Eigene Forschungen

Sonntag, 19. Mai 2024

TOP SQUAD


BA WONG FA
Hongkong 1988

Regie:
Chin Sing Wai

Darsteller:
Sibelle Hu,
Cynthia Rothrock,
Kara Hui,
Sandra Ng,
Ann Bridgewater,
Regina Kent,
Stanley Fung,
Bill Tung



Inhalt:

Als es der Sicherheitsbeamtin Madam Wu [Sibelle Hu] gelingt, ein Attentat auf einen Staatsgast zu vereiteln, dämmert es Kommissar Tung [Bill Tung], dass eine rein weibliche Elite-Einheit durchaus Vorteile hätte. Also wird Wu beauftragt, eine schlagkräftige Frauentruppe zu rekrutieren. Gut ein Dutzend Frauen qualifiziert sich am Ende für das Trainings-Lager, in dem die eigentliche Ausbildung erst beginnt – unter anderem geleitet von der Nahkampf-Expertin Madam Law [Cynthia Rothrock]. In Konkurrenz steht die Kompanie dabei zur rein männlich besetzten Tiger Squad unter der Leitung des leicht dümmlichen Inspektors Kan [Stanley Fung]. Nach vielen turbulenten Wochen der Keile und Kaspereien muss sich das Kollektiv bewähren, als eine Bande skrupelloser Juwelenräuber zum Coup ansetzt.

Kritik:

TOP SQUAD wird in deutschen Breitengraden gern als heißer Action-Reißer verkauft. Das fängt beim griffigen Titel an, geht weiter mit Werbesprüchen wie „Gnadenloser Drill – bittere Rache!“ (ja, mit Ausrufezeichen) und endet auch nicht bei prominent platzierten Namen wie der von Kampfsport-Ikone Cynthia Rothrock (Trägerin von fünf Schwarzen Gürteln) oder Kung-Fu-Legende Jackie Chan (dem hier stellenweise sogar die Regie zugeschanzt wird). Die Realität hingegen sieht anders aus: Rothrock tritt insgesamt nur wenige Minuten auf, Jackie Chan übernahm lediglich die Produzenten-Funktion, der Drill ist drollig statt gnadenlos und Rachemotive glänzen im Allgemeinen ebenfalls durch Abwesenheit. Der eigentliche englische Titel THE INSPECTOR WEARS SKIRTS macht dann endgültig deutlich, dass das vermeintliche Knallhart-Bonbon in Wahrheit zu einem ganz anderen Genre gehört – nämlich zu dem der in den 1980er Jahren sehr beliebten Cop-Komödie. Die zeitliche Nähe zum amerikanischen Sensationserfolg POLICE ACADEMY [1984] dürfte dabei kein Zufall sein, sind die inhaltlichen Parallelen doch kaum zu übersehen: Eine Schar von Außenseitern im Qualifizierungs-Programm zur Polizei-Einheit, dabei jede Menge Komik und Konflikte und am Ende dann aus heiterem Himmel die Bewährungsprobe, die natürlich mit Bravour gemeistert wird. Als Alleinstellungsmerkmal fungiert dabei in diesem Fall der Umstand, dass das Personal ausschließlich weiblichen Geschlechts ist – damals eine Art Novum. Zwar hatte Krawall-Kino wie ULTRA FORCE [1985] zuvor bereits professionell prügelnde Polizistinnen aufs Publikum losgelassen, aber eine rein aus Frauen bestehende Spezial-Einheit erschien tatsächlich noch als absurd genug, um als Komödien-Stoff zu taugen.

Diese völlig überholte Auffassung lässt TOP SQUAD wie ein Relikt aus grauer Vorzeit wirken. Was zumindest noch durch Vorreiterei in Sachen Gleichberechtigung Punkte hätte sammeln können, wurde in den Autoren-Händen von Cheng Kam-Fu [→ CONTRACT KILLER] und Abe Kwong Man-Wai [→ PRINCE OF THE SUN] jedoch zur strapaziösen Sexismus-Parade. Zwar versteht man sich selbst offenbar sogar als feministisches Manifest, lässt man zu Beginn doch zwei Beamte sich darüber echauffieren, dass Frauen in manchen Kulturkreisen Männern nicht mal die Hand reichen dürfen (die deutsche Synchronisation zauberte noch ein charmantes „Die haben doch nicht alle Höcker auf dem Kamel!“ hinzu). Doch der wuselige Weiber-Haufen, der einem dann nachfolgend präsentiert wird, lässt kaum ein Stammtisch-Klischee aus und besteht aus nervig-naiven Dummchen, die postwendend nach Zusammengruppierung anfangen, über Haut-Hygiene und süße Jungs zu diskutieren. Und da man die Idee einer Damen-Mannschaft wohl als selbsttragend ansah, ruhte man sich auf diesem vermeintlichen Super-Witz quasi bis zum Schluss aus und fügte ihm im Prinzip nichts Nennenswertes mehr hinzu. Die Ausbildung verläuft unspektakulär und nahezu höhepunktsfrei (so viel zum „gnadenlosen Drill“) und auch aus dem Kräftemessen mit der männlichen Konkurrenz-Kompanie wird kaum Spannung herausgeholt. Stattdessen gibt es oberflächliche Konflikte, banale Liebeleien und vorpubertäre Späße, die in ihrer Fasson fatal an die seichten amerikanischen Teenager-Komödchen ab Mitte der 1970er Jahre erinnern, inklusive Rollschuhbahn-Geplänkel, Saufgelagen und alberner Gesangs- und Tanz-Einlagen. Da man es hier aber mit eindeutig erwachsenen Figuren zu tun hat, verführt das unreife Gebaren nicht selten zum genierten Kopfschütteln.

Eine der zahlreichen halbgaren Nebenhandlungen macht die Truppe sogar ungewollt unsympathisch: Als die Ladys herausfinden, dass der Lebensgefährte einer ihrer Kameradinnen ein falsches Spiel treibt, rotten sie sich zusammen und vermöbeln besagten Kerl in einer illegalen Nacht-und-Nebel-Aktion nach Strich und Faden (inklusive Malträtierung mit Baseball-Schläger und glühender Eisenstange). Diese völlig unverhältnismäßige Selbstjustiz-Maßnahme sorgt nicht gerade dafür, einem die Protagonistinnen näherzubringen. Nachdem viel zu lange Zeit viel zu wenig passiert ist, kommt TOP SQUAD auf den letzten Metern dann doch noch in mittlerweile gar nicht mehr für möglich gehaltene Fahrt. Der Einsatz gegen eine Bande von Juwelenräubern sorgt nicht nur für überraschend witzige Humor-Einlagen (herausgehoben sei hier der verzweifelte Versuch, per Morse-Alphabet zu kommunizieren), sondern auch für gelungene Action-Attraktionen, die wohl vor allem deshalb so dynamisch ausfielen, weil sich das Stunt-Team um Jackie Chan dafür verantwortlich zeichnete. Typisch für das damalige Hongkong-Kino, das Gewalteinlagen gern auch mal genreunabhängig unterbrachte, kommt es dabei (wie auch bereits im Auftakt) zu ein paar härteren Momenten, die nach westlichem Verständnis in einem humororientierten Szenario eher fehl am Platze wirken. Nach derlei gutgemachtem Boden irritiert dann allerdings das plötzliche Ende, bei dem man den Eindruck gewinnt, den Machern sei soeben das Film-Material ausgegangen und nun müsse schnell der Abspann her.

So ist TOP SQUAD am Ende dann doch ein eher zweifelhaftes Vergnügen, was vor allem dem extrem einfallslosen Drehbuch geschuldet ist. Zwei attraktive Action-Episoden zu Beginn und zum Finale bilden den Rahmen um ein eher affröses Geschehen im viel zu langen Mittelteil, den die deutsche Sprachfassung zwar bemüht war, aufzupeppen, der aber schlichtweg nicht genügend begeistern kann. Die Darstellerinnen taten sich mit ihrer Teilnahme keinen großen Gefallen, entwickeln nicht die Spur an Charakter und dürfen mit ihrem Gehabe letztendlich lediglich geltende Vorurteile bestätigen. Einzig Sibelle Hu [→ DEADLY CHINA DOLLS] darf sich als Ausbilderin ein bisschen von der Masse abheben (auch, wenn sie viel zu zart und niedlich aussieht, um ihr die behauptete Funktion abzukaufen). Fans der groß angekündigten Kampfkunst-Koryphäe Cynthia Rothrock [→ SHANGHAI POLICE] blicken ein wenig in die Röhre, denn die Dame betritt nur zu Beginn und gegen Ende die Bühne. Stark aufwerten kann das Szenario hingegen die waschechte Type Bill Tung, der hier im Prinzip 1:1 seine launige Vorgesetzten-Rolle aus Jackie Chans POLICE STORY-Reihe wiederholt. Auch Stanley Fung [→ ACTION HUNTER], der zwar eigentlich als Kontrahent agiert, aber ein Auge auf Madame Wu geworfen hat und sich in ihrer Gegenwart herrlich töffelig anstellt („Madame, bitte entschuldigen Sie, dass ich mich hier so einfach hinsetze! Äääh … Wollen wir heiraten?“), kann Gefallen finden.

Laufzeit: 91 Min. / Freigabe: ab 18

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