USA, Philippinen 1973
Regie:
Eddie Romero
Darsteller:
Pam Grier,
Margaret Markov,
Sid Haig,
Lynn Borden,
Eddie Garcia,
Vic Diaz,
Wendy Green,
Lotis Key
Inhalt:
Lee Daniels [Pam Grier] und Karen Brent [Margaret Markov], zwei grundverschiedene junge Damen, hocken beide im selben Frauenknast und geraten dort sehr schnell aneinander. Nach einer gepflegten Rauferei werden sie zur Strafe zunächst in den ‚Bau‘ gesteckt, einem in der prallen Sonne stehenden (und daher glühenden) Metallkasten mitten auf dem Felde. Nach dieser Prozedur werden sie per Handschellen aneinandergekettet und sollen per Bus in den Hochsicherheitstrakt gekarrt werden. Doch unterwegs wird der Transport angegriffen: Karen entpuppt sich nämlich als Mitglied einer Guerilla-Bande, die ihre Genossin natürlich wieder raushauen möchte. Beide Frauen können in dem entstandenen Tumult zwar in den Dschungel fliehen, doch sind sie nach wie vor aneinandergekettet, was zu Meinungsverschiedenheiten führt. Während sich die beiden Damen zwecks unerkannter Flucht in fromme Nonnenkluft schmeißen (wofür freilich zunächst zwei echte Pinguine auf die Glocke bekommen müssen), sind mittlerweile verschiedene Parteien hinter den beiden her.
Kritik:
Schenkt man dem Genre des Frauenknastfilms Glauben, so wurden Verbrechen in den 1970er Jahren ausschließlich von überdurchschnittlich attraktiven Damen zwischen 20 und 30 Jahren begangen. Seit Jack Hill mit seinem kostengünstig erstellten Kassenknüller THE BIG DOLL HOUSE [1971] die Weichen stellte, gab es für den gemeinen Bahnhofskino-Produzenten kein Halten mehr. Die Anzahl der Nachahmer explodierte regelrecht, was dem geifernden Publikum reichlich Gelegenheit bot, sich immer und immer wieder an der gleichen Geschichte zu ergötzen: Gutaussehende junge Frauen landen in einem möglichst abgewrackten Zuchthaus irgendwo im Nirgendwo, wo Leibesvisitationen, lesbische Lustakte, exzessives Dauer-Duschen sowie Folter und Missbrauch auf sie warten, bevor sie kurz vor der „Ende“-Einblendung die Macht an sich reißen und ausgiebig Rachegelüsten frönen konnten. Sex und Gewalt, die Triebfedern des Exploitationfilms, ließen sich weder davor noch danach jemals wieder so mühelos in eine Erzählung integrieren und so sparsam betreffend Schauplatz und Schauspiel umsetzen. Auch FRAUEN IN KETTEN bedient sich zunächst all dieser gängigen Zutaten – mit dem Unterschied, dass diese hier quasi in Rekordzeit abgehandelt werden. Recht bald werden die gewohnten Bahnen nämlich verlassen, um stattdessen die beiden Hauptfiguren auf eine ausufernde Flucht durch Busch und Berg zu schicken. Was als klassischer Knast-Heuler beginnt, wandelt sich somit unverhofft in eine schicke Abenteuer-Schmonzette inklusive kuriosem Revoluzzer-Intermezzo.
Großartig origineller wird es dadurch im Prinzip nicht, bediente man sich doch allzu offensichtlich an dem Klassiker FLUCHT IN KETTEN [1958], auf welchen der deutsche Titel auch direkt Bezug nimmt. Hier wie dort sind die Protagonisten per Handschelle aneinandergefesselt und sind daher aufeinander angewiesen, obwohl sie sich eigentlich spinnefeind sind und jeder seine eigenen Pläne verfolgt. Thematisierte das Vorbild noch den Rassismus Amerikas, sucht man solch feine Zwischentöne hier freilich vergebens. Denn obwohl der Original-Titel es mit BLACK MAMA, WHITE MAMA suggeriert, spielt die Tatsache, dass die Flüchtigen unterschiedliche Hautfarben haben, im Prinzip gar keine Rolle. Muss es auch gar nicht, denn Regisseur Eddie Romero [→ DRAKAPA – DAS MONSTER MIT DER KRALLENHAND] scherte sich ohnehin nicht um irgendwelche gesellschaftliche Probleme. Ihm ging es vor allem darum, möglichst schnittige Schundfilm-Ware vom Stapel zu lassen. Und das gelang ihm auch ganz gut – ungeachtet der Tatsache, dass FRAUEN IN KETTEN in manchen Momenten dann doch ein wenig die Puste ausgeht. So verkommt das fliehende Weibsvolk eine Zeit lang fast zur Nebensache, während stattdessen andere skurrile Parteien das Szenario bevölkern dürfen. Da streift dann eine mit Umsturz-Fantasien schwangere Truppe Aushilfs-Aktivisten reichlich plan- und motivationslos durch den Dschungel, während der schmierige Cowboy Ruben (dargestellt von Billigfilm-Spezi Sid Haig [→ FOXY BROWN]) mit seinem Jeep durch die Gegend eiert, pausenlos Country Music hört und von seinen Mitmenschen per Pistole Schwanzvergleiche erzwingt. In einer besonders sinnbefreiten Szene unterbricht er spontan das Gespräch mit seinem Geschäftspartner, als er dessen Töchter erblickt. Kurzerhand klemmt er sich die beiden Mädels unter die Arme und sucht mit ihnen zwecks Beschlafung das nächstgelegene Ruhelager auf. Dazu gesellt sich der eklige Zuhälter Vic (Vic Diaz [→ LIEBESGRÜSSEAUS FERNOST]), der seine Freizeit in erster Linie damit verbringt, nackte Frauen mit Elektroschocks zu quälen, sowie der stets reichlich betreten aus der Wäsche blickende Captain Cruz (Eddie Garcia [→ BAMBOO GODS AND IRON MEN]), der auch noch irgendwie mitmischt, aber wohl selbst nicht mehr so richtig weiß, warum eigentlich. Und immer, wenn man sie gerade vergessen hat, laufen die beiden Flüchtigen wieder durchs Bild, um entweder einander zu verkeilen oder nen schmierigen Fettsack, der bis dahin noch vorhatte, sie zu vergewaltigen.
Dass das Drehbuch für diese hanebüchene Plotte tatsächlich aus der Feder Jonathan Demmes stammt, dem später als Regisseur von politisch überkorrektem Weichkäse wie PHILADELPHIA [1993] vom Feuilleton jede Menge Achtung zuteilwerden sollte, mag man kaum glauben. Hier war er von Glanz und Gloria Hollywoods noch Welten entfernt und erschmierte sich eine realitätsferne und unverhohlen spekulative Mischung aus Blaxploitation, Frauenknast- und Dschungelstreifen, mit attraktivem weiblichen Personal und teilweise fast schon surreal anmutenden Situationen. Recht inkohärent gestaltet und nicht selten arg verwirrend zusammenmontiert, bereitet der putzige Billigheimer trotz seiner Defizite ausreichend Freude – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die weiblichen Darsteller fast ausnahmslos ansehnlich und zeigefreudig sind. Der frauenfeindliche Tenor wird dabei vor allem dadurch abgeschwächt, dass die Männerwelt deutlich weniger sympathisch daherkommt und überwiegend aus schmierigen Zuhältern, Vergewaltigern oder sonstigem asozialen Abschaum besteht. Eindeutige Pluspunkte sammelte man natürlich mit der Verpflichtung Pam Griers für eine der Hauptrollen. Durch ihre Mitwirkung in Werken wie FRAUEN HINTER ZUCHTHAUSMAUERN [1971] wurde die attraktive Attrice zu einer Art Ikone, deren Ruhm im Grunde niemals verblasste und der in späteren Jahren durch eigens für sie geschriebene Rollen wie in MARS ATTACKS [1996] oder JACKIE BROWN [1997] von berühmten Regisseuren gehuldigt wurde.
Das Finale serviert dann als Rausschmeißer nochmal eine ordentliche Portion Baller-Action nebst dazugehörigem Feuerzauber, was stellenweise sogar recht experimentell abgelichtet wurde. FRAUEN IN KETTEN ist somit am Ende zwar keine Premiumklasse, doch für Freunde des abseitigen Geschmacks definitiv die Reise wert.
Laufzeit: 83 Min. / Freigabe: ab 16
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