Frankreich 2012
Regie:
Olivier Megaton
Darsteller:
Liam Neeson,
Maggie Grace,
Famke Janssen,
Rade Serbedzija,
Leland Orser,
Luke Grimes,
Luenell,
Laura Bryce
Inhalt:
Einst pflügte
Bryan Mills [Liam Neeson] mit roher Gewalt durch Europa, um seine
entführte Tochter zu retten. Dabei hinterließ er dank seiner
Nahkampferfahrung und skrupelloser Entschlossenheit mehrere Leichen.
Murad [Rade Serbedzija] ist der Vater einer der unter diesen Umständen Verblichenen. Und er schwört Rache. Nun soll Mills das genommen werden,
was er am meisten liebt: seine (Ex-)Frau Leonore [Famke Janssen] und
seine Tochter Kim [Maggie Grace]. Als Familie Mills in Istanbul
aufeinandertrifft, sieht er seine Chance: Murads Schergen greifen sich
Mills und Leonore. Nun liegt es an Kim, ihren Eltern zu helfen …
Kritik:
„Ich werde Sie finden, und ich werde Sie töten!“, raunte Bryan Mills im Jahre 2008 den Entführern seiner Tochter telefonisch ins Ohr, um im Anschluss selbiges in die Tat umzusetzen – in dieser Reihenfolge und mit beispielloser Akribie.
96 HOURS (im Original TAKEN), ein recht kostengünstig und ohne großartige Übertreibungen inszeniertes Actionbrett, geriet zu einem kaum absehbaren Überraschungserfolg, der Freunde knochentrockener und prickelnd unmoralischer Vergeltungsmaßnahmen die Freudentränen ins Knopfloch trieb. Ein fabelhaft gegen den Strich besetzter, gerade aufgrund seiner Unaufdringlichkeit begeisternder Liam Neeson kämpfte, folterte und meuchelte sich jenseits aller Schamgrenzen durch Europas Unterwelt, um zu verhindern, dass seine Tochter skrupellosen Mädchenhändlern anheimfällt.
Da Erfolge eine Fortsetzung brauchen, überrascht es kaum,
dass Bryan Mills vier Jahre später wieder einen Haufen Ärger am Hacken
hatte. Dramaturgisch folgt die Weiterführung mit dem unsinnigen deutschen Titel 96 HOURS – TAKEN II dabei ohne großes Risiko dem Original. So hat Bodyguard Bryan Mills
zunächst abermals eher unspektakuläre Privatproblemchen mit der Ex-Frau
und vor allem dem Töchterlein, das er sowohl vor der Entjungferung als
auch vor dem wiederholten Durchrasseln bei der Führerscheinprüfung
retten muss. Bei Familienzwist und Männergespräch mit
Grillkumpanen vergeht erneut einige Zeit, bis das Geschehen in Wallung
kommt. Doch wo das Original ab der Entführung von Mills Tochter das
Gaspedal quasi pausenlos durchtrat und eine zum Schneiden dichte
Atmosphäre kreierte, kommt die Fortsetzung nie so recht in die Gänge und
stottert meist planlos vor sich hin. Die Idee, dieses Mal Mills
selbst zum Entführungsopfer werden zu lassen und stattdessen seine
Tochter auf Rettungsmission zu schicken, ist so unoriginell nicht,
verläuft jedoch bereits nach kürzester Zeit im Sande, da Mills sich im
Rekordtempo und auf geradezu lachhaft simple Art und Weise selbst
befreien kann. Das nun zwangsläufig folgende Actionspektakel,
hauptsächlich bestehend aus Verfolgung, Schusswechsel und Handgemenge,
erfüllt freilich seinen Zweck und bietet Adrenalinbedürftigen zumindest
das Basisfutter. Das besondere Etwas jedoch, die Grimmigkeit, der
Zynismus und vor allem die klare Konsequenz, die das Original so
überraschend frisch machten, fehlt fast völlig. War die Action im Vorgänger noch auf ein festes Ziel fixiert, dabei straff, stringent und schnörkellos, wirkt sie bei TAKEN II nur beliebig, episodenhaft und zum Selbstzweck verkommend. Das Skript
müht sich verzweifelt, kann seine Konstruiertheit jedoch kaum verbergen.
Hier eine Hetzjagd, dort eine Rauferei, doch alles ohne echte
Motivation, ohne Zusammenhang, ohne Evidenz.
Die zwar heftig abgestandene, doch deswegen nicht minder gültige Botschaft, dass Gewalt notwendigerweise Gegengewalt erzeugt, also Mills’ von den Fans geliebte Kompromisslosigkeit im Erstling die Fortsetzung somit quasi erzwungen hat, ist dabei ein nettes Gedankenspiel, und immer mal wieder steht die Frage nach der Legitimität von Selbstjustiz im Raum. Doch in selber Regelmäßigkeit werden diese Ansätze auch wieder fallengelassen, als hätten sich die Macher plötzlich vor ihrem eigenen Intellekt erschrocken. Die Möglichkeit einer interessanten Selbstreflexion bezüglich eines der kontroversesten Aspekte des Originals, die rücksichtslose Gewaltanwendung zum Zwecke hehrerer Ziele, wird somit sinnlos vertan.
Die zwar heftig abgestandene, doch deswegen nicht minder gültige Botschaft, dass Gewalt notwendigerweise Gegengewalt erzeugt, also Mills’ von den Fans geliebte Kompromisslosigkeit im Erstling die Fortsetzung somit quasi erzwungen hat, ist dabei ein nettes Gedankenspiel, und immer mal wieder steht die Frage nach der Legitimität von Selbstjustiz im Raum. Doch in selber Regelmäßigkeit werden diese Ansätze auch wieder fallengelassen, als hätten sich die Macher plötzlich vor ihrem eigenen Intellekt erschrocken. Die Möglichkeit einer interessanten Selbstreflexion bezüglich eines der kontroversesten Aspekte des Originals, die rücksichtslose Gewaltanwendung zum Zwecke hehrerer Ziele, wird somit sinnlos vertan.
Vielleicht wollte man die Fans auch einfach
nicht mit zu viel Hirnfutter vergrellen, was durchaus seine Berechtigung
hat. Doch fehlt es TAKEN II selbst unter dieser Prämisse erheblich an Glaubwürdigkeit. Nun ist Logik fraglos kein zwingendes Konzept für einen funktionierenden Actionfilm. Doch hatte es der erste Teil von 96 HOURS
vortrefflich verstanden, Mills Suche, sein Geschick, seine Taktiken,
Tricks und Kniffe verblüffend plausibel und nachvollziehbar erscheinen
zu lassen. Verfolgte man dort noch fasziniert, wie Mills die
Puzzleteile nach und nach zusammenfügte, weicht die Gewitztheit hier
eher abstrusen Ideen und ernüchternder Einfallslosigkeit: Da lässt Mills
seine Tochter Handgranaten durch Istanbul schleudern, um zwecks genauer
Analyse von Windrichtung und Schallreflexion seinen Standort zu
bestimmen, und telefoniert selbst in verschnürtem Zustand noch mit dem
Notfallhandy aus der Stinkesocke, während die brutalen Gangster den wohl
zu dem Zeitpunkt gefährlichsten Mann Istanbuls lediglich mit simplem
Plastikbändchen fesseln und sich anschließend wundern, dass ihm die
Flucht gelingt.
TAKEN II hat gewiss den Nachteil, einen wirklich großartigen 96 HOURS als Vorgänger zu haben. Aber selbst ohne den direkten Vergleich mag sich keine rechte Begeisterung einstellen. Zwar präsentierte auch der Erstling ein eher abgehalftertes Feindbild, gab sich in seinem Verzicht auf Schnörkel und Sperenzchen aber letztendlich dennoch erstaunlich alternativ. Dem Nachfolger jedoch geht jene erfrischende Attitüde fast völlig ab, der befreiende Aha-Effekt weicht den üblichen Klischees, von welchen sich das Original gerade so angenehm unterschied. Die fiesen Gaunerfratzen hat man einmal mehr von ganz tief unten aus der Klamottenkiste gezogen und verärgern durch bereits unzählige Male bis zum Erbrechen durchexerzierte Ganoven-Klischees (was bereits in der ersten Szene beginnt, als die Albaner bar jeder Logik statt in ihrer Muttersprache in gebrochenem Englisch Blutrache schwören). Istanbul bietet zwar eine schöne Kulisse für das gewalttätige Treiben, wird jedoch abermals als hinterwäldlerischer Moloch präsentiert, in dem Verbrechen und Gewalt dermaßen an der Tagesordnung sind, dass selbst die achtlos in die Gegend geschleuderten Handgranaten niemanden zu interessieren scheinen.
Statt Pierre Morel nahm beim Mills zweitem Ausflug Olivier Megaton auf dem Regiestuhl Platz (der vier Jahre zuvor mit TRANSPORTER III ebenfalls eine von einem anderen Regisseur begonnene Actionreihe beerbte), was ebenfalls ein paar Veränderungen mit sich bringt. Sein Stil fiel doch deutlich hektischer aus als die eher besonnene Inszenierung Morels (was sich vor allem in den arg unübersichtlich gestalteten Autoverfolgungen zeigt). Liam Neeson, den man vor 96 HOURS niemals auch nur ansatzweise in einem Actionthriller vermutet hätte, agiert hingegen in bekannter Qualität. Ebenso souverän wie agil beweist er, dass unkonventionelle Besetzungen die halbe Miete sein können. Famke Janssen [→ DEEP RISING] an seiner Seite hingegen wird vom Skript dermaßen unter Wert verkauft, dass es fast ein Trauerspiel ist.
Der Überraschungseffekt, den der Erstling mit sich brachte, ließ sich freilich unmöglich wiederholen. TAKEN II müht sich zwar, bleibt aber letztendlich eine nicht zwingend notwendige und an den Haaren herbeigezogene Fortsetzung, die quasi alle Qualitäten des Originals vermissen lässt: Die zielstrebige Killer-Klimax weicht beliebiger Larifari-Action, das Aufbegehren gegen gängige Konventionsmuster weicht eben diesen. Sicherlich gibt es für Actionfreunde schlechtere Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Die Happy Hour ist dennoch vorbei.
Laufzeit: 92 Min. / Freigabe: ab 16
TAKEN II hat gewiss den Nachteil, einen wirklich großartigen 96 HOURS als Vorgänger zu haben. Aber selbst ohne den direkten Vergleich mag sich keine rechte Begeisterung einstellen. Zwar präsentierte auch der Erstling ein eher abgehalftertes Feindbild, gab sich in seinem Verzicht auf Schnörkel und Sperenzchen aber letztendlich dennoch erstaunlich alternativ. Dem Nachfolger jedoch geht jene erfrischende Attitüde fast völlig ab, der befreiende Aha-Effekt weicht den üblichen Klischees, von welchen sich das Original gerade so angenehm unterschied. Die fiesen Gaunerfratzen hat man einmal mehr von ganz tief unten aus der Klamottenkiste gezogen und verärgern durch bereits unzählige Male bis zum Erbrechen durchexerzierte Ganoven-Klischees (was bereits in der ersten Szene beginnt, als die Albaner bar jeder Logik statt in ihrer Muttersprache in gebrochenem Englisch Blutrache schwören). Istanbul bietet zwar eine schöne Kulisse für das gewalttätige Treiben, wird jedoch abermals als hinterwäldlerischer Moloch präsentiert, in dem Verbrechen und Gewalt dermaßen an der Tagesordnung sind, dass selbst die achtlos in die Gegend geschleuderten Handgranaten niemanden zu interessieren scheinen.
Statt Pierre Morel nahm beim Mills zweitem Ausflug Olivier Megaton auf dem Regiestuhl Platz (der vier Jahre zuvor mit TRANSPORTER III ebenfalls eine von einem anderen Regisseur begonnene Actionreihe beerbte), was ebenfalls ein paar Veränderungen mit sich bringt. Sein Stil fiel doch deutlich hektischer aus als die eher besonnene Inszenierung Morels (was sich vor allem in den arg unübersichtlich gestalteten Autoverfolgungen zeigt). Liam Neeson, den man vor 96 HOURS niemals auch nur ansatzweise in einem Actionthriller vermutet hätte, agiert hingegen in bekannter Qualität. Ebenso souverän wie agil beweist er, dass unkonventionelle Besetzungen die halbe Miete sein können. Famke Janssen [→ DEEP RISING] an seiner Seite hingegen wird vom Skript dermaßen unter Wert verkauft, dass es fast ein Trauerspiel ist.
Der Überraschungseffekt, den der Erstling mit sich brachte, ließ sich freilich unmöglich wiederholen. TAKEN II müht sich zwar, bleibt aber letztendlich eine nicht zwingend notwendige und an den Haaren herbeigezogene Fortsetzung, die quasi alle Qualitäten des Originals vermissen lässt: Die zielstrebige Killer-Klimax weicht beliebiger Larifari-Action, das Aufbegehren gegen gängige Konventionsmuster weicht eben diesen. Sicherlich gibt es für Actionfreunde schlechtere Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Die Happy Hour ist dennoch vorbei.
Laufzeit: 92 Min. / Freigabe: ab 16
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