China 2011
Regie:
Ching Siu-Tung
Darsteller:
Jet Li,
Eva Huang,
Charlene Choi,
Raymond Lam,
Wen Zhang,
Vivian Hsu,
Alfred Hsing,
Han Dong
„Wo ist meine Frau? Wurde sie von der Schlange gefressen?“ - „Nein! Deine Frau ist die Schlange! Du hast einen jahrhundertealten Schlangendämon geheiratet!“
(Ja, welcher Ehemann kennt das Problem nicht …?)
Inhalt:
Der
buddhistische Mönch Fahai [Jet Li] streift mit seinem Schüler Nengren
[Wen Zhang] durch das Land, um Jagd auf Dämonen zu machen, die sich als
Menschen tarnen. Dabei macht er die Bekanntschaft des Kräutersammlers Xu Xian [Raymond
Lam], der den Traum hegt, eines Tages ein großer Mediziner zu sein. Als Xu sich eines Tages in die Berge begibt, um Kräuter zu sammeln,
stürzt er in den Fluss und wird von einer wunderschönen Frau [Eva Huang]
gerettet, in die er sich auf Anhieb verliebt – ein Gefühl, das auf
Gegenseitigkeit beruht. Doch Fahai erkennt die Wahrheit: Die fremde Schönheit ist in Wirklichkeit die ‚Weiße Schlange‘, ein Dämon in Menschengestalt. Obwohl sie eigentlich keine Gefahr darstellt, sondern sogar einen Teil
ihrer magischen Kräfte opfert, um Xu bei der Herstellung einer wirksamen
Arznei zu helfen, ist Fahai der Ansicht, dass die Welt der Menschen
sich nicht mit den der Dämonen vermischen darf. Er stellt ihr ein
Ultimatum, um wieder in die Berge zu verschwinden. Doch sie weigert sich – ihre Liebe zu Xu ist stärker. Zur Strafe wird sie von Fahai im Kampf besiegt – schwer verletzt wartet
sie in den Bergen auf ihren Tod. Als Xu ihre wahre Identität erfährt,
ist er zunächst verzweifelt, versucht aber dennoch, sie zu retten. Er begibt sich auf eine gefährliche Reise, um die 'Wurzel der
Unsterblichkeit' zu finden, welche seine große Liebe retten könnte. Doch als er sie findet, befreit er versehentlich eine Horde böser Dämonen aus ihrem Verlies und die Hölle bricht los.
Kritik:
Mit
wuchtigem Fantasy-Gedöns kennt Ching Siu-Tung sich aus: Der
renommierte Regisseur brachte bereits international geachtete Erfolge
wie A CHINESE GHOST STORY [1987] oder SWORDSMAN [1990] auf die
Leinwand, die durch ihren visuellen Einfallsreichtum das Bild des
asiatischen Kinos im Westen nachhaltig mitprägten. DIE LEGENDE DER
WEISSEN SCHLANGE steht durchaus in der Tradition jener Großtaten,
auch wenn, dem Zeitgeist entsprechend, die putzigen handgemachten
Tricks von damals eher weniger putzigen computergenerierten
Pixel-Schlachten gewichen sind. Abgesehen von diesem Zugeständnis an
die weiterentwickelten Möglichkeiten des Sehnervkitzels hat sich
allerdings erstaunlich wenig geändert. Auf inhaltlicher Ebene
bediente man abermals bereits bekannte Narrative und gestatte sich
eine erneute Aufarbeitung einer alten chinesischen Sage, die sich
schon allein deswegen im kollektiven Gedächtnis verankern konnte,
weil sie in regelmäßigen Abständen immer wieder für den Kinosaal aufbereitet wird. So erzählte beispielsweise 1993 Tsui Hark die
Geschichte trickreich und farbenfroh in GREEN SNAKE, wenngleich der
Fokus dort – der Titel lässt es erahnen – auf der grünen Schlange
lag, während Ching sich nun hauptsächlich ihrer Schwester, der
weißen Schlange, widmet. Das Ergebnis ist eine kreischend bunte
Kitsch-Kanone, bis unter das Dach zugekleistert mit Spezialeffekten
und – trotz grassierender Inhaltsleere – von erfreulich flottem
Tempo.
Die Künstlichkeit ausstrahlenden Rechner-Kreationen
sind dabei – so viel Ehrlichkeit muss gestattet sein – von eher
bescheidener Natur, liegen qualitativ irgendwo zwischen ‚mäßig‘ und ‚ganz ordentlich‘. Interessanterweise schadet das dem schon aufgrund
der Thematik ohnehin fremdartigen Szenario gar nicht großartig,
sondern unterstreicht sogar noch die realitätsferne Comic-Ästhetik
der erdachten Fantasiewelten. Deren visueller Reiz ist trotz
unterdurchschnittlicher CGI-Kunst enorm. Wenn Horden von Dämonen
freigelassen werden oder Landstriche unter Wassermassen begraben
werden, dann gelingen dem Team um Ching Siu-Tung massenhaft imposante
Bilder. Ständig wirbelt irgendetwas herum, Blitze zucken, Donner
grollt – das volle Programm! Während der gebotene Bombast das Auge
erfreut, bleibt die zwischenmenschliche Komponente freilich auf der
Strecke. So wird zwar ständig von ewiger Liebe gefaselt, doch bei
der Plausibelmachung, warum man sich denn jetzt eigentlich so
wahnsinnig doll liebhat, versagt das Drehbuch. Das ist umso
drolliger, wenn man bedenkt, dass ein im englischen Sprachraum
kursierender Alternativtitel doch tatsächlich IT'S LOVE lautet –
als wolle man dem Betrachter die Herzschmerz-Intention nochmal extra
ins Gesicht schreien aus Angst, sie könne ansonsten übersehen
werden.
Jet Li [→ HERO] wird zwar als Hauptdarsteller
beworben, hat aber tatsächlich nicht wirklich viel zu tun. Die
wenigen ‚Kämpfe‘ des machetikerprobten Stars erschöpfen sich in
eher unspektakulärem Gefuchtel vor grüner Leinwand. Seine
Mentoren-Rolle als mittelalterlicher Geisterjäger meistert er zwar
locker aus der Hüfte, aber dass die Rolle hauptsächlich wegen
besserer Vermarktungsmöglichkeiten an Li ging, ist augenscheinlich.
Eva Huang Sheng-Yi [→ KUNG FU HUSTLE] spielt die Weiße Schlange
und darf dabei in erster Linie schnuckelig aus der Wäsche gucken,
was ihr auch gut gelingt. Dass für Charlene Choi [→ NEW POLICE
STORY] als Grüne Schlange das Gleiche gilt, überrascht eigentlich
kaum, denn dass Niedlichkeit ein Job ist, von dem sie was versteht,
durfte sie zuvor schon mehrfach unter Beweis stellen. Die männlichen
Mitstreiter können indes nicht wirklich Akzente setzen. Während
Raymond Lam [→ PERFECT WEDDING] als herzensguter Kräutersammler
mit großem Traum und schlichtem Gemüt nicht unsympathisch wirkt,
muss sich sein Partner Wen Zhang [→ THE GUILLOTINES] bereits nach
recht kurzer Spieldauer hinter einer Dämonenmaske verstecken, was
nicht gerade die große Wunschvorstellung eines Schauspielers
darstellen dürfte.
Freunde
der Kampfkunst, die aufgrund des wohlklingenden Namens Jet Li ihre
Eintrittskarte lösen, dürften sich ein wenig vernachlässigt
fühlen: DIE LEGENDE DER WEISSEN SCHLANGE ist in erster Linie eine
Liebesgeschichte im Fantasy-Gewand und insgesamt eher kindgerecht
oder zumindest in Hinsicht auf ein jüngeres Publikum produziert – inklusive sprechender Tiere und oberflächlicher Gefühlswallungen.
Für ausufernde Prügelorgien blieb da kein Platz. Und wenn man sich
doch mal ins Gehege kommt und Konflikte per Körpereinsatz austragen
muss, dann findet das im fortgeschrittenen Flugmodus über Dächern
und Wäldern statt und hat mit echter Knochen- und
Konfrontationsarbeit nichts am Hut. Dennoch bietet die bonbonbunte
Romeo und Julia-Variante fast pausenlose Action und erlaubt sich als
zwar substanzloses, doch äußerst farbenprächtiges Spektakel
überraschend wenig Peinlichkeiten – was selbst für die auf
extreme Niedlichkeit getrimmten animierten Nager gilt. Klar,
Filmgeschichte wurde hier nicht geschrieben und die Zeit großer
Innovationen war schon lange vorbei. Aber als Mini-Epos für den
kleinen Hunger zwischendurch ist diese Legende durchaus zu
gebrauchen.
Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 12
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