Eigene Forschungen

Sonntag, 23. Juli 2023

TERMINAL ANGELS


TERMINAL ANGELS
Hongkong, Thailand 1987

Produktion:
Tomas Tang

Darsteller:
Paul John Stanners,
Sun Chien,
Chatchai Plengpanich
und lauter lustige
ausgedachte Namen wie
Laura Bells,
Hubert Hays oder
Rio Smith



Alle Hoffnungen, es bei TERMINAL ANGELS aufgrund des markigen Titels und der attraktiven Cover-Gestaltung mit einem kleinen Knaller zu tun zu haben, zerschlagen sich mit Krach und Getöse, wenn die Eröffnungsfanfare ertönt und weiß auf rot der Name des Produktionsstudios erscheint: Filmark International Ldt. steht da, nachweislich eine der schlimmsten Schrammelbuden der Filmgeschichte. Gründer und Initiator war der Geschäftsmann Tomas Tang, der sich regelmäßig asiatischen Zelluloid-Ausschuss aneignete, um diesen nach Umschnitten, Nachsynchronisationen und Hinzufügen eilig nachgedrehter Szenen als vermeintliche Action-Sensation an die Videotheken der Welt zu verhökern. Glänzte in der Regel bereits das Ursprungsmaterial nicht gerade durch Qualität, gaben die neuen, hauseigenen Sequenzen, die überwiegend lachhaften Dialoge und nicht zuletzt die verwirrende Montage dem Ganzen dann meist vollends den Rest. Auch TERMINAL ANGELS entstand nach diesem Prinzip und offeriert folgendes Gebaren:

Inhalt:

Die Journalistin Paula erhält von der älteren Mrs. Poon brisante Fotobeweise, die den windigen Geschäftsmann Wenson als Drahtzieher eines Drogenschmuggelrings entlarven. Als dieser seine Schergen auf sie ansetzt, entkommt sie nur knapp dem Tode und sieht sich gezwungen, mit der CIA zusammenzuarbeiten. Doch auch die schlagkräftige Staatsanwältin Carrie und deren nicht minder wehrhafte Sekretärin Sally werden in den Fall hineingezogen. Was noch keiner ahnt: Mrs. Poon ist selbst eine gewiefte Drogenschmugglerin und hat alle Beteiligten instrumentalisiert, um die Kontrolle über das Kartell zu erlangen.

Kritik:

Was auf dem Papier noch einigermaßen plausibel klingt, ist in Wahrheit ein Wust überwiegend zusammenhangloser Momentaufnahmen, die sich vehement weigern, sich irgendeinem erzählerischen Konzept unterzuordnen. Ja, es passieren Dinge. Aber wie all diese Dinge logisch zusammenhängen und einander bedingen, das bleibt in der Regel rätselhaft. Dabei ist es schwierig auszumachen, in welchem Umfang Tangs Spezialbehandlung dafür verantwortlich zeichnet und wie viel Verwirrungspotential bereits das Original mitbrachte. Originär war TERMINAL ANGELS offenbar einmal ein thailändischer Krimi, der mit den üblichen Zutaten aufwarten konnte: Drogenhandel, Zeugenbefragungen und Mordanschläge, gespickt mit ein bisschen Waffengebrauch und Kampfakrobatik. Mitwirkende sind eine junge Staatsanwältin, die den Drogenbossen den Kampf angesagt hat, deren Sekretärin, die sich aufbrezelt wie eine Bordsteinschwalbe und offenbar mit ihrer Chefin in einem Haushalt wohnt, eine Schauspielerin, der vermeintlich Drogen untergeschoben wurden, sowie zwei arg naseweise Journalisten, die irgendwie auch noch mitmischen, ohne dabei wirklich von Relevanz für irgendetwas zu sein.

Das alles ist so konfus und sprunghaft zusammengemixt, dass man schon nach 15 Minuten gar nicht mehr so recht weiß, wer hier eigentlich wer ist und warum. Nicht unwahrscheinlich, dass dieser Umstand auf das Konto Tomas Tangs geht, der eine Rahmenhandlung um die bedrohte Reporterin Paula und einen CIA-Agenten hinzudichtete, um im Anschluss mittels diverser Dialogumformungen zu versuchen, diese mit dem ursprünglichen Geschehen zu verbinden, was der ohnehin schon nicht besonders plausibel erscheinenden Handlung dann endgültig den Todesstoß versetzte. Tatsächlich sind die Zusatzszenen so lieblos erdacht, dass sie nicht nur im Widerspruch zur Haupthandlung, sondern sogar zu sich selbst stehen: So wird eingangs behauptet, Paula sei in Besitz belastender Bilder (immerhin der Grund für mehrere Mordanschläge auf ihre Person), wohingegen später davon keine Rede mehr ist und sich besagte Beweismittel urplötzlich in Besitz von Paulas Informantin Mrs. Poon befinden sollen. Und irritierend geht es weiter, denn diese Fotos, so wird bald geklärt, existierten eigentlich gar nicht und wurden von Mrs. Poon nur erfunden, um einen Konkurrenten ans Messer zu liefern. Was soll denn das für ein Plan sein? Fotos, deren Existenz man einfach nur behauptet, als Beweis für ein Verbrechen? Man hätte ja zumindest mal was fälschen können, um der Lüge Hand und Fuß zu verleihen. Und eigentlich nicht mal das, denn der Angeschwärzte hat ja tatsächlich Dreck am Stecken.

Solch offensichtliche Undurchdachtheiten lassen die Nummer nochmal ein ganzes Stück unzulänglicher erscheinen als ohnehin der Fall, wobei allerdings bereits das Ausgangsmaterial seine Defizite recht offen zur Schau trägt. Aufgrund der zahlreich vorhandenen weiblichen Schlagkraft war das Vorbild der Veranstaltung offenbar die hongkong'sche IN THE LINE OF DUTY-Reihe, die ebenfalls durch viel Frauen-Power und Stunt-Arbeit von sich reden machte. Die TERMINAL ANGELS spielen jedoch fraglos einige Etagen tiefer, fehlte es doch nicht nur an Budget, sondern vor allem auch an Schwung, Stil und Energie. So passiert Action hier prinzipiell eher selten und wenn, dann überwiegend unzulänglich – insbesondere deswegen, weil man es für eine gute Idee hielt, die Kampfszenen im Zeitraffer ablaufen zu lassen. Das sollte vermutlich Rasanz vortäuschen, lässt die eigentlich gar nicht mal so üblen Choreographien aber wie alberne Slapstick-Nummern wirken. Dabei geht es stellenweise reichlich rabiat zu; zum Repertoire gehören unter anderem blutige Einschüsse aus nächster Nähe, Messerstiche oder sogar Perforierung per Armbrust. Höhepunkt der Gewalt ist sicherlich die Massenexekution in einer Discothek (warum die überhaupt stattfindet, konnte zumindest die Tomas-Tang-Version auch nicht nachvollziehbar erklären), bei welcher mittels massivem Maschinengewehrgebrauchs die Belegschaft einer ganzen Tanzfläche ins Nirwana gepustet wird. Dummerweise entschied man sich aber auch hier wieder für die Bildbeschleunigung – und zwar nicht nur während des Massakers, sondern bereits in den Szenen davor, sodass die Tanzwütigen (übrigens zu nem echt geilen Song!) nun wie die Pferdchen durch die Gegend wippen, wodurch jede Dramatik behände den Bach runtergeht. Wer denkt sich sowas aus? Und wer genehmigt das dann auch noch? Schelle links, Schelle rechts!

Die Frage nach der Verantwortung für das alles ist tatsächlich eine ganz gute, denn hinterher wollte es natürlich mal wieder niemand gewesen sein. Die behauptete Regie führte ein gewisser Philip Fraser, welcher aber ebenso wenig existieren dürfte wie eine Laura Bell, ein Hubert Hays oder ein Rio Smith, deren ausgedachte Darsteller-Namen den Vorspann verzieren. Meistens wird TERMINAL ANGELS dem berühmt-berüchtigten Godfrey Ho zugeordnet, was vermutlich auch zutrifft, zumindest in Bezug auf die nachgedrehten Segmente. Ho selbst wollte allerdings später von seinen Arbeiten für Tomas Tang und dessen Studio nichts mehr wissen und leugnete bisweilen, überhaupt für Filmark gearbeitet zu haben. Bei anderen Gelegenheiten behauptete er sogar, es habe niemals Nachdrehs und Zusammenschnitte mit Fremdmaterial gegeben, was an Absurdität kaum zu überbieten ist, denn das ist nachweisbar und wurde auch von Tomas Tang niemals abgestritten. Die Verbissenheit, mit welcher Ho regelmäßig erwiesene Beteiligungen und Vorgehensweisen negierte, erinnert bisweilen an das Trotzverhalten eines Kleinkindes, das steif und fest behauptet, das Geschirr nicht zerdeppert zu haben, obwohl dessen blutige Fingerabdrücke darauf sind, es die letzten Scherben noch in der Hand hält und außerdem vom Nachbarn dabei beobachtet und gefilmt wurde.

Hos Regie bei den Zusatz-Sequenzen ist somit sehr wahrscheinlich, zumal diese exakt den luschigen Look und die dröge Dramaturgie besitzen, die man von ihm anhand anderer Einsätze auch erwartet. Allein der Augenblick, als ein Killer sich auf freiem Felde anschickt, seine Zielperson zu terminieren, aber, anstatt einfach mal abzudrücken, die ganze Zeit nur doof in die Gegend grinsend vor seinem wehrlos am Boden kauernden Opfer steht, ist bekannte Ho-Qualität. Wer den originalen (und hauptsächlich vertretenen) Stoff auf dem Kerbholz hat, ist ebenfalls unklar. Auch, wenn dieser zumindest eine etwas bessere Figur abgibt, sind Unzulänglichkeiten auch hier nur schwer zu leugnen. Leider fehlt dem Ganzen dann am Ende auch ein gerüttelt Maß an Verrücktheit, das so viele andere Tang-Auswürfe mitbringen, weswegen man TERMINAL ANGELS nicht einmal als gepflegte Spaß-Granate weiterempfehlen kann. Nur für absolute Allesfresser ohne Scheu vor Schund und Schäbigkeit!

Laufzeit: 87 Min. / Freigabe: ungeprüft

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