USA 1942
Regie:
Zoltan Korda
Darsteller:
Sabu,
Joseph Calleila,
John Qualen,
Frank Puglia,
Rosemary DeCamp,
Patricia O'Rourke,
Ralph Byrd,
John Mather
Inhalt:
Eine Siedlung tief im indischen Dschungel: Bei einem Angriff
des menschenfressenden Tigers Shir Khan wird der kleine Nathoo in der ausbrechenden Panik von seiner Mutter
getrennt. Das Kind verirrt sich in eine Höhle, in der ein Rudel Wölfe lebt, und
wird fortan von diesen aufgezogen. Die Dorfbewohner glauben, es sei von Shir
Khan getötet und fortgeschleppt worden. Jahre später. Aus Nathoo ist ein stattlicher Junge (Sabu) geworden,
der gleichberechtigt unter den Tieren lebt, ihre Sprache beherrscht und den sie
Mowgli, kleiner Frosch, nennen. Beim Durchstreifen des Dschungels gerät Mowgli zufällig wieder in die Nähe
der Menschensiedlung, die mittlerweile zu einer Stadt geworden ist. Er wird von
den Bewohnern entdeckt und in die Stadt gebracht. Während einige der Menschen
in dem Jungen den lange verschollenen Nathoo zu erkennen glauben, stehen ihm
andere feindselig gegenüber. Insbesondere der zwielichtige Buldeo (Joseph
Calleia) hält Mowgli für einen bösen Dämon und will ihn fortjagen. Doch seine
Mutter (Rosemary DeCamp), die ihn zunächst ebenfalls nicht als ihr Kind erkennt, nimmt sich des
Jungen an. Und so bleibt Mowgli bei den Menschen und lernt ihre Sitten
und ihre Sprache, doch zieht es ihn immer wieder zurück in den Dschungel. Sein größter Feind
ist und bleibt der Tiger Shir Khan, den er um jeden Preis besiegen will. Mowgli
besorgt sich ein Messer und macht sich auf die Jagd nach dem Untier. Tatsächlich gelingt es ihm, den Tiger zu töten. Zwischen Mowgli und dem Mädchen Mahala (Patricia O'Rourke),
der Tocher Buledos, entwickelt sich eine zarte Liebe, und als Mowgli ihr eines
Tages die Geheimnisse des Dschungels zeigen will, stoßen sie auf eine lange
versunkene Stadt und darin auf einen enormen Goldschatz. Mahala nimmt eine
Goldmünze mit nach Hause, was zur Folge hat, dass Buldeo von dem Schatz
erfährt. Gepackt von der Gier nach Reichtum und Macht macht er sich mit zwei
weiteren Männern auf die Suche nach der versunkenen Stadt. Aber das Gold bringt
Zwietracht und Hass über die Männer, und sie beginnen, sich gegenseitig
umzubringen. Mowgli und seine tierischen Freunde versuchen, die Männer von
ihrem bösen Treiben abzubringen, doch in seinem Wahn glaubt Buldeo, Mowgli
könne sich in Tiere verwandeln und wolle auch ihm ans Leben. Er sieht darin
seinen Verdacht bestätigt, Mowgli sei ein böser Dämon und sieht nur einen
Weg, diesen zu bezwingen: den Dschungel in Brand zu setzen. Nur mit
knapper Not können sich Mensch und Tier retten. Mowgli erkennt die
Schlechtigkeit der Menschen und entschließt sich, in den Dschungel zurückzukehren …
Kritik:
Neben Walt Disneys Zeichentrickversion von 1967 ist diese
Realverfilmung von 1942 die wohl bekannteste Verfilmung des Buchklassikers von
Rudyard Kipling. In farbenprächtigen Technicolor-Bilder zauberte Regisseur Zoltan
Korda, unterstützt von seinen Brüdern Alexander (Produzent) und Vincent
(Ausstattung), die Abenteuergeschichte aus dem indischen Dschungel auf die
Leinwand. Die mit viel Liebe zum Detail gestalteten Dschungelpanoramen,
entstanden in einer Mischung aus Studiokulissen, Mattepaintings, Modellbauten
und Rückprojektionen, wissen auch heute noch zu faszinieren. Nicht umsonst gab es Oscar-Nominierungen für die Ausstattung sowie die Effekte. Für Production Designer Vincent Korda war es nicht die erste Nominierung. Ebenso wenig für den Effekttechniker Lawrence W. Butler. Beide hatten den Oscar bereits zwei Jahre zuvor für das Orient-Märchen DER DIEB VON BAGDAD erhalten. Zwei weitere Nominierungen bei den Academy Awards bekam DAS DSCHUNGELBUCH für die Leistung von Kameramann W. Howard Greene und die wunderschöne Musik des aus Ungarn stammenden Komponisten Miklós Rózsa. Greene sollte die Trophäe ein Jahr später für Universals DAS PHANTOM DER OPER entgegennehmen, während Miklós Rózsa, der ebenfalls schon für DER DIEB VON BAGDAD nominiert gewesen war, aber nicht gewonnen hatte, nach einigen weiteren Nominierungen in den Folgejahren schließlich 1960 für BEN-HUR ausgezeichnet wurde.
Dass die Technik der 1940er Jahre mit heutigen Sehgewohnheiten nicht mehr mithalten kann, dürfte jedem klar sein. Einem Film wie THE JUNGLE BOOK aber daraus einen Vorwurf zu machen, wäre in keiner Weise gerechtfertigt. Ja, die Kulissen sehen jederzeit wie Kulissen aus. Ja, neben echten Tieraufnahmen finden sich hier auch deutlich erkennbare animatronische Puppen (das Krokodil oder die Riesenschlange Kaa) oder sogar eine an sichtbaren Bindfäden hängende Kobra. Und ja: Bis auf Sabu sehen sämtliche Darsteller nicht aus wie Inder, sondern wie mit brauner Schminke und falschen Bärten angemalte Kaukasier. Aber das nimmt man als Zuschauer gern in Kauf, weil es zum nostalgischen Flair eines so alten Films dazugehört. Die Suspension of Disbelief, oder, wie es Wikipedia so schön übersetzt, die Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit wird hier mit viel Herz und Charme dazu genutzt, eine märchenhafte Stimmung zu erzeugen und dem Zuschauer mit den damals verfügbaren technischen Mitteln eine fantastische Geschichte zu erzählen.
Inwiefern diese Geschichte Rudyard Kiplings Vorlage entspricht, kann ich nicht sagen, da ich diese bisher nicht gelesen habe (obwohl die Dschungelbücher schon seit längerem auf der Merkliste meines Amazon-Einkaufswagens vor sich hin schlummern). Aber für sich genommen kann sie im Film durchaus überzeugen. Die Dramaturgie bettet die Geschehnisse in eine Rahmenhandlung ein, in der Buldeo als geläuterter alter Mann die Geschichte von Mowgli erzählt. In seiner Figur zentriert sich auch die Moral der Geschichte. Am Ende ist er ein armer Mann, hat, statt Reichtum und Ruhm zu ernten, all seine Habe verloren. Misstrauen und Gier, so will uns der Film verdeutlichen, führen zu Hass und Gewalt, die letztendlich den ganzen Dschungel in Gefahr bringt. Was dann in einem gewaltigen Feuer auch geschieht. Etwas aufgesetzt wirkt in Bezug auf diese Rahmenhandlung der wohl kommerziellen Interessen geschuldete Cliffhanger. Danach gefragt, wie es ihm denn nach der Feuerkatastrophe weiter ergangen und was aus Mowgli nach dessen Rückkehr in den Dschungel geworden sei, antwortet Buldeo augenzwinkernd, das sei eine andere Geschichte. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung einer Fortsetzung, die es leider nie gab. In allen anderen Aspekten ist DAS DSCHUNGELBUCH aber zurecht ein Klassiker des Hollywood-Kinos, ein vergnüglicher Film für Jung und Alt.
Leider wurde dieser Klassiker lange Zeit nur sehr stiefmütterlich behandelt. In den USA lief irgendwann das Copyright aus und der Film wurde Public Domain, was zur Folge hatte, dass es von ihm unzählige Ramschveröffentlichungen in übelster Bildqualität gab. Auch in Deutschland erging es Kordas Werk nicht viel besser. Im Fernsehen lief überwiegend nur eine gekürzte Fassung, die ebenfalls auf Video und DVD erschien. Zudem wurde in den 80er-Jahren eine qualitativ minderwertige Neusynchronisation angefertigt, die jeglichen Charme des Werkes im Keim erstickt. 2012 erschien endlich eine restaurierte Fassung auf DVD, die zwar das stolze Alter von immerhin 70 Jahren nicht gänzlich verbergen kann, aber über weite Strecken doch sehr gut ausschaut. Die unter dem Titel MOGLI – DER DSCHUNGELKÖNIG erschienene DVD dieser Fassung beinhalten erfreulicherweise neben der Videosynchro auch die vollständige alte Kinosynchro. Diese war zwar bisher auch in den TV-Ausstrahlungen zu hören gewesen, jedoch dort immer nur unvollständig aufgrund der vorgenommenen Schnitte. Englischer Originalton ist ebenfalls vorhanden. Als Extras stehen der deutsche sowie der englische Trailer und eine Bildergalerie zur Verfügung. Ein Wendecover ohne FSK-Logo darf auch als Pluspunkt gewertet werden.
Laufzeit: 101 Min. / Freigabe: ab 6
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