Hongkong 1986
Regie:
Ronny Yu
Darsteller:
Brandon Lee,
Michael Wong,
Regina Kent,
Mang Hoi,
Bolo Yeung,
Kirk Wong,
Michael Chan,
Tanya George
„Söhnchen, du wirst eine lange Zeit hier drin bleiben. Iss ne Banane!“
(Der Inspektor versucht, Brandon den Knastaufenthalt schmackhafter zu machen.)
Inhalt:
Brandon [Brandon Lee] ist ein redlicher junger Mann, der sich gleich mit zwei Jobs durchs Leben schlägt, um seiner Freundin und sich eine schöne Zukunft sichern zu können. Doch leider hat er sich mit Michael [Michael Wong] einen falschen Freund gesucht. Der nämlich ist rattenscharf auf Brandons Freundin May [Regina Kent]. Und da er es als Sohn eines Gangsters gewohnt ist, zu bekommen, was er will, schmiedet er einen hinterhältigen Plan: In einer Bar bringt er einen Konkurrenten seines Vaters ums Eck – und schafft es erfolgreich, den Mord Brandon in die Schuhe zu schieben. 8 Jahre lang wandert dieser dafür in den Bau, sich seinem Schicksal zunächst beherrscht fügend. Doch als er erfährt, dass er hintergangen wurde, ist es bei ihm vorbei mit der Genügsamkeit. Wieder auf freiem Fuß deckt er sich mit ausreichend Arsenal ein und schreitet zur blutigen Tat …
Kritik:
Nein, verausgabt haben sich die Autoren wahrlich nicht, als sie das Drehbuch zu BORN HERO schrieben (und ja, man benötigte tatsächlich gleich zwei Leute dafür). Die Geschichte ist dermaßen spartanisch und nach Schema F gestrickt, dass ein simples Treatment bereits vollkommen ausgereicht hätte. Das einzige Ziel der lediglich zweckdienlich zurechtgezimmerten Zeilen bestand darin, Brandon Lee, dem Sohn der Leinwand-Legende Bruce Lee, zu seinem ersten Kino-Auftritt zu verhelfen. Anstatt unnütze Risiken einzugehen, setzte man dafür lieber auf bereits mehrfach bewährte, erwiesen betriebsfähige Zutaten und zeichnete die Hauptperson als fast schon übertrieben mustergültigen Schwiegermuttertraum, der sich tagtäglich abrackert, um seiner Freundin und sich ein schönes Leben ermöglichen zu können. Damit klar wird, was für eine Seele von Mensch er doch ist, darf er gleich am Anfang einem kleinen Kind helfen, das seine Mutter verloren hat. Allerdings geht diese Charakterstilisierung doch etwas nach hinten los, denn gesagte Mutter sitzt in einem bereits abgefahrenen Bus, dem Brandon nun mit dem Mädchen auf dem Arm in ziemlicher Sinnlosigkeit und arg selbstmörderischer Manier durch den Straßenverkehr hinterherhechtet. Statt veritabel erscheint Lee hier eher verantwortungslos.
So viel eherne Rechtschaffenheit erfordert natürlich einen maximal durchtriebenen Kontrahenten, den man in Michael Wong (ja, die Filmfiguren heißen hier tatsächlich so wie die Schauspieler) dann auch findet. Brandons Arglosigkeit gegenüber seinem früheren Freund erscheint dabei etwas zu weit hergeholt, denn dass der schofelige Schmierlappen ein falscher Fuffziger ist, riecht man locker mehrere Meilen gegen den Wind. Der Held jedoch steht erstaunlich lange Zeit auf dem Schlauch und vertraut seinem Denunzianten blind, ohne auch nur den Hauch eines Verdachts zu schöpfen, was ihn nicht besonders helle wirken lässt. Ohnehin kommt Lee unbeabsichtigterweise oft ein wenig begriffsstutzig rüber, wozu sein stets etwas tranig wirkender Gesichtsausdruck in nicht unerheblichem Maße beiträgt. Das virile Charisma seines Vaters geht ihm überwiegend ab, weswegen man ihm den harten Hund, zu dem er sich noch gerade rechtzeitig zum Finale entwickelt, auch nicht so recht abkaufen will. Auch die Vermarktung des Vehikels wirkte diesbezüglich etwas hilflos, setzte sie als Anreiz doch fast ausschließlich auf den Aspekt, dass hier der Sohn einer Ikone sein Kino-Debüt feiert. Da BORN HERO weder inhaltlich noch stilistisch etwas mit den wegweisenden Bruce-Lee-Klassikern gemein hat, verhallt diese Marktschreierei quasi im luftleeren Raum. War der Vater einst ein Meister der Machetik, der seine Widersacher per Hand, Fuß und Körperbeherrschung auf die Bretter schickte, greift der Sohn überwiegend zur Bleispritze, um innerhalb seiner Gegnerschaft klar Schiff zu machen. Zwar darf er durchaus auch mal ein paar Tritte verteilen, mit der berühmt gewordenen konzentrierten Kampfkunst seines Erzeugers hat das aber herzlich wenig zu tun.
Tatsächlich ist BORN HERO in weiten Teilen nicht einmal ein Actionfilm, denn der Fokus liegt doch lange Zeit woanders. Zu Beginn erlebt man hier eine arg kitschige und klischeegetränkte Liebesgeschichte, die vor allem daran krankt, dass Figuren und Verhältnisse schlichtweg zu schlecht geschrieben sind (er grundanständig und naiv, sie quengelig und viel zu mädchenhaft). Nach der ungerechtfertigten Inhaftierung Brandons wechselt die Erzählung dann zu einem traditionellen Gefängnis-Drama, in welchem sich der Protagonist mit dem rauen Leben im Knast herumplagen muss (misslungener Ausbruchsversuch inklusive). Zwar gibt es bis dahin zwischendurch immer mal wieder kleinere Scharmützel (etwas Prügel und Peng-Peng), die erwartbare Action-Rakete wird dabei aber wahrlich nicht gezündet. Freunde feuriger Konfliktaustragungen müssen sich daher bis zur finalen Viertelstunde gedulden, die zuvorige Versäumnisse dafür allerdings auch anständig nachholt und an die trauten Tugenden des Hongkong-Kinos gemahnt. Nach einer zünftigen, mit viel Blechschrott garnierten Autojagd (die natürlich in einem Flammenmeer endet) und einem bleihaltigen Zwischenstopp am überraschend unkonventionellen Schauplatz „Hühnerfarm“ (welcher Tierschützer auf die Barrikaden treiben dürfte), wird in des räudigen Verräters rustikaler Villa großkalibrig und flächendeckend aufgeräumt, wobei neben beidhändig ausgeführtem Dauerbeschuss auch der gute alte Nahkampf nicht zu kurz kommt. Die beabsichtige Katharsisfunktion dieser endgültig den Konnex klärenden Konfrontation bleibt natürlich aus, da BORN HERO es niemals schaffte, Charaktere zu kreieren, mit denen man sich empathisch verbünden könnte. Aber dafür knallt es wenigstens endlich mal so richtig.
Am Ende hat Regisseur Ronny Yu [→ DIE SÖHNE DES GENERALS YANG] dann gar nicht so viel falsch gemacht. Klar, die Story ist ausgelatscht und leidenschaftslos erdacht, dafür aber erfreulich stringent umgesetzt und auch nie wirklich langweilig. Im Gegensatz zu vielen Konkurrenzprodukten entsteht die Action hier tatsächlich aus der Handlung heraus und nicht umgekehrt. Auch wurde auf unpassende Humor-Einlagen verzichtet, was im Genre des bewegungsorientierten Asien-Kloppers gar nicht mal so oft passierte. Die Inszenierung ist (abgesehen von der unvermeidlichen teils arg hässlichen 80er-Jahre-Mode) gut anzusehen, wenn auch recht bodenständig und längst nicht so experimentell angehaucht, wie manch andere Arbeit Yus. Brandon Lee [→ RAPID FIRE] und Michael Wong [→ SEVEN ASSASSINS] sind als honoriger Held und schmieriger Schurke nicht mehr als schablonenhafte Abziehbilder, agieren im Rahmen ihrer Möglichkeiten aber ausreichend anständig. Regina Kent [→ TOP SQUAD] kann als einzige relevante Frauenfigur hingegen gar keine Akzente setzen, da sie vom Skript schlichtweg verheizt und in die passive Opferrolle gedrängt wird. Und in einer Nebenrolle darf sich Kult-Hackfresse Bolo Yeung [→ DER MANN MIT DER TIGERPRANKE] auch einmal kurz das Fell gerben lassen.
Wer Schauspielkino erwartet, ist hier also fehl am Platze. Wer Dauer-Action erwartet, ebenfalls. Dennoch vertreibt LEGACY OF RAGE (wie BORN HERO jenseits deutscher Videothekenregale eigentlich heißt) die Zeit durchaus im brauchbaren Bereich. Kann man sich ansehen. Muss man aber nicht.
Laufzeit: 86 Min. / Freigabe: ab 18