Frankreich, Italien, Spanien 1966
Regie:
Pino Mercanti
Darsteller:
Lang Jeffries,
José Greci,
Helga Liné,
George Rigaud,
Andrea Scotti,
Philippe Hersent,
Janine Reynaud,
Umberto Raho
„Du bist ein amerikanischer Agent. Für nen echten Russen bist du mir viel zu russisch.“ [Aufgeflogen! „Ivan“ hätte bei Johnny wohl doch keinen Wodka bestellen sollen.]
Nachdem "James Bond" im Jahre 1962 erstmals die Leinwand betreten hatte, war die Welt in sicheren Händen. Bei den ganzen „Geheimagenten“, die in den Folgejahren wie Pilze aus dem Boden sprossen, dürfte es dem globalen Ganoventum nämlich nicht einmal mehr gelungen sein, sich rechtswidrig ein Wurstbrot einzuverleiben. Da es die lernresistente Schurkenschaft dennoch immer wieder darauf anlegte, die Menschheit zu malträtieren, durfte in den 1960ern so ziemlich jedes Herrenmoden-Modell einmal den Connery kopieren und ein bisschen Spion spielen. So auch der 1930 in Kanada geborene Lang Jeffries, der 1966 für die italienisch-französisch-spanische Co-Produktion CIFRATO SPECIALE vor die Kamera trat, um das zu tun, was ein anständiger Abendlandretter eben so tun muss.
Inhalt:
Unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs versenken die Nazis noch flugs zwei Kisten mit geheimnisvollem Inhalt vor der Küste Istanbuls. 20 Jahre später: Die britische Regierung findet in einem alten Bunker eine Video-Aufzeichnung, die beweist, dass der deutschen Landesführung einst ein sensationelles Experiment gelang: die zeitweilige Aufhebung der Schwerkraft. Die Formel zu diesem Bravourstück befindet sich offenbar - neben ein paar Goldbarren - in einer der beiden Kisten, die immer noch auf dem Meeresgrund liegen. Geheimagent Johnny Miller [Lang Jeffries] wird beauftragt, diesen Schatz sicherzustellen, bevor feindliche Mächte es tun. In der Türkei gelingt es ihm, den steinreichen Mr. Hoover [George Rigaud] für die Such- und Bergungsaktion anzuwerben. Schon bald gerät Miller ins Visir mehrerer Partien, die ihm ans Leder wollen. Aber auch Hoover scheint eigentlich eigene Pläne zu verfolgen.
Kritik:
Ein Bein ausgerissen hat man sich gewiss nicht, um diese Posse zu Papier zu bringen. Die absurd anmutende Anti-Gravitations-Formel ist für die Handlung völlig irrelevant, ein gegenstandsloses Gimmick, nur erdacht, damit die Meute auch etwas zum Hinterherjagen hat. Schnell wird es dabei unübersichtlich und vor allem unkonkret: Wer Johnny Millers Gegner eigentlich sind und welches Interesse sie ihrerseits an der Beute haben, kommt an keiner Stelle zur Sprache. Dabei hätten andere Parteien ja im Prinzip auch nicht weniger Anrecht darauf, sich das begehrte Zielobjekt unter den Nagel zu reißen, als der Held der Show. Aber da derlei Spitzfindigkeiten hier keine Rolle spielen, drückt man natürlich automatisch dem hauptrollenden James Bond-Verschnitt die Daumen, der in puncto Status und Persönlichkeit eindeutig zur „guten“ Fraktion gehört.
Während besagter Johnny Miller nicht einen Hauch Ambivalenz innehat, wird kaum ein Zweifel daran gelassen, dass sein angeworbener Kompagnon Hoover (der von Miller übrigens meistens „Huber“ genannt wird, was diesen aber nicht zu stören scheint) alles andere als ein integrer Geschäftsmann ist, sondern vielmehr ein skrupelloser Gangster, der notfalls über Leichen geht (War im Agenten-Genre eigentlich jemals ein Milliardär ganz koscher?). Die Folge ist eine zerbrechliche Zweckgemeinschaft, da zumindest eine Zeit lang keiner das Ziel ohne den anderen erreichen kann: Miller verfügt über relevante Informationen und Geheimdienst-Befugnisse, Hoover besitzt die für die Mission nötigen Moneten, Männer und Maschinen. Doch das Zerwürfnis hängt wie ein Damokles-Schwert über dem behelfsmäßigen Bündnis; hinter der gönnerhaften Freundlichkeit und den flapsigen Bromance-Sprüchen stecken gegenseitiges Belauern und gepflegtes Misstrauen. Hoover, das scheint sicher, wird Miller abservieren, sobald sich die Vorteilsverhältnisse zu seinen Gunsten verschoben haben. Dabei macht er aus seiner Gefährlichkeit keinen Hehl und liefert gleich zu Beginn eine unmissverständliche Botschaft: Als Miller Anstalten macht, sich von der Gegenseite abwerben zu lassen, findet er sich unversehens und gut verschnürt in Hoovers privatem Hobbykeller wieder und wird nach ein paar Stunden Spezialbehandlung fürs Erste wohl nur noch gebückt auf den Gemüsemarkt gehen können.
Aus der Frage, ob und – falls ja – wann Hoovers Unterstützung in Verrat und Vernichtung umkippen wird, bezieht CIFRATO SPECIALE den Großteil seiner Spannung. Der Rest ist gediegene Funterhaltung von der Spionage-Stange: Miller (der im Original eigentlich Curd heißt, aber das klang für Germany wohl nicht cool genug) stolziert strotzend vor Stolz und Selbstvertrauen durch Stadt und Land, während irgendwelche Leute fortwährend versuchen, ihm die Lichter auszupusten. Ob auf offener Straße, im Skilift oder in der Geisterbahn (ja, tatsächlich!): Überall warten bereits dunkle Gestalten mit schwerem Gerät auf ihn. Zum Glück sind die Gauner meist nett genug, selbst aus kurzer Distanz noch daneben zu schießen, ansonsten wäre der Fall nämlich schon recht schnell zu den Akten gewandert. So jedoch zieht sich die Sache ganz schön hin und verkommt zeitweilen zu einer bloßen Aneinanderreihung missglückter Attentatsversuche, was nun nicht gerade der Kreativität letzter Schluss ist.
Für etwas Abwechslung sorgt dabei lediglich die Anwesenheit holder Weiblichkeit, denn natürlich bleibt so ein waschechter Geheimagent nicht lang allein. Dabei bandelt Miller mehr oder minder gleich mit zwei Grazien an, wobei das Kennenlernen mit der ersten, Luanna, gespielt von Helga Liné [→ SARTANA – NOCH WARM UND SCHON SAND DRAUF], schon enorm spezialgelagert daherkommt: Völlig ohne Erklärung, was er dort macht oder wie er dort hin kam, stromert Miller da nämlich den Felsenstrand entlang, bevor er aus unbekannten Gründen von unbekannten Personen aus dem Hinterhalt beschossen wird (natürlich mal wieder nicht besonders zielsicher). Miller springt auf ein bereitstehendes Motorrad samt Beiwagen (Gehört es ihm? Wer weiß … ?), kratzt damit die Kurve, bollert die Straße entlang, bevor nun wiederum auf das Gefährt geschossen wird, das infolgedessen explodierend über eine Klippe fliegt, während Miller abspringt und über den Boden kullert, direkt vor das Automobil von Luanna, die seine Situation mit einem kecken Spruch kommentiert, bevor er – ebenfalls mit launigem Scherz auf den Lippen - in völliger Selbstverständlichkeit auf dem Beifahrersitz platznimmt und sich von ihr in trauter Eintracht und wie mit einer alten Bekannten plaudernd durch die Stadt kutschieren lässt. Diese Sequenz (die gleichzeitig auch der Einführung der Hauptfigur dient) ist so sinnbefreit und ohne jeden Bezug zum Rest, das geht schon fast als Absurdes Theater durch. Dass sich Luanna dann später ausgerechnet als Schwester einer Person entpuppt, mit der es Miller im Laufe seiner Mission ebenfalls zufälligerweise zu tun bekommt, akzeptiert man da auch einfach mal achselzuckend.
Als weitere Zerstreuung gesellt sich José Greci [→ OPIUM CONNECTION] dazu, die als Hoovers Assistentin dem Agenten schöne Augen machen darf, wobei ihre Rolle natürlich bewusst zwielichtig angelegt ist, da sie den Helden womöglich lediglich in die Falle locken will. Interessant ist auch hier ihr erster Auftritt: Da steht sie nämlich nur leicht beschürzt hinter einem Vorhang verborgen, wobei Miller schnell Wind von der heimlichen Beobachterin bekommt. Kein Wunder, denn der obligatorische Saxophon-Schmuse-Sound, der bei Werken wie diesen immer zuverlässig beim Auftritt einer weiblichen Schönheit eingespielt wird, ertönt hier schon, bevor sie überhaupt im Bild ist. Nun wirkt es so, als wüsste Miller lediglich aufgrund der aus heiterem Himmel einsetzenden Kuschel-Musik, dass da eine junge Dame hinter der Gardine steht. Positiv ist anzumerken, dass Frau Greci im weiteren Verlauf alles andere als die übliche hilflose Staffage ist, sondern sich ihrer Haut auch sehr gut ohne männliches Zutun zu erwehren weiß – zumindest legt sie einen bemesserten Schergen doch sehr souverän auf die Bretter.
Davon abgesehen mangelt es wenig überraschend weder an Klischees noch Albernheiten. So erkennt man Schurken in der Regel daran, dass sie Sonnenbrille tragen, im Zweifelsfalle auch Nachts. Bemerkenswert ist es zudem, wie Miller es schafft, durch das Überziehen einer Gummimaske nicht nur seine Gesichtszüge, sondern auch seine Stimme und Statur komplett zu verändern. In erster Linie in Erinnerung bleibt aber seine bemerkenswerte Methode, den ersten Kontakt mit dem eigentlich als unerreichbar geltenden Mr. Hoover herzustellen: Miller läuft einfach durch die Stadt, kauft die teuersten Läden leer und sagt zu den Verkäufern im Anschluss lapidar: „Schicken Sie die Rechnung an Mr. Hoover!“ Das geht so lang gut, bis Hoovers Gorillas bei ihm auftauchen, um ihm den Konsumrausch per körperlicher Ermahnung nachhaltig auszutreiben. Doch selbstverständlich werden die Handlanger entgegen deren eigentlichen Plänen von Miller fachgerecht frikassiert und zwar so lang, bis sie ihn schließlich zu ihrem Boss bringen. Was für ein Plan! Hätte es ne Brieftaube nicht auch getan?
Lang Jeffries [→ PERRY RHODAN – SOS AUS DEM WELTALL] macht bei alledem eine wirklich gute Figur, agiert weltmännisch-souverän und legt sich auch bei den Action-Szenen mächtig ins Zeug. In der deutschen Fassung erhält er durch seinen Synchronsprecher noch zusätzliche Autorität (natürlich mal wieder: Gert Günther Hoffmann, damals quasi die Agentenstimme schlechthin). Zu den Höhepunkten zählt seine hervorragende Interaktion mit dem argentinisch-stämmigen George Rigaud [→ FRISS ODER STIRB], der den zwielichtigen Mr. Hoover fabelhaft verkörpert. Hinter seiner freundlichen Fassade, das spürt man, liegt stets eine unschwellige Bösartigkeit, die sich jeder Zeit von der Leine reißen könnte. Dass Hoover in einer längeren Kostümball-Sequenz zeitweilen mit einer doch recht lächerlichen Dagobert Duck-Maske auftritt, was der Autoritäts-Aura nun wieder ziemlich schadet, war hingegen eine eher weniger gelungene Idee der Macher. Auf Hoovers Figur geht auch der deutsche Titel zurück, nennt man den halbseidenen Anzugträger auf den Straßen Istanbuls eben den Schwarzen Skorpion. Da Skorpione generell die Angewohnheit haben, schwarz zu sein, ist der Name freilich ungefähr so sinnvoll wie Der gelbe Bagger oder Der hetzende Höcke. Aber immerhin gab es ja auch schon einen Superhelden, der es für eine gute Idee hielt, sich Schwarze Fledermaus zu nennen (Nein, nicht Batman, sondern sein weitaus unbekannterer Kollege Black Bat).
Am Ende gehört DER SCHWARZE SKORPION trotz kleinerer Durststrecken und der gängigen Mischung aus Klischees und Kokolores zu den besseren Bond-Reproduktionen, zumal er auch im schicken Gewand daherkommt (Drehgenehmigungen für Türkei, Italien und Spanien wollen schließlich ausgereizt werden). Etwas unglücklich nur, dass ausgerechnet die finalen Unterwasser-Szenen, die vermutlich als Höhepunkt geplant waren, tatsächlich eine echte Anti-Klimax bilden. Per Tauchroboter, Mini-U-Boot oder klassisch via Flosse, Flasche und Schnorchel begibt man sich da in die Tiefe, und auch, wenn die grollende Klangkulisse permanenten Nervenkitzel zu suggerieren versucht, tritt die Spannung hier auf der Stelle, zumal selbst bei den Zweikämpfen im Neoprenanzug gar nicht mehr ersichtlich ist, wer denn hier eigentlich gerade wen vermöbelt. Der Schlussakt bietet dann noch mal einen echten Lacher, wenn der Held lediglich den weiblichen Schurken vor dem Tode rettet, während der Rest ruhig elendig krepieren darf. Amnestie wegen Attraktivität. Dass die beiden danach miteinander anbandeln und händchenhaltend in eine glückliche Zukunft schlendern, als sei zuvor nichts geschehen, versteht sich von selbst.
Am Ende ist dann plötzlich ein Tanzbär im Bild. Warum? Dieses Rätsel könnte nicht einmal Johnny Miller lösen.
Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 16