Eigene Forschungen

Montag, 30. November 2020

DER MAFIA-KILLER


LIKE FATHER, LIKE SON
USA 1974

Regie:
Duke Mitchell,
Jefferson Richard

Darsteller:
Duke Mitchell,
Vic Caesar,
Lorenzo Dodo,
Louis Zito,
Cara Peters,
Fred Otash,
John Strong



„Du bist dabei oder du bist im Weg.“ 


Inhalt:

Mimi Miceli [Duke Mitchell], Sohn des emeritierten Mafiosos Don Miceli [Lorenzo Dodo], kommt nach Sizilien, um im Mafia-Business auch endlich so richtig durchzustarten. Seinen Einstand feiert er gleich mit einem Knaller: Er lässt den amtierenden Unterwelt-Boss Chucky Tripoli [Louis Zito] entführen, ihm einen Finger abhacken und erst gegen ein hohes Lösegeld wieder auf freien Fuß setzen. Die halsbrecherische Kamikaze-Aktion hat Erfolg: Miceli erntet sich Respekt und zählt quasi auf Anhieb zu den großen Tieren. Zusammen mit seinem alten Kumpel Jolly Rizzo [Vic Caesar] beginnt er eine klassische Mobster-Karriere, beherrscht von Mord, Prostitution und Pornograhie. Doch nach jedem Aufstieg folgt der Fall: Micele überschätzt sich von Tag zu Tag mehr und schaufelt sich damit langsam, aber sicher sein eigenes Grab.

Kritik: 

LIKE FATHER, LIKE SON, wie DER MAFIA-KILLER am Tage seiner Erstaufführung noch ganz dezent hieß, beginnt gleich mit einem Paukenschlag: Zwei Männer laufen durch einen Bürokomplex und richten ohne jeden Federlesens ein blutiges Massaker an. Ein Rollstuhlfahrer wird per Kabel und Pissbecken unter Strom gesetzt, der Rest der Belegschaft bekommt ebenso kommentar- wie mitleidlos Kugeln in Kopf, Brust oder Bauch verpasst, bis keiner mehr steht. Untermalt wird die brutale Vernichtungsarie mit beschwingter Gute-Laune-Musik, was ihre Kaltblütigkeit nochmals maximal potenziert. Dann gehen die Killer wieder lässig Richtung Fahrstuhl, als sei nix passiert. Zu diesem Zeitpunkt weiß das Publikum noch nicht, dass diese Szene (die zuvor bereits effektiv den Trailer zum Film schmückte) eine Vorausschau ist und später im Handlungskontext nochmals abgespult wird. Die Schützen, so weiß man dann, sind Mimi Miceli und Jolly Rizzo, zwei eigentlich kleine Fische, die sich mit kaltblütigen Aktionen wie diesen den Respekt der Unterwelt verdient haben und nicht vorhaben, ihn sich wieder abluchsen zu lassen. 

Der Macher dieser siffigen Räuberpistole, der nicht nur Drehbuch, Produktion und Regie übernahm, sondern obendrein auch die Hauptrolle bekleidete, hieß Duke Mitchell. Das heißt, eigentlich hieß er mit Familiennamen Miceli, wie die Filmfigur, und unterhielt ebenfalls Kontakte zum halbseidenen Milieu, was MASSSACRE MAFIA STYLE (international bekanntester Titel) einen gewissen halbbiographischen Anstrich verleiht. Zuvor hauptsächlich als Komiker und Sänger in Nachtklubs unterwegs, begann er schließlich, auf eigene Kosten billige Reißer für die Leinwand zu produzieren. Ausschlaggebend, so heißt es häufig, war seine Sichtung von Francis Ford Coppolas Kino-Meilenstein DER PATE, nach der er der Meinung war, so etwas eigentlich viel besser hinbekommen zu können. Natürlich stimmte das nicht. Von der eleganten Erzählweise des angeblichen Vorbilds ist hier nicht das Geringste zu spüren. Salopp gesagt: Wäre DER PATE eine filigrane 16jährige Ballerina im Russischen Staatsballett, so wäre DER MAFIA-KILLER eine trächtige Seekuh auf dem Tresen einer Hamburger Hafenspelunke um 4 Uhr morgens. Auf gewisse Weise ist Mitchells Interpretation damit vermutlich sogar näher an der Realität als die opulente Portraitierung Coppolas, denn seine grobschlächtige Umsetzung sorgt für ein ausnehmend hässliches, ungastliches Bild des Verbrechertums. Mitmachen möchte man nach dieser Lehrstunde jedenfalls nicht. 

Wirklich etwas zu erzählen hat Mitchell dabei freilich nicht. Sein Werk speist sich aus sattsam bekannten und lieblos aneinander gereihten Versatzstücken, die man alle irgendwo schon mal besser gesehen hat. Nicht selten erweckt das Stück dabei den Eindruck einer Improvisation, in der die Geschichte stets so weitergeht, wie es Mitchell am Drehtag gerade eben in den Sinn kam. Eklatant dafür ist die plötzlich eingeleitete Episode, in der Miceli quasi aus heiterem Himmel beschließt, in die Pornofilm-Branche einzusteigen. Weil er dafür Darsteller benötigt, aber keine findet (was man gut und gern als Quatsch verbuchen kann, willige Akt-Akteure dürften zu der Zeit keine Mangelware gewesen sein), beschließt er, die Mädchen eines bekannten Zuhälters dafür zu rekrutieren. Da dieser sich vehement der Zusammenarbeit verweigert und auch noch ausfallend wird, muss man nicht studiert haben, um dessen Schicksal korrekt erraten zu können. Wer hier die leise Hoffnung hegt, DER MAFIA-KILLER könnte von nun an einem roten Faden folgen und weitererzählen, wie es dem engagierten Mafia-Spross im Filmgeschäft erginge, welche Erfolge und unerwarteten Probleme ihn dort heimsuchen, welche Lehren er daraus zieht und wie diese sein weiteres Tun und Handeln beeinflussen, der irrt sich gewaltig. Nach Tötung des widerspenstigen Zuhälters ist dieses Fragment nämlich auch schon wieder abgeschlossen und das Bumskino-Business wird nie wieder auch nur erwähnt. Immerhin heben die bis dahin zum Thema abgesonderten Dialoge das Stück (vielleicht sogar unfreiwillig) auf eine schelmische Meta-Ebene, wenn Miceli und sein Busenkumpel Rizzo darüber plachandern, dass sie vom Filmemachen ja eigentlich gar keine Ahnung hätten, dann aber beschließen, trotzdem einfach durchzustarten. Das vorliegende Werk dürfte ganz ähnlich entstanden sein. 

Das einzig wirklich stets wiederkehrende Motiv (und deswegen vielleicht sogar eines, das Mitchell tatsächlich wichtig war), schlägt sich direkt im Originaltitel wieder: das der Familienbande. In einer arg ausgewalzten Szene referiert Mitchells Miceli über die Achtung vor der Mutter, immer wieder wird der Wert des Zusammenhalts betont. Gewiss, letztendlich ist das auch nur ein weiteres Mafiafilm-Klischee, aber immerhin ein Konzept, das sich auffallend konsequent durch die ansonsten reichlich zerfaserte Erzählung zieht. Als reizvoller Nebeneffekt steigern diese von Respekt und Liebe geprägten Aussagen abermals erheblich den Zynismus des ganzen Rests, stehen diese doch im krassen Kontrast zu den sonstigen menschenverachtenden Handlungen Micelis. Das Töten passiert lapidar, ruppig und ohne ausgefeilte Pläne. Die Inszenierung passt sich dem in ihrer Billigkeit an. Wenn hier geschossen wird, dann sieht man das Mündungsfeuer und in der nächsten Szene hält sich der Getroffene das perforierte Körperteil, während ihm ein Päckchen Kunstblut zwischen den Fingern hervorquillt. Nur ganz selten gönnte man sich tatsächlich ein paar platzende Blutpäckchen. Die reißerische Darbietung erinnert dabei eher an Slasher der Marke Freitag, der 13. Da hängt das Opfer schon mal recht unschön mit dem Auge am Fleischerhaken. 

In solchen Momenten wird dann auch die eigentliche Intention Mitchells deutlich, der einfach nur einen barschen Beitrag fürs einschlägige Bahnhofskino vom Stapel ließ. Seine Figuren bekamen keine besonderen Beweggründe verpasst. Warum Miceli z. B. unbedingt der große Boss werden will, wird niemals klar. Sympathiefiguren gibt es nicht. Mitchell selbst poltert als bildungsferner, öliger Fatzke durch die Kiste. Das ist alles fern von Geschick und Geisteswissenschaft, aber allzu hart sollte man mit Mitchells launigem Lausbubenstreich trotzdem nicht ins Gericht gehen. Aus der rüpelhaften Do It Yourself-Attitüde ist etwas ganz Eigenes, Urwüchsiges entstanden, ein Gegenpol zum herausgeputzten Hollywood, bei dem alles nach Schmutz und Schweiß und Blut riecht. Als roughiger Zeitverschwender funktioniert das schon. Wem DER PATE immer zu ausladend und intellektuell war, der findet hier seine Alternative.

Laufzeit: 83 Min. / Freigabe: ab 18

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