USA 1986
Regie:
Gideon Amir
Darsteller:
David Carradine,
Mako,
Charles Grant,
Steve James,
Phil Brock,
Daniel Demorest,
Tony Pierce,
Steve Freedman
„Ich kann mir nicht vorstellen, warum sie gerade ihn ausgesucht haben.“
„Erstens ist er der Beste. Und dann hat er ein Prinzip, mit dem er noch nie gebrochen hat.“
„Und welches ist das?“
„Jeder kommt wieder nach Hause.“
[Ein paar Filmminuten später sind dann übrigens alle Beteiligten mausetot. Aber gut … von lebend nach Hause war ja auch nie die Rede ...]
Inhalt:
1973: Das Ende des Vietnamkriegs steht kurz bevor; in wenigen Tagen sollen alle Truppen abgezogen werden. Das Problem: Nordvietnam leugnet die Existenz amerikanischer Kriegsgefangener. Sobald der Waffenstillstand in Kraft tritt, gelten alle bis dahin nicht zurückgekehrten Soldaten als verschollen. Die US-Regierung will das nicht hinnehmen und schickt den couragierten Colonel Cooper [David Carradine] in den Dschungel, um in einem aufmerksamkeitsstarken Husaranstück den geheimen Vietcong-Knast zu stürmen und die Vermissten zu befreien. Doch der Einsatz misslingt: Coopers Einheit wird vollständig ausgelöscht, er selbst gerät in die Gewalt des skrupellosen Aufsehers Vinh [Mako]. Dieser erhält den Befehl, den prominenten Gefangenen zu seiner Hinrichtung nach Hanoi zu bringen. Vinh willigt zum Schein ein, verfolgt jedoch eigene Pläne: Er beabsichtigt, sich heimlich in die USA abzusetzen – mitsamt aller Reichtümer, die er während des Krieges angehäuft hat. Es kommt zu einem ungewöhnlichen Deal: Cooper hilft Vinh bei der Flucht – unter der Bedingung, dass sämtliche Internierten mitkommen dürfen. Der Konvoi, der sich bald darauf in Bewegung setzt, dient daher nur scheinbar der Überführung des Colonels zur Schlachtbank. Tatsächlich soll es ein Trip in die Freiheit werden. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt …
Kritik:
Ja, die Mär von den geleugneten Kriegsgefangenen mal wieder! Tatsächlich hielten sich in den USA nach Ende des Vietnamkriegs hartnäckig Gerüchte, der Gegner halte noch etliche amerikanische Soldaten in geheimen Lagern fest. War ja auch deutlich einfacher als zu akzeptieren, dass diese sinnlose Stellvertreteraktion schlicht unfassbar viele Todesopfer gefordert hatte. Das nach zahlreichen Skandalen entfachte Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung trug ebenfalls nicht gerade dazu bei, die Vorstellung einer Vertuschung zu entkräften. Beweise wurden – oh Wunder! – jedoch nie erbracht. Dafür nährten unzählige reaktionäre Actionfilme fleißig die Verschwörungsfantasie und ließen bis an die Zähne bewaffnete Einzelkämpfer ins ehemalige Kriegsgebiet vordringen, um die verlorenen Jungs doch noch rauszuholen. P.O.W. - DIE VERGELTUNG reiht sich, trotz durchaus vorhandener Story-Variation, recht nahtlos in diese Reihe ein. P.O.V. steht dabei für Prisoner of War (also eben Kriegsgefangener) und Die Vergeltung steht für Die Vergeltung. Wobei der offizielle Originaltitel eigentlich BEHIND ENEMY LINES lautet, hin und wieder auch mal abgelöst von P.O.W. - THE ESCAPE. Aber ganz gleich, unter welchem Banner man sich das Werk letzten Endes zu Gemüte führt, klar ist: Hier muss mal wieder ein Heros her, um hinter feindlichen Linien vermeintlich gefallene Kameraden zurück in die Freiheit zu führen.
Verantwortlich dafür war einmal mehr das berühmt-berüchtigte Cannon-Studio, das mit seinen kostengünstig, aber effizient produzierten patriotischen Gassenhauern in den 1980er-Jahren einige Kassenerfolge einfahren konnte. Die Hauptrolle wäre daher eigentlich wie geschaffen gewesen für den Berufsbärtigen Chuck Norris, einer der großen Stars des Hauses, dem die Kompetenz zur gewaltsamen Kombattantenheimführung schon stets in den markanten Gesichtspullover gestrickt war. Aber vielleicht wollte man nach zwei MISSING IN ACTION-Missionen (die dritte stand bereits in den Startlöchern) auch mal ein anderes Frontschwein von der Leine lassen. So darf sich hier nun David Carradine seine Sporen verdienen, der immer noch vom Erfolg der TV-Serie KUNG FU zehrte und zudem wesentlich sympathischer rüberkommt als sein ehemaliger Leinwandpartner (Norris und Carradine trafen 1983 in MCQUADE – DER WOLF aufeinander). Die Siegestrophäe für das beste Mienenspiel bleibt zwar auch diesmal brav in der Schublade, aber als kerniger Colonel mit Hang zum Zweitkick ist Carradine durchaus zelluloidtauglich. Dass sein Charakter eine Reihe saudummer Entscheidungen trifft und dadurch – entgegen permanenter Dialogbehauptung – keinen allzu qualifizierten Eindruck hinterlässt, ist ja nicht seine Schuld, sondern die der Drehbuchschurken (Ob man’s nun glaubt oder nicht: Ganze fünf Schreiberlinge mussten ran, um dieses erzählerisch doch sehr spartanische Scharmützel zu Papier zu bringen).
Der inhaltliche Hauptunterschied zum Gros der Kinokollegen besteht bei P.O.W. darin, dass die Handlung noch während des Krieges spielt. Die meisten Leinwandhelden durften erst nach Ende desselben ins Feindesland vorrücken, um Verschleppte zu befreien und dem ehemaligen Gegner nachträglich noch ein paar Nasenstüber mit auf den Weg zu geben. Hier jedoch findet die Aktion bereits während der letzten Schlachttage statt, was sich als recht reizvolle Variante entpuppt. Mehr denn je herrscht eine chaotische Weltuntergangsstimmung, in der endgültig auf jedwedes Regelwerk gepfiffen wird und jeder nur noch versucht, seine Schäfchen irgendwie ins Trockene zu bringen. Das gilt durchaus für beide Seiten, wird Colonel Cooper doch – entgegen vorheriger Pläne, die eine verdeckte Operation vorsahen – damit beauftragt, mit seiner Einheit ganz und gar unverdeckt und mit viel Krawall ein geheimes Dschungellager hochzunehmen und dabei zwecks intendierter Weltpresse-Aufmerksamkeit möglichst viel Rummel zu veranstalten. Das führt direkt zum Auftakt zu einem der größten Lacher überhaupt, wenn David Carradine und seine Mannen besagtes Camp stürmen und minutenlang wie die Wilden in der Gegend herumballern – bis ihnen auffällt, dass sie ganz allein auf weiter Flur sind und daher die ganze Zeit auch niemand zurückschießt. Diese Sequenz ist wirklich sagenhaft bescheuert und sagt am Ende mehr über das Genre aus, als ihr vermutlich lieb ist: Stumpfes Rotzen aus allen Rohren geht deutlich vor Sinn und Verstand.
Die Absenz jedweder Gegenwehr entpuppt sich als Hinterhalt, dem allen außer Carradines Cooper zum Opfer fallen. Es folgen ein paar der genreüblichen Fiesitäten, wenn der schurkische Kommandant Vinh die Bühne betritt, verkörpert vom japanischstämmigen Makoto Iwamatsu [→ DIE GROSSE KEILEREI], alias „Mako“, der in den USA zeitweise immer dann zum Einsatz kam, wenn ein asiatisches Gesicht gefragt war. Vinh fügt den überlebenden Colonel den übrigen Kriegsgefangenen hinzu und macht mittels mehrerer Exekutionen direkt deutlich, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen ist. Etwas origineller wird es, als beide Parteien ein durchaus glaubhaftes Zweckbündnis eingehen: Kommandant Vinh weiß, dass das nahende Ende des Krieges ihm nicht nur seine Macht, sondern auch sein illegal beiseitegeschafftes Gold kosten wird. Ein Leben in Amnestie im Land des Feindes erscheint ihm daher als gangbare Alternative. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht er jedoch die Unterstützung Coopers – welcher seine Mitwirkung wiederum an die Bedingung knüpft, dass die Gefangenen sicher nach Hause gelangen. Das markiert den Auftakt einer zumindest im Ansatz abenteuerlichen Reise durch ein zerrüttetes Land, die einiges an Sprengkraft und Nervenkitzel birgt, wenn der Lagerkommandant gezwungen ist, seine eigenen Leute zu täuschen – denn der Vietcong kennt bei Verrätern keine Gnade.
Eine wirkliche Annäherung der beiden Antipoden findet dennoch niemals statt. Dazu setzt P.O.W. dann doch wieder zu sehr auf die altbekannte Gut-Böse-Schablone, die allzu ambivalente Anwandlungen gar nicht erst zulässt. Auch wird diese „Zusammen in einem Boot“-Idee nicht konsequent genug durchgezogen und das Skript verzettelt sich bald wieder in Story-Stereotypen. Ein nettes narratives Nebengleis wird immerhin befahren mit der Episode um den befreiten Soldaten Sparks, verkörpert von Charles Grant [→ DELTA FORCE]. Dieser erliegt nämlich ebenfalls der Gier nach Gold und Glitzer und setzt sich, mit geklauter hochkarätiger Altersvorsorge im Gepäck, vom Rest der Truppe ab, um auf eigene Faust außer Landes zu fliehen. Doch sein Glück, so wird ihm bald bewusst, wird er dabei nicht finden. Gerade noch rechtzeitig entdeckt er sowohl sein Gewissen als auch sein patriotisches Herz und kehrt zurück, um seine Kameraden im Kampf gegen die Unterdrücker zu unterstützen. Damit macht er immerhin mehr Charakterentwicklung durch als Colonel Cooper, der von Anfang bis Ende ein besserwisserischer Betonklotz bleibt und – beseelt von einem wirklich sagenhaften Selbstvertrauen – dauerhaft den Dicken markiert, was durchaus ein wenig vermessen erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass bereits zu Beginn die gesamte ihm unterstellte Kompanie aufgrund seiner zweifelhaften Entscheidungen ins Gras beißen musste. Trotzdem bleibt er sich und seinen Manierismen in unerschütterlicher Manier treu. Ohne Hadern, Zaudern oder gar Gewissensbisse zieht er sein Ding durch, bis er im Finale ins Sternenbanner gehüllt böse Kommunisten über den Haufen ballern darf.
Nein, P.O.W. ist gewiss nicht unumgänglich, bietet aber reichlich Rambazamba in schöner Kulisse, da die Philippinen mal wieder sehr überzeugend die Vegetation Vietnams doublen (wobei sich der Genre-Freund an diesen Look vermutlich schon so sehr gewöhnt hat, dass er ihm von Haus aus einfach „richtig“ vorkommt). Auch wirkt seine reaktionäre Botschaft insgesamt eher verschroben als verärgernd, wie zu Beispiel oft bei den Kollegen Norris & Co der Fall. An Klischees mangelt es freilich trotzdem nicht: Hahnenkämpfe, Hurenhäuser, Stromschnellen, Strohhütten, die explodieren, als bestünden sie aus Nitroglycerin … und natürlich die berühmte Dschungelfalle, jenes mit tödlichen Spitzen gespickte, urplötzlich aus dem Geäst schwingende Holzbrett, das garantiert immer irgendein Unglückseliger volle Kanne in die Goschen bekommt. Zu bedauern ist allerdings abermals die sträfliche Unterbeschäftigung des wie immer extrem coolen Steve James [→ DER EXTERMINATOR], der dem alles dominierenden Colonel Cooper zwar tatkräftig unter die Arme greifen darf, über den Status eines besseren Statisten aber dennoch nur nur geringfügig hinauskommt. Dabei hätte ihm die Hauptrolle vermutlich deutlich besser zu Gesicht gestanden.
Laufzeit: 89 Min. / Freigabe: ab 18

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen