China, Taiwan 2008
Regie:
Kevin Chu Yen-Ping
Darsteller:
Jay Chou,
Eric Tsang,
Charlene Choi,
Chen Bolin,
Baron Chen,
Ng Man-Tat,
Eddy Ko,
Kenneth Tsang
Inhalt:
Das Schicksal meinte es bisher nicht besonders gut mit Fang Shi-jie [Jay Chou]: Als Säugling im Park ausgesetzt, wurde er erst von einem Landstreicher gefunden, dann der Obhut eines ansässigen Kung-Fu-Klosters übergeben, wo er zu einem jungen Mann heranwuchs, zwar sportgestählt, aber ohne Orientierung und Lebensziel. Als er sich eines Nachts mit Schurken herumprügelt, wird er von seinem Meister verstoßen und ist gezwungen, ohne Geld und Obdach im Park zu übernachten. Dort trifft er auf den alternden Überlebenskünstler Li Zhen [Eric Tsang], der Fangs Treffsicherheit beim Werfen bemerkt und ihm die Mitgliedschaft im Basketball-Team der Universität verschaffen kann. Tatsächlich erweist Fang sich als Naturtalent und wird quasi unbesiegbar, als er seine natürliche Gabe mit seinem Wissen um Kung-Fu-Taktiken kombiniert. Als es Li gelingt, ihn als „Basketball-Waisenkind“ zu vermarkten, wird Fang urplötzlich zum umjubelten Star.
Kritik:
Dem chinesischen Regisseur und Schauspieler Stephen Chow gelang im Jahre 2001 mit SHAOLIN SOCCER ein Überraschungserfolg. Die Erschaffung einer neuen Sportart, einer (natürlich realitätsfernen) Mixtur aus Kung Fu und Fußball (in der deutschen Fassung folgerichtig Kung-Fußball genannt), ließ, in Verbindung mit viel Klamauk und Typenkomik, kräftig die Kassen klingeln. Seitdem wurde das zugrunde liegende Konzept mehrere Male kopiert und auch SHAOLIN BASKETBALL HERO bildet da keine Ausnahme. Zwar gab man zwischenzeitlich auch mal zu Protokoll, die eigentliche Inspiration sei der bereits 1990 erschienene Manga SLAM DUNK gewesen, aber selbst, wenn das der Wahrheit entspräche, spielte es keine große Rolle, existieren zur vermeintlichen Vorlage doch kaum Parallelen. Stattdessen orientierte man sich merklich an der Erfolgsformel des 7 Jahre zuvor entstandenen Publikumslieblings: Als Aufmerksamkeitserreger und Alleinstellungsmerkmal dient abermals die Kombination einer bekannten Sportart mit Kung-Fu-Elementen, während man auf inhaltlicher Ebene der klassischen Ein Außenseiter sucht seinen Platz im Leben-Regel gehorcht, die spätestens seit ROCKY (1976) das Körperertüchtigungs-Kino bestimmt.
Überbordende Originalität ist somit schonmal nicht die Komponente, mit der Autor und Regisseur Kevin Chu [→ ISLAND OF FIRE] hier auf Stimmenfang geht. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein, zumal im Grunde jede Geschichte schon irgendwann einmal erzählt wurde. Die Prämisse des Waisenknaben auf dem Wege der Selbstfindung funktioniert zudem immer wieder gut, während die hier präsentierte Kung-Fu-Ausbildung wohlige Erinnerungen an frühere Shaw-Brothers-Glanzlichter wie DER TEMPEL DER SHAOLIN (1976) weckt. Anders als dort trägt die Lehre der Kampfkunst hier jedoch nicht zur inneren Ausgeglichenheit und Charakterfestigung bei (kein Wunder, sonst wäre SHAOLIN BASKETBALL HERO bereits nach dem Vorspann vorbei), sondern bildet die Basis für den weiteren Prozess des Protagonisten Fang (Jay Chou [→ CITY UNDER SIEGE]), welcher nach zwangsauferlegtem Ausschluss aus dem Bildungs- und Bindungstempel mittellos und ohne die geringste Zukunftsvision auf der Straße landet. Folgerichtig vom Drehbuch konstruiert, trifft er dort auf den sympathischen Herumtreiber Li, der sich in einer ähnlich trostlosen Situation befindet. Doch wo Fang desillusioniert und antriebslos ist, ist Li - unnachahmlich herzeinnehmend verkörpert vom schauspielerischen Schwergewicht Eric Tsang [→ INFERNAL AFFAIRS] - ein Quell des Optimismus' und sieht das Leben als ein Hort an Möglichkeiten. Natürlich erkennt er auf Anhieb, dass in Fang verborgenes Talent schlummert, und auch die Chance, darauf eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Die Bekanntschaft der beiden Männer gipfelt schließlich im gewinnendsten Moment des Films, in dem Li seinen jungen Schützling zum Essen einlädt. Da Li sich aber selbst kaum die Butter auf dem Brot leisten kann, platziert er einen Tisch im Hinterhof eines Nobel-Restaurants, wo ihm seine Tochter, die in besagtem Fresstempel als Bedienung arbeitet, all die Dinge serviert, die das dekadente Besuchertum verschmäht. Li und Fang jedoch bedeuten diese (vermeintlichen) Reste eine Menge und sie genießen ihr Mahl. Ein sehr schöner, sehr intimer Moment, der Herz für die von der Gesellschaft Ignorierten zeigt und den Blick auf den Wert der kleinen Dinge lenkt.
Leider verkannte Chu in seiner Funktion als Autor, dass eben diese fabelhaft funktionierenden Chemie zwischen Fang und seinem späteren Mentor Li die große Stärke seines Werkes ist. Stattdessen wird der Fokus im Nachfolgenden auf überwiegend nutzlose Nebenschauplätze verlagert. Vor allem Fangs flugs herbeizitierte Zuneigung zur zwar zuckersüßen, aber völlig profillosen Standard-Frauenrolle Lily trägt keinen Deut zu irgendetwas bei, weder zur Charakterbildung, noch zum Fortlauf der Ereignisse. Lily ist allzu offensichtlich nur deswegen im Skript, weil es ohne Liebes-Gelüste wohl einfach nicht gehen darf - und weil ihre Darstellerin Charlene Choi [→ NEW POLICE STORY] in ihrer Heimat dank ihrer Gesangs-Karriere wohl immer noch populär genug war, um noch ein, zwei Eintrittskarten mehr verkaufen zu können. Dass die Dame dabei künstlerisch kriminell unterfordert wurde (sie muss wirklich nichts weiter tun, als ein paar Mal durchs Bild zu laufen und dabei niedlich auszusehen), hat sie vermutlich nicht weiter gestört. So simpel sichert sich schließlich nicht jeder seine Miete.
Aber auch derlei Romantik-Anwandlungen werden nur halbherzig behandelt – wie eigentlich alles nur kurz angerissen, dann aber kaum vertieft wird. Das gilt paradoxerweise auch für das eigentliche Herzstück der Erzählung: den sportlichen Wettkampf. Dieser wird ja unter anderem auch deshalb so gern zum Gegenstand cineastischer Unterhaltung gemacht, weil er eben eine gewisse Grundspannung und -dramatik verspricht. Hier ist davon allerdings rein gar nichts zu spüren. Gegen wen eigentlich gerade gespielt wird und warum, wie die Taktik des Teams lautet und was vom Ausgang des Spiels abhängt, all das wird gar nicht oder nur unzureichend thematisiert, weswegen jedwedes Potential verpufft. Wobei Spannung schon allein aufgrund des mangelnden Realitätsbezugs nicht aufkommen mag. Da dürfen schon mal während des Turniers aus heiterem Himmel ein paar neue Spieler zum Team hinzustoßen, ohne dass das irgendwie ein Problem wäre. Dass Fang und seine Leute dann nicht einmal fair spielen, indem sie beispielsweise Betäubungspfeile auf ihre Gegner abfeuern, verführt auch nicht gerade zum Daumendrücken.
Letztendlich reiht SHAOLIN BASKETBALL HERO mehrere erfolgversprechende Versatzstücke aneinander und vergisst dabei überwiegend, sie miteinander in Relation zu setzen. So wirkt es befremdlich, wenn gegen Ende plötzlich vehement an Zusammenhalt appelliert wird, obwohl ein Fehlen von Mannschaftsgeist bis dahin gar nicht hinreichend herausgearbeitet und somit auch kein Konflikt installiert wurde. Die Figur des Fang wirkt zudem insgesamt eher langweilig, da sie keine sichtbare Entwicklung durchmacht. Der Bursche ist einfach ein Naturtalent in Sachen Basketball, kann von Beginn an quasi alles und muss sich weder äußeren noch inneren Herausforderungen stellen. Fangs einzige Seelenpein, nämlich die ungewisse Antwort auf die Frage, wer seine Eltern sind und warum sie ihn ausgesetzt hatten, löst sich am Ende einfach in Luft auf, ohne dass er irgendetwas dafür hätte tun müssen. Effektives Geschichtenerzählen geht anders. Einzelnen gelungenen Momenten steht somit eine dramaturgische Planlosigkeit gegenüber, die KUNG FU DUNK (internationaler Titel) insgesamt verzichtbar macht. Lediglich Fans von Eric Tsang können hier wieder ihre Erinnerung daran auffrischen, warum sie Fans von Eric Tsang sind.
Laufzeit: 95 Min. / Freigabe: ab 12
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