Eigene Forschungen

Freitag, 14. Februar 2020

DER TODESDIAMANT


BATTLE FOR THE TREASURE
Hongkong 1987

Regie:
Godfrey Ho

Darsteller:
Joey Ryan,
Randy Donner,
Bert Brooks,
Stephene Mitchell,
Norman Linn,
David Chiang,
Norman Tsui Siu-Keung,
Sorapong Chatree



„Es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Und das ist die meine.“
[Kane klopft coole Sprüche in blöder Übersetzung.]


Inhalt:

Irgendwo in Kambodscha, in einer Höhle verborgen, liegt der teuerste Diamant der Welt. Für die Dynastie der Khmer ist dessen Wert allerdings in erster Linie ideeller Natur: Der Stein gilt als sagenumwobenes Symbol der Macht. Als im Land der Krieg ausbricht und der Sieg der Vietkong bereits sicher scheint, nehmen ein paar Söldner den kostbaren Klunker an sich, um ihn nach Paris zu schaffen und dort Prinzessin Yung zu überreichen. Aber die Gruppe wird aufgerieben. Drei der Männer sterben im Gefecht, einer fällt in die Hände des Feindes. Nur einem gelingt die Flucht. Dieser engagiert den knallharten Elite-Soldaten Kane, um den Gefangenen zu befreien – nicht zuletzt auch deswegen, weil dieser nun der Einzige ist, der um den Verbleib des Diamanten weiß. Zwecks Auftragserfüllung holt Kane noch drei alte Kameraden ins Boot: Max, Philip und May. Doch die erste Lagebesprechung mit der Prinzessin gerät zum Desaster: Die junge Thronerbin wird nach verlustreichem Feuergefecht vom Feind verschleppt. Eine wilde Verfolgungsjagd zu Lande, zu Wasser und in der Luft beginnt.

Kritik:

Der chinesische Regisseur Godfrey Ho erwarb sich bei Videofreunden ab Mitte der 1980er Jahren einen Ruf wie Donnerhall. Seine Filme, deren Titel überwiegend mit dem gewinnträchtigen Wort Ninja geschmückt waren, bestanden nämlich zum Großteil aus günstig aufgekaufter Ausschussware, die umgeschnitten, verfälschend synchronisiert und mit eilig heruntergekurbelten neuen Szenen angereichert wurde. Da das nachgedrehte Material meist von billigster Machart war und sich mit dem ursprünglichen in der Regel so gar nicht vertrug, gelten fast alle Erzeugnisse, auf denen der Name Ho steht, als Musterbeispiele filmischen Sondermülls. Auch auf DER TODESDIAMANT steht Ho, und auch in DER TODESDIAMANT ist Ho drin. Sprich: Manche der Bilder entstanden eigentlich für eine andere Produktion. Und dennoch ist dieses Mal alles ein wenig anders. Zum einen glänzen des Regisseurs liebste Steckenpferde, die Ninjas nämlich, hier durch Abwesenheit. Und zum anderen wurden in diesem Falle die bereits vorhandenen Szenen in die neu gedrehten eingefügt und nicht umgekehrt. Heißt: Die Sause besteht überwiegend aus tatsächlich auch eigens dafür hergestellten Aufnahmen. Und siehe da: Schon funktioniert das Ding einigermaßen. Natürlich nicht in der Form, dass das Endprodukt entfesselte Begeisterungsstürme auslösen könnte. Aber immerhin doch gut genug, um nicht mit permanentem Was zum Geier?-Gesicht in der Vorstellung hocken zu müssen.

Der gemeine Bildungsbürger wendet sich natürlich dennoch demonstrativ ab, wenn bereits nach wenigen Minuten die ersten Statisten fallen wie die Fliegen und der historische Hintergrund des kambodschanischen Bürgerkrieges völlig unreflektiert als ausladende Spielwiese für eine Extraportion saftigen Rambazambas herhalten muss. Der titelgebende Todesdiamant ist dabei ein geradezu klassischer MacGuffin – ein Gegenstand also, der für die Handlung eigentlich ohne Belang ist, die Ereignisse aber dennoch ins Rollen bringt. Die Erklärung, warum der von allen Seiten heißbegehrte Stein so ungemein wertvoll ist, wirkt dabei mehr als nur fadenscheinig herbeigesponnen, reicht aber doch vollkommen aus, um die verschiedenen Parteien zwecks zünftiger Achterbahn aufeinanderzuhetzen. Das geschieht dann auch in einem derartigen Affenzahn, dass man selbst, wenn man es denn wollte, gar nicht dazu käme, sich über die skandalöse Substanzlosigkeit der wirren Genre-Suppe zu beklagen. Wie die Perlen an der Schnur reiht sich hier eine Action-Sequenz an die andere; ohne Atempause hechten die Protagonisten von A nach B, um sich dort heftigst die Hucke vollzuhauen, und wird ein Schauplatz verlassen, dann nur, um am nächsten gleich ein neues Fass aufzumachen. Für Fans von Krawall und Kinetik gleicht der Inhalt einer wahren Wundertüte, ist hier doch wirklich alles dabei, was irgendwie Freude macht: Granatwerfer lassen Hütten explodieren, motorisierte Drachengleiter verfolgen Eisenbahnen, Hubschrauber bekriegen Ross und Reiter, Männer fliegen mit waffenstarrenden Jetpacks durch die Luft und ballern Widersacher vom Himmel als sei das ganz selbstverständlich. Härtegrad und Leichenanzahl sind dabei durchaus beachtlich: Harpunen perforieren Brustkörbe, es hagelt Unmengen an Kugeln, Kung-Fu-Tritten und Schwerthieben – und wenn alle Stricke reißen, greift das hochwohlgeborene Fräulein Prinzessin auch schon mal höchstpersönlich zur Bleischleuder, um gegnerische Leiber von Amts wegen zu löchern.

Mag das alles auch anständig die Laune heben, heißt das natürlich trotzdem nicht, dass aus Godfrey Ho über Nacht plötzlich ein guter Regisseur geworden ist. Seine Inszenierung gibt sich plump und lieblos wie eh und je und ist vor allem – und das ist eigentlich das Schlimmste – nicht einen Deut an den Figuren interessiert. Grob umrissen ist eine Bezeichnung, die in der Kritik oft verwendet wird, wenn Charaktere nur notdürftig skizziert werden. Grob umrissen wäre allerdings noch geprahlt für die Gleichgültigkeit, mit der Ho seine Darsteller hier vor die Kamera scheuchte. Die Protagonisten von DER TODESDIAMANT sind nicht grob umrissen, sie sind einfach nur da. Wenn man nebenbei zumindest ihre Namen mitbekommt, darf man sich direkt glücklich schätzen. Das geht so weit, dass nach dem flott herbeizitierten Flammentod des Schurkenchefs plötzlich einfach alles vorbei ist. Fall, Knall, Feuerball. Und dann ... Ende Gelände! Kein Nachklapp mehr, keine klärenden Worte, keine kurzen letzten Blicke. Wenn man dann noch bedenkt, dass Ho die zahlreichen Actionszenen gewiss nicht selbst zu verantworten hat (manche Quellen sprechen vom thailändischen Choreographen Phanna Rithikrai als Urheber), sondern lediglich die wenigen kläglichen Dialogfetzen dazwischen, dann ist das mal wieder ein wahrhaft amtliches Armutszeugnis für seine Kompetenz als Spielleiter. Neben jeglichen Ausbleibens einer zumindest zweckdienlichen Personenzeichnung vergrätzt zusätzlich die bemerkenswerte Konsequenz, mit der das Publikum hier für dumm gehalten wird. Immer wieder werden die nun wirklich nicht sonderlich komplizierten Sachverhalte haarklein erläutert, immer wieder müssen sich die Leute hier gegenseitig erzählen, dass der zu jagende Diamant ein wichtiges Machtsymbol ist, immer wieder erinnert man sich gegenseitig daran, dass die Prinzessin in Feindeshand ist und gerettet werden muss. Die  deutsche Synchronfassung nervt parallel dazu auffallend oft mit falschen Betonungen, die die Figuren mehrmals aneinander vorbeireden lassen. Offenbar gab man sich bei der Vertonung der ohnehin armseligen Dialoge nicht sonderlich mehr Mühe als Godfrey Ho bei deren Ersterstellung.

DER TODESDIAMANT verquirrlt publikumswirksame Elemente der Abenteuer-, Action- und Söldner-Kategorie zu einer grellbunten Melange, die am Ende weniger als kohärenter Kinofilm funktioniert, als viel mehr als Showreel für eine Bewerbung im Bereich Stunt-Choreographie und Pyrotechnik. In den besten Momenten erinnert das immerhin entfernt an zeitnah entstandene Jackie-Chan-Klassiker wie DER SUPERFIGHTER oder die ähnlich hemmungslose Wir machen das jetzt einfach mal-Attitüde der MAD MISSION-Reihe – wobei derlei Vergleich fast schon ein wenig zu viel der Ehre ist, denn deren Niveau wird bei weitem nicht erreicht. Zumindest merkt man dem Ergebnis die zu Grunde liegende Resteverwertung nicht an, und anspruchslosen Action-Affinen wird anständig der Abend versüßt.

Laufzeit: 86 Min. / Freigabe: ungeprüft

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen