Eigene Forschungen

Sonntag, 25. August 2024

COLD WAR II


HON  ZIN II
China 2016

Regie:
Luk Kim-Ching,
Leung Lok-Man

Darsteller:
Aaron Kwok,
Leung Ka-Fai,
Chow Yun-Fat,
Janice Man,
Eddie Peng,
Aarif Lee,
Waise Lee



Beim Hongkong-Kino bedeutet das Vorliegen eines „2. Teils“ nicht zwangsläufig, es tatsächlich mit einer Fortsetzung zu tun zu haben. Denn wenn Cast und Crew sich nach einem Erfolg wieder vereinen, dann häufig nur deswegen, um eine thematisch ähnliche, oft auch im gleichen Milieu spielende, aber nichtsdestotrotz völlig neue Geschichte mit neuen Figuren zu erzählen. So geschehen z. B. bei der SPL-, SHOCK WAVE- oder OVERHEARD-Reihe: Autoren, Regisseure und Darsteller überwiegend identisch, die einzelnen Beiträge aber inhaltlich autark. Da darf man es fast schon als kleine Überraschung werten, dass der vorliegende COLD WAR II wirklich eine waschechte Weitererzählung darstellt und haargenau dort ansetzt, wo beim Kassenschlager COLD WAR vier Jahre zuvor der Abspann ins Bild kam.

Inhalt:

Der Drahtzieher der Entführungsaktion, welche einst die Operation Cold War initiierte, sitzt zwar hinter Gittern, aber sein Einfluss ist ungebrochen. So gelingt es ihm, die Frau von Einsatzleiter Sean Lau [Aaron Kwok] gefangennehmen zu lassen und einen Austausch zu erzwingen. Obwohl alle möglichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, wird die Aktion, dank Bombenterror und Massenpanik im U-Bahn-Schacht, zum Desaster. Während sich Lau für diese Sache vor einem Komitee verantworten muss, wittert sein Konkurrent Lee [Leung Kar-Fai] die Möglichkeit, dessen Posten als Police Commissioner zurückzuerobern. Aus diesem Grunde liebäugelt er auch mit dem verlockenden Angebot eines gewissen Peter Choi [Chang Kuo-Chu], seines Zeichens ehemaliger Polizeipräsident, der mit seinen Leuten den gesamten Sicherheitsapparat zu unterwandern gedenkt. Wind von dieser Verschwörung bekommt allerdings der ehemalige Richter Oswald Kan [Chow Yun-Fat], ausgerechnet Mitglied im Untersuchungsausschuss zum Fall Lau, woraufhin er die junge Anwältin Isabel Au [Janice Man] engagiert, um Beweismaterial zu sammeln. Aber auch Lau selbst ist nicht untätig und sichert sich die Unterstützung seines ehemaligen Rivalen Billy Cheung [Aarif Lee] aus der Antikorruptionsbehörde, der nun ebenfalls eigenständig Ermittlungen anstellt, um Laus Ruf wieder reinzuwaschen.

Kritik:

Fast schon übertrieben viel Personal also, das sich hier gegenseitig belauert und beharkt, als ob’s kein Morgen gäbe. Allianzen werden geschlossen, Bündnisse geschmiedet und Intrigen initiiert, aber involvieren kann das alles kaum. Dabei haut der Vorspann noch so richtig auf die Kacke, wenn in einer aufwändig gestalteten Animation lauter in Eisblöcke eingeschlossene Figuren sich aus ihren glitzernden Gefängnissen heraussprengen, um sich im Anschluss gegenseitig per Schusswaffe zu malträtieren. In Kombination mit der bombastischen akustischen Untermalung wird klargemacht: Was jetzt folgt, wird nicht mehr und nicht weniger sein als die absolute Sensation. Ziemlich schnell jedoch schält sich heraus, dass dieses Versprechen nicht eingehalten wird. Dabei ist es vor allem eben jene so anschaulich skizzierte Kälte, die nachfolgend zum Problem wird, wirken die zahlreichen Charaktere doch viel zu eisig, als dass man sich empathisch mit ihnen verbinden könnte.

COLD WAR II schert sich keinen Deut um Figurenzeichnung und Persönlichkeitsentwicklung und präsentiert Prota- wie Antagonisten als unnahbare Pappkameraden, die fast schon bemitleidenswert freudlos operieren. Die sich daraus entwickelnde Handlung ist eher minimalistisch und ähnlich reservierter Natur. Nach Etablierung der Prämisse dominiert ein Konglomerat aus angeregten Diskussionen, angestrengten Grübeleien und konzentriertem Mienenspiel, das viel zu selten von alternativem Geschehen unterbrochen wird. Als Abwechslung fungiert allenfalls ein mittiges Geschwindigkeits- und Geschossaustausch-Intermezzo im Autobahntunnel, welches die Gesetze der Physik geringfügig neu arrangiert. Zum Finale dürfen zwar abermals ein paar Kugeln durch die Gegend und zudem ein paar Container in die Luft fliegen, aber zum Action-Spektakel langt das beileibe nicht. Das muss es freilich auch nicht, wäre aber zur Kompensierung der spröden Dramaturgie durchaus von Reiz gewesen.

Denn was Teil 1 zu viel hat, hat Teil 2 zu wenig: Setzte man dort noch auf eine heillos übertriebene Spannungsdramaturgie, bei der gefühlt jeder zweite Satz mit einem pompösen Paukenschlag bedacht wurde, war man hier offenbar der Ansicht, die dargebotenen Ereignisse und Erkenntnisse gerieten bereits von Haus aus fesselnd genug und ließ das Publikum damit ziemlich allein. Gab es beim Vorgänger mit dem Kompetenzwettstreit zwischen Lau und Lee noch einen zentralen Konflikt, der sich auf zwei wesentliche Personen beschränkte, existiert in diesem Falle eine ganze Wagenladung an Parteien und Interessen, was final die eigene Interesselosigkeit zur Folge hat. Zwischenzeitlich hat es dabei den Anschein, COLD WAR II mausere sich zu einer Art Gerichts-Drama, wenn sich „Krawatten-Cop“ Sean Lau (wie im Vorgänger verkörpert von Aaron Kwok) vor einem Untersuchungsausschuss für seine Entscheidungen rechtfertigen und um seine Karriere bangen muss. Das hätte immerhin eine klare Linie reingebracht. Aber viel zu wenig kümmert sich das Skript um diese Sache; die entsprechenden Sequenzen sind viel zu kurz, um Spannung aufzubauen. Und auch die Verschwörungskiste, die im Hintergrund läuft, verzichtet beinahe auf jedweden Nervenkitzel: Da das Publikum schon längst weiß, was die Protagonisten erst in mühevoller Kleinarbeit ermitteln müssen, gestalten sich die Enthüllungen nur wenig aufregend und völlig überraschungsfrei.

Die einzige Überraschung, die COLD WAR II in gewissem Maße zu bieten hat, ist der Umstand, dass er in seiner Botschaft doch erstaunlich subversiv geriet. Immerhin wird hier die Möglichkeit in den Raum gestellt, es könnte einer dunklen Macht tatsächlich gelingen, die Polizei Hongkongs zu unterwandern. Klar, es klappt am Ende nicht. Aber nur deswegen, weil eine Handvoll Leute zur richtigen Zeit den richtigen Riecher hatte und keine Scheu davor, das Richtige zu tun. Und auch, dass die unrühmlichen Ereignisse am Ende ohne jede Not vertuscht werden, um einem Misstrauen der Bevölkerung entgegenzuwirken, ist ein Zugeständnis, das man bei der unter ständiger Regierungskontrolle stehenden Film-Industrie Hongkongs kaum erwartet hätte.

Auf darstellerischer Ebene gibt es kaum etwas zu mosern – wobei man zumindest anmerken muss, dass speziell Aaron Kwok [→ MONK COMES DOWN THE MOUNTAIN] mittlerweile eher für Belustigung sorgt, wirkt er doch in jeder Szene, als gelte es, den Oscar in der Kategorie „Versteinertes Starren“ abzustauben. Während Leung Kar-Fai [ HARD GAMEdieses Mal deutlich weniger zu tun hat als im Vorgänger und sogar fast zur Nebenfigur verkommt, fallen als neue Namen auf der Besetzungsliste zwei Ikonen des Hongkong-Kinos ins Auge: Hinzugekommen ist einerseits Chow Yun-Fat [DER FLUCH DER GOLDENEN BLUME], der sich seine Brötchen nach seiner Karriere als Komiker, TV-Star und Actionheld schließlich mit kleinen größeren Nebenrollen wie diesen hier verdiente. Als ehemaliger Richter mit feinem Näschen für Lug und Betrug spielt er mit nur wenig Aufwand einen Großteil seiner Mitstreiter locker an die Wand (auch, wenn er sich inzwischen offenbar im Gesicht hat herumbasteln lassen). Und auch sein A BETTER TOMORROW-Kollege Waise Lee schiebt sein Antlitz für ein paar Szenen in den Bildrahmen. Viel zu tun hat er dabei zwar nicht, von inhaltlicher Relevanz kann auch kaum die Rede sein, aber dennoch schön, ihn zu sehen.

Am Ende muss man konzedieren, dass man sich die Zeit auch deutlich schlimmer vertreiben könnte als mit COLD WAR II, aber im Großen und Ganzen ist das dennoch ne ziemlich lahme Angelegenheit - nicht wirklich schlecht, aber eben doch ernüchternd belanglos und uninvolvierend. Dass man die Palette an Schauplätzen gegenüber dem Vorgänger deutlich erweiterte und die Handlung aus dem prätentiösen Polizeirevier hinausführte, sorgt zwar für visuelle Abwechslung, aber nicht unbedingt für gesteigertes Interesse. So ist die abermals auf Hochglanz polierte Fortsetzung in erster Linie für all jene attraktiv, die sich gern am Schauspiel altgedienter Recken erfreuen oder vom Intrigenkrieg vor Edel-Kulisse schlichtweg nicht genug bekommen.

Laufzeit: 110 Min. / Freigabe: in Deutschland nicht erschienen

Sonntag, 18. August 2024

COLD WAR


HON ZIN
China 2012

Regie:
Luk Kim-Ching,
Leung Lok-Man

Darsteller:
Aaron Kwok,
Leung Ka-Fai,
Charlie Yeung,
Gordon Lam,
Chin Ka-Lok,
Andy On,
Andy Lau



Inhalt:

Auf den Straßen Hongkongs: 5 Polizisten stoppen einen betrunkenen Autofahrer. Dieser verweigert sich der Festnahme, will Beziehungen geltend machen. Was dann passiert, ist unklar. Am nächsten Morgen sind die Beamten verschwunden, scheinbar spurlos, samt Einsatzfahrzeug. Die Lage spitzt sich zu, als sich ein unbekannter Anrufer bei der Hongkong Police meldet, zu der Entführung bekennt und eine astronomisch hohe Lösegeld-Summe fordert. Von nun an läuft der Sicherheitsapparat auf Hochtouren. Die Einsatzleitung hat der radikale M. B. Lee [Tony Leung Ka-Fai] inne, dessen Sohn sich pikanterweise unter den Geiseln befindet. Doch aufgrund seiner herrischen Vorgehensweise und mutmaßlicher Befangenheit regt sich in den eigenen Reihen rasch Widerstand. Rädelsführer der internen Gegenbewegung ist der aufstrebende Sean Lau [Aaron Kwok], der statt auf Gewaltaktionen auf Dialog und Taktik setzt. Es kommt zum offen ausgetragenen Kompetenzwettstreit, der schließlich in einer Meuterei endet. Währenddessen läuft das Ultimatum der Entführer langsam, aber sicher ab.

Kritik:

Und jetzt alle im Chor: „Hongkong ist die sicherste Stadt Asiens.“ Diese tollkühne Behauptung kam bereits beim Marketing COLD WARs ausgiebig zum Einsatz und zieht sich in gebetsmühlenartiger Dauerschleife auch wie ein Leitfaden durch das Endprodukt. Natürlich ist das nicht mehr als eine unverifizierte Propaganda-Parole (was eine Reihe von Rezensenten jedoch nicht davon abhielt, sie treudoof als angebliche Tatsache wiederzukäuen). Wenn der prätentiöse Polizei-Thriller für einen selbst auf erzählerischer Ebene funktionieren soll, muss diese Beteuerung allerdings tatsächlich als gegeben hingenommen werden, wird doch die enorme Fallhöhe aller hier skizzierten Figuren ansonsten gar nicht klar. Denn dank Drehbuch passiert genau das, was laut Prämisse eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sein sollte: In Hongkong, der sichersten Stadt Asiens, auf deren Straßen die Polizei als quasi unantastbare Instanz agiert (Zitat: „Wir sind Polizisten. […] Wenn du Polizisten angreifst, darf ich dich sogar totschlagen.“), wird eine fünfköpfige, bestens ausgebildete Einheit samt Einsatzfahrzeug und dazugehörigem High-Tech-Equipment Opfer einer Entführung. Als diese Nachrichtenbombe ins Führungsgebäude platzt, versetzt das die Belegschaft kurzzeitig in eine kollektive Schockstarre, die nicht großartig anders ausgefallen wäre, hätte sie stattdessen erfahren, ein Meteorit sei soeben auf die Erde geknallt. Was dann folgt, ist eine permanent unter Starkstrom stehende katastrophennotstandähnliche Betriebsamkeit, die zumindest die Protagonisten-Pulse heftigst hämmern lässt und alle Regler aufs Maximum schiebt.

Die Werbekampagne bezeichnete COLD WAR als die Rückkehr zum großen Hongkong-Polizeifilm der 1990er Jahre, aber das stimmt vorne und hinten nicht. Übten sich damals die Bullen, stets das Herz auf der Zunge und die Flinte im Anschlag, noch im rauen Straßenkampf, inklusive blutverspritzender Exekutiv-Maßnahmen und Blaue-Bohnen-Ballett, agieren hier nun schnöselige Anzugträger, die wirken, als wären sie einer Anwaltsschule für neureiche Fatzkes entlaufen. Über weite Strecken könnte man sogar regelrecht vergessen, es mit einem Polizei-Krimi zu tun zu haben und sich stattdessen in einem Polit- oder Wirtschafts-Thriller aus dem Milieu der Hochfinanz wähnen. Raus in den gemeinen Großstadtrummel geht es nämlich nur selten. Stattdessen verbringt man die Zeit überwiegend in ausladenden Büro- und Konferenzräumen, in bis unters Dach mit Gerätschaften vollgestopften Schaltzentren, die eine Bühne bieten für Machtgerangel und Intrigenspinnerei. Passend dazu ist alles bis in die Haarspitzen blankpoliert; der Mensch verschwindet hinter maßgeschneiderter Garderobe und akkurat ausgerichtetem Interieur; die verglasten Gebäudekomplexe vermitteln Sterilität und seelenlose Kälte. Auf die Charaktere scheint diese Umgebung längst abgefärbt zu haben. Ob Freund, ob Feind: Alle wirken sie unnahbar, wie Figuren einer fremden, futuristischen Welt, die den Bezug zur Unbeschwertheit schon vor langer Zeit verloren haben. Dass einen die Erzählung trotz kaum vorhandener Berührungspunkte mit der erlebten Alltags-Realität durchaus packen kann, liegt somit nicht etwa an ausreichend zur Verfügung gestellten Identifikationsmöglichkeiten, sondern an der gekonnten Kombination aus manipulativer Inszenierung und darstellerischer Intensität.

Denn wenn Aaron Kwok und Tony Leung in den kollegialen Konkurrenzkampf treten und wilde Wortgefechte austragen, quillt den Männern die Energie nur so aus jeder Pore. Jeder von ihnen verkörpert einen bis ins Mark überzeugten Idealisten, der sich mit seinem Gegenüber ein feuriges Duell um Kompetenzen und Vorgehensweisen liefert, das einen den eigentlichen Handlungs-Hintergrund (die Befreiung der entführten Polizisten nämlich) eine Zeit lang fast vergessen lässt. Die Szene, in der die beiden sich vor versammelter Mannschaft lautstark und unnachgiebig ihre Argumente um die Ohren schmettern, erinnert – das ist kein Witz und gewiss auch kein Zufall – an ein Äquivalent aus Tony Scotts U-Boot-Reißer CRIMSON TIDE, in dem sich Denzel Washington und Gene Hackman einen ähnlich vehementen Schlagabtausch liefern. Dort allerdings hing vom Ausgang der Ereignisse nicht weniger als das Schicksal der Welt ab. Und wer sich das vor Augen führt, erhält eine ziemliche Ahnung davon, wie COLD WAR sich ziemt. Nämlich haargenau so. Die Regie haut hier dermaßen auf die Kacke, als ginge es nicht darum, ein paar Geiseln zu befreien, sondern die gesamte Menschheit vor ihrem Untergang zu bewahren. Dementsprechend werden hier auch keine kleinen Brötchen gebacken: schnelle Schnitte, große Gesten, besorgte Blicke bei jeder neuen Erkenntnis, begleitet von einem brachialen Soundtrack, der genauso gut für ARMAGEDDON hätte komponiert sein können und bei jeder Kleinigkeit suggeriert, im nächsten Moment ginge eine Bombe hoch. Ganz gleich, ob jemand nur einen Gang entlang geht, in eine Dokumentenmappe schaut oder lediglich sein Gegenüber fragend anstarrt: Die Musik verspricht Hochspannung. Und hätte man zusätzlich noch abgelichtet, wie einer der ansonsten emsig umherwuselnden Gestalten auf dem Donnerbalken hockt, man hätte es vermutlich mit den kreischenden Geigen aus PSYCHO unterlegt.

Das ist zwar in der Absicht durchschaubar, aber man muss zugeben: Die fiebrige Inszenierung macht schon schwer was her. Ohnehin ist es erstaunlich, dass das Regie-Duo Luk Kim-Ching und Leung Lok-Man hiermit erst seine erste Arbeit ablieferte. COLD WAR wirkt bereits wie das Routine-Werk eines alten Hasen. Ebenfalls kaum zu glauben, dass sich Aaron Kwok, der hier als Seriosität in Person auftritt, nur kurz zuvor als Clown (im Wortsinne!) durch den grandios vergeigten Superhelden-Stinker CITY UNDER SIEGE alberte. Und wer den seinen Kontrahenten gebenden Tony Leung noch als den sensiblen Träumer aus DER LIEBHABER (wohl auf ewig seine bekannteste Rolle) im Kopf hat, wird ihn hier als harten Hund wohl kaum wiedererkennen. Der Rest des Ensembles verblasst gegen diese in den Fokus gerückten Platzhirsche zwangsläufig. Fans der ersten Stunde freuen sich trotzdem über kurze Gastauftritte von Leuten wie Andy Lau [→ INFERNAL AFFAIRS], Michael Wong [→ BORN HERO] oder Andy On [→ BLACK MASK II].

Für relevante weibliche Rollen haben die Produzenten hingegen keinen Platz mehr gefunden. Dafür aber für mehr oder minder unterschwellige Werbung für die Hongkonger Polizei (obwohl man nach dieser eitlen Pfauenparade keinem Beamten mehr auch nur sein Käsebrot anvertrauen würde): „Wir dienen mit Stolz und Umsicht“, prangt als Schriftzug oft nur wenig dezent im Hintergrund. Dass das in etwa so glaubwürdig ist wie die Behauptung, Hongkong sei ein sicheres Pflaster, bestätigt wohl so ziemlich jeder chinesische Demonstrant, dem vom Polizei-Knüppel vor lauter Umsicht noch der Schädel brummt. Und auch, dass einem die Totalüberwachung als Segen verkauft wird, überrascht kaum: „Das heißt, jeder Polizeibeamte wird überwacht?“fragt einer ganz überrascht, als er erfährt, dass sich die Funkgeräte selbst in ausgeschaltetem Zustand noch orten lassen. „Nicht überwacht“, bekommt er als Antwort, „das ist eine Geheimwaffe.“ Chapeau! Die NSA hätte kaum besser reagiert.

Am Ende ist COLD WAR durchaus ansehnlich geworden. Zwar von klinischer Kälte und insgesamt nicht sehr nachhallend, aber dennoch gekonnt in Szene gesetzt und rasant die Zeit vertreibend. Freunde von Kinetik und Kugelhagel könnten sich aufgrund falscher Werbeversprechungen freilich vergrätzt fühlen. Zwar sprechen durchaus auch mal die Pistolen und hin und wieder hetzt man sich amtlich über den Asphalt, aber insgesamt wird Action nur punktuell und mit Bedacht eingesetzt. Es dominiert das verbale Dauerfeuer; als Waffe dienen Worte statt Wummen. Punktabzug gibt es schlussendlich noch für die teils lausigen Computer-Effekte, die für eine solch optisch penibel durchkomponierte Prestige-Produktion fast schon peinlich sind.

Laufzeit: 102 Min. / Freigabe: ab 16

Sonntag, 11. August 2024

TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK


CEWEK JAGOAN BERAKSI KEMBALI
Indonesien 1981

Regie:
Danu Umbara

Darsteller:
Debbie Cinthya Dewi,
Dana Christina,
Eva Arnaz,
Barry Prima,
George Rudi,
Edy S. Jonathan,
Eddy Haryono,
Alwi A. S.



Eigentlich will TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK die Fortsetzung des 1980er Billigheimers DEADLY ANGELS sein, in dem sich fünf Frauen zum Kämpferkollektiv formierten, um der örtlichen Polizei ein wenig unter die Arme zu greifen. Allerdings stimmt das nur so zum Teil, denn anstatt dessen, dass man den bekannten Figuren bei einem weiteren Abenteuer zusehen darf, serviert man hier einfach mal ein paar neue Friedenswächterinnen auf sprunggelenkstrapazierender Gerechtigkeitsmission. Zwar kehren immerhin drei der fünf Darstellerinnen zurück, aber halt in ganz anderen Rollen. Geblieben sind Regisseur und Studio – und die schäbige Schlichtheit in Sachen Präsentation und Produktionsaufwand, versteht sich.

Inhalt:

Der Fischer John [Barry Prima] verdient sich nebenbei ein bisschen was dazu, indem er auf seinem Kahn Heiße Ware für den Gangsterboss Handoko [George Rudy] schmuggelt. Eines Tages jedoch beschließt er, seine langjährige Freundin Windy [Eva Arnaz] zu heiraten und nur noch ehrbar zu leben. Seine Ankündigung, aus dem Geschäft auszusteigen, wird nicht sehr wohlwollend aufgenommen: Handokos Handlanger bringen ihren Missmut dadurch zum Ausdruck, dass sie ihn hinter einem Jeep herschleifen und im Anschluss in eine Fackel verwandeln. All das geschieht vor den schreckgeweiteten Augen Windys, die noch an Ort und Stelle Zukunftspläne schmiedet: „Oh, mein Gott! Ich werde dich rächen. Ich verspreche es, ich verspreche es!“ Ihre erste Anlaufstelle ist folgerichtig ein Kung-Fu-Lehrer, der ein klassisches Trainingslager irgendwo in der Pampa betreibt.

Kritik:

Ihren Namen trägt Windy vermutlich deswegen, weil sie mit ihrer Ausbildung wirklich in Windeseile fertig ist. Tatsächlich scheint gerade mal eine Woche vergangen zu sein, in der sich die arglose Durchschnittsbürgerin zur knallharten Kampfsau gewandelt hat. Zeitliche Abfolgen sind allerdings ohnehin nicht die große Stärke von TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK. Zumindest zu Beginn wirkt doch alles arg sprunghaft und verwirrend, wenn mehrere Handlungen parallel stattfinden und man nie mit Sicherheit sagen kann, wann und warum das Gezeigte jetzt eigentlich genau passiert. Zum Glück bessert sich das im weiteren Verlaufe, was natürlich in erster Linie daran liegt, dass die Ereignisse eigentlich alles andere als kompliziert sind. Ihre neu gewonnen Fähigkeiten darf Windy jedenfalls gleich bei ihrer Heimreise unter Beweis stellen, als sie die Ausraubung mehrerer Buspassagiere vereitelt und dabei auch ohne jede Not einen der Täter ins Reich der Ahnen schickt, als habe sie zuvor niemals etwas anderes gemacht.

Bereits an dieser Stelle fällt auf, dass zumindest die Action auffallend versierter in Szene gesetzt wurde als noch beim Vorgänger. Mit echtem Kung-Fu-Hand- und Fußwerk wird das wohl abermals niemand verwechseln, aber die Dynamik passt und Tritte und Schnitte sitzen. Auch generell gelang hier eine deutlich dichtere Erzählweise ohne ins Auge fallende Durststrecken, zumindest ist wirklich ständig etwas los. Dabei glänzen sogar die Verfolgungsjagden, die dem ersten Teil der DEADLY ANGELS mehr oder minder erfolgreich über manch narrativen Stillstand hinweghalfen, dieses Mal durch Abwesenheit. Zum Ausgleich gibt es dafür in verrauchter Kaschemmen-Atmosphäre ein paar leidenschaftslose Bauchtanz-Nummern mit Schlangentier und Achselhaar. Der Fokus der Veranstaltung bleibt aber dennoch bei Eva Arnaz als Windy, die eine regelrecht prototypische Racheengel-Reise absolvieren darf. Ihre Figur erinnert dabei an eine damalige Musterrolle Pam Griers, die sich in kostengünstigen Krachern wie FOXY BROWN ebenfalls vom Vergeltungsdrang beseelt in Syndikatstrukturen hineinarbeitet, um den Schuldigen näher und näherzukommen. So lässt sich Windy zunächst als Fahrer anheuern und kutschiert von da an halbseidenes Gesindel zu illegalen Untergrundkämpfen, in deren Dunstkreis sie die Täter vermutet. Einerseits ist das tatsächlich ein ziemlich cleverer Schachzug - wer erwartet schon eine potenzielle Gefahr hinterm Lenkrad des eigenen Herrenbeschleunigers? Andererseits verkleidet sie sich dafür als Mann, was wirklich in keiner Sekunde auch nur im Ansatz glaubwürdig aussieht. Zudem hätte ihr vor ihrer Maskerade mit aufgeklebtem Schnurrbart, Chauffeursmütze, Lederjacke und Fick-mich-Stiefeln ruhig mal jemand sagen dürfen, dass nicht jeder Kerl rumläuft wie ein raubauziger Homofürst.

In der schnöden Realität wäre ihr Possenspiel fraglos auf den ersten Blick aufgeflogen, aber in der herrlich blauäugigen Welt von TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK funktioniert so etwas zum Glück prächtig - selbst dann noch, als Windy schließlich höchstselbst in den Ring steigt, um mittels ihrer Schlagkraft sogar die härtesten Gegner zum Glauben zu bekehren. Ab da dauert es nicht mehr lang, bis die Heldin auch außerhalb der Arena die Fäuste schwingt, um Informanten das ein oder andere Wort zu entlocken. Als ihre Tarnung irgendwann dann doch auffliegt, scheint sie plötzlich auch ihre Kräfte zu verlieren, weswegen sie erstmals ernsthaft in Bedrängnis gerät („Was sagt man dazu? Das ist ne Frau!“ - „Egal, wir hängen sie auf!“). Zum Glück erinnert sich das Drehbuch an dieser Stelle daran, dass es laut Titel ja eigentlich um mehrere Engel gehen sollte, weswegen die Rettung auf fliegendem Fuße naht. Ohne nachfolgende Standpauke geht es natürlich trotzdem nicht: „Wann wirst du endlich mal vernünftig? Ich find’s nicht komisch, sich nen Bart anzukleben und sich zu prügeln. Dazu dieser ganze Kung-Fu-Schwachsinn!“

Bis zum Finale vergeht dabei noch einige Zeit, die mit überwiegend höchst vergnüglichem Unfug angereichert wurde. So kämpfen die Engel u. a. auch noch gegen einen grunzenden Buschmann mit fellfarbenem Lendenschurz, Horn auf dem Haupt und Hauern im Mundwinkel, der allerdings sein Leben aushaucht, nachdem man ihm besagtes Utensil von der Birne geschraubt hat. Zwar bleibt das im Grunde die einzige richtige Verrücktheit, aber TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK amüsiert dennoch durchgehend durch sein naives Gebaren. Da trägt einer der Gangster, die anfangs Windys Zukünftigen kalt machen, eine Maske, damit man ihn nicht erkennt. Doof nur, dass der Typ anstelle seines rechten Arms eine klobige Prothese mit Messerklinge als Fingerersatz trägt, was die Identifikation notfalls doch entschieden erleichtern sollte. Als die Mörder ihr Opfer hinter dem Auto herschleifen, ruft Windy dem Unglücklichen hinterher: „Was wollen die denn von dir?“ Berechtigte Frage! Ganz schön unhöflich von ihm, nicht zu antworten. Und als der mundfaule Ehemann in spe danach noch angezündet wird, schreit er zwar pflichtschuldigst, bleibt aber dennoch ganz ruhig liegen (was natürlich daran liegt, dass Schaufensterpuppen mit Zappelfunktion bei Drehbeginn bereits ausverkauft waren).

Dazu kommen herrliche Klischees wie Afrofrisuren, die kaum durch den Türrahmen passen, der schmierige Oberschurke, der sich mit Pott-Haarschnitt und übergroßer Pornobrille wohl ursprünglich als Bruce-Lee-Imitator beworben hatte, und halbgares Ninja-Gehopse in des Kung-Fu-Meisters Vorgarten, was eher nach Kinderbelustigung aussieht als nach hartem Training. Mit launigen Elementen wie diesen ist TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK deutlich abwechslungsreicher als sein Vorgänger, hat mehr Tempo und bringt bisweilen sogar seichtes Abenteuerflair ins Spiel, wenn auch noch Schlangengruben oder angriffslustige Skelettbanden eine Rolle spielen. Wer also seine Lebenszeit nur für ein einziges Engel-Event verschwenden möchte, der sollte sich zumindest für das zweite entscheiden.

Laufzeit: 88 Min. / Freigabe: ab 18

Sonntag, 4. August 2024

DEADLY ANGELS


LIMA CEWEK JAGOAN
Indonesien 1980

Regie:
Danu Umbara

Darsteller:
Yatti Octavia,
Lydia Kandou,
Debbie Cinthya Dewi,
Dana Christina,
Eva Arnaz,
Bram Adrianto,
Suzy Bolle,
Dorman Borisman



Weibliche Schlagkraft war im asiatischen Action-Kino deutlich früher etabliert als im Rest der Welt. Während die Mehrheit der professionellen Arschtreterinnen aus Hongkong kam, wo eine gut geölte Filmindustrie existierte, scheuten andere Länder trotzdem nicht davor zurück, ihre eigenen Körperertüchtigungsfachkräfte ebenfalls auf die Leinwand zu bringen. Die DEADLY ANGELS kommen aus Indonesien und das sieht man auch: Die filmischen Gehversuche der Nation im Bahnhofskino-Bereich sind nicht selten von ausgemachter Tapsigkeit, zwar mit wenig Budget und oft noch weniger Talent umgesetzt, dafür aber mit ungebremstem Elan und Mut zur qualitativen Lücke. Die vorliegende Bemühung, ein halbwegs brauchbares Hieb-, Stich- und Ballerfest auf die Beine zu stellen, ist diesbezüglich ein Paradebeispiel, bricht sich die Unbeholfenheit doch ab der ersten Minute ungeniert Bahn. Eigene Ideen hat man dabei wenig überraschend keine; die Autorenschaft reiht ein räudiges Klischee an das nächste.

Inhalt:

Hardi [Cok Simbara] ist Wissenschaftler. Also, zumindest trägt er nen weißen Kittel, steht unter einem Plakat mit der Aufschrift „Gefährliche Materialien“ und schüttet angestrengt Flüssigkeit aus einem Reagenzglas in ein Gebilde, das aussieht, als habe man vier Shisha-Pfeifen zusammengeschraubt und auf eine mobile Herdplatte gestellt. Danach dreht er ein paar Knöpfe, setzt sich an den Schreibtisch, greift zu einem angeketteten Edding und schreibt mit unsichtbarer Tinte etwas auf den Bildschirm eines Radargeräts. Jap, eindeutig Wissenschaftler! Danach setzt er sich nen Mundschutz auf. Warum? Vielleicht, weil seine Freundin Yanti [Yatti Octavia] in diesem Moment den Raum betritt. „Du kommst im richtigen Augenblick“, freut er sich und nimmt den Mundschutz auch schon wieder ab (lag wohl doch nicht an ihr). „In ein paar Minuten bin ich mit meinem Experiment fertig.“ Yanti freut sich mit ihm: „Du bist wirklich ein Riesentyp!“ Hardi lässt dann auch gleich die Katze aus dem Sack: Er hat die Formel für einen „hochbrisanten“ Sprengstoff ertüftelt, mit dem alles noch ein bisschen geiler explodiert als mit herkömmlicher Handelsware. „Ich werde sie unserer Regierung zum Kauf anbieten“, erklärt er, „denn meine Entdeckung darf nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden.“ Ein Patriot aus echtem Schrot(t) und Korn! Staatsfeinde werden dann demnächst nur noch ganz friedlich weggesprengt!

Auf dem Nachhauseweg, der durch brachliegendes Tagebau-Gelände führt (wo wohnt der Typ denn?), werden er und Yanti plötzlich von zwei Finstermännern zum Anhalten gezwungen. „Keine Angst, das ist kein Überfall“, erklärt der erste, was glaubwürdiger wäre, hätte sein Komplize nicht bereits die Pistole im Anschlag. Und so geraten der Forscher und seine Freundin in die Gefangenschaft des Klischee-Gangsters Broto [Rachmat Hidayat], der natürlich die Formel haben will, von deren Existenz er eigentlich noch gar nichts wissen kann. Während Yanti recht schnell und schlagkräftig entkommen kann, bleibt Hardi in der Hand des Feindes. Noch während der Flucht lernt Yanti die kaum weniger resolute Anita [Anita Suwu] kennen, die ihr aus einer weiteren Gefahrensituation heraushilft. Die Frauen verbünden sich und suchen nach weiteren Genossinnen, um Hardi zu retten. Wird es ihnen gelingen? Wird die Regierung ihren pazifistischen Sprengstoff bekommen? Und wird der Herr Professor sich bald mal ne richtige Bude leisten können oder muss er weiterhin im Bergwerk hausen?

Kritik:

Als Aufhänger dient also mal wieder eine geniale Formel. Eine hochorginelle Idee! Wäre sie ein Pferd, müsste sie zum Abdecker. Weil sich besagtes Bombenbaurezept ausschließlich in den Hirnwindungen desjenigen Wissenschaftlers befindet, der es ausgebrütet hat, läuft es final auf einen dann doch sehr simplen Entführungsfall hinaus. Sogar die titelgebenden „Tödlichen Engel“ fragen sich am Schluss, warum man nicht einfach die Polizei verständigt, und hätte man diesen Einfall früher gehabt, wäre die Sache in der Tat schon längst zu den Akten gewandert. Da man aber ohnehin schon genug Mühe damit hat, die Zeit bis zum Finale mit Vorkommnissen zu füllen, wird die Idee geflissentlich ignoriert. Dafür dürfen sich die Kämpferinnen, immerhin fünf an der Zahl, erst noch kennenlernen und zum Selbstjustizkollektiv formieren. Wie sich die „Engel“ hier fast alle zufällig über den Weg laufen, unverzüglich Freundschaft schließen und schließlich eine waffenstarrende Rettungsmission starten, als ginge es dabei um einen zwanglosen Junggesellinnenabschied, lässt sie auf unbekümmerte Art sympathisch wirken. Damit hat es sich dann aber eigentlich auch schon. So etwas wie Persönlichkeit entwickeln die Protagonistinnen nie, und woher sie die Nerven haben, bösen Buben teils doch recht hemmungslos das Handwerk zu legen, bleibt ebenfalls ein Rätsel. Während die meisten Kino-Kolleginnen aus Fernost immerhin Polizistinnen sind, Agentinnen oder generell Kampfkünstlerinnen, was besagte Befähigung ja recht plausibel erklärt, sind die Tödlichen Engel … nunja … nichts! Trotzdem schicken sie reihenweise Gegner auf die Matte, verteilen Tritte, verballern Kugeln und werfen Messer in feindliche Brustkörbe, als sei das völlig normal.

Weil bloßes Kennenlernen noch nicht ausreicht, um akuter Inhaltsarmut Herr zu werden, verläuft man sich auf halber Strecke noch in einer Nebenhandlung, in der ein schmieriger Supermacho eine der Damen entführt, um sich für seine Zurückweisung zu rächen. Nun kann ein fragiles Ego ja so einiges bewirken, aber diese Reaktion erscheint dann doch leicht übertrieben. Grund genug immerhin für den Rest der Truppe, seine Fähigkeiten schon einmal unter Beweis zu stellen und die Kollegin wieder rauszuhauen. Freilich bleibt die kämpferische Qualifikation auch hier reine Behauptung: Schläge und Tritte sind auffallend unbeholfen umgesetzt und überwiegend inkompetent in Szene gesetzt. Da ist nicht ein Hauch Dynamik im Spiel und nicht ein einziger Cut kaschiert, dass hier wirklich niemand Ahnung von Kung Fu hat. Dafür ist die Montage in anderen Momenten dann wieder so wirr, dass sich nur noch raten lässt, was gerade passiert. Da wird anscheinend mal jemand von Hunden angefallen, von Schlangen bedroht oder per Feuerstoß gegrillt. Die einzelnen Szenen passen dabei allerdings nicht wirklich zusammen und der Schnitt ist zudem so schlecht gesetzt, dass auch kein einheitlicher Fluss entsteht. Nur aufgrund der sattsam bekannten Situationsklischees lässt sich in Kombination mit eigener Seherfahrung erahnen, was hier im wahrsten Sinne des Wortes gespielt wird.

Auch die restliche Action ist auffallend unzulänglich umgesetzt. Während manche Sequenzen beschleunigt abgespielt werden, um Rasanz vorzutäuschen (was aber eher an alte Slapstick-Nummern erinnert), wird an anderen Stellen wiederum Zeitlupe zelebriert, wie bei Sprüngen über Motorhauben oder durch Fensterglas, einmal aber auch bei der Flucht zu Fuß, was ein wenig merkwürdig wirkt, weil der Rest in normaler Geschwindigkeit abläuft und es darum nun so aussieht, als könne die Dame tatsächlich nicht schneller rennen. Größter Quell der Freude aber sind die zahlreichen Verfolgungsjagden. Immer wieder kommt es nämlich aus fadenscheinigsten Gründen zu PS-gestützter Geschwindigkeitsübertretung, bei der überwiegend grundlos durch Karren, Holzverschläge oder Glasscheiben gebrettert wird, die stets wie zufällig im Weg rumstehen. „Wieder einer weniger!“, freut sich einer der Engel beim Blick durch die Heckscheibe. Ja, weil einer der Verfolger mit Anlauf gegen einen Baum gefahren ist. Einfach so! Vermutlich vor die Karre gesprungen, das garstige Gehölz!

Für zusätzliche Heiterkeitsschübe sorgt die handfeste Hackfressen-Parade, die einem hier mit Schmackes vor die Schuhe geschmettert wird: Oberschurke Broto sieht aus ein schmieriger Porno-Produzent vom Hinterhof und seine Handlanger haben sich ihre Rubel in der Vorwoche garantiert noch als Rübenbauern verdient (wobei zumindest einer darauf zu spekulieren scheint, am kommenden Tag den Che-Guevara-Ähnlichkeitswettbewerb zu gewinnen, um endlich frei zu sein). Brotos erklärtes Ziel ist es übrigens, mittels der brisanten Sprengstoff-Formel die Herrschaft über ganz Südostasien zu erlangen. Klar, warum sollte man auch kleinere Brötchen backen!? Der Typ macht zwar den Eindruck, nicht mal unfallfrei nen Bahnhofs-Kiosk leiten zu können, aber so ein halber Kontinent, der regiert sich doch sicher ganz locker weg! Auch dieser Widerspruch zwischen behaupteter Gigantomanie und tatsächlicher Präsentation provoziert ein permanentes Maß an ausgemachter Munterkeit: Einerseits hat man keine Scheu davor, mit einem James-Bond-artigen Bösewicht zu protzen, der direkt mal Teile der Welt zu unterjochen gedenkt, andererseits eiert man die ganze Zeit durch denkbar triste Käffer und bedient sich generell eines ausnehmend schäbigen Looks, was mit der gelobten Großmannssucht nicht die Bohne in Einklang zu bringen ist.

Gerade deswegen jedoch machen die DEADLY ANGELS durchgehend gute Laune und sind damit manch höher budgetierten und besser geplanten Produktion überlegen. Dazu ballert die deutsche Synchronisation noch einen amtlichen Sprücheteppich ins Mikro, und zwar dermaßen zügellos, dass mancher Kalauer sogar mehrmals fällt. So beglücken einen die Damen zwischendurch immer mal wieder mit Weisheiten wie: „Zwischen Leber und Milz passt immer noch’n Pils“ oder (besonders schön!): „Verbittert ist der Kakadu, sagt man zu ihm: ‚Du Kacker, du!‘“. Am Ende kommt dann doch noch die Polizei vorbei und der zuständige Kommissar schimpft auch ein bisschen mit den Engeln, weil Selbstjustiz ja eigentlich doof ist und in der Regel bitteschön unterlassen werden sollte. Allerdings ist er doch begeistert genug von den Qualitäten des Quintetts, um noch an Ort und Stelle einen neuen „Fall“ anzubieten. Die Frauen freuen sich, das Bild friert ein und „Fortsetzung folgt“ wird eingeblendet. Entweder war man also von Anfang an selbstbewusst genug, an einen Kassenerfolg zu glauben, oder man hatte nach Drehschluss einfach noch genügend Glasscheiben und Baumstämme zum sinnlosen Durch- und Dagegenfahren übrig. Nur ein Jahr später hieß es dann auch schon: TÖDLICHE ENGEL SCHLAGEN ZURÜCK. Der Witz daran: Wer sich darauf gefreut hat, die hier so mühsam etablierten Damen tatsächlich bei einem neuen „Fall“ zu erleben, der schaut in die Röhre. Im vermeintlichen zweiten Teil wird nämlich plötzlich ein komplett neuer Hühnerhaufen präsentiert. Verbittert ist der Kakadu!

Laufzeit: 80 Min. / Freigabe: ab 18