Hongkong 2013
Regie:
Ronny Yu
Darsteller:
Adam Cheng,
Xu Fan,
Ekin Cheng,
Raymond Lam,
Wu Chun,
Jerry Li Chen,
Vic Chou,
Yu Bo
Inhalt:
China im Jahre 986: Die Khitan, angeführt von Ye Luyuan [Shao Bing], fallen in das Song-Reich ein. General Yang Ye [Adam Cheng] wird samt seiner Armee zur Verteidigung einberufen. Problem: Er muss unter der Ägide seines persönlichen Rivalen General Pan Renmei [Leung Kar-yan] agieren. Auf dem Schlachtfeld lässt dieser ihn auch prompt ins Messer laufen und liefert ihm den Feind aus. Aber Yang hat sieben Söhne, Yanping [Ekin Cheng], Yanding [Yu Bo], Yan'an [Vic Chou], Yanhui [Li Chen], Yande [Raymond Lam], Yanzhao [Wu Chun] und Yansi [Fu Xinbo], die es sich zur Aufgabe machen, ihren Vater wieder aus der Gefangenschaft zu befreien. Der Weg hinter die feindlichen Linien wird zur verlustreichen Zerreißprobe.
Kritik:
Dass der deutsche Titel ZUNG LIT JOENG GAA ZOENGs an die von Kung-Fu-Klassiker wie DIE 13 SÖHNE DES GELBEN DRACHEN (1970) erinnert, kommt nicht von ungefähr: DIE SÖHNE DES GENERALS YANG wirkt wie eine um ein paar Jahrzehnte verspätete Shaw Brothers-Produktion und spielt ebenso wie die legendären Historien-Epen des einst wegweisenden Studios auf der klassischen Klaviatur aus Ehre, Treue und Pflichtbewusstsein. Dabei basiert die Geschichte auf eine im Ursprungsland hinlänglich bekannten Sage, die der Yang-Familie nämlich, die dort in regelmäßigen Abständen immer mal wieder zum Gegenstand kultureller Erzeugnisse wird. Der dortigen Bekanntheit ist es vermutlich auch geschuldet, dass das Autoren-Trio allzu weitschweifige Expositionen aussparte und das Publikum mehr oder minder unvermittelt ins Geschehen wirft. Bereits der Auftakt hat’s in sich: Verbalisierung von Familienfehden, eine verbotene Liebelei, rachsuchtintendierter Schlagabtausch mit Todesfolge, intrigantes Herumgezicke, Invasion feindlicher Mächte … Und dann sind gerade mal die ersten 5 Minuten um. Da kommt man sich dann schon ein wenig überrumpelt vor, wenn nachfolgend im Eiltempo Verteidigungspläne geschmiedet und Allianzen geschlossen werden, da die Relationen noch längst nicht klar sind.
Als weitere Parallele zu älterer Shaw Brothers-Tradition erweist sich dabei die noch zusätzlich verwirrende Personalfülle, denn sieben Söhne inklusive Rest der Familie, deren Rivalen, Sympathisanten und Liebschaften müssen ja irgendwie untergebracht werden. Die obligatorischen kurzen Einblendungen zur Etablierung von Namen und gegebenenfalls Rang helfen da wenig. Und dass die Söhne zudem Nummern tragen und sich meist auch nur entsprechend anreden, trägt auch nicht gerade zur Identifikationserleichterung bei. So etwas funktioniert ausschließlich bei DIE DREI ??? („Ausgezeichnet, Zweiter!“ - „Danke, Erster!“) Diese Mankos schwinden freilich im Laufe der Zeit. So erweist sich die Story im Nachhinein als doch eher simpel und der Einstieg als unnötig überladen und verklausuliert; viele einleitende Konstituierungen wie Liebesnöte, Machtpoker und Rachemotivationen werden hinfällig. Und auch die Söhne gewinnen nach und nach an Profil, spätestens, wenn sich ein jeder als Unikum in einer bestimmten Sache erweist, sei es Schwertführung, Geschick mit Pfeil und Bogen oder gar Heilkunde.
Das Auffinden des Familienoberhauptes passiert dann auch verblüffend hurtig, die eigentlichen Konflikte beginnen erst im Anschluss. Denn der Feind will die frisch Wiedervereinten auf keinen Fall ziehen lassen und startet ein potenziell tödliches Intermezzo aus Angriff und Heimtücke, was bisweilen an ein Belagerungsszenario der Marke RIO BRAVO oder ASSAULT erinnert. Jede Menge Gelegenheit also, die Klingen zu kreuzen und Sehnen zu spannen, was dann auch ausgiebig zelebriert wird. Da weicht die Komplexität des Beginns dann endgültig dem archaischen, aufs Notwendigste reduzierten Urkampf, der mehr und mehr zur privaten Vendetta wird. Dass die Brüder es tatsächlich schaffen, sich allein gegen eine ganze Armee zu behaupten, gehört natürlich ins Reich der Fabeln, kann hier aber spielend als Teil der Fiktion akzeptiert werden. Als zusätzliches Spannungselement fungiert die Vergiftung des zu rettenden Vaters, der zudem anfängt, mittels Fieberträumen in Bibelfilmoptik sein Leben zu hinterfragen. Hier ist also Not am Mann und Eile geboten, bevor die Zielperson doch noch das Zeitliche segnet und die ganze Aktion final vergebens war.
Über allem schwebt dabei stets das Konzept von „Ehre“ und „Familie“, was für beide Seiten gilt. Denn auch der Kontrahent scheint irgendwann gar nicht mehr die Annektierung eines Landes im Sinn zu haben, sondern sich auf einer persönlichen Vergeltungsmission zu befinden, macht er doch den Yang-Clan für den Verlust seiner eigenen Sippschaft verantwortlich. Das scheint etwas weit hergeholt und dezent übertrieben, sorgt aber natürlich für das nötige Konfliktpotential. Shao Bing [→ THE LOST BLADESMAN] agiert als Schurke dabei leicht am Rande der Lachhaftigkeit, wie ein Schulhof-Rambo, der einen auf dicke Hose macht und in seinem Auftreten für die behauptete Zeitepoche ein wenig zu modern rüberkommt. Fast noch mehr gilt das für sein Heer, das aus einer Schar von Paradiesvögeln und Türstehern mit modischen Uppercut-Frisuren besteht. Wenn sich dann noch ein tuntiger Beobachter in kaiserlichem Auftrage zur Truppe gesellt, ergibt das in der Summe doch einen ziemlich schrillen Haufen, der nicht unbedingt zu 100 Prozent ernstzunehmen ist.
Die zum Teil ausufernden Schlachtszenen bieten nur wenig, was man nicht bereits an anderer Stelle in ähnlicher Form gesehen hätte. Der obligatorische Pfeilteppich fehlt dabei ebenso wenig wie die altbekannte Feuerwalze. Trotzdem geriet das Getümmel durchaus imposant, wenn es auch allzu offensichtlich per Computertechnik aufgebrezelt wurde. Als optischer Maßstab scheint dabei Zack Znyders Comic-Verfilmung 300 (2006) gegolten zu haben, manche Momente scheinen doch arg inspiriert. Das ist zwar kompetent gemacht, lässt jedoch eine gewisse Eigenständigkeit vermissen. Höhepunkt ist darum die Sequenz, die nicht wie ein Abziehbild bekannter Vorbilder wirkt, nämlich ein gegen Ende stattfindendes Pfeil-und-Bogen-Duell in einem sonnenstrahlgetränkten Kornfeld. Wenn die Geschosse gefährlich durch die Reihen zischen und auf ihrem Weg zum Ziel auch ein paar Ähren in Stücke sprengen, dann ist das ebenso imposant wie spannungsfördernd.
Dass DIE SÖHNE DES GENERALS YANG trotz fehlender Innovationen so angenehm rund läuft, liegt in erster Linie daran, dass an den Hebeln echte Profis saßen, deren Arbeit man nur als routiniert bezeichnen kann. Regisseur Ronny Yu [→ FEARLESS] ist ein alter Hase auf dem Gebiet großbudgetierter Unterhaltungsware und die Choreographien stammen vom renommierten Tung Wei [→ BODYGUARDS AND ASSASSINS]. Mit knapp 100 Minuten Spielzeit ist die Erzählung auch angenehm kompakt verpackt. Man denke zum Vergleich nur an John Woos überbordendes Schlachtgemälde RED CLIFF (2008), das es in seiner Gesamtheit auf satte 280 Minuten bringt und sich somit nicht mal eben schnell weggucken lässt. Auf der Besetzungsliste sticht vor allem Ekin Cheng [→ RETURN TO A BETTER TOMORROW] als ältester Bruder hervor, aufgrund seiner Mitwirkung in zahlreichen Fantasy-Streifen und Action-Krimis wohl das im Westen bekannteste Gesicht. Zum Schluss sei noch der eindrückliche Soundtrack Kenji Kawais [→ BATTLE OF KINGDOMS] positiv hervorgehoben, der die brachialen Bilder passend untermalt und dabei so steil geht, dass man sich am liebsten gleich selbst mit aufs Ross schwingen möchte.
„Die Geschichte der Familie Yang lebt als Legende weiter bis zum heutigen Tag“, heißt es am Ende (in der deutschen Fassung eingesprochen vom großartigen Frank Schaff). „Sie steht für Werte wie Geradlinigkeit, Achtung, Güte und Rechtschaffenheit.“ Nachhaltig in Erinnerung bleiben wird diese Adaption der Sage dennoch nicht. Aber als kleines Epos für den Hunger zwischendurch taugt sie allemal.
Laufzeit: 102 Min. / Freigabe: ab 16