Eigene Forschungen

Samstag, 21. Dezember 2019

MÄNNER WIE TIGER


TERMINAL ISLAND
USA 1973

Regie:
Stephanie Rothman

Darsteller:
Ena Hartman,
Tom Selleck,
Sean Kenney,
Roger E. Mosley,
Barbara Leigh,
Don Marshall,
Phyllis Davis,
Marta Kristen



„Auf einer Sträflingsinsel ohne Polizei und Gefangenenwärter bringen sich zwei Gruppen lebenslänglich Verurteilter gegenseitig um. Spekulation mit Sex und Sadismus.“

[Danke, Lexikon des internationalen Films!]


Inhalt:

In einer nicht näher bestimmten Zukunft des Jahres 1973 hat die amerikanische Regierung die Todesstrafe endgültig abgeschafft. Schwerverbrecher bleiben nun aber nicht etwa für den Rest ihrer Tage im gemütlichen Café Viereck, sondern werden stattdessen auf einer tropischen Insel vor der kalifornischen Küste ausgesetzt und dort ihrem Schicksal überlassen. Aktueller Neuankömmling auf diesem Terminal Island genannten Zuchteiland ist die resolute Carmen Simms [Ena Hartman], die dort zunächst dem ehemaligen Arzt Dr. Milford [Tom Selleck] begegnet, der sie über die örtlichen Verhältnisse aufklärt: Die Macht hier gehört Bobby [Sean Kenney] und Monk [Roger E. Mosley], zwei gewissenlosen Despoten, welche alle anwesenden Frauen zu Liebesdienerinnen versklavt haben. Zudem müssen die Damen tagtäglich körperliche Schwerstarbeit verrichten und werden auch ansonsten verbal und körperlich misshandelt. Carmen will sich mit dieser Situation nicht zufriedengeben. Tatsächlich gelingt ihr gemeinsam mit Dr. Milford, den anderen Frauen und ein paar Sympathisanten vorübergehend die Flucht. Doch dann fällt die labile Bunny [Barbara Leigh] wieder in die Hände des Feindes, und ein brutaler Kampf um die Vorherrschaft beginnt.

Kritik:

Sex, Gewalt und Schwachsinns-Storys, umgesetzt für ein Budget, für das seriöse Filmemacher sich nicht einmal die Schuhe anziehen würden – das ist der Stoff, aus dem Exploitationfilme sind. TERMINAL ISLAND, 1973 für das schäbige Einsaalkino in Bahnhofsnähe entstanden, bietet all das und darf thematisch und inhaltlich geradezu als Musterbeispiel des effektheischenden Schundfetzens gelten. Sympathischerweise ist sich das Werk seines Status voll und ganz bewusst und macht zeitweise ein unterschwelliges Spiel daraus. So beginnt MÄNNER WIE TIGER, wie die Nummer in Deutschland getauft wurde, in einem TV-Studio, in dem ein paar quotengeile Fernsehmacher gerade beratschlagen, welchen Gewalttäter sie zwecks Zuschauergewinnung als nächstes vor die Kamera zerren sollen. Natürlich dient dieser Einstieg (der inhaltlich später nie wieder eine Rolle spielen wird) auch dazu, über Sinn und Zweck der folgenden Ereignisse aufzuklären, doch die vorgeschobene Kritik an der Sensationslüsternheit der Medien ist durchaus selbstreflexiv. Die Masse verlangt nach Attraktionen und Schauergeschichten, und dieses Verlangen muss eben gestillt werden – da geht es den Redakteuren im Studio nicht anders als den armen Filmschaffenden, die ihr Publikum auf ähnliche Weise ködern müssen, damit am Ende hinlänglich die Kasse klingelt.

Nach diesem zart ironischen Einsteig wechselt der Schauplatz zur titelgebenden Insel, die bis zum Schluss auch nicht mehr verlassen wird und fortan als durchaus attraktive Bühne für allerlei absurde Aktionen dient. Dabei wird schnell klar, dass TERMINAL ISLAND (wie viele Mitbewerber davor und danach) die geschürte Erwartungshaltung nicht so wirklich befriedigen kann. Trotz recht geschmackloser Prämisse bleibt die angekündigte Sex 'n' Crime-Orgie nämlich aus, geht es auf der Sträflingsinsel doch im Großen und Ganzen eher gemütlich, manchmal fast schon regelrecht gesittet zu. Gut, einmal kommt es zu einer kleinen Rangelei bei der Essensausgabe (bei der ansonsten aber auch brav angestanden wird wie sonst nur in der Grundschulkantine), die mit Messer im Bauch endet, aber ansonsten lebt man meist unbekümmert in den Tag hinein. Wenn man bedenkt, dass man es hier, wie einem der Anfang ja weismachen will, mit dem übelsten Abschaum der Gesellschaft zu haben soll, mit Männern und Frauen, die ihr Leben aufgrund ihrer Taten eigentlich bereits verwirkt haben, dann ist derlei sorgloser Schlendrian nicht unbedingt das, was man erwartet hätte. Besonders bei der weiblichen Belegschaft fragt man sich, ob die arglosen Damen jemals schon mal etwas Schlimmeres angestellt haben als ne Minute zu lang im Halteverbot zu stehen.

Die eigentliche Brisanz TERMINAL ISLANDs besteht dann auch in der Ausbeutung weiblicher Körper. Da auf der Insel akuter Frauenmangel herrscht, werden die Frauen von oberster Stelle den Männern zugeteilt, um deren regelmäßige Triebabfuhr zu gewährleisten. An dieser Stelle allerdings versagt das (übrigens von einer Frau inszenierte) Licht- und Lustspiel überwiegend. Natürlich nahm man das Thema zum Anlass, hin und wieder etwas nackte Haut unterzubringen, aber weder wird es genügend voyeuristisch ausgeschlachtet, noch nutzte man die Gelegenheit zur Gesellschaftskritik, obwohl durchaus Ansätze vorhanden sind: Als die neue Gefangene Carmen Simms (so etwas wie die Hauptperson in diesem Stück) auf der Insel landet und sich den Verhältnissen nicht ohne Weiteres anpassen will, wird sie zunächst ausgerechnet von den restlichen Frauen dafür verachtet und sogar bedroht. Das Aufreißen einer etablierten Struktur erweist sich oft als unmöglich, wenn sich diese als Selbstverständlichkeit in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat. Selbst Opfer ungerechter Systeme bleiben dann lieber bei bekannten Verhältnissen und nehmen Einmischung und Veränderung als Bedrohung wahr. Das ist einer der Gründe, warum die Sklaverei so lange Zeit möglich war oder manche Menschen sich immer wieder zurück in die Arme ihres gewalttätigen Lebenspartners begeben, obwohl sie es nicht müssten.

Aus diesem interessanten psychologischen und gesellschaftlichen Phänomen wird hier aber rein gar nichts gemacht. Denn obwohl das schwache Geschlecht hier Liebesdienste leisten muss, tagsüber zwecks Feldarbeit vor den Pflug gespannt wird und ab und zu auch mal ganz gemein Wasser ins Gesicht gespritzt bekommt, bleibt ein tatsächliches Trauma aus, und die Damen wirken am Ende des Tages auch nicht gestresster als die Karin von der Bäckerei. Ihre letztendliche Flucht aus dem Lager bleibt daher inhaltlich auch völlig unmotiviert und karikiert sich am Ende vor allem dadurch selbst, dass sie sich einer neuen Truppe anschließen, die im Grunde genau das gleiche mit ihnen macht – wenn auch auf freiwilliger Basis. Was folgt, ist im Wesentlichen ein Gerangel darum, welcher Partei denn nun eigentlich die Frauen gehören, was als vermeintlich großer Befreiungskampf in Szene gesetzt wird. Die anfänglich eingeführte Quasi-Hauptrolle der Carmen Simms wird dabei vom Drehbuch auf halber Strecke beinahe vergessen, bevor sie am Ende dann doch wieder aus dem Hut gezaubert wird. Das Finale ist ganz hübsch gemacht, mit viel Feuer, Krawall und toten Körpern – wobei letztere deutlich weniger wären, würde nicht ein Charakter nach dem anderen bereitwillig vor des Feindes Flinten laufen. Auffällig ist dabei, dass TERMINAL ISLAND trotz allem eine doch sehr feministische Botschaft an den Mann (haha!) bringt, denn die weiblichen Figuren sind den männlichen am Ende betreffend Herz, Hirn und Heldentum doch deutlich überlegen.

MÄNNER WIE TIGER verschenkt durchaus Potenzial, gefällt auf anspruchslose Weise jedoch als Sparstrumpf-Version späterer Großproduktionen wie FLUCHT AUS ABSOLOM. Seine schönsten Momente sind freilich die, in denen er dezent sein eigenes Genre persifliert: Wenn die Neuankömmlinge nach Anlieferung per Motorboot erst noch in akribischer Bürokratie die Kopie ihres Einlieferungsbescheides unterschreiben müssen, was die Absurdität der ganzen Prämisse noch mal zusätzlich in die Höhe treibt, dann wird der auf niedere Instinkte abzielende Marktschreier fast zum doppelbödigen Metafilm. Bedauerlich, dass man es offenbar verschwitzte, ironische Kommentare auch darauf unterzubringen, dass die Frauen hier selbst nach tagelanger Flucht durch Dschungel und Gestein immer noch aussehen wie frisch aus dem Ei gepellt. Und dass auf dieser Insel genügend Klamotten zum Wechseln vorhanden sind, darf auch bezweifelt werden. Riechen möchte man an den Protagonisten jedenfalls nicht.

Laufzeit: 88 Min. / Freigabe: ab 18

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