Hongkong 1987
Regie:
Godfrey Ho
Darsteller:
Joey Ryan,
Randy Donner,
Bert Brooks,
Stephene Mitchell,
Norman Linn,
David Chiang,
Norman Tsui Siu-Keung,
Sorapong Chatree
„Es
gibt nur eine einzige Möglichkeit. Und das ist die meine.“
[Kane klopft coole Sprüche in blöder Übersetzung.]
Inhalt:
Irgendwo
in Kambodscha, in einer Höhle verborgen, liegt der teuerste Diamant
der Welt. Für die Dynastie der Khmer ist dessen Wert allerdings in
erster Linie ideeller Natur: Der Stein gilt als sagenumwobenes Symbol
der Macht. Als im Land der Krieg ausbricht und der Sieg der Vietkong
bereits sicher scheint, nehmen ein paar Söldner den kostbaren
Klunker an sich, um ihn nach Paris zu schaffen und dort Prinzessin
Yung zu überreichen. Aber die Gruppe wird aufgerieben. Drei der
Männer sterben im Gefecht, einer fällt in die Hände des Feindes.
Nur einem gelingt die Flucht. Dieser engagiert den knallharten
Elite-Soldaten Kane, um den Gefangenen zu befreien – nicht zuletzt
auch deswegen, weil dieser nun der Einzige ist, der um den Verbleib
des Diamanten weiß. Zwecks Auftragserfüllung holt Kane noch drei
alte Kameraden ins Boot: Max, Philip und May. Doch die erste
Lagebesprechung mit der Prinzessin gerät zum Desaster: Die junge
Thronerbin wird nach verlustreichem Feuergefecht vom Feind
verschleppt. Eine wilde Verfolgungsjagd zu Lande, zu Wasser
und in der Luft beginnt.
Kritik:
Der
chinesische Regisseur Godfrey Ho erwarb sich bei Videofreunden ab
Mitte der 1980er Jahren einen Ruf wie Donnerhall. Seine Filme, deren
Titel überwiegend mit dem gewinnträchtigen Wort Ninja
geschmückt waren, bestanden nämlich zum Großteil aus günstig
aufgekaufter Ausschussware, die umgeschnitten, verfälschend
synchronisiert und mit eilig heruntergekurbelten neuen Szenen
angereichert wurde. Da das nachgedrehte Material meist von billigster Machart
war und sich mit dem ursprünglichen in der Regel so gar nicht
vertrug, gelten fast alle Erzeugnisse, auf denen der Name Ho steht,
als Musterbeispiele filmischen Sondermülls. Auch auf DER
TODESDIAMANT steht
Ho, und auch in DER
TODESDIAMANT ist Ho
drin. Sprich: Manche der Bilder entstanden eigentlich für eine
andere Produktion. Und dennoch ist dieses Mal alles ein wenig anders.
Zum einen glänzen des Regisseurs liebste Steckenpferde, die Ninjas
nämlich, hier durch Abwesenheit. Und zum anderen wurden in diesem
Falle die bereits vorhandenen Szenen in die neu gedrehten eingefügt
und nicht umgekehrt. Heißt: Die Sause besteht überwiegend aus
tatsächlich auch eigens dafür hergestellten Aufnahmen. Und siehe
da: Schon funktioniert das Ding einigermaßen. Natürlich nicht in
der Form, dass das Endprodukt entfesselte Begeisterungsstürme
auslösen könnte. Aber immerhin doch gut genug, um nicht mit
permanentem Was
zum Geier?-Gesicht
in der Vorstellung hocken zu müssen.
Der
gemeine Bildungsbürger wendet sich natürlich dennoch demonstrativ
ab, wenn bereits nach wenigen Minuten die ersten Statisten fallen wie
die Fliegen und der historische Hintergrund des kambodschanischen
Bürgerkrieges völlig unreflektiert als ausladende Spielwiese für
eine Extraportion saftigen Rambazambas herhalten muss. Der
titelgebende Todesdiamant
ist dabei ein geradezu klassischer MacGuffin
– ein Gegenstand also, der für die Handlung eigentlich ohne Belang
ist, die Ereignisse aber dennoch ins Rollen bringt. Die Erklärung,
warum der von allen Seiten heißbegehrte Stein so ungemein wertvoll
ist, wirkt dabei mehr als nur fadenscheinig herbeigesponnen, reicht
aber doch vollkommen aus, um die verschiedenen Parteien zwecks
zünftiger Achterbahn aufeinanderzuhetzen. Das geschieht dann auch in
einem derartigen Affenzahn, dass man selbst, wenn man es denn wollte,
gar nicht dazu käme, sich über die skandalöse Substanzlosigkeit
der wirren Genre-Suppe zu beklagen. Wie die Perlen an der Schnur
reiht sich hier eine Action-Sequenz an die andere; ohne Atempause
hechten die Protagonisten von A nach B, um sich dort heftigst die
Hucke vollzuhauen, und wird ein Schauplatz verlassen, dann nur, um am
nächsten gleich ein neues Fass aufzumachen. Für Fans von Krawall
und Kinetik gleicht der Inhalt einer wahren Wundertüte, ist hier
doch wirklich alles dabei, was irgendwie Freude macht: Granatwerfer
lassen Hütten explodieren, motorisierte Drachengleiter verfolgen
Eisenbahnen, Hubschrauber bekriegen Ross und Reiter, Männer fliegen
mit waffenstarrenden Jetpacks durch die Luft und ballern
Widersacher vom Himmel als sei das ganz selbstverständlich. Härtegrad und Leichenanzahl sind dabei
durchaus beachtlich: Harpunen perforieren Brustkörbe, es hagelt
Unmengen an Kugeln, Kung-Fu-Tritten und Schwerthieben – und wenn alle
Stricke reißen, greift das hochwohlgeborene Fräulein Prinzessin
auch schon mal höchstpersönlich zur Bleischleuder, um gegnerische Leiber von Amts wegen zu löchern.
Mag
das alles auch anständig die Laune heben, heißt das natürlich
trotzdem nicht, dass aus Godfrey Ho über Nacht plötzlich ein guter Regisseur geworden ist. Seine Inszenierung gibt sich plump und
lieblos wie eh und je und ist vor allem – und das ist eigentlich das Schlimmste – nicht einen Deut an den Figuren interessiert. Grob
umrissen ist eine
Bezeichnung, die in der Kritik oft verwendet wird, wenn Charaktere nur notdürftig skizziert werden. Grob
umrissen wäre
allerdings noch geprahlt für die Gleichgültigkeit, mit der Ho seine
Darsteller hier vor die Kamera scheuchte. Die Protagonisten von DER TODESDIAMANT sind
nicht grob umrissen,
sie sind einfach nur da. Wenn man nebenbei zumindest ihre Namen mitbekommt, darf man sich direkt glücklich schätzen. Das geht so weit, dass
nach dem flott herbeizitierten Flammentod des Schurkenchefs plötzlich
einfach alles vorbei ist. Fall, Knall, Feuerball. Und dann ... Ende Gelände! Kein Nachklapp mehr, keine
klärenden Worte, keine kurzen letzten Blicke. Wenn man dann noch bedenkt, dass Ho die zahlreichen
Actionszenen gewiss nicht selbst zu verantworten hat (manche Quellen
sprechen vom thailändischen Choreographen Phanna Rithikrai als Urheber), sondern lediglich die wenigen
kläglichen Dialogfetzen dazwischen, dann ist das mal wieder ein
wahrhaft amtliches Armutszeugnis für seine Kompetenz als
Spielleiter. Neben jeglichen Ausbleibens einer zumindest
zweckdienlichen Personenzeichnung vergrätzt zusätzlich die
bemerkenswerte Konsequenz, mit der das Publikum hier für dumm
gehalten wird. Immer wieder werden die nun wirklich nicht sonderlich
komplizierten Sachverhalte haarklein erläutert, immer wieder müssen
sich die Leute hier gegenseitig erzählen, dass der zu jagende
Diamant ein wichtiges Machtsymbol ist, immer wieder erinnert man sich
gegenseitig daran, dass die Prinzessin in Feindeshand ist und
gerettet werden muss. Die deutsche Synchronfassung nervt
parallel dazu auffallend oft mit falschen Betonungen, die die Figuren
mehrmals aneinander vorbeireden lassen. Offenbar gab man sich bei der
Vertonung der ohnehin armseligen Dialoge nicht sonderlich mehr Mühe
als Godfrey Ho bei deren Ersterstellung.
DER
TODESDIAMANT
verquirrlt publikumswirksame Elemente der Abenteuer-, Action- und
Söldner-Kategorie zu einer grellbunten Melange, die am Ende weniger
als kohärenter Kinofilm funktioniert, als viel mehr als Showreel für
eine Bewerbung im Bereich Stunt-Choreographie und Pyrotechnik. In den besten Momenten erinnert das immerhin entfernt
an zeitnah entstandene Jackie-Chan-Klassiker wie DER
SUPERFIGHTER oder
die ähnlich hemmungslose Wir
machen das jetzt einfach mal-Attitüde
der MAD MISSION-Reihe
– wobei derlei Vergleich fast schon ein wenig zu viel der Ehre ist, denn deren Niveau wird bei weitem nicht erreicht. Zumindest merkt man dem Ergebnis die zu Grunde liegende
Resteverwertung nicht an, und anspruchslosen Action-Affinen wird
anständig der Abend versüßt.
Laufzeit: 86 Min. / Freigabe: ungeprüft
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