USA, Philippinen 1971
Regie:
Eddie Romero
Darsteller:
John Ashley,
Celeste Yarnall,
Eddie Garcia,
Liza Belmonte,
Alfonso Carvajal,
Bruno Punzalan,
Angel Buenaventura,
Beverly Miller
Wer im Deutschland der 1970er Jahre das Lichtspielhaus aufsuchte, um seinen Feierabend mit DRAKAPA, DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND zu verbringen, der hat sich während der Sichtung vielleicht gewundert, dass inhaltlich kaum etwas Sinn ergibt. Einerseits lag das natürlich daran, dass hier inhaltlich tatsächlich kaum etwas Sinn ergibt. Andererseits – und das dürfte eher weniger bekannt gewesen sein – hatte man es aber auch mit einer Fortsetzung zu tun, deren Vorgänger auf bundesdeutschen Leinwänden gar nicht zu sehen war. Zahlreiche Zusammenhänge konnten sich einem daher gar nicht oder nur teilweise erschließen. Über die Gründe des Verleihers, den ersten Teil auszusparen, kann man nur spekulieren. Vielleicht wollte oder konnte man nur für ein einziges Blutspektakel Lizenzen zahlen und hielt BEAST OF BLOOD, wie die drollige Monster-Horror-Abenteuer-Mixtur eigentlich heißt, schlichtweg für vorzeigbarer.
Das dereinst unterschlagene Schauerstück trägt den sehr diskreten Titel MAD DOCTOR OF BLOOD ISLAND – auf gut Deutsch also so viel wie: Der Kloppi-Dok von Helgoland - und handelt vom Pathologen Bill Foster, der auf eine Südsee-Insel reist, um Nachforschungen über eine seltsame Krankheit anzustellen. Vor Ort trifft er auf den sinistren Dr. Lorca, der in Amtsformularen bei „Beruf“ mit Sicherheit „verrückter Wissenschaftler“ einträgt. Aus Gründen, die man wohl nur versteht, wenn man selbst nen Doktortitel hat, verbringt Lorca den Großteil seiner Freizeit damit, Einheimische in blutrünstige Mensch-Pflanz-Mutanten zu verwandeln, die dann – wer will es ihnen verübeln? – bevorzugt barbusige Schönheiten vernaschen. Im Wortsinne, versteht sich.
Hüpfende Möpse, fliegende Körperteile, grüne Blutsuppe – für manch Connaisseur schamlosen Tandwerks klingt das gewiss nach einer anständigen Kirmes. Aber im Endeffekt regiert Ernüchterung: Die Schauwerte machen gut fünf Minuten aus und der Rest ist so öde, da bleiben sogar die Cocktails ungerührt. Final kehrt Foster, zusammen mit seiner neuen Flamme, ihrem Vater und einem weiteren Typen, von dem man schon während des Films vergessen hat, wer das eigentlich ist, zurück aufs Schiff, um die Blutinsel für immer zu verlassen. Doch wie das im Horror-Genre halt so ist: Eine der Schreckgestalten hat überlebt, befindet sich an Bord und streckt unheilvoll ihre Hand unter der Abdeckplane eines Rettungsboots hervor. ENDE!
Beziehungsweise Anfang, denn genau da geht BEAST OF BLOOD los: Das Monster schlüpft aus seinem Versteck und richtet an Deck zu fröhlicher Beat-Musik ein Massaker an. Dabei fängt das Schiff Feuer und versinkt in den Tiefen der See. Nur Foster kann sich retten. Dieser Auftakt ist zwar effektiv, aber die Fragezeichen über den Köpfen des (deutschen) Betrachters dürften gigantisch gewesen sein. Eine sinnvolle Erklärung, warum sich Foster nach diesem Ereignis abermals auf das unheilvolle Eiland begibt, bleibt man im Übrigen ebenfalls schuldig. Aber vermutlich sollte man solche Fragen gar nicht stellen. Teile der Antwort könnten das Publikum verunsichern.
Inhalt:
Dr. Foster [John Ashley] befindet sich (mal wieder) auf einem Schiff Richtung 'Blutinsel' im Südpazifik. An Bord ist auch die kesse Reporterin Myra Russell [Celeste Yarnall], die Fosters vorherige Erlebnisse unbedingt zu einer Story verarbeiten möchte und ihm daher nicht mehr von der Seite weicht. Als sie das Festland erreichen, erfährt Foster, dass immer noch regelmäßig Einheimische verschwinden. Er vermutet seinen alten Rivalen Dr. Lorca [Eddie Romero] dahinter. Dieser gilt zwar als tot, ist allerdings tatsächlich noch am Leben, haust in einem geheimen Labor und entführt immer wieder Menschen, um den passenden Körper zum Kopf seiner Kreatur ‚Drakapa‘ zu finden.
Kritik:
Letzte Zweifel können an dieser Stelle ausgeräumt werden: BEAST OF BLOOD ist billiges Bahnhofs- und Autokinomaterial, wie es im Buche steht, eine auf Zelluloid gegossene Jahrmarktsattraktion, die Sensationen verspricht und Kehricht kredenzt. Was im Erscheinungsjahr womöglich noch die eine oder andere sensible Seele erschreckt hat, macht mittlerweile kein Schulkind mehr nervös. Dabei lieferte Autor und Regisseur Eddie Romero [→ FRAUEN IN KETTEN] in gewisser Hinsicht sogar eine Art Blaupause für spätere italienische Matschfeste wie ZOMBIES UNTER KANNIBALEN (1979), deren Zutaten hier bereits vorhanden sind: ein durchgeknallter Eierkopf, der auf einer augenscheinlich idyllischen Insel grausame Experimente durchführt, eine rätselhafte Seuche, welche die Menschen dahinrafft, verängstigte Inselbewohner, die zu Versuchskaninchen werden, und natürlich ein ebenso wackerer wie wenig aufregender Held, der den Tag retten muss.
Bei BEAST OF BLOOD allerdings haben Blutlüstlinge das Nachsehen, denn mehr noch als MAD DOCTOR OF BLOOD ISLAND ist der Nachfolger tatsächlich eher Abenteuer- als Horrorfilm, der bis auf ein paar kurze härtere Nummern (wie das berühmte Aufgespießtwerden auf Holzpflöcke am Höhlenboden oder eine an Schweinefleisch durchgeführte OP) auch gefahrlos im Nachmittagsprogramm laufen könnte. So stolpern die Hauptfiguren mal mehr, mal weniger motiviert durch dichte Dschungellandschaften und erleben so allerhand Episödchen, die sich in der Regel recht hurtig auch schon wieder in Wohlgefallen auflösen. Wahnsinnig aufregend ist das sicherlich nicht. Aber doch irgendwie ganz nett: Schlingpflanzen, Treibsand, Todesfallen – das komplette Marlboro-Country-Programm für einen angenehmen Feierabend. Dass in erster Linie alles dazu dient, die hauchdünne Handlung auf Gedeih und Verderb in die Länge zu ziehen, ist in seiner Offensichtlichkeit beinahe rührend.
Deutlich zu kurz kommt dabei allerdings die titelgebende Kreatur, die auch gar nicht so richtig brutal sein darf. Das ist freilich den Umständen geschuldet, existiert das Monster nach dem einleitenden Massaker doch nur noch als Kopf, der aufgespießt in Dr. Lorcas Labor dahinvegetiert und missmutig mit den Augen rollt. Es hat schon etwas Komisches, wenn der Doktor seine Schöpfung permanent zutextet und sich dabei mehrmals beklagt, dass sie nicht ein einziges Wort mit ihm wechseln möchte. Worüber will er denn mit der ollen Monsterrübe überhaupt sprechen? Übers Wetter? Schlechte Manieren kann man dem wahnsinnigen Weißkittel jedenfalls nicht vorwerfen, immerhin siezt er das Ding sogar ganz höflich - schon erstaunlich, wie viel Respekt man so einem zermatschten Schädel entgegenbringen kann. Als Draki dann am Ende tatsächlich zu sprechen anfängt, klingt er zu allem Überfluss auch noch, als wäre er von Roberto Blanco vertont worden.
"Jääääätzt wääärrrden wirrr uns untäärrrhalten, Lorrrcaaa!"
Das Finale bäumt sich dann noch mal richtig auf und gibt artig Zunder. Das liegt zwar nicht an Drakapa (dessen Amoklauf dauert hochgerechnet gerade einmal zwei Minuten), aber dafür wird fleißig mit Feuerwaffen, Dynamit sowie Pfeil und Bogen hantiert, was für ein anständiges Rambazamba sorgt.
Überraschend ist das engagierte Spiel der Darsteller. Vor allem John Ashley [→ SAVAGE SISTERS] gibt sich in seiner Hauptrolle tapfer seriös, ganz so, als wäre das alles kein bisschen bescheuert. Und obwohl auch hier einmal kurz ein Paar Hupen gelüftet wird, sind die weiblichen Inselbewohner erstaunlich emanzipiert bei der Sache: Als Myra nach Ankunft die erstbeste Insulanerin ablichten will, schlägt diese die Kamera zur Seite und meint harsch: "Wenn ich ein Foto haben will, sag’ ich Bescheid!"
So ist BEAST OF BLOOD am Ende gemütliche Unterhaltung, die einmal mehr von ihrem exotischen Inselflair profitiert. Das versprochene Nervenzerren bleibt aus, sodass auch sensiblere Gemüter keine schlaflose Nacht erleben werden. Warum der Untertitel Das Monster mit der Krallenhand lautet, ist allerdings ein Rätsel – die Greifer sind eigentlich noch mit das Normalste an der Kreatur. Aber Das Monster mit der Matschbirne hätte vermutlich deutlich weniger Publikum angezogen.
Laufzeit: 87 Min. / Freigabe: ungeprüft
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