Eigene Forschungen

Mittwoch, 14. November 2012

FOXY BROWN


FOXY BROWN
USA 1974

Regie:
Jack Hill

Darsteller:
Pam Grier,
Antonio Fargas,
Peter Brown,
Terry Carter,
Katheryn Loder,
Harry Holcombe,
Sid Haig,
Juanita Brown



„Rache ist so amerikanisch wie ein Hamburger.“ [Foxy Brown]


Inhalt:

Die schlagkräftige Foxy Brown [Pam Grier] hat’s nicht leicht! Nicht nur, dass sie ihrem missratenen Bruder Link [Antonio Vargas] ständig die Haut retten muss – ihr fürs FBI spitzelnder Ehemann Dalton Ford [Terry Carter] wäre auch vom Drogenkartell des schurkischen Steve Elias [Peter Brown] beinahe massakriert worden. Doch die Gesichtschirurgen verpassen dem mit Müh und Not mit dem Leben Davongekommenem eine neue Visage und das Zeugenschutzprogramm ihm einen neuen Namen. Der Start ins endlose Eheglück? Von wegen! Link schnuppert den Braten und petzt bei Elias, um seine Schulden bei ihm begleichen zu können. Ford werden die Lichter ausgepustet – dieses Mal wirklich! Foxy will Rache! Zum Glück führt Elias Gespielin Katherine [Kathryn Loder] einen als Model-Agentur getarnten Edelnutten-Escort-Service, ausschließlich dazu bestimmt, höchste Kreise aus Politik, Polizei und Justiz gewogen zu stimmen. Foxy lässt sich quasi mühelos anwerben, doch muss bald erkennen, dass die Korruption weiter nach oben reicht, als sie glaubte.

Kritik:

In den 70er Jahren erblühte ein neues Genre in der US-Kinolandschaft: Blaxploitation war angesagt! Die oftmals brutale Realität in den Ghettos der Schwarzen und der immer noch latente Rassismus der weißen Bevölkerung diente als Aufhänger für eine Unzahl spekulativer Billigfilme, in welchen schwarze Heldenfiguren das Gesetz selbst in die Hand nahmen, um sich an den Verbrechen (überwiegend weißer) Gangster zu rächen. Arm an Budget, dabei reich an grober Sex- und Gewaltdarstellung, formulierte die ebenso simple wie effektive DIRTY HARRY-Variante umgekehrten Rassismus und präsentierte die dunkelhäutigen Helden als moralisch einwandfreie, übermächtige, omnipotente Kampfmaschinen – ein filmischer Befreiungsschlag für die schwarze Bevölkerung Amerikas, die sich nach jahrelanger Unterdrückung nur allzu gern mit dieser Rolle identifizierte (obwohl sie eigentlich alle Klischees der weißen Mittelschicht über den ‚schwarzen Wilden‘ bestätigte).

Nach den ersten großen Kassenerfolgen mit SHAFT & Co. versuchte man schnell, auch weibliche Pendants zu den maskulinen Überkämpfern zu etablieren. Als eine der beliebtesten Darstellerinnen kristallisierte sich dabei schnell Pam Grier heraus, die zwar sehr kükenhaft daherkam (was ihre angebliche Unbesiegbarkeit etwas unglaubwürdig erscheinen ließ), jedoch über das nötige Charisma verfügte, um sich gleich durch mehrere Blaxploitation-Sausen hauen zu dürfen. In COFFY trat Grier 1973 das erste Mal in weiße Ärsche, bevor sie diese Tätigkeit ein Jahr später als FOXY BROWN fortsetzen durfte. Der Klassikerstatus, den das Werk mittlerweile genießt, erscheint im Nachhinein jedoch schon etwas befremdlich. Nüchtern betrachtet hat man es mit einer nur wenig aufregenden und reichlich unbeholfenen Melange aus Krimi und Rache-Drama zu tun, die außer den für das Genre typischen Merkmalen (Gangster, Gewalt, Drogen, Zuhälterei …) nicht wirklich viel zu bieten hat. Vielen mag das freilich völlig ausreichen und ein anspruchsloser Unterhaltungswert lässt sich nicht abstreiten – viele der entstandenen Nachzügler wussten die Zutaten jedoch weitaus besser zu nutzen.

Einer der Hauptgründe für den entstandenen Kult dürfte damit Pam Grier höchstpersönlich sein, das von den Fans fast schon ikonenhaft verehrte Aushängeschild des weiblichen schwarzen Selbstbewusstseins der 70er Jahre, dem selbst morgens nach dem Aufstehen nicht mal die kleinste Delle die ebenso gewaltige wie makellose Afrofrisur verunstaltet. Nun ist Grier nicht unbedingt mit enormem Schauspieltalent gesegnet, doch gibt sie tatsächlich noch die beste Figur ab in diesem von Knallchargen nicht armen Szenario und ist zum Glück auch unverklemmt genug, ab und zu mal ihre Brüste aus dem Dekolleté zu nehmen. Die restlichen Darsteller sind – vielleicht mit Ausnahme von Peter Brown [→ WEDDING PLANNER], der den smarten Drogenboss Steve überraschend klischeefrei verkörpert – kaum der Rede wert und neigen teilweise zu grandiosem Overacting. Besonders Hackfresse Antonio Fargas [→ CLEOPATRA JONES] legt als Foxys Bruder Link eine dermaßen derbe Sterbenummer aufs Parkett, dass es einem die Stulle vom Teller zieht. In einer Nebenrolle gefällt außerdem noch Juanita Brown als Claudia – eine wahre Bombe, die in puncto Sex Appeal Pam Grier locker in die Tasche steckt. Inzwischen freilich nicht mehr, denn die Gute verstarb bereits im Jahre 1981 im Alter von lächerlichen 30 Jahren.

Jack Hill, der Grier bereits als COFFY auf die Leinwand schickte, inszenierte die Sause zwar handwerklich sauber, aber ohne den leisesten Anflug von Innovation, während das hilflose Drehbuch ebenfalls keiner Belastungsprobe standhält: Die anfängliche Gesichtsoperation von Foxys Ehemann ist völlig unnütz, da er im Anschluss ohnehin erkannt wird (was kaum verwundert, da er seine Zeit nach wie vor an der Seite seiner Frau verbringt). Foxys Plan, sich als Prostituierte ins Drogenkartell einzuschleichen, funktioniert lachhaft reibungslos, obwohl er im Prinzip ein reines Selbstmordkommando ist – immerhin ist sie die Ehefrau eines vom Kartell erst kürzlich ermordeten FBI-Spitzels. Einer der Gangster gibt dann später sogar zu, sie bei dem Mord gesehen, aber hinterher dann nicht erkannt zu haben. Hat schon mehr Glück als Verstand, die Foxy! Die Heroinspritzen, die man ihr während ihrer Gefangenschaft verpasst, haben lustigerweise gar keine Wirkung – entweder ist die Frau also auf irgendeine Weise immun oder schlichtweg ständig auf Droge.

Die eklatanten Schwächen des Skripts kann die (gewiss auch aus Budgetgründen) rar gesäte Action kaum ausbügeln. Gibt es doch mal Prügel, keilen die Darsteller gut sichtbar meilenweit daneben – da man überwiegend auch noch auf die typischen Schlaggeräusche verzichtet hat, fällt das erst recht ins Auge. Ansonsten gibt es ein paar (auch blutige) Brutalitäten, die aufgrund der luschigen Machart jedoch nicht wirklich schocken können: Das böse Gangster-Gesocks schneidet Kehlen auf, foltert und vergewaltigt, und wird dafür von der schwarzen Rächerin entweder mittels gezieltem Kopfschuss außer Gefecht gesetzt, nach unfreiwilliger Benzindusche verkohlt oder per Flugzeugpropeller weggefetzt.

Ist die Komik meist unfreiwillig, werden einem zusätzlich immerhin auch ein paar beabsichtigte Kalauer serviert: So lässt ein korrupter Richter die Hosen runter, um sich per Beischlaf schmieren zu lassen, und überrascht die zu diesem Zwecke anwesenden Damen dabei mit drolliger Herzchen-Unterwäsche.

Mag FOXY BROWN nun auch kein Meisterstück sein, so punktet das reichlich unspektakuläre Werk immerhin mit dem für das Genre typischen Billig-Charme: Die Klamotten sind grellbunt, die Dialoge beknackt, die Score funkig. Selbst die eigentlich bedenkliche Selbstjustiz-Botschaft kommt dermaßen unbeholfen putzig daher, dass man ihr nicht mal im Ansatz böse sein kann. Zwar haben Foxys Kolleginnen wie TNT JACKSON später für besseren Stoff gesorgt, doch wirklich viel verkehrt macht man mit FOXY BROWN auch nicht – wenngleich einen der Konsum im Anschluss ähnlich unbeeindruckt lässt wie Foxy ihr Heroinfrühstück.

Laufzeit: 87 Min. / Freigabe: ab 18

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen