Eigene Forschungen

Freitag, 31. Mai 2013

DER GROSSE GATSBY


THE GREAT GATSBY
USA, Australien 2013

Regie:
Baz Luhrmann

Darsteller:
Leonardo DiCaprio,
Tobey Maguire,
Carey Mulligan,
Joel Edgerton,
Isla Fisher,
Jason Clarke,
Amitabh Bachchan,
Steve Bisley



„Gatsby glaubte an das grüne Licht.“


Inhalt:

New York, 20er Jahre: Börsenmakler Nick Carraway [Tobey Maguire] ist Opfer schwerer Depression und verbringt seine Tage unter ärztlicher Aufsicht in einem Sanatorium. Als er immer wieder den Namen „Gatsby“ erwähnt, wird sein Therapeut neugierig und beginnt, Nick über Gatsby auszufragen. Nun beginnt Nick zu erzählen, wie er als junger Mann nach Long Island zog und so zufälligerweise Nachbar des geheimnisvollen Millionärs Jay Gatsby wurde, den zwar niemand wirklich persönlich zu kennen scheint, über den jedoch abenteuerliche Geschichten kursieren. Jedes Wochenende veranstaltet er in seiner Luxusvilla rauschende Partys, zu denen alle eingeladen sind. Zwar kennt niemand den Grund für dieses Angebot, aber dennoch treffen sich regelmäßig alle Gesellschaftsschichten bei Gatsby, um ausgelassen und exzessiv zu feiern. Fasziniert von dieser für ihn fremden Welt, ist Nick schließlich einer der wenigen, die Gatsby persönlich kennenlernen dürfen. Viele Geheimnisse umgeben den jungen Mann, doch nach und nach erfährt Nick, dass Gatsby auf der Suche nach der Liebe seines Lebens ist, die er vor vielen Jahren verlassen musste, da sie aus reichem Hause und er selbst bettelarm war. Der Name dieser Frau ist Daisy Buchanan – Nicks Cousine.

Kritik:

DER GROSSE GATSBY, das ist Weltliteratur™ und gilt als solche als unverfilmbar™. Das hat ein paar Leute jedoch nicht davon abgehalten, es dennoch immer mal wieder zu tun. Der Australier Baz Luhrmann war somit bereits der Vierte im Bunde, der versuchte, Publikum und Presse von seiner Leinwand-Version der gesellschaftskritischen Prosa F. Scott Fitzgeralds zu überzeugen. Fast selbstverständlich, dass Luhrmann dabei einmal mehr seinem Steckenpferd frönte, auf das er seit seiner Version von ROMEO UND JULIA nicht mehr verzichten wollte. So geriet auch sein GATSBY zur visuellen Reizüberflutung, deren Bildgewalt in manchen Momenten selbst die große Leinwand zu sprengen scheint, zumal Luhrmann sich die Möglichkeiten der 3D-Technik zu Nutze machte, um eine größtmögliche Einbindung des Publikums zu gewährleisten. Dabei beginnt DER GROSSE GATSBY, in Verneigung vor dem klassischen Kino Hollywoods, sogar zunächst in schwarz-weiß, bevor sich die Leinwand, hat das Bild erst einmal Farbe bekommen, regelrecht zu öffnen scheint und den Betrachter Hals über Kopf hineinsaugt in die grellbunte, überschäumende Welt der wilden 20er Jahre.

Der Boden der Tatsachen wird dabei freilich verlassen. Luhrmann bietet keine dokumentarische Geschichtsstunde, die Anrecht auf Authentizität erheben dürfte. Luhrmann bietet einen haltlosen Sturz in eine märchenhaft überzogene, romantisch verklärte Imitation vergangener Zeiten, bis zum Exzess hochstilisiert und vorm Zuschauerauge schimmernd wie eine LSD-geschwängerte Seifenblase. Eine große Überraschung ist das nicht: Bereits Luhrmanns vorherige Regiearbeit AUSTRALIA, ein geradezu schwindelerregend schwülstiger Schmachtfetzen, huldigte dermaßen ungehemmt der szenischen Übertreibung, dass er fast wie seine eigene Parodie wirkte. Dennoch ist es bemerkenswert, könnte die Diskrepanz zur vorhergehenden Kinoverfilmung (1974 von Regisseur Jack Clayton verwirklicht) doch größer kaum sein. Wo Clayton die Ereignisse eher spröde und zurückhaltend inszenierte, um sie erst im Finale zu verdichten (und das durchaus wirkungsvoll), geht Luhrmann den umgekehrten Weg: Seine Version verschießt sein (allerdings fast ausschließlich visuelles) Pulver bereits in der ersten Hälfte, bevor er sich auffällig zurücknimmt, um sich dann erst dem Innenleben seiner Figuren zu widmen.

Das allerdings hat schon bei Luhrmanns MOULIN ROUGE nicht wirklich gut funktioniert und funktioniert auch hier nicht so richtig: Die Liebe zwischen Jay Gatsby und Daisy Buchanan bleibt reine Behauptung, wirkt zu keinem Zeitpunkt wahrhaftig oder gar tangierend, im schlimmsten Falle sogar eher verärgernd. Wenn die opulente Pracht der Bilder plötzlich seichten Slapstick-Nummern weichen muss, in welchen sich das turtelnde Liebespaar vor Verlegenheit gegenseitig zum Kasper macht, dann hat das doch arge Ähnlichkeit mit einer kalten Dusche. Dass DER GROSSE GATBY dennoch bis zum Schluss zu fesseln vermag, liegt, neben der ungebrochen optischen Attraktivität, vor allem an seiner psychologischen Komponente, die mit der visuellen Wucht Hand in Hand geht: Wirkt die ausschweifende Welt des Lasters mit all seinen Reizen und seiner lockeren Moral zunächst wie ein nie enden wollender, die Sinne benebelnder Traum, offenbart sich, ist die Party erst vorbei, unter der glänzenden Oberfläche eine erschreckende Leere, während ihre vergnügungssüchtigen Protagonisten an ihrer Einsamkeit langsam, aber sicher zu Grunde gehen.

Als Identifikationsfigur für das Publikum dient dabei der von Tobey Maguire gespielte Börsenmakler Nick Carraway, der im Rahmen einer ärztlichen Therapie die Geschichte erzählt und die Ereignisse zusammenhält. Ebenso wie der Betrachter stolpert auch er überwältigt vom Pomp und Getöse mit großen Augen durch diese für ihn neue Welt und erliegt der Faszination um die Identität Gatsbys, der auch für ihn lange Zeit ein Rätsel bleibt. Für die Rolle des jungen, ebenso charmanten wie geheimnisvollen Millionärs Gatsby drängte sich Leonardo DiCaprio freilich geradezu auf – da schadet es nicht mal großartig, dass der vielbeschäftigte Mime hier ein wenig auf Autopilot zu funktionieren scheint. Er ist, genauso wie seinerzeit Robert Redford, die Idealbesetzung und erweckt die Figur glaubwürdig zum Leben. Das Objekt seiner Begierde verkörpert Cary Mulligan, die jedoch von Regie und Drehbuch arg im Stich gelassen wird. „Das beste, was einer Frau in dieser Welt sein kann, ist ein hübsches, kleines Dummchen“, sagt sie als Daisy Buchanan in einer Szene und liefert dabei eine verblüffend genaue Beschreibung ihrer Rolle. Warum gerade sie zur großen Liebe Gatsbys wurde, ist wenig nachvollziehbar, unterscheidet sie sich doch kaum von den restlichen Püppchen, die sie umgeben. Dass sich der Rest der Belegschaft gefährlich nah am Rand der Karikatur bewegt, ist angesichts der generellen Wirklichkeitsferne von DER GROSSE GATSBY gar nicht mal so tragisch. Fatal wird es hingegen, wenn eben diese Figuren Gefühle beim Publikum auslösen sollen. Vor allem gilt das für Jays Kontrahenten Tom Buchanan, von Joel Edgerton auf fast schon absurd überspannte Weise als rassistischer Drecksack verkörpert und moralisch dermaßen verkommen, dass Daisys Liebesbekenntnis ihm gegenüber kaum nachvollziehbar erscheint.

Macht nichts! DER GROSSE GATSBY berührt auf andere Weise: Bis zum Bersten gefüllt mit symbolträchtigen Bildern, entführt er sein Publikum in eine alternative Historie und erschafft ein faszinierendes Kaleidoskop, in welchem Bild und Sound eine atemberaubend perfekte Symbiose eingehen. Selbst die 3D-Technik wirkt hier nicht prahlerisch und auf simple Attraktion schielend eingesetzt, sondern ist gewissermaßen Teil der Handlung: Gatsby lebt in einer anderen Dimension, einem fremden Universum, dessen überbordenden optischen Reize quasi zum Leben erwachen. Dass die 20er Jahre dieser Welt nicht nur mit klassischen Klängen, sondern auch mit moderner Popkultur beschallt werden, kann dabei durchaus als Kommentar verstanden werden: Die Zeit des oberflächlichen Rausches ist noch lang nicht vorbei. 

Laufzeit: 142 Min. / Freigabe: ab 12

Mittwoch, 22. Mai 2013

ANGEL IN THE NIGHT - EINE FRAU SIEHT ROT


EL PLACER DE LA VENGANZA
Mexiko 1988

Regie:
Hernando Name

Darsteller:
Susana Dosamantes,
Hugo Stiglitz,
Eleazar Garcia Jr.,
Andres Garcia Jr.,
Pedro Armendáriz Jr.,
Jorge Alejandro,
Raúl Araiza,
Carlos East Jr.



Panik! Amok! Horrorshow! Bereits der deutsche Titel lässt die Alarmglocken schellen und knallt einem schon vor dem Lesen jeder Inhaltsangabe vor den Latz, womit man es hier zu tun hat. Und natürlich ist EINE FRAU KENNT KEINE GNADE tatsächlich nichts anderes, als eine erneute (wenn auch reichlich späte) Variation des allseits bekannten Rachethemas, das 1974 von Charles Bronson etabliert und in den folgenden Jahren immer wieder gern neu aufgekocht wurde. Dem Publikum gefällt das in der Regel. Da Rache in der Realität verboten ist, müssen halt die Leinwandhelden ran, um das lichtscheue Gesindel vorschriftsmäßig unter die Erde zu bringen.

Hier nun also EIN MANN SIEHT ROT, die hundertste. Nur halt auf frauisch. Und mexikanisch. Und da schellen die besagten Glocken dann gleich das zweite Mal, ist Mexiko doch nun nicht gerade für seine cineastischen Meisterleistungen berühmt, sondern eher für seine billigen Kopien erfolgreicher Vorlagen. Tatsächlich bewahrheiten sich die schlimmsten Befürchtungen: Dass EINE FRAU KENNT KEINE GNADE Innovationen ebenso vermissen lässt wie handwerkliches Geschick, ist dabei schon fast eine Selbstverständlichkeit und für Freunde des gepflegten B-Films auch nicht wirklich ein Problem. Doch unabhängig davon dürfte kaum jemand ausreichend gewappnet sein für die volle Breitseite allerschlimmster 80er-Jahre-Verbrechen, die einem hier vollkommen schamlos um die arglosen Augen und Ohren geballert wird. So ergießt sich (selbstverständlich untermalt von unerträglich billigem Synthesizer-Georgel in Dauerschleife) eine wahre Wagenladung von Gesichtselfmetern, Modesünden und Frisurdelikten über den Zuschauer, welche noch um einiges brutaler ist als die von reichlich unecht aussehendem Kunstblut getränkte Meuchelarie der Titelfigur.

Inhalt:

Familie Ruiz (Papa, Mama und zwei Bälger) macht Urlaub und plantscht ausgelassen am Pool herum. „Nachher gehen wir alle schwimmen“, so spricht der Papi. „Aber du kannst doch gar nicht schwimmen“, erwidert der Sprössling. „Und warum nicht?“ will der so Diffamierte erstaunt wissen. „Weil du ein Gips an deinem Bein hast“, lautet die Antwort, und die ganze Bagage kommt fast um vor Lachen. Der Grund für diesen Heiterkeitsausbruch bleibt freilich im Dunklen, denn der Bub spricht die Wahrheit: Papa Ruiz trägt tatsächlich ein Gipsbein (das für die Story übrigens völlig ohne Belang ist – vermutlich ist der Darsteller am Vortag beim Lesen des Drehbuchs einfach vor Schreck aus dem Fenster gefallen, und man hatte keine Zeit mehr, einen geeigneten Ersatz zu suchen).

Aber auch der schönste Urlaub geht einmal vorbei. Auf der Heimreise jedoch kommen die Ruizens auf die folgenschwere Idee, einen kleinen Umweg durch den Wald zu machen, um Papis Bruder zu besuchen. Doch im Wald, das weiß eigentlich jedes Kind, da sind die Räuber: Eine Bande ausnehmend hässlicher Hackfressen lauert im Gesträuch, um einen Geldtransporter zu erleichtern (Geldtransporte durch den Wald? In Mexiko wohl Standard). „Das gefällt mir gar nicht“, bemerkt dessen Fahrer dann auch sehr richtig. „Man schickt uns immer auf so einsame Strecken. Das macht mir Angst.“ „Es gibt keinen Grund, Angst zu haben“, erwidert sein Kumpan wacker. „Ich freue mich schon auf ein kühles Bier, wenn wir ankommen“. Ungeachtet der befremdlichen Tatsache, dass der Beifahrer dazu eine Geste macht, als würde er Brot schneiden, weiß der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt schon längst: Der gute Mann irrt sich und das Bier fällt heute Abend aus.

Quasi im Handumdrehen ist der Transporter gekapert, den Wachmännern wird kaltblütig das Licht ausgepustet. Besonders Bandenchef Julius [Eleazar Garcia Jr.] (der mit einer überdimensionalen Rotzbremse aussieht, als hätte nach dem Überfall noch vor, den Saddam-Hussein-Ähnlichkeits-Wettbewerb zu gewinnen) ist ein brutaler Knecht, dem Menschenleben nichts bedeuten. Das müssen auch die Ruizens erfahren, die just in diesem unliebsamen Moment mit ihrer Familienkutsche um's Eck geschaukelt kommen. Zeugen sind eher schlecht für's Geschäft, findet Julius, und eröffnet kurzerhand das Feuer. Die ganze Familie Ruiz verendet im Kugelhagel. Wirklich die ganze? Moment! Mama Ruiz hat das Inferno überlebt und sich einfach nur totgestellt - nicht ohne sich das Gesicht eines der Gangster genau einzuprägen. 

Cristina [Susana Dosamantes], so der Name der Überlebenden, wird ins Krankenhaus gebracht, nachdem dem falluntersuchenden Polizisten nach einer halben Ewigkeit auffällt, dass sie doch noch nicht ins Gras gebissen hat. Dort erfährt man nun, dass sie ebenfalls Ärztin ist: „Frau Doktor Ruiz, Sie sind über'n Berg. Sie werden noch einige Zeit brauchen, aber Sie sind ja selbst Ärztin.“ - „Und mein Mann? Und meine Kinder?“ - „Das Leben muss weitergehen, vergessen Sie das nicht!“

Diesen sehr weisen Rat befolgend, verbringt Cristina das Jahr ihrer Genesung bei ihrer Schwester in den USA, um daraufhin wieder in der Heimat als Psychologin zu arbeiten. Ihr Trauma scheint sie verblüffend schnell verarbeitet zu haben. Aber das Leben (und vor allem ein Drehbuch) steckt voller Überraschungen: Eines Tages legt sich der 19jährige Omar [Andres Garcia Jr.] auf ihre Couch, um die Schatten seiner Vergangenheit abzuschütteln. Als Cristina ihn erkennt, stockt ihr der Atem: Er war Mitglied der Bande, die ihre Familie getötet hat. 

Als sie bemerkt, dass er sie nicht erkennt, benutzt sie sein Vertrauen, um ihn über seine Kumpanen und deren Verbleib auszufragen. Kaum hat Cristina die nötigen Informationen, fackelt sie auch nicht lang: Mit einem Schraubenzieher bewaffnet und unter einer ausnehmend scheußlichen Perücke versteckt, lockt sie den ersten Täter (ein ganz böser Junge inklusive „Garfield“-Shirt) in einen Kinosaal, um ihn dort fachgerecht um die Ecke zu bringen. 

Auftritt Kommissar Gallardo [Pedro Armendariz], ein echtes Musterbeispiel fachlich kompetenter Polizeiarbeit. Als er erfährt, dass der Täter eine blonde Perücke trug, ist für ihn der Fall schon so gut wie gelöst: „Dann werden wir eine Razzia bei den Prostituierten machen. Transvestiten, Homosexuelle... Wir kämmen die ganze Gegend durch.“ Eine brillante Taktik, die jedoch nicht aufgeht: Cristina mordet weiter, die gute alte erst Verführungs-, dann Abstechungsmasche verfehlt ihr Ziel nie. Trotz aller Rückschläge will Kommissar Gallardo nicht von seiner Theorie abweichen: „Trotzdem glaube ich, dass es einer aus der Homosexuellenszene war. Du siehst ja, wie leidenschaftlich die sind! Wir müssen uns alle diese Schwulentreffs vornehmen! Wie heißt dieser Laden nochmal? Dieser, dieser... Argos! Ich habe mich erkundigt, da läuft Einiges!“ 

Und während sich der Kommissar immer noch auf Homo-Jagd befindet, dämmert es den verbliebenen Bandenmitgliedern inzwischen, dass Frau Ruiz das damalige Massaker doch überlebt haben könnte. „Ich bin mir fast sicher, dass diese Hure noch lebt“, verkündet Julius. „Wie kriegen wir raus, wer und wo sie ist?“ lautet eine berechtigte Frage. „Genauso, wie wir es früher gemacht haben: Durch die Zeitung!“

Früher? Wann? Egal, der Plan ist gut, finden alle. Dass nun ausgerechnet Jammerlappen Omar ins Zeitungsarchiv abkommandiert wird, sorgt für einen der grandiosesten Momente des gesamten Films, als er sich gegenüber dem Reporter [Hugo Stiglitz] eine geradezu fantastische Begründung für sein Interesse einfallen lässt: „Ich interessiere mich für die wichtigsten Verbrechen des letzten Jahres.“ - „Wofür brauchen Sie das?“ - „Ich bin... äääh.. Ich bin Lehrer an einer Schule und ich muss ein Referat über Mordfälle und Verbrechen halten“.

In Mexiko führen also nicht nur Geldtransporte durch die Botanik, sondern in den dortigen Schulen werden die Referate anstatt von den Schülern auch von Lehrern gehalten. Man lernt nie aus! Durch diesen schlauen Trick findet Omar schließlich heraus, dass seine Seelenklempnerin mit dem nächtlichen Racheengel identisch ist. Eine sehr brauchbare Information zwar, doch nützt sie der Bande nicht viel: Jeder Versuch, Cristina auszuschalten, schlägt fehl. Diese ist nun vollständig zum Aushilfs-Rambo mutiert und macht richtig den Otto los.

Kritik:

Es hat keinen Zweck, es zu leugnen: Die Optik EINE FRAU KENNT KEINE GNADEs ist äußerst unattraktiv und die Umsetzung der Ereignisse überaus plump geraten. Doch der Einfall, einen der Täter sich unwissentlich in die Hand seines Opfers begeben zu lassen, ist so unoriginell gar nicht mal und hätte durchaus als brauchbarer Aufhänger eines interessanten Konflikts dienen können. Bedauerlicherweise jedoch wird die Idee eigentlich kaum genutzt und verläuft schon nach recht kurzer Zeit wieder im Sande. Stattdessen folgt eine gewohnt formelhafte Abhandlung der Geschehnisse, die jedoch – so viel muss man zugeben – über weite Strecken durchaus zu unterhalten weiß. Mal abgesehen von einem unnötigen Nebenplot, in welchem sich die Bande untereinander zerstreitet (was aber ein paar Minuten später kein Thema mehr ist), geriet die Erzählung angenehm geradlinig und sorgt trotz ihrer Banalität für ein gewisses Maß an Kurzweil. Cristinas Racheaktion hingegen wirkt nicht wirklich zufriedenstellend, zumal sie die Bösewichte einfach absticht, ohne ihnen vorher zu offenbaren, mit wem sie es eigentlich zu tun haben und warum sie jetzt eigentlich gerade getötet werden (was die ganze Rache eigentlich sinnlos macht).

Die Darsteller gehen gerade noch als brauchbar durch (was ebenso für ihre deutsche Synchronisation gilt): Susana Dosamantes in der Hauptrolle gibt sich Mühe, wirkt aber in keiner Sekunde wirklich wie eine Frau, die vor kurzem Mann und Kinder verloren hat. Auch ihr Hass gegenüber den Tätern bleibt bloße Behauptung, spüren tut der Zuschauer nichts davon. Davon abgesehen ist es auch für den Zuschauer nicht einfach, diese lächerlich überzeichnete Ansammlung schauderhafter Bratwurstfressen ernstzunehmen, die weniger wie Gangster wirken, sondern eher wie wandelnde Parodien auf solche. Zwar wird Anführer Julius als hassenswertes Dreckschwein angelegt, doch wenn er seinen monströsen Schenkelbesen nebst Vokuhila ins Bild schiebt, empfindet man als Zuseher eher Heiterkeit als Hass. Fast schon tragisch wirkt die Rolle Andres Garcia Jr.s, der als Jammerlappen Omar in seiner unbeholfenen Art tatsächlich Sympathien beim Publikum ernten kann: Wenn er, von den Gewalttaten seines Anführers traumatisiert, plärrend und bebend auf Cristinas Couch liegt oder sich grandiosen Unsinn zusammenstotternd allen Ernstes als Grundschullehrer ausgibt, um Akteneinsicht zu erlangen, dann möchte man den armen Burschen direkt in den Arm nehmen, und ihm zum Trost ein Eis spendieren.

Der Gewaltpegel EINE FRAU KENNT KEINE GNADEs ist zwar recht hoch, selbst die erschossenen Kinder werden ins unschöne Bild gerückt (was sich nur wenige Filmemacher wirklich trauen), doch vor allem das deutlich als solches zu identifizierende Kunstblut entlarvt das Gesehene sofort als Inszenierung, so dass auch die Nachtruhe etwas zarter Besaiteter nicht wirklich in Gefahr sein dürfte (Albträume aufgrund der gebotenen Visagen und Frisuren sind tatsächlich weitaus wahrscheinlicher). Insgesamt ist EL PLACER DE LA VENGANZA (=“Die Lust an der Rache“, so kennt man die Nummer in ihrer Heimat) zwar nicht ganz so schlimm, wie man hätte vermuten können und bietet im Prinzip ganz passable Unterhaltung. Doch die schäbige Optik, die banalen Dialoge, die plump inszenierte Action und nicht zuletzt die grässliche Musik machen EINE FRAU KENNT KEINE GNADE nicht selten zur Zerreißprobe und verlangen dem Zuschauer schon einiges ab. Unverbesserliche Trashjunkies, die wirklich jedes 80er-Jahre-Videofutter konsumieren müssen, seien daher gewarnt: Dieser Film kennt keine Gnade!

Laufzeit: 87 Min. / Freigabe: ungeprüft

Donnerstag, 16. Mai 2013

LIEBESGRÜSSE AUS FERNOST


WONDER WOMEN
Philippinen, USA 1973

Regie:
Robert Vincent O'Neill

Darsteller:
Ross Hagen,
Nancy Kwan,
Vic Diaz,
Joonee Gamboa,
Sid Haig,
Maria de Aragon,
Roberta Collins,
Tony Lorea



Für Freunde anspruchsloser Action-Unterhaltung ist es längst kein Geheimnis mehr: Hat man es mit einer Gemeinschaftsproduktion der USA mit den Philippinen zu tun, steigt die Wahrscheinlichkeit, einen echten B-Kracher vor sich zu haben, exponentiell in die Höhe. In den 70er Jahren wurde das südostasiatische Inselarchipel von amerikanischen Billigfilmern geradezu überrannt, die dort, für schmales Geld und einen Koffer voller Pyrotechnik, ein fetziges Gute-Laune-Vehikel nach dem nächsten fabrizierten. Die Voraussetzungen waren denkbar günstig, boten die Philippinen doch nicht nur eine traumhaft schöne Kulisse und enorm billige Arbeitskräfte, sondern dazu auch Behörden, die ein Wort wie „Sicherheitsbestimmungen bei Medienproduktionen“ noch nicht mal im Ansatz buchstabieren konnten. So entstanden – völlig losgelöst von den starren Konventionen der hollywood'schen Traumfabrik – von halsbrecherischen Stunts durchzogene, inhaltlich zum Teil hoch abstruse Nonsens-Spektakel, denen keine Story zu dünn und keine Idee zu unsinnig erschien. Auch in Sachen Nacktheit und Brutalität nicht geizend, bereitete man dem geneigten Bahnhofskinogänger auf diese Weise etliche höchst vergnügliche Stunden, in welchen spontane Begeisterungsausbrüche nicht unbedingt auszuschließen waren.

Wer diese Worte nicht versteht oder gar glauben kann, dem sei LIEBESGRÜSSE AUS FERNOST ans zweifelnde Herz gelegt. Der schwindelerregend haarsträubende Agenten-Science-Fiction-Action-Cocktail ist geradezu ein Paradebeispiel dafür, mit welch hemmungsloser Verrücktheit die Macher zur Not von Leder zogen, um ihr Publikum bei Laune zu halten.

Inhalt:

In Südostasien verschwinden seit einiger Zeit immer wieder berühmte Spitzensportler spurlos. Eine britische Versicherungsgesellschaft vermutet einen großangelegten Betrug hinter der Sache und schickt ihren Agenten Mike Harper auf den Inselstaat, um den Fall zu untersuchen. Dieser tappt zunächst im Dunkeln, doch ein Hinweis des zwielichtigen Informanten Won-Ton Charlie [Joonee Gamboa] (von Harper in bemerkenswerter Konsequenz „Wonne-Tonne“ genannt) schickt ihn schließlich auf die Spur der attraktiven Linda [Maria de Aragon]. Diese, so findet er bald heraus, arbeitet für die verbrecherische Chinesin Dr. Tsu [Nancy Kwan], die ihre ganz eigenen Moralvorstellungen hegt.

Kritik:

Bauklötze staunend und von massiven Heiterkeitsanfällen durchgeschüttelt, begleitet man als Zuschauer fassungslos die Reise des Hauptprotagonisten (von Ross Hagen zweckdienlich als Charmeur im bewährten James-Bond-Stil angelegt) und wird ent- und begeisterter Zeuge der erquickenden Vielzahl an Merkwürdigkeiten, die dabei seinen Weg kreuzen: Eine verrückte Chinesin, die in einem geheimen Labor verbotene Experimente durchführt, eine Horde nymphomaner Killer-Ladys, die mit MP und Minirock zum Angriff bläst, eine Maschine, die Sex-Strahlen aussendet, und zombieähnliche Mutanten (u. a. ein Maximalpigmentierter mit Blaulicht auf der Birne), die menschenmeuchelnd durch die Landschaft taumeln.

Bar jeder Plausibilität und Realitätshaftung präsentiert sich LIEBESGRÜSSE AUS FERNOST als anarchistische Achterbahnfahrt ausgemachter Albernheiten, die jedweden Anflug von Logik bereits im Ansatz mühelos erstickt: Da wird der Held von allen Seiten gleichzeitig unter Feuer genommen, ohne auch nur einen Kratzer davonzutragen. Eine Ladung aus des Helden Rohr hingegen entfacht halbe Infernos, lässt Fahrzeuge zerbersten, deren Insassen in Flammen aufgehen und hinterlässt gerade mal noch verbrannte Erde. Und sollte die Action doch mal pausieren in diesem wüsten Konglomerat aus Knalleffekten, Keilerei und Kesseljagden, so beginnt die weibliche Belegschaft in der Regel damit, ihre nackte Haut in die Kamera zu halten (was auch dramaturgisch nun nicht unbedingt zwingend notwendige Striptease-Nummern mit einschließt). Die Einblicke können sich dabei durchaus sehen lassen, die Damenriege - vom Klischee-Blondchen zum afrofrisierten Pam-Greer-Verschnitt - wurde sehr vorausschauend und mit Bedacht auf eine gewisse Qualität gecastet.

Ist der Unterhaltungsfaktor bis hierhin ohnehin bereits von kaum zu überbietendem Kaliber, verpasste man WONDER WOMEN (Originaltitel) zu guter Letzt noch eine deutsche Synchronfassung, bei welcher sich die Spucke noch mal zusätzlich verabschiedet: Rainer Brandt, damals die erste Adresse für Schnodderdeutsch im Kneipenjargon, steuerte dem Geschehen eine unfassbar politisch unkorrekte Tonspur bei, die einem die Sprüche quasi im Sekundentakt um die Ohren schlägt. Das geht von einfach nur blöden Dialogen („Sind Sie Amerikaner?“ - „Eigentlich bin ich Schwabe, aber sagen Sie’s nicht weiter!“) über sexistische („Ich bin ein anständiges Mädchen.“ - „Du kannst doch ‚anständig‘ nicht mal buchstabieren, du altes Ferkel!“) bis hin zu rassistischen („Sieh dir das an, mein gelblicher Freund!“) und passt zu dem schamlosen Leinwand-Treiben wie der berühmte Arsch auf den noch berühmteren Eimer.

Ross Hagen [→ DIE INSEL DER RIESEN-DINOSAURIER] in der Hauptrolle macht seine Sache gut, stiefelt als charmanter Sunnyboy mit amüsiertem Grinsen durch das banale Szenario und genießt die Hahn-im-Korb-Situation. Ihm zur Seite steht Vic Diaz, der als schlitzohriger Taxifahrer das komplette Gegenteil seiner Rolle als schmieriger Zuhälter aus dem im selben Jahr entstandenen FRAUEN IN KETTEN verkörpert. Nancy Kwan [→ DRAGON – DIE BRUCE-LEE-STORY] ist ebenfalls gut besetzt, agiert und wirkt als Dr. Tsu genauso, wie man sich eine verbrecherische Chinesin vorstellt. Fast schon obligatorisch für einen Beitrag dieser Art ist das Mitwirken von B-Film-Ikone Sid Haig [→ COFFY], der seine Hackfresse auch hier mal wieder mit hämischem Dauergrinsen in die Kamera halten darf.

Handwerklich gibt es nichts zu mäkeln, die Ereignisse wurden zwar kostensparend, doch solide umgesetzt: Die Optik stimmt, die Action geriet rasant, und die Stuntmen schoben Überstunden. Ein paar schöne Zeitlupenaufnahmen gibt’s gratis dazu und für den Rest sorgt die attraktive Kulisse. Lediglich über die Kampfchoreographie hätte man nochmal jemanden drüberschauen lassen sollen, der sich mit so etwas auskennt, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. LIEBESGRÜSSE AUS FERNOST ist eine Perle des Bahnhofskinos, die auch auf AUSTIN POWERS ungemein inspirierend gewirkt haben dürfte. Zwischen Exploitation und eigener Parodie entspinnt sich eine grandiose Unterhaltungsbombe, deren deutsche Fassung noch mal zusätzlich Zunder gibt. Fazit: Ein ausgemachtes Freudenfest für jeden trashaffinen Freund des abseitigen Leinwandspektakels. Und alle so: Yeaahh!!

Laufzeit: 73 Min. / Freigabe: ab 18

Mittwoch, 8. Mai 2013

YAKO - DER EINSAME RÄCHER


YAKO, CAZADOR DE MALDITOS
Mexiko 1986

Regie:
Rubén Galindo

Darsteller:
Eduardo Yáñez,
Gregorio Casal,
Humberto Elizondo,
Diana Ferreti,
Gabriela Goldsmith,
Fabián Aranza,
Mario Casillas,
Armando Chávez



„Action, Action, Action!“ versprach einst das deutsche Videocover zu YAKO – DER EINSAME RÄCHER, und zwar in genau dieser Reihenfolge, um dann im Anschluss nicht frei von Stolz noch hinzufügen: „Ein Film von Rubén Galindo“. Und dieser ist ja bekanntlich eine echte Hausnummer, wenn es um knüppelharte Männer-Unterhaltung geht … NICHT!

Kenner schundiger Videotheken-Ware ahnen zu diesem Zeitpunkt natürlich schon längst, was ihnen so ungefähr blüht, sollte man sich tatsächlich dazu aufraffen, sich aufgrund dieser Versprechungen 80 Minuten Lebenszeit stehlen zu lassen: In den 80er Jahren empfahl sich Mexiko eine Zeit lang als eine der ersten Adressen für obermülligen Filmramsch, welcher im Fahrwasser großer, zumeist amerikanischer Kinoerfolge ebenso eilig wie kostenschonend zusammengeschustert wurde, um sich noch ein paar Pesos dazuzuverdienen. YAKO – DER EINSAME RÄCHER bildet da keine Ausnahme: Von der ersten bis zur letzten Sekunde allerfeinsten Dilettantismus zelebrierend, unterbietet der gnadenlos billige RAMBO-Klon mühelos jede Schultheateraufführung und gehört für unverwüstliche Trash-Freunde daher quasi zum Pflicht-Programm.

Inhalt:

Wippende Hüften, schwingende Hintern, sich grätschende Beine, dazu Gedudel vom Alan Parsons Project – der Vorspann läuft, und verdutzt äugelt der gemeine Action-Freund noch mal aufs Cover, ob er auch tatsächlich den versprochenen Brutalo-Knaller („Action, Action, Action!“) oder versehentlich doch Großmutters Aerobic-Video erwischt hat. Aber alles in Butter: Die etwas ungelenke Hupfdohlen-Parade ist tatsächlich Teil der Handlung und soll das Vortanzen für eine große Broadway-Show darstellen. Dem Herren vom Auswahlkomitee scheint die Darbietung allerdings nicht wirklich gut zu gefallen: Missmutig bläst er die Backen auf. Recht hat er, sieht wirklich ziemlich scheiße aus, das Ganze!

Doch dann kommt plötzlich Schwung in die Bude: Jetzt tanzt Diana, und obwohl sie genauso mies durch die Gegend hoppelt wie der ganze Rest, gefällt dem guten Mann die neue Aussicht offenbar. Das merkt man daran, dass er nun nicht mehr die Backen aufbläst, sondern anfängt, über beide Ohren zu grinsen wie ein Honigkuchenpferd. Vor Überschwang völlig aus dem Häuschen engagiert er besagte Dame quasi vom Fleck weg für die nächste große Broadway-Nummer.

Diana ist – Überraschung! - die Verlobte des Titelhelden Yako (je nach Synchronscherge mal Jacko und mal Dschako ausgesprochen), der, ebenso wie sein holdes Weib, wohl häufiger mal gefragt wird, was sein Frisör eigentlich von Beruf ist. Zwar studiert Yako an der renommierten UCLA, hat für die Zukunft jedoch deutlich bescheidenere Ziele: Die Leitung eines eigenen Pizza-Restaurants. Als Yako erfährt, dass seine Liebste nun die große Karriere macht, ist er zunächst gar nicht so begeistert. Verständlich, wahrscheinlich hätte er die Olle lieber hinterm Herd seines Restaurants gesehen.

Ohnehin scheint die Beziehung der beiden etwas abgekühlt zu sein, wie ihre gefühlvollen Gespräche beweisen:

Diana
„Weißt du, warum ich dich liebe? Weil du immer das letzte Wort hast.“

Yako:
„Red nicht, iss lieber!“

Als er jedoch die Nachricht erhält, dass Diana schwanger ist, freut er sich wie Bolle und springt aufgeregt durchs Zimmer. Doch Diana – so muss er bald feststellen – hat gar kein gesteigertes Interesse daran, die große Karriere gegen den Kinderwagen einzutauschen. Und schon hängt wieder der Haussegen schief. Als Yako an dem Abend nach Hause kommt, findet er anstatt seiner Herzdame lediglich einen von ihr verfassten Brief (welcher aus dem Off von ihr vorgelesen wird, und zwar in einer solch immensen Lautstärke, dass im Hintergrund eigentlich die Gläser scheppern müssten). Trennung! Alles aus! Für immer und ewig!

Komischerweise hat sie es sich bereits in der nächsten Szene schon wieder anders überlegt. Der sich aus dieser Situation erspinnende Dialog ist mal wieder von brillanter Rhetorik:

Yako:
„Bist du etwa gekommen, um dich zu entschuldigen? Ich weiß nicht, was es da noch zu sagen gibt. Pack deine Sachen und verschwinde! Spar dir die unnötigen Erklärungen!“

Diana:
„Ich bin gekommen, um mich für gestern Abend zu entschuldigen.“

Im Nu ist wieder alles im Lot und Yako und Diana schlendern Hand in Hand und zu grauenhafter Klang-Untermalung die Straßen hinab.

Zwar ist in diesen ersten zwölf Minuten bereits mehr passiert als in jeder Seifenoper, doch wo bleibt eigentlich die Action, Action, Action!? Die Zeichen auf etwas Derartiges stehen ab jetzt recht gut, denn da schwangere Frauen bekanntlich sehr viel Bewegung brauchen, steht als nächstes eine ausgiebige Wander- und Zelt-Tour im nächstgelegenen Urwald auf dem Programm (bei welcher die Auserwählte selbstverständlich die schweren Sachen alle selbst schleppen darf – eine Pointe, die von einem Sound begleitet wird, der klingt wie die Flatulenz von Super-Mario).

Frische Waldluft macht nachdenklich, daher sinnieren Yako und Diana erstmal eine Runde über Weltschmerz und andere Sorgen:

Diana:
„Es macht mich traurig, wenn ich seh, wie viele Kinder den Hungertod erleiden müssen.“

Yako:
„Ja, das ist schon traurig. Aber daran können wir beide doch leider nichts ändern. Wir können nur darum kämpfen, dass die Umwelt unseren Kindern so erhalten bleibt, verstehst du?“

Diana:
„Auch, wenn wir beide noch so kämpfen sollten: Stell dir nur vor, die Großmächte zerstreiten sich und es bricht ein Krieg aus. Das kann so verdammt schnell gehen. Was nutzt es uns dann noch? Mit wem wollen wir dann kämpfen?“

Yako:
„Ist ja gut, ist ja gut! Aber bis das passiert, kann man doch wenigstens versuchen, ihnen eine Zukunft zu geben und sie glücklich zu machen. Und wenn es wirklich passiert, ist sowieso alles aus!“

Die Argumentationskette reißt nicht ab, und einen Moment lang wünscht man sich, es möge doch tatsächlich ein Krieg ausbrechen und die beiden Schmalspurphilosophen von der Platte putzen (das brächte dann immerhin auch ein wenig Action, Action, Action!). Doch kaum ist dieser Wunsch zu Ende gedacht, rappelt es schon ganz unheilvoll im Gebüsch. Was passiert jetzt? Krieg? Nein, es sind nur ein paar Strauchdiebe, die der guten Diana gern ihre Aufwartung machen möchten. Das Besetzungskarussell musste gewiss ziemlich lang rotieren, bis diese aparte Herrenriege mit den vertrauenerweckenden Gesichtsausdrücken komplett gecastet war.




















Doch auch ihr Anführer mit dem wohlklingenden Namen Texas ist ein echter Wonneproppen:


Stock und Hut steh’n ihm gut …

Da Diana jedoch recht wenig Drang verspürt, die illustre Runde freiwillig zu beglücken, nehmen die Herrschaften die Sache schließlich selbst in die Hand. Zwar eilt Yako ihr zügig zur Hilfe (wenn auch erst nach dem dritten Schrei, wäre schließlich ein Jammer, das gerade gesammelte Feuerholz einfach so wieder auf den Boden zu werfen), doch auch das bringt herzlich wenig: An einen Baum gefesselt muss er nun die Schändung seiner liebsten Philosophie-Partnerin beobachten und wird somit hilfloser Zeuge der wohl ersten Vergewaltigung, in welcher die Täter größere Hupen haben als das Opfer.

Dass Diana die Tortur nicht überlebt, macht Yako dann doch ziemlich böse. Pech für Texas und seine Bande, dass sie ihn am Leben gelassen haben: Sich seiner Rächer-Ausbildung besinnend, stapft Yako, untermalt von den infernalen Melodien Tschaikowskis, wütend durch den Wald, um selbigen mit tödlichen Fallen zu spicken. Für Texas und seine Männer ist nun Ende im Gelände: Nach und nach lichten sich die Reihen.

„Ist diesem Mann denn gar nichts heilig?“, fragt einer der Schurken (wohlgemerkt: ein Vergewaltiger und Mörder!) verzweifelt, und tatsächlich: Yako kennt keine Gnade! Tod durch Erschießen, Erhängen, Ersäufen, Erschlagen und Aufspießen stehen von jetzt an auf dem Programm und das, obwohl einige der Bande ihre ruchlose Tat bereits aufrichtig bereuen („Das arme Mädchen! Was haben wir ihr bloß angetan? Und sie war doch noch so jung!“).

Doch jede Reue kommt zu spät: Yako macht sie alle platt (was auch nur funktioniert, weil die Gangster doof genug sind, sich immer wieder zu trennen).

Kritik:

Wald, Sex, Mord und Rache … Das alles hätten einen sauberen B-Film-Kracher abgeben können. YAKO hingegen spielt eher in der Y-Kategorie, was natürlich auch kein Zufall ist, hatten die Macher doch niemals ernsthaft vor, einen wirklich guten Genre-Beitrag abzuliefern. Hier ein bisschen was von RAMBO, dort ein bisschen was von LAST HOUSE ON THE LEFT, am Ende sogar ein bisschen bei DEER HUNTER räubernd, ergibt YAKO – DER EINSAME RÄCHER, musikalisch verfeinert mit Walkürenritt und Schwanensee, und in Verbindung mit einer deutschen Synchronisation, die klingt, als hätte man sie direkt an der Pommes-Bude aufgenommen, durch und durch dilettantische Unterhaltung ohne besonderen Nährwert. Dass für diesen Schund gar eine Schlange ihr Leben lassen musste, ist kaum entschuldbar. Somit empfiehlt sich YAKO letztendlich einzig und allein für unverbesserliche Trash-Junkies und beinharte Allesglotzer.

Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn!

Laufzeit: 85 Min. / Freigabe: ab 18