Eigene Forschungen

Donnerstag, 26. November 2020

IN DEN KLAUEN DER CIA


SAAI SAU YING
Hongkong 1982 

Regie:
John Liu

Darsteller:
John Liu,
Mirata Miller,
Raquel Evans,
José María Blanco,
Casanova Wong,
Danny Lee,
Christian Anders,
Victor Israel



„Noch zwei Tote. Bedeutet das, dass wir Mörder sind?“
„Es ist kein Mord gewesen. Ungeziefer muss man leider mitunter vertilgen, damit die Anständigen, die Sauberen ne Überlebenschance haben.“ 

(John Liu argumentiert stets rational.) 


Inhalt:

Der KGB hat im stillen Kämmerlein einen neuen Kampfstil ausgeklügelt, der garantiert jeden Gegner auf die Bretter schickt: eine Kombination aus klassischem Kung Fu und der Kunst zur Selbsthypnose, welche den Killerinstinkt aus ihrem Anwender herauskitzelt. Die CIA will da nicht hinten anstehen und gelüstet ebenfalls nach einer in dieser Technik bewanderten Spezialeinheit. Schnell ist klar, dass die Ausbildung nur ein einziger Mann übernehmen kann: der verdiente Vietnam-Veteran John Liu [John Liu]. Dieser jedoch hat nach Ende des Krieges jede Kooperation mit der Regierung abgeschworen und muss daher erst vom zwielichtigen Agent Sanders [Christian Anders] zur Mitarbeit erpresst werden. Tatsächlich kann die CIA den renommierten Superfighter eine Zeit lang gefügig halten, doch als diesem gewahr wird, dass sein Arbeitgeber noch viel mehr Dreck am Stecken hat als bereits vermutet, setzt er sich kurzerhand nach Paris ab – mit hochbrisanten Geheimdokumenten im Gepäck. Die Jagd beginnt. 

Kritik:

John Liu war niemals Jackie Chan. Der taiwanesische Schauspieler und Kampfkünstler (dessen eigentlicher Name Liu Chung Liang lautet), mühte sich zwar um eine ähnlich erfolgreiche Karriere wie Chinas bekannter Star-Export und beackerte ähnliche cineastische Felder, der große Durchbruch jedoch blieb aus. Dennoch konnte er im Laufe der Zeit eine kleine Fan-Gemeinde um sich scharen, die seinen Stil (eine Mischung aus Karate und Mixed Martial Arts) zu schätzen wusste und seinen billig produzierten Zweite-Reihe-Produktionen wie DIE ZWILLINGSBRÜDER VON BRUCE LEE [1976] ihr Wohlwollen entgegenbrachte. 1981 gründete Liu seine eigene Produktionsfirma und drehte mit sich selbst auf dem Regie- und Hauptrollenstuhl drei reichlich unbeholfene Action-Vehikel, die bei Kritik und Publikum einhellig durchfielen. Eines davon ist IN DEN KLAUEN DER CIA, eine himmelschreiend hanebüchene Agentennullnummer, die inhaltlich schon fast als absurdes Theater durchgeht. Das groteske Skript wirkt wie das Nachmittagselaborat eines hyperaktiven 12-jährigen, der zu viele James-Bond- und Bruce-Lee-Filme gesehen hat und nun selbst seiner Fantasie freien Lauf ließ. 

Bereits die Prämisse der obskuren Prügelschote lädt zu exzessivem Kopfschütteln ein. Aber selbst, wenn man im Rahmen der Suspension of Disbelief großzügig die Annahme akzeptierte, bei der CIA bestünde tatsächlich ernsthafter Bedarf an einer halbseidenen Hypnose-Kampftechnik, kommt man nicht umhin, sich einzugestehen, dass auch die auf dieser Idee aufbauenden Ereignisse nichts anderes sind als eine riesengroße Extraportion ausgemachten Schwachsinns. Der erste Brüller ist schon die Tatsache, dass als CIA-Ausbildungslager hier eine arg mittelalterlich anmutende Burg herhalten muss, die gewiss überall steht, nur ganz sicher nicht – wie hier trotzdem tollkühn behauptet – in den USA. Die CIA selbst ist ein Haufen spinnerter Vollpfosten, der aus unerfindlichen Gründen ständig versucht, vorbeikommende Frauen zu vergewaltigen. Vielleicht sind das ja Nebenwirkungen der höchst merkwürdigen Ausbildungsrituale, werden Neuanwärter doch zur Begrüßung erstmal zünftig unter Strom gesetzt („Durch dieses Härtetraining muss jeder durch. Es ist die einzige Art, sich zu stählen.“). Die angeblich so geheime KGB-Kampftechnik, nach der sich die CIA hier so verzweifelt ihre schmierigen Finger leckt, ist indes dermaßen streng geheim, dass Hauptfigur John Liu (deren Rollenname praktischerweise mit dem ihres Schauspielers identisch ist) sie in seiner Schule höchst offiziell und für jedermann zugänglich unterrichtet. 

Keine Frage: Logik und Realitätsbezug haben hier Hausverbot. Das Motto lautet: Nicht fragen, einfach sehen, hören und staunen! Unfassbare Szenen spielen sich ab, wobei der Höhepunkt des Irrsinns sicherlich der Moment ist, in dem eine eigens dafür angeheuerte Agentin versucht, den Helden aus seiner Trainings-Trance zu holen, indem sie ihm auf freiem Feld ausgiebig am Schniepel rumschlabbert („Wenn er darauf nicht abfährt, ist er kein Mensch!“). Dazu gesellen sich gleich mehrere Nebenhandlungsstränge, die mit der eigentlichen Erzählung quasi nichts zu haben und ohne jedwede Erklärung im luftleeren Raum verbleiben. Da wird einer der Rekruten von einem klischeetriefenden Triadenboss irgendwie dazu gezwungen, eine Kampfausbildung bei der CIA zu machen. Weil dieser aber ob der grausamen Trainingsmethoden so gar nicht will, sucht er besagten Bandenführer in seinem Garten auf und erschießt ihn scheinbar im Affekt, weswegen er im Anschluss panisch durch das Buschwerk auf- und davonstolpert. Der böse Boss ist aber gar nicht tot, sondern hat sein Ableben nur vorgetäuscht, weswegen er sich nun ausgiebig kaputt lacht. Was die komische Nummer eigentlich sollte? Weiß der Geier! Dass Cheftreter John Liu außerdem noch einen Zwillingsbruder hat, dem er zu Beginn einmal kurz einen Besuch abstattet, ist – wenig überraschend – inhaltlich ebenfalls ohne jeden Belang. 

Den finalen Vogel allerdings schießt fraglos die deutsche Synchronisation ab, die sich der Absurdität der Ereignisse völlig bewusst war und sie daher lediglich als Vorlage für diverse feuchtfröhliche Verbalauswüchse gebrauchte. „Ich hab euch beim Training beobachtet und festgestellt, ihr seid Pflaumen“, erklärt John Liu da im furztrockenen Tonfall seinen Zöglingen, und verabschiedet sich später schimpfend mit: „Hochschulabsolventen sollen das sein? Das sind die letzten Arschlöcher.“ Ein Kontaktmann wird lapidar als „dieser Verbindungsheini da“ bezeichnet; der Angriff eines Gegners wird kommentiert mit „Noch so'n Alete-Hippie!“ Und als eine Dame von mehreren Männern bedrängt wird, ruft sie ihren potenziellen Vergewaltigern doch tatsächlich zu: „Verzieht euch oder wichst!“ Das alles ist dermaßen drüber, dass man irgendwann schlichtweg die Segel streicht und beginnt, sich in diesem paradoxen Paralleluniversum pudelwohl zu fühlen. Genrefreunde können sich zudem noch die Zeit damit vertreiben, Gastauftritte völlig unerwarteter Darsteller zu zählen. Gleich zu Beginn schaut Shaw-Brothers-Ikone Danny Lee [→ THE KILLER] mal kurz vorbei, Italo-Recke Victor Israel [→ AUCH DIE ENGEL ESSEN BOHNEN] hat einen (natürlich ebenfalls gänzlich sinnlosen) Auftritt als verschrobener Nervenarzt (den braucht man auch bei so viel Käse), und die Rolle des kickenden Colonel Sanders ging doch tatsächlich an den deutschen Schlagerbarden Christian Anders [→ DIE BRUT DES BÖSEN], der hier den doch leicht inkorrekten Spruch „Sie sind ja ein ganz schön schlitzäugiges Schlitzohr“ aufsagen darf. 

Nein, IN DEN KLAUEN DER CIA wird garantiert niemals jemand mit einem guten Film verwechseln – zumal nicht mal die Kampfszenen (also der eigentliche Grund, weswegen man sich so etwas ja ansieht) überzeugen können und ähnlich unbeholfen daherkommen wie der ganze Rest. Der Unterhaltungswert allerdings ist vor allem in Verbindung mit der deutschen Spaß-Vertonung sehr enorm. Wem James Bond schon immer etwas zu seriös war, der stelle sich ein paar Kannen Gerstensaft kalt, bestelle sich ein oder zwei Gesinnungsgenossen in die Stube und lasse den Tag feuchtfröhlich mit John Lius grenzdebiler Geheimdienst-Gaga-Saga ausklingen. Oder wichst.

Laufzeit: 75 Min. / Freigabe: ab 18

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