicht die nötige Achtung entgegenzubringen. „Falls ihr wieder einen Chinesen kränken solltet, werdet ihr das nochmal erleben“, parliert der Prügelpädagoge nach erfolgter Abreibung, und die Marschrichtung ist klar: Hier gibt es die Chinesen, edel, aufrecht und herzensgut, und die Japaner, allesamt ehrlos, primitiv und verschlagen bis ins Mark. Die Welt ist schwarz und weiß, Grautöne existieren nicht. Einzige Ausnahme bildet der kriecherische chinesische Überläufer Wang Bar (Chen Hui-Lou [→ CHEN SING – DER SUPERHAMMER]), der sich in den Dienst der Volksfeinde stellt und dem deshalb zur Strafe auch gleich ein Hitlerbärtchen gewachsen ist. Endgegner jedoch ist der despotische Menschenschinder Miyamoto (Lo Lieh [→ WU KUNG – HERR DER BLUTIGEN MESSER]), der zwar eigentlich nur eine Kampfsport-Schule betreibt, aber irgendwie trotzdem den Polizeichef (und offenbar auch den gesamten Rest des Staatsapparats) unter sich hat und dementsprechend ebenso fröhlich wie folgenfrei foltert, malträtiert und mordet.

Die Boshaftigkeit seiner Mannen demonstriert das Drehbuch in erster Linie anhand ihres Umgangs mit Kung-Fu-Meister Tin Man Kwai (war in derselben Rolle schon im Vorgänger zu sehen: Tien Feng [→ ZHAO – DER UNBESIEGBARE]), der dem Trunk verfällt, nachdem seine Schule zwangsgeschlossen wurde. Der einst so stolze Mann wird zum Alkoholwrack, das würdelos um jeden Schlucken Wein bettelt – was für die Halunken Grund genug für zusätzliche Demütigungen ist. Und natürlich brechen sie auch ihr Versprechen, ihre Repressalien einzustellen, sollte Chen Shen die Stadt verlassen: Kaum sitzt der Held zwecks gesittetem Rückzug im Zurückzug, muss er sich auch schon gegen des Feindes Messer erwehren. Der Gegenspieler ist und bleibt ein Scheusal der Niedertracht, das sich nicht an Vereinbarungen hält und um jeden Preis Blut sehen will. Nein, Autor Chang Hsin-Yi [→ DIE UNBESIEGBAREN DER SHAOLIN] scherte sich wahrlich nicht um irgendwelche Zwischentöne. Ihm ging es darum, möglichst viel Verachtung für die Schurken zu erzeugen, damit der finale Vergeltungsschlag Chens als einzig gangbarer Weg und gerechte Strafe erscheint. Inspektor Chiu (Tsao Chien [→ EIN HAUCH VON ZEN]), der sich lange Zeit nicht entscheiden kann, auf wessen Seite er eigentlich steht, bis er sein Patriotenherz entdeckt, nimmt dem eigentlich wegen Mordes verhafteten Chen dafür sogar höchstpersönlich die Handschellen ab und gibt ihm für seine Selbstjustiz noch einen ganzen Tag Zeit.

Spätestens dieser Moment entlarvt FIST OF FURY II als pubertäre Rachefantasie, die zwar kaum ernstzunehmen, bei aller Plattheit aber durchaus effektiv ist. Auf der Suche nach Symbolik schleudert Chen nach errungenem Sieg das Schwert seines Rivalen in das japanische Sonnensymbol. „Sie haben was falsch verstanden“, belehrt er ihn in schönster Oberlehrermanier. „Unsere Nachsicht und unsere Geduld sind keine Schwäche. Unsere unendliche Geduld ist für uns Chinesen eine Tugend. Das scheinen Sie nicht gewusst zu haben.“ Eine unfassbare Schmach für den waschechten Japaner, der sich daraufhin selbstredend schnurstracks selbst entleibt. Eine solch hemmungslose Plattitüden-Parade hätte natürlich leicht ins Auge gehen können, aber TSCHANG FU funktioniert für Fans prächtig. Neben dem sauberen Regie-Handwerk liegt das – wenig überraschend – an den Kampfszenen, die in Sachen Choreographie und Stunt-Arbeit voll und ganz überzeugen und auch den nötigen Härtegrad mitbringen. Memorabel geriet zudem das versuchte Attentat auf Chen Shen im Zugabteil, bei dem aufgrund der stimmungsvollen Inszenierung kurzzeitig sogar richtig Spannung aufkommt.

Im Vergleich zu Lo Weis eigener Fortsetzung kommt man damit letztendlich als Punktsieger ins Ziel – auch, weil TSCHANG FU trotz aller Theatralik ein wenig unbekümmerter daherkommt als das verbissene Konkurrenzprodukt, das zudem mit Jackie Chan in der Hauptrolle arg fehlbesetzt wurde. Ho Tsung-Tao hingegen kann als Held absolut überzeugen und trägt die Angelegenheit von Beginn an mühelos. Seine optische Ähnlichkeit zu Lee macht ihn als Geschwisterteil glaubwürdig und bescherte ihm auch nachfolgend noch einige Hauptrollen, in denen er als vermeintlicher Original-Bruce-Lee fleißig Handkanten verteilen durfte. Mit diesen oft unterdurchschnittlichen Beiträgen hat der kompetent gefertigte FIST OF FURY II noch nichts gemein. Lee Tso-Nams [→ DREI WILD WIE DER TEUFELBeitrag reißt zwar keine Bäume aus und suhlt sich schamlos im Sumpf dumpfer Stereotypen, bietet jedoch angenehmen Zeitvertreib ohne grobe Fehler. Ob dem echten Bruce Lee allerdings auch nur einer der Nachfolger gefallen hätte, darf ernsthaft bezweifelt werden. Zeitzeugen zufolge zoffte er sich einst mit FIST OF FURY-Regisseur Lo Wei, weil ihm dessen japanfeindliche Attitüde nicht gefiel. Da beide Weiterdichtungen diesbezüglich noch mal ne Schippe drauflegen, hätte Lee seine Maulschellen dieses Mal vermutlich an die Produzenten verteilt.

Laufzeit: 95 Min. / Freigabe: ab 18

Sonntag, 19. Januar 2020

HARUSCHI - DAS BLANKE SCHWERT DER RACHE


ZHUI MING QIANG
Hongkong 1971

Regie:
Kao Pao-Shu

Darsteller:
Wang Yu,
You Long,
Lisa Chiao Chiao,
Yang Yang,
Miao Tian,
Yi Yuan,
Ko Hsiao-Pao,
Su Chen-Ping



„Er ist hochmütig, frech und stark.“
[Der Bösewicht charakterisiert die Hauptfigur.]


Inhalt:

China, vor langer Zeit: Ein sterbender Mann überreicht dem Bettlerjungen Ni Chiu [You Long] ein Bambusrohr mit der dringenden Bitte, dieses einem gewissen Herrn Ma Tang auszuhändigen. Da der Junge nun ebenfalls von den Mördern des Mannes bedroht wird, nimmt ihn der ziehende Speerkämpfer Lung Tai [Wang Yu] spontan unter seine Fittiche. Gemeinsam suchen sie Ma Tang [Yeung Yeung] auf, welcher in Tai jedoch seinen Feind erkennt. Vor Jahren besiegte dieser nämlich Tangs Vater im Zweikampf, welcher sich ob dieser Schmach das Leben nahm. Ohne den Grund des Besuchs abzuwarten, geht Tang zum Angriff über und verletzt Tai dabei schwer. Nachdem Tai und Chiu die Flucht gelungen ist, stellen sie fest, was an dem noch immer nicht überbrachten Bambusrohr so wichtig ist: In ihm befindet sich eine Liste mit Rebellennamen, die Ma Tang an einem geheimen Treffpunkt zusammenführen soll, um den Sturz des unmenschlichen Mandarin herbeizuführen, der momentan das Land terrorisiert. So beschließt Tai, Tang die Liste dennoch zu übergeben. Doch ihre Widersacher planen bereits den nächsten Angriff, und Tai ist durch seine Wunde stark geschwächt. Er verschanzt sich mit Chiu in einem Gasthaus, belagert von seinen Feinden. Inzwischen erfährt Ma Tang vom eigentlichen Grund von Tais Besuch und beschließt, dass eine Feindschaft nicht länger von Nöten ist.

Kritik:

Wang Yu wurde durch die Shaw Brothers zum Star. Trotz fehlender Kampfkunst-Kenntnisse engagierten die Kung-Fu-Film-Produzenten den damals gerade mal 19-jährigen Darsteller gleich für mehrere Hauptrollen. Eine davon, die des einarmigen Schwertkämpfers in DAS GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS (1967), machte ihn berühmt. Doch der als schwierig geltende Wang weigerte sich, seinen Verpflichtungen nachzukommen und brach den Vertrag mit seinen Arbeitgebern. Nach dem daraus resultierenden Prozess war ihm das Drehen in Hongkong untersagt. So siedelte er nach Taiwan um, wo er - oft unter eigener Regie - eine ganze Reihe grellbunter Gassenhauer kreierte, um sie als Konkurrenz zur Ware seiner ehemaligen Mentoren zu kredenzen. Nicht selten entstanden dabei solch herrliche Heuler wie EINE FAUST WIE EIN HAMMER (1972) oder DUELL DER GIGANTEN (1976), die rein gar nichts mehr mit der stilsicheren Eleganz der früheren Shaw-Produktionen zu tun hatten, dafür aber durch ihren grobschlächtigen Schaubuden-Kolorit auf- und gefielen. Wo sieht man schon mal Kämpfer auf dem Zeigefinger übers Schlachtfeld springen? Ist selten geworden! HARUSCHI hingegen, bereits 1971 für die völlig unbekannte Firma Park Films entstanden, verzichtet noch auf derlei Flausen und bleibt seine 90 Minuten lang  überwiegend auf dem Teppich (mal abgesehen davon, dass hier natürlich trotzdem beizeiten kilometerweit durch die Luft gesegelt wird – gewisse Genre-Regeln müssen schließlich eingehalten werden).

Diese konservative Erdung erweist sich fatalerweise als die größte Schwachstelle des Werkes, dem ein paar muntere Verrücktheiten ganz gut zu Gesicht gestanden hätten. Das arg konventionell ers(p)onnene Drehbuch reißt nämlich beileibe keine Bäume aus und weiß nach vielversprechendem Beginn mit den etablierten Figuren schon bald nichts mehr anzufangen. So verschanzt es Wang Yu, nachdem eigentlich schon alles erzählt ist, aber noch 30 weitere Minuten bis zur erlösenden Ende-Einblendung totgeschlagen werden müssen, in ein von Gegnern belagertes Gasthaus, das er regelmäßig zwecks Kampf verlässt und dabei natürlich siegreich bleibt, weswegen das Spiel im Anschluss wieder von Neuem beginnen kann. Dass derartige Traktierungsaktionen sehr spannungsreich ablaufen können, bewies vor allem John Carpenter ein paar Jahre später in seinem düsteren Reißer ASSAULT (1976). Regisseurin Kao Pao-Shu [→ SHAOLIN - DIE RACHE DER GELBEN TEUFEL] allerdings weiß die Bedingungen nicht hinreichend zu nutzen, das anvisierte Gefühl allgegenwärtiger Bedrohung bleibt aus. Das liegt freilich auch daran, dass man nie den Eindruck gewinnt, gerade dramaturgisch notwendigen Ereignissen beizuwohnen, sondern sich stattdessen in den Klauen eines einzigen großen Retardierungsmoments wähnt, ein Kind der narrativen Sackgasse, in die man unversehens geschlingert ist.

Final erschöpft sich dann alles wenig überraschend in einem ausladenden Kampfgetümmel, das jedoch nur durchschnittlich choreographiert wurde und deshalb schnell ermüdend wirkt. Zwar sterben dutzende von Statisten, da aber auch an künstlichem Lebenssaft gespart wurde, bleibt die Angelegenheit reichlich harmlos. Zudem fällt ins Auge, dass fast alle Schwert- und Speerhiebe (auch die angeblich tödlichen) deutlich am gegnerischen Körper vorbeigehen. So besitzt das blutleere Gewoge am Ende gerade mal den Härtegrad einer besseren Sandkastenbalgerei. Wang Yu, dem man seine fehlende Ausbildung durchaus anmerkt, fuchtelt sich dabei immerhin recht wacker durch die Konfrontationen. Wenn er sich nicht gerade im Kriegsmodus befindet, wirkt er zwar oftmals ein wenig verschlafen, interpretiert seine Rolle aber durchaus reizvoll zwischen edlem Ritter und verwundbarem Sensibelchen. Ein großartiger Schauspieler war er freilich nie, wohl aber jemand, dem man gern zusah. Unterstützt von der feurigen Synchronisation Thomas Dannebergs (der auch schon Terence Hill und Sylvester Stallone deutsches Stimmleben einhauchte) lässt er ein paar wunderbar tiefsinnige Philosophien vom Stapel, wenn er seinem Schützling rät: „Bedenke, dass die Weisheit nie auf einer Lanzenspitze ruht!“ oder sich selbst zum Kampf anspornt mit weisen Worten wie: „Die Wahrheit, die ein Mann erkannt hat, muss er auch verteidigen.“

Der damals 11 Jahre alte You Long [→ DIE WUT, DER SCHREI UND DER TOD] agiert als junger Begleiter nicht nur erfreulich unnervig (keine Selbstverständlichkeit bei Kinderrollen), sondern überzeugt auch durch sein natürliches Spiel, von dem sich der eigentliche Hauptdarsteller gern mal ne Scheibe hätte abschneiden dürfen. Wenn er den brutalen Bösewichten in argloser verbaler Direktheit begegnet, hat er die Sympathien umgehens auf seiner Seite. So funktioniert auch die emotionale Komponente der Geschichte überraschend gut, denn die vater-sohn-ähnliche Zweckgemeinschaft hat schon etwas Rührendes. Seinen herz- und lachmuskelerwärmenden Höhepunkt findet das in dem Moment, als Lung Tai den kleinen Ni Chiu mitten im Schlachtgewitter huckepack nimmt und dieser ihm die blutenden Wunden zudrückt. So sieht wahre Männerfreundschaft aus! Dass auch die Frauenrollen in diesem Falle ungewöhnlich taff daherkommen, ist vermutlich der weiblichen Regie zu verdanken. Während die Damen in ähnlich gelagerten Beiträgen im Angesicht fieser Gangsterschar nur zaghaft kreischen und warten können, bis der Held sie raushaut, bleibt Lisa Chiao Chiao [→ DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGSTIGERS] in ihrer (nichtsdestotrotz vernachlässigten) Rolle als Gasthausbesitzerin hier erstaunlich cool: „Setzt euch jetzt hin, und benehmt euch anständig!“ befielt sie den Halunken (die daraufhin sogar brav kuschen), und auf die eindeutigen Avancen eines wirklich extrem hässlichen Schergen reagiert sie mit einem süffisanten: „Sowas hab ich mir schon immer gewünscht. Ich habe noch nie mit Einem ohne Vorderzähne geschlafen.“

BLOOD OF THE DRAGON (Alternativtitel) besitzt sicherlich nicht wenige Defizite, das Herz hat er trotzdem am rechten Fleck. Die Story ist alles andere als komplex, versucht aber auch nicht, einen für dumm zu verkaufen. Wang Yu drückt man trotz limitiertem Mienenspiel immer gern die Daumen, und die Konstellation „Mann mit Kind auf der Flucht“ funktioniert hier tadellos. So bietet HARUSCHI insgesamt doch recht ordentliche Zerstreuung für all jene, die einfach gern dabei zusehen, wie kostümierte Chinesen sich gegenseitig auf die Glocke hauen. Zum Schluss noch ein dreifaches Hoch auf den deutschen Titelausdenker! Weder gibt es hier einen Haruschi, noch schwingt Wang ein Schwert und statt aus Rache kämpft man hier in erster Linie zwecks Selbstverteidigung. Chapeau, dreimal ins Klo!

Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 18

Mittwoch, 15. Januar 2020

DER GEHEIMBUND DER TODESKRALLE


DA SHA SI FANG
Hongkong 1980

Regie:
Chang Cheh

Darsteller:
Philip Kwok,
Wang Li,
Sun Chien,
Chiang Sheng,
Lo Meng,
Lu Feng,
Linda Chu Hsiang-Yun,
Wang Han-Chen



Inhalt:

China, Ming-Dynastie: Das Kaiserhaus ist schwach. Unter den Generälen der Garde ist ein Machtkampf um die Herrschaft in den einzelnen Provinzen ausgebrochen. Vor allem im Norden des Landes regieren Viele mit unerträglicher Grausamkeit. Die Städte des Südens werden den daraus resultierenden Flüchtlingsströmen kaum noch Herr. Unter den Flüchtlingen befinden sich auch Wong Shu [Philip Kwok], Yu Han [Chiang Sheng] und Jin Cheng [Lo Mang], die unabhängig voneinander in die befestigte Stadt kommen, sich bald kennenlernen und erst Freund-, dann Blutsbrüderschaft schließen. Ihren Treueschwur müssen sie nur kurze Zeit später bereits unter Beweis stellen, als sie Spielball einer infamen Intrige werden: Oberst Cheng [Wang Han-Chen], der abberufen war, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen, wird von den Bandenchefs Chen Zu Guan [Lu Feng] und Pan Feng [Wong Lik] ermordet, die lieber jemand anderen an der Macht sähen. Als Wong, Yu und Jin die Tat in die Schuhe geschoben wird, werden die drei kampferprobten Freunde nicht nur von den eigentlichen Mördern, sondern bald auch von der halben Stadt gejagt. In ihrer Not sehen sie nur noch einen Ausweg: Sie müssen sich weiter in den Süden durchschlagen, um sich der Rebellion anzuschließen. Eine gnadenlose Flucht beginnt.

Kritik:

Die Five Venoms, oder im Deutschen Die unbesiegbaren Fünf, waren das späte Aushängeschild der Kult-Kung-Fu-Fabrik Shaw Brothers (Hong Kong) Limited. Nachdem die populäre Produktionsstätte in den 70ern ein paar der größten Genre-Klassiker überhaupt hervorbrachte, war sie trotz jahrelanger Fleiß- und Fließbandarbeit selbst Anfang der 80er noch immer nicht dazu bereit, so einfach die Fäuste Flinte ins Korn zu werfen. Da die großen Stars des Studios aber mittlerweile abgedankt waren oder kürzer traten, installierte man kurzentschlossen ein paar neue Galionsfiguren, um das Publikumsinteresse weiterhin aufrecht zu erhalten. Und so durfte das Quintett Philip Kwok [→ DER CLAN DER NINJA], Lo Meng [→ DER TODESSCHREI DES GELBEN TIGERS], Lu Feng [→ DAS HÖLLENTOR DER SHAOLIN], Sun Chien [→ IM GEHEIMDIENST DES GELBEN DRACHEN] und Chiang Sheng [→ DAS GRABMAL DES SHAOLIN] ins Rampenlicht rücken, nachdem die Darsteller jahrelang lediglich mit Neben- und Statistenrollen abgefertigt wurden. Die Abenteuer der Venoms liefen stets ähnlich ab, und auch DER GEHEIMBUND DER TODESKRALLE bildet keine Ausnahme: Die fünf Kämpfer verkörpern jeweils passgenau auf sie zugeschnittene Figuren mit prägnant skizzierten Persönlichkeitsmerkmalen, die durch höhere Mächte (und spitze Autorenfedern) zusammengeführt werden und sich im Zuge zahlreicher artistischer Auseinandersetzungen bewähren müssen. Nicht immer stehen sie dabei allerdings auf der selben Seite. Hier bekleidet das Dreiergespann Lo Mang, Chiang Sheng und Kuo Chui den guten Kader, während Lu Feng und Sun Chien als deren Widersacher agieren. Viel Mühe, komplexe Charaktere zu entwerfen, gab man sich dabei nicht. Die mittellosen, herzensguten Flüchtlinge sind auf Anhieb als Sympathieträger ausgemacht, die Gegenseite erweckt Abscheu durch Zynismus, Verschlagenheit und Menschenverachtung.

Dass die Erzählung trotz Mangel an Kreativität und großer Vision gut funktioniert, liegt an der bemerkenswerten Routine, mit der die Crew um Altmeister Chang Cheh [→ ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE] die Ereignisse auf Zelluloid bannte. Das Tempo ist hoch, die Story um eine politische Intrige samt Verrat, Mord und Verleumdung zwar von der Stange, aber vollkommen zweckdienlich. Zudem verstand man es, den attraktiven historischen Hintergrund nutzbringend einzubinden. Mit sichtbarem Aufwand an Szenerie und Statisten erweckte man das Ende der Ming-Dynastie zu leinwandtauglichem Leben, kreierte ein zerrissenes Kaiserreich am Rande des Untergangs, in dem Chaos die Straßen beherrscht und die Luft vor fiebriger Spannung vibriert. Hätte man sich etwas mehr Konsequenz auf die Fahnen geschrieben und die unbequeme Stimmung stringent durchgezogen, es hätte gewiss nicht zum Nachteil gereicht. Stattdessen wird die aufgeladene Atmosphäre gleich mehrfach unterwandert, sei es durch die legeren Schelmereien der Stars im bewährten Jackie-Chan-Schlitzohren-Modus, oder durch genregerechte Trivialitäten wie die Causa, dass jede wirklich noch so kleine Meinungsverschiedenheit kinokompatibel per Faust und Fußtritt ausgetragen werden muss (und sollte man sich dabei gerade zufällig in einem vollbesetzten Spielcasino befinden, balgt sich der Rest der Belegschaft ohne zwingenden Grund natürlich gleich noch mit).

Auf diese Weise wechseln sich (unterhaltsame) Banalitäten ab mit anspruchsvoller Prämisse und Präsentation, immer mal wieder unterbrochen von ungewollten Albernheiten, wie der Moment, in dem der zum Tode verurteilte Lo Mang, den Kopf bereits in der Schlinge, vor versammelter Mannschaft gut sichtbar mit einem zudem mehr als auffällig zugesteckten Dolch herumhantiert, um seine Fesseln zu lösen – während alle Anwesenden offenbar ganze Tomatenkisten auf den Augen haben und davon nicht das Geringste mitbekommen. Sympathisch ist die mitgeschickte Botschaft der Geschichte, eine latente Anklage gegen Vorurteile und Fremdenfeindlichkeit. Wie selbstverständlich beschließen die Schurken hier in einem lapidaren Nebensatz, die Schuld für die eigenen Verbrechen dem nächstbesten Flüchtling in die Schuhe zu schieben. Und da die Bluttat perfekt in erfolgreich generierte gesellschaftliche Denkmuster passt, geht der Plan natürlich auch postwendend auf. Einzig eine vom System ebenfalls geächtete Prostituierte (die vom Skript allerdings arg nachlässig behandelt wurde, obwohl sie theoretisch eine viel interessantere Figur abgegeben hätte), schenkt den Sündenböcken Glauben.

Die versiert in Szene gesetzte Mixtur aus Historienbild, Politthriller und Kung-Fu-Akrobatik läuft von Anfang bis Ende durch wie ein Uhrwerk, freilich ohne dabei großartige Höhepunkte zu verzeichnen. Chang Cheh lieferte gehorsam Dienst nach Vorschrift, und das Fünfer-Gespann beweist einmal mehr, was es in Sachen Kraft und Körperbeherrschung auf dem Kasten hat. Die Action-Sequenzen, das Herzstück eines Genre-Beitrags wie diesem, sind zahlreich und überzeugen einmal mehr durch gekonnte Choreographien und dynamische Darbietung. Das unerwartet garstige Finale gastiert schließlich in fast schon provozierend künstlich anmutender Hafenkulisse und überrascht mit einer Extraportion Tragik und herausquellendem Gedärm. DER GEHEIMBUND DER TODESKRALLE (wer hier irgendwie irgendwo nen Geheimbund findet, darf ihn übrigens behalten) gehört sicher nicht zu den Glanzlichtern der Shaw Brothers, und wer nur die wirklichen Sternstunden des Studios erleben möchte, darf diesen Eintrag ohne schlechtes Gewissen überspringen. Wer sich jedoch so wohlfühlt im Kosmos der Kämpfer und Konflikte, dass er davon einfach nicht genug bekommen kann, der wird an dem kompetent gefertigten Konglomerat aus Komik, Keile und Geschichtsunterricht gewiss seine Freude haben.

Laufzeit: 99 Min. / Freigabe: ab 16

Montag, 6. Januar 2020

DER MANN MIT DER TIGERPRANKE


CHOU LIAN HUAN
Hongkong 1972

Regie:
Chang Cheh,
Pao Hsueh-Li

Darsteller:
Chen Kuan-Tai,
Ching Li,
Wang Chung,
Chu Mu,
Tien Ching,
Yang Chih-Ching,
Bolo Yeung



Inhalt:

Shanghai 1942: Die Stadt steckt im Würgegriff des Verbrechens. Drogenhandel, Glücksspiel und Prostitution beherrschen die Straßen. Der kleine Gauner Qiu Lian-Huan (Chen Kuan-Tai) sieht sich eigentlich zu Höherem berufen, ist aber lediglich Anführer einer kleinen Gangsterbande. Eines Tages nimmt er Yu Xiao-Kai [Tien Ching] beim Kartenspiel aus. Yu ist der Sohn von Yu Zhen-Ting [Yang Chih Ching], dem größten Gangster Shanghais. Als Qiu seinem Kontrahenten auch noch die Braut ausspannt, schickt dessen einflussreicher Vater seine Schlägerbanden los. Aber Qiu erweist sich als zäh und nahezu unbesiegbar. Währenddessen tobt auch innerhalb von Yus Bande ein Machtkampf: Der verschlagene Chang Gen-bao [Chu Mu], rechte Hand des Anführers, giert selbst nach der Spitze und spinnt unbemerkt Intrigen. Als am Ende alle Figuren aufeinandertreffen, färben sich die Straßen Shanghais rot ...

Kritik:

Im Februar 1972 tobte DER PIRAT VON SHANTUNG über die Leinwand. Das blutige Gangsterepos ließ Feingeister zwar um Hilfe schreien, das Publikum jedoch bedankte sich mit klingender Münze für das vermutlich von der Axt-Industrie gesponsorte Schlachtfest. Grund genug für das produzierende Studio der Shaw Brothers, dem Erfolg eilig eine Fortsetzung hinterherzuschieben - sehr eilig sogar, denn DER MANN MIT DER TIGERPRANKE, wie das Ergebnis in deutschen Breitengraden heißt, erreichte Hongkongs Kinosäle sogar noch im selben Jahr wie der erste Streich. Nach dem Motto Never change a winning team nahm nicht nur erneut Großmeister Chang Cheh auf dem Regiestuhl Platz, Chen Kuan-Tai [→ DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER] verlustierte sich auch abermals in der Hauptrolle. Diese nennt sich hier Qiu Lian-Huan und ist damit nicht identisch mit seiner Figur aus DER PIRAT VON SHANTUNG. Generell wird der Begriff „Fortsetzung“ hier, wie im asiatischen Kino nicht unüblich, sehr weit gedehnt, denn auch inhaltlich bestehen mit dem vermeintlichen ersten Teil im Prinzip keine Berührungspunkte. Dessen Ereignisse werden zu Beginn kurz skizziert, man wird Zeuge, wie die Leichen, die des Vorgängers Finale hinterließ, fortgeschafft werden, dann springt die Handlung 20 Jahre in die (damalige) Zukunft, und es beginnt eine neue Geschichte, die zwar im gleichen Milieu spielt, aber eben doch eine völlig andere ist. DER MANN MIT DER TIGERPRANKE können somit auch mühelos all jene goutieren, an denen das Original vorbeigegangen ist.

Denen entgeht dann auch, dass MAN OF IRON (englischer Titel) sich dem Vorgänger eindeutig geschlagen geben muss. Dieser punktete nämlich neben seiner grandiosen Action vor allem durch das nötige Maß an Charaktertiefe, das dem Handeln der Figuren einen nachvollziehbaren Sinn gab und aus dem Gemetzel eben mehr machte als eine reine Gewaltpräsentation. Von den Protagonisten in DER MANN MIT DER TIGERPRANKE hingegen erfährt man so gut wie gar nichts, sie bleiben Reißbrettentwürfe, die in der Regel mit einer einzigen Eigenschaft ausgestattet sind (ehrgeizig, böse, treu, hinterhältig, Frau,...) und ansonsten brav dem simpel konstruierten Skript gehorchen. Das gilt auch für Hauptrolle Qiu Lian-Huan, dessen Beweggründe vollkommen im Hintergrund bleiben. Warum er unbedingt zum großen Boss aufsteigen möchte, obwohl er mit seinem Leben als kleiner Straßengauner ja augenscheinlich sehr zufrieden ist und gut über die Runden kommt, erfährt ebenso wenig eine Erklärung, wie das Rätsel, warum er ausgerechnet die langweilige Shen Ju Fang (verkörpert von Ching Li [→ ZEHN GELBE FÄUSTE FÜR DIE RACHE]) zum Objekt der Begierde auserkoren hat – so sehr sogar, dass er damit einen blutigen Konflikt provoziert. Die angebliche gegenseitige Attraktion beider Parteien ist nämlich nicht spürbar und bleibt eine kühne Drehbuchbehauptung, um die Action in Gang zu bringen. Vielleicht liegt es ja daran, dass Sheng so ziemlich das einzige weibliche Wesen in diesem Kosmos zu sein scheint. DER MANN MIT DER TIGERPRANKE spielt nämlich offenbar unter einer Art riesiger Kuppel, in einer hermetisch abgeriegelten Welt, in der nur die Protagonisten existieren und sonst nichts und niemand. Zu keiner Zeit findet eine Einmischung von außen statt, niemals begegnet man neuen Personen auf den immer gleichen Plätzen, und blutige Straßenschlachten bleiben auch stets unbehelligt von Polizei oder jedweder sonstiger Intervention. Dass das Viertel in bester Sesamstraßen-Tradition sichtbar im Studio entstand nebst künstlich erschaffenem Horizont und Himmelszelt, unterstreicht diesen Eindruck noch.

Mag DER MANN MIT DER TIGERPRANKE auch nicht mal in die Nähe des übergroßen Vorbilds kommen, ein Vergnügen bleibt er dennoch. Das liegt auch an Hauptdarsteller Chen Kuan-Tai, der abermals ein tolles Bild abgibt. Stets geschniegelt und gebügelt, mit dauerakkurater Mustermatte auf dem hocherhobenen Haupt, stolziert er durch die Gegend wie ne offene Hose und ist sich jederzeit voll und ganz bewusst, dass ihm niemand so einfach die Wurst vom Brot ziehen kann. Sein Qiu Lian-Huan ist dabei kein strahlender Held, er ist ein Ganove mit Hang zur Gewalt, oft zu selbstsicher und eingebildet, und seine Auserkorene begrüßt er zunächst mit einer zünftigen Maulschelle, damit die Dame direkt weiß, wer hier der Babo ist. Aber die Gegenseite ist eben noch mal ein ganzes Stück verworfener als er, was ihn ohne jede Frage zur Sympathiefigur erhebt. So klatscht man ihm innerlich ohne Reue Beifall, wenn er die miesen Schläger seines Kontrahenten nach allen Regeln der Kunst windelweich drischt und sich dabei auch mal eines Fahrrads als Waffe bedient. Wenn er seinem Nebenbuhler, dem feigen Yu Xiao-Kai (verkörpert von Tien Ching [ DIE TIGERIN VON HONGKONG]), die Fahrradkette um den Hals legt, um ihn dann wie nen Hund an der Leine bei seinem Vater abzuliefern, dann hat er die Lacher eindeutig auf seiner Seite.

Die Action hat dabei deutlich weniger (erkennbaren) Choreographiecharakter als z. B. die meisten Schwertkampffilme der Shaw Brothers, in denen die Konfrontationen häufig einem tänzerischen Akt ähneln. Hier hingegen gleichen sie eher dem dreckigen Straßenkampf, wirken schroffer, direkter und damit auch schmerzhafter. Mit der überbordenden Brutalität des Vorgängers kann das trotzdem nicht mithalten. Zwar werden auch in diesem Falle feindliche Körper anständig malträtiert und manchmal suppt es stattlich rot, aber die fiesesten Gräuel finden außerhalb des Bildes statt – gegen das Massaker, das DER PIRAT VON SHANTUNG angerichtet hat, ist das quasi ein Kindergeburtstag. Da die physischen Auseinandersetzungen jedoch sehr zahlreich sind, werden Freunde inszenierter Klassenkeile dennoch auf erkleckliche Weise bedient und das Beschwerdeformular darf den Papierkorb jungfräulich passieren. Aber nicht nur die Action ist prima, auch der Look des Ganzen gefällt enorm. Wie man hier versucht hat, visuell die 40er Jahre zu imitieren, obwohl man sich doch ganz eindeutig in den 70ern befindet, gereicht zur Freude und ist – nicht zuletzt auch aufgrund der artifiziellen Märchendorf-Kulissen – ein wahrer Augenschmaus.

Die Story indes ist weniger prachtvoll ausgearbeitet und selbst für dieses Genre von ausnehmender Plattheit. Im Prinzip geht es um nicht mehr als um ein ständiges gegenseitiges Angreifen und Angegriffenwerden, was stets mit dem vorhersagbaren Ergebnis endet. Selbst die retardierenden Elemente um einen Machtkampf innerhalb des Gangsterapparates inklusive Intrigenspinnerei und Täuschungsmanöver können nicht viel ausrichten, da sie an den eigentlichen Verhältnissen (Gut gegen Böse) letzten Endes nichts ändern. Macht aber nichts, denn der notwendige Unterhaltungswert ist gegeben. Lobend erwähnt werden muss diesbezüglich auch die deutsche Synchronisation, die zwar den Schalk im Nacken hat, dabei jedoch nicht den Fehler begeht, das Ganze in eine banale Blödelnummer zu verwandeln. Aber wenn Qiu auf dem Motorrad direkt durch die Wand in des Feindes Festung brettert und dies anschließend mit einem lapidaren „Man findet die Tür so schwer“ kommentiert, dann ist das der guten Laune überaus zuträglich.

Das bekannte Fortsetzungsprinzip (von allem noch ein bisschen mehr) greift in diesem Falle wie erwähnt nicht – hier ist alles eine ganze Nummer kleiner und nischenhafter als noch bei DER PIRAT VON SHANTUNG, mit dem dieser hurtig entstandene Nachklapp eigentlich auch gar nicht verglichen werden sollte. Das fällt auch nicht schwer, da fast sämtliche Querverbindungen ausbleiben und das Werk, bis auf die ersten referenziellen Momente, völlig eigenständig bleibt. Spaß hat man hier dennoch. Inhaltlich tumb, optisch todschick, handwerklich tadellos – DER MANN MIT DER TIGERPRANKE ist ein astreiner Zweite-Reihe-Reißer und tötet Langeweile im Hand- und Armumdrehen. Nicht mehr. Aber auch wirklich nicht weniger.

Laufzeit: 99 Min. / Freigabe: ab 18

Samstag, 4. Januar 2020

DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER


MAN YAN JAM
Hongkong 1980

Regie:
Kuei Chih-Hung

Darsteller:
Chen Kuan-Tai,
Ku Feng,
Jason Pai Piao,
Walter Tso Tat-Wah,
Chiang Tao,
Dick Wei,
Lee Chun-Hwa,
Yuen Wah



Inhalt:

China, gegen Ende der Qing-Dynastie: Eine beträchtliche Menge Gold verschwindet aus den kaiserlichen Schatzkammern. Liu Jing Tian [Walter Tso], Befehlshaber der Garde, erhält den Auftrag, das entwendete Gut zurückzuholen. Dieser hält nur einen Mann für fähig genug, den Auftrag auszuführen: Hauptmann Leng Tian-Ying [Chen Kuan Tai], der aufgrund seiner Skrupellosigkeit selbst in den eigenen Reihen einen eher zweifelhaften Ruf genießt. Leng stellt ein Bataillon aus 5 Männern zusammen und macht sich auf den Weg, die Diebe zu fassen. Doch die Reise ist beschwerlich und konfrontiert die kaiserlichen Krieger nicht nur mit der Armut des Volkes, sondern auch mit einer Vielzahl unerwarteter Hinterhalte. Bereits deutlich dezimiert, trifft der Trupp schließlich auf den Räuber Fang Feng-Jia [Fu Feng], der hinter dem Diebstahl zu stecken scheint und sich als ebenbürtiger Gegner erweist. Leng liefert sich mit Fang schließlich ein Duell auf Leben und Tod und begreift dabei viel zu spät, dass sie alle lediglich Marionetten sind in einem grausamen Spiel der Macht.

Kritik:

Die Werke der Shaw Brothers gelten für gemeinhin als Speerspitze der unerschöpflichen Kung-Fu-Unterhaltungs-Industrie der 70er und 80er Jahre – ein Eindruck, der nicht von ungefähr kommt. Dabei war ein Großteil des Erfolges nicht zwangsläufig dem Aufwand an Kostüm, Kulisse und Statisten geschuldet. Trotz hauseigener Fließband-Mentalität achtete man im Gegensatz zum Großteil der Konkurrenz nämlich nicht nur auf eine formal ansprechende Präsentation, sondern legte auch gesteigerten Wert auf funktionierende Geschichten, spannende Konflikte und ambivalente Figuren in moralischen Dilemmata. Dass das selbst in der Spätphase des Genres noch großartig fruchten konnte, bewies Kuei Chih-Hung mit seinem beinharten Historiendrama DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER, das mit komplexen Charakteren und pessimistischem Gesellschaftsbild weit über den Genre-Standard hinausragt. Dabei unterscheidet sich das Werk auffallend von den ausladenden Schlachtepen z. B. eines Chang Cheh. Hier ist alles eine Nummer kleiner, dreckiger und düsterer, zugleich aber auch realistischer, weil zudem auf die oft märchenhaft anmutenden Innen-für-Außen-Kulissen – fast eine Art Shaw-Markenzeichen – verzichtet wurde. Hier geht es wirklich noch raus in die Natur, und die ist roh und ungastlich, zumal hinter jedem Baum, Busch oder Felsen ein weiterer tödlicher Angreifer lauern könnte.

Im englischen Sprachraum ist das Abenteuer bekannt als KILLER CONSTABLE, was nun auch nicht gerade nach Kaffee und Kuchen klingt. Ebenso wie der deutsche Titel bezieht sich auch der englische auf den Hauptprotagonisten, Hauptmann Leng Tian-Ying (verkörpert von Chen Kuan-Tai [→ THE MAN WITH THE IRON FISTS]) - und dass dieser den nur wenig minniglichen Titulierungen alle Ehre macht, wird bereits in den ersten Minuten deutlich: Leng wird eingeführt als eine Art frühgeschichtlicher Kung-Fu-Dirty Harry, der innerhalb einer Rekordzeit von 90 Sekunden nicht nur eine Geiselnahme beendet, sondern auch die Täter ohne lästiges Frage-Antwort-Spiel komplett plattmacht. Derlei Skrupellosigkeit erschreckt sogar den eigenen Bruder, der sich nachfolgend von ihm lossagt und dementsprechend auf der anschließenden Mission, der Suche nach entwendetem Kaisergold, abwesend sein wird. Diese Stelle nutzt Autor Sze-To On [→ DIE TODESKLAUE DES TIGERS], um die Ambivalenz Lengs herauszustellen, denn ebenso skrupellos, wie dieser gegenüber teils sogar unbewaffneten Feinden auftritt, so fürsorglich tritt er gegenüber seinen eigenen Leuten auf. So besteht er bei einem älteren Untergebenen darauf, dass dieser sich nicht dem Kommando anschließe, da er aufgrund dessen Betagtheit um sein Leben fürchtet, einem jüngeren will er die Teilnahme verwehren, da dieser sich gerade erst verlobt hat und nun in Glück und Frieden mit seiner Frau leben solle.

Diese übertrieben väterliche Seite steht nicht nur mit den vorherigen Ereignissen in krassem Kontrast, sondern auch mit den folgenden: Bei der ersten Station der Mission tötet Leng vor den Augen von Frau und Kindern einen armen Müller, dem ein Teil des gestohlenen Goldes in die Hände fiel – ein unnötiger Akt, der auch seine Gefolgschaft ins Grübeln bringt. Dieser charakterliche Zwiespalt aus hart und zart ist essenziell für das Gesamtkonzept von DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER, der vor allem an der Auslotung von Gegensätzen interessiert ist. Beginnend im prunkvollen Palast vor verschwenderisch reich gedeckter Tafel, führt die Handlung alsbald in Gegenden des absoluten Elends, in verwahrloste Dörfer, in denen Hunger und Tod herrschen und das Volk langsam dahinsiecht. Manche der Soldaten scheinen hier erstmals die Ignoranz ihres Arbeitgebers, der Mandschu-Regierung, zu begreifen, und dessen Unwillen, an den Umständen etwas zu ändern. Aber auch Mitleid, so wird einem hier äußerst zynisch verdeutlicht, bringt einen nicht weiter: Als einer der Männer der armen Bevölkerung helfen will und ehrenhaft sein Essen teilt, wird er zum Dank des Nachts brutal ermordet. Die menschenverachtenden Repressionen der Herrscher führen zu Hass und Vergeltung, was wiederum Gegengewalt hervorruft. Die Folge ist ein Teufelskreis gegenseitiger Vernichtung.

Eine derart pessimistische Weltsicht verlangt natürlich auch nach einer entsprechenden Bildsprache – und die haben Kuei und sein Kameramann Lee San-Yip [→ CITY WAR] gefunden. DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER suhlt sich quasi in Schlick und Schlamm. Gekämpft wird vorzugsweise bei strömendem Regen, die Krieger waten mühsam durch Matsch, Morast und Brandung. Die Gewaltdarstellung (Shaw-Produktionen waren in dem Bereich nie besonders zimperlich) wurde nochmals drastisch angehoben. Wenn hier gestorben wird, dann richtig dreckig. Die Tricks mögen nicht immer überzeugen, aber die Grausamkeit ist teilweise enorm und verfehlt ihre Wirkung nicht. Die Schwertduelle sind keine tanzgleichen Todesballette, sondern eruptiv, kurz und schmerzhaft und enden in der Regel mit Verlust von Arm, Bein oder Kopf. Männer werfen sich in Todesverachtung ins Feuer, um ihren Kameraden die Flucht zu ermöglichen, und verbrennen, sich am Boden wälzend, bei lebendigem Leib. Wird jemand von Pfeilen getroffen, dann nicht nur von zweien oder dreien, nein, die Körper werden regelrecht gespickt. Stilistisch ließ man sich dabei eindeutig vom japanischen Kino inspirieren, von visueller Warte aus wähnt man sich oft in einem 20 Jahre zuvor entstandenen Samuraifilm – spätestens, wenn am Ende das Blut fontänenartig und mit mächtig Druck aus dem Körper schießt.

Inkonsequenterweise verliert man auf halber Strecke die Frage nach der Richtigkeit von Lengs Richter-und-Henker-Mentalität aus dem Fokus, und auch der anfänglich etablierte Bruderzwist wird vollkommen ad acta gelegt. Stattdessen verdichten sich die Ereignisse in Richtung eines persönlichen Duells (sowohl auf körperlicher, als auch auf psychologischer Ebene) zwischen Leng Tian-Ying und dem Räuber Fang Feng-Jia (verkörpert von Ku Feng [→ DIE TÖDLICHEN ZWEI]), der sich als sein erbittertster Feind erweist. Nicht unbedingt aufgrund seines Status oder kämpferischen Verstands, sondern weil er der erste Gegner ist, der Leng mit seinen Prinzipien der Gnadenlosigkeit hadern lässt, da er durch ihn erkennt, was das Publikum längst weiß: dass es kein eindeutiges Gut und kein eindeutiges Böse gibt. Wesentlich ist dafür vor allem ein ebenso intensiver wie aufwühlender Moment: Leng steht bei Fang im Haus, um ihn zu töten. Fangs arglose Tochter jedoch, die aufgrund ihrer Blindheit nicht ahnt, dass beide die Schwerter gegeneinander richten, hält ihn für einen guten Freund ihres Vaters und serviert ihnen in rührender Herzlichkeit Tee – weswegen sie für kurze Zeit gezwungen sind, freundlich zueinander zu sein. Regie-Legende John Woo übernahm diese beeindruckende Szene 9 Jahre später fast 1:1 für sein Meisterwerk THE KILLER.

Nach Aufdeckung eines bösartigen Komplotts und weiteren gekreuzten Klingen, endet DER GNADENLOSE VOLLSTRECKER dann mit dem wohl niederschmetterndsten Schlussbild, mit dem jemals ein Shaw Brothers-Film sein Publikum entließ. Ohne Frage: Ein später Höhepunkt in der Filmographie des Studios.

Laufzeit: 96 Min. / Freigabe: ab 18

Donnerstag, 2. Januar 2020

STRYKER


STRYKER
Philippinen, USA 1983

Regie:
Cirio H. Santiago

Darsteller:
Steve Sandor,
Andrea Savio,
William Ostrander,
Julie Gray,
Monique St. Pierre,
Mike Lane,
Jon Harris,
Ken Metcalfe



„Der letzte Krieg brach aus Versehen aus. Wessen Schuld es war, weiß niemand. Und für die Überlebenden hatte diese Frage auch keinen Sinn mehr. Durch den atomaren Holocaust hatte die Menschheit sich selbst vernichtet. Die Städte waren ausradiert, das Ackerland verseucht, die Welt war eine Wüste. Unfruchtbares Ödland war alles, was geblieben war – ein verbrannter, aus dem natürlichen Gleichgewicht geratener Planet.“

Wenn etwas so anfängt, ist klar: Die Welt hatte mal wieder einen Knall. Einen ziemlich großen sogar, und übriggeblieben sind einmal mehr lediglich Steinbrüche, Sandbuggys und die Besucher des letzten Motörhead-Konzerts. Keine Frage: STRYKER ist ein lupenreines MAD MAX II-Plagiat, wie es sie nach dem Erfolg der australischen Endzeit-Oper wie Sand in der Wüste gab. Die Story könnte daher ebenso gut von jedem anderen dieser Epigonen stammen:

Inhalt:

Die Menschheit hat sich per Atomkrieg überwiegend selbst vernichtet. Unter den Überlebenden ist ein Kampf um die letzten Wasserreserven ausgebrochen. Der schurkische Kardis [Mike Lane] hat es mit brutaler Gewalt geschafft, sich einen Großteil des Flüssigguts zu sichern, was ihm einiges an Macht beschert. Doch es gibt eine geheime unterirdische Quelle, die von einem Stamm attraktiver Amazonen gehütet wird. Die junge Delha [Andrea Savio] ist dem Stamm abtrünnig geworden und wird prompt von Kardis Schergen überfallen, die ihr an Wasser und Wäsche wollen. Zum Glück stiefeln gleich zwei wackere Einzelkämpfer vorbei, um sie sachkundig rauszuhauen: Stryker [Steve Sandor] und Bandit [William Ostrander], die sich im Anschluss ohne viel Federlesens zum Duo firmieren. Es dauert noch ein paar Rettungsaktionen und Verfolgungsjagden, bis sich zwei Parteien, Amazonen-Kollektiv und Widerstandskämpfer (zu denen schließlich auch Stryker und Bandit gehören), zusammenraufen, um gegen den Tyrannen aufzubegehren.

Kritik:

Nichts Neues also in den Kiesgruben der Philippinen! Zugutehalten muss man STRYKER, dass er immerhin eine der ersten von zahlreichen Billig-Repliken des 1981er Action-Meilensteins war, die neben von den Philippinen vornehmlich aus Italien kamen und immer wieder neue und dabei eigentlich doch gleiche Einzelkämpfer in die Wüste schickten. Auch war es die erste von B-Film-Ikone Cirio H. Santiago, der es sich nicht nehmen ließ, in den Folgejahren noch 6 weitere Beiträge ähnlicher bis gleicher Couleur ins Kino respektive Videothekenregal zu bringen. Inhaltlich war man hier fast sträflich innovationslos und übernahm Thema und Inhalt nahezu 1:1, man tauschte lediglich das wertvolle Benzin des Originals gegen das gute, alte H2O aus. Letzten Endes spielt es jedoch gar keine Rolle, wegen welchen Rohstoffes sich die Parteien hier in den ungewaschenen Haaren liegen, es hätte genauso gut um Popcorn, Katzenstreu oder die Rabattmarkensammlung Erich Honeckers gehen können. Hauptsache, man jagt sich gegenseitig vorwiegend motorisiert hinterher und es fliegen ordentlich die Fetzen dabei. Derartiges darf man STRYKER dann auch bescheinigen, wobei das Action-Rad hier gewiss nicht neu erfunden wurde und manchmal etwas unrund läuft. Schießereien und Verfolgungsjagden hätten teilweise nämlich durchaus etwas dynamischer in Szene gesetzt werden dürfen. Bei ersterem macht die eine Seite in der Regel 'Peng!' und die andere fällt um, während man bei letzterem in Nahaufnahmen deutlich merkt, dass Jäger und Gejagte sich gerade garantiert nicht in voller Fahrt befinden, sondern auf oder in stehenden Vehikeln hocken, etwas Wind ins Gesicht gepustet bekommen und dabei lustig hin und her wackeln.

Wirklich saubere Stunt-Arbeit lieferte man hingegen bei der (obligatorischen) Kaperung eines Tanklastwagens ab, bei welcher sich Zweite-Geige-Held Bandit so beherzt wie behände um die Karosserie herumschwingt, den Fahrer fliegenden Fußes ins Traumland befördert und den imposanten Herrenbeschleuniger vorschriftsmäßig übernimmt. Indiana Jones lässt grüßen! Hätte die Figur noch so etwas Ähnliches wie Profil mit auf den Weg bekommen, hätte man bei dieser Sequenz vielleicht sogar etwas mitfiebern können, aber in dieser Hinsicht versagt das Drehbuch völlig – wobei der karge Minimalismus, mit dem die Charaktere hier mehr oder minder zum Leben erweckt werden, schon fast wieder zur Ehre gereicht. So verleiht Titelfigur Stryker dem Begriff Einsilbigkeit neue Dimensionen, und man sieht sich regelrecht überrascht, wenn er mal mehr als zwei Sätze am Stück aufsagt. Für seinen Kompagnon Bandit gilt das sogar noch mehr, und es ist wahrlich beeindruckend, auf welch asketische Art und Weise die Männer zu Beginn den Schulterschluss eingehen: Gerade erst kennengelernt, verlangt Bandit von Stryker einen Teil des gemeinsam erbeuteten Wassers. „Wenn's irgendwo Wasser gibt, kenne ich nur mich selbst“, sagt dieser, was 'Nein' bedeutet. Folgend starren sich die beiden lediglich in die Augen und diskutieren die Sache quasi per Blick aus. Schließlich ringt sich Stryker dann doch noch so eine Art Lächeln ab und wirft seinem Gegenüber dessen Anteil zu. Von nun an weicht keiner dem anderen mehr von der Seite, ohne dass es auch nur eines Wortes der Freundschaft benötigte. Eindeutig: Die zwei haben sich niemals gesucht und trotzdem gefunden.

Wahrhaft motiviert wirken die ganzen Gestalten hier natürlich trotzdem nicht. Sie sind streng nach Schema F zusammengebastelte Pappaufsteller, die nicht aus für das Publikum nachvollziehbaren Gründen handeln, sondern weil sie Figuren in einem Endzeitfilm sind, die einfach nur das tun, was das uninspirierte Skript ihnen vorschreibt. Selbst die einzige kleine Charaktertiefe, die man dem Titelhelden hier im Ansatz zugestanden hat, ist nicht mehr als ein notdürftig hinzugefügtes und nicht zu Ende erzähltes Element aus dem Basis-Bausatz für Standard-Storys. Denn natürlich ist der Bösewicht nicht einfach nur abgrundtief verworfen, nein, er hat auch Strykers Ehefrau auf dem Gewissen, wie in einer wurstigen Rückblende halbherzig an den Mann gebracht wird. Wieso, weshalb, warum, das wird dabei trotzdem nicht so richtig klar – und spielt im Grunde auch gar keine Rolle, da Stryker dem Fieswatz am Ende ohnehin das Licht ausgepustet hätte. Die Darsteller sehen dabei alle aus wie Imitatoren bekannterer Darsteller und wurden offenbar nicht nach Talent, sondern nach Aussehen besetzt. Rebellenführer? Wir brauchen einen alten Mann mit weißem Bart. Check! Schurke? Hackfresse mit Glatze und Verstopfungsblick, bitte! Check! Titelheld? Braucht Bart, Rest egal, bekommt eh Lederweste und Cowboyhut. Check!

Das alles hat natürlich den Vorteil, dass man sich aufgrund sattsam vertrauter Figuren- und Handlungs-Schablonen hier – Affinität immer vorausgesetzt! - doch sehr schnell wohl und heimisch fühlt. STRYKER bietet bis zum letzten Sandkorn einfach genau das, was man auch erwartet, und kann daher seine Versprechungen optimal einlösen. Und im Prinzip wird hier schon viel aufgefahren, was guter Unterhaltung zuträglich ist. So residiert der Antagonist in einer Festung, die zwar eher in einen Barbarenfilm gepasst hätte, aber einfach eine coole Location ist. Karge Wüstengegenden sind auch immer eine schöne Spielwiese und bieten viel Platz für PS-lastige Auseinandersetzungen und theatralisch gestorbene Tode. Dazu kommen ein fetter Fuhrpark aus Trucks, Trikes und Muscle-Cars, Panzerfahrzeuge mit schwerem Geschütz, kleinwüchsige Philippinos als mit nervigen Schnattergeräuschen unterlegtes Wüstenvolk (das fatal an die Jawas aus STAR WARS erinnert), und eine Horde attraktiver Amazonen mit Pfeil, Bogen und kriminell knappen Ledershorts (die hässlichen Frauen sind wohl alle im atomaren Feuer umgekommen). Das alles stürzt sich dann erwartungsgemäß ins große Finale; es hagelt Geschosse, Rauchbomben und überschwänglich zelebrierte Überschläge wie bei einer großen Zirkusnummer. Und wie an eine solche sollte man auch an STRYKER herangehen: Ticket lösen, Platz einnehmen und sich 80 Minuten lang anspruchslos berieseln lassen. Wer will, kann im Hintergrund noch ne Drehorgel laufen lassen. Wirkt gleich noch etwas authentischer.

Laufzeit: 84 Min. / Freigabe: ab 18