Hongkong 1971
Regie:
Kao Pao-Shu
Darsteller:
Wang Yu,
You Long,
Lisa Chiao Chiao,
Yang Yang,
Miao Tian,
Yi Yuan,
Ko Hsiao-Pao,
Su Chen-Ping
„Er ist hochmütig,
frech und stark.“
[Der Bösewicht charakterisiert die Hauptfigur.]
Inhalt:
China, vor langer Zeit: Ein
sterbender Mann überreicht dem Bettlerjungen Ni Chiu [You Long] ein Bambusrohr mit
der dringenden Bitte, dieses einem gewissen Herrn Ma Tang auszuhändigen.
Da der Junge nun ebenfalls von den Mördern des Mannes bedroht wird,
nimmt ihn der ziehende Speerkämpfer Lung Tai [Wang Yu] spontan unter seine
Fittiche. Gemeinsam suchen sie Ma Tang [Yeung Yeung] auf, welcher in Tai jedoch
seinen Feind erkennt. Vor Jahren besiegte dieser nämlich Tangs Vater
im Zweikampf, welcher sich ob dieser Schmach das Leben nahm. Ohne den
Grund des Besuchs abzuwarten, geht Tang zum Angriff über und
verletzt Tai dabei schwer. Nachdem Tai und Chiu die Flucht gelungen
ist, stellen sie fest, was an dem noch immer nicht überbrachten
Bambusrohr so wichtig ist: In ihm befindet sich eine Liste mit
Rebellennamen, die Ma Tang an einem geheimen Treffpunkt
zusammenführen soll, um den Sturz des unmenschlichen Mandarin
herbeizuführen, der momentan das Land terrorisiert. So beschließt
Tai, Tang die Liste dennoch zu übergeben. Doch ihre Widersacher
planen bereits den nächsten Angriff, und Tai ist durch seine Wunde
stark geschwächt. Er verschanzt sich mit Chiu in einem Gasthaus,
belagert von seinen Feinden. Inzwischen erfährt Ma Tang vom
eigentlichen Grund von Tais Besuch und beschließt, dass eine
Feindschaft nicht länger von Nöten ist.
Kritik:
Wang
Yu wurde durch die Shaw Brothers zum Star. Trotz fehlender
Kampfkunst-Kenntnisse engagierten die Kung-Fu-Film-Produzenten den
damals gerade mal 19-jährigen Darsteller gleich für mehrere
Hauptrollen. Eine davon, die des einarmigen Schwertkämpfers in DAS
GOLDENE SCHWERT DES KÖNIGSTIGERS (1967), machte ihn berühmt. Doch
der als schwierig geltende Wang weigerte sich, seinen Verpflichtungen
nachzukommen und brach den Vertrag mit seinen Arbeitgebern. Nach dem
daraus resultierenden Prozess war ihm das Drehen in Hongkong
untersagt. So siedelte er nach Taiwan um, wo er - oft unter eigener
Regie - eine ganze Reihe grellbunter Gassenhauer kreierte, um sie als Konkurrenz zur Ware seiner ehemaligen Mentoren zu kredenzen. Nicht selten
entstanden dabei solch herrliche Heuler wie EINE FAUST WIE EIN HAMMER
(1972) oder DUELL DER GIGANTEN (1976), die rein gar nichts mehr mit
der stilsicheren Eleganz der früheren Shaw-Produktionen zu tun
hatten, dafür aber durch ihren grobschlächtigen Schaubuden-Kolorit
auf- und gefielen. Wo sieht man schon mal Kämpfer auf dem
Zeigefinger übers Schlachtfeld springen? Ist selten geworden! HARUSCHI hingegen, bereits 1971 für die völlig unbekannte Firma
Park Films entstanden, verzichtet noch auf derlei Flausen und
bleibt seine 90 Minuten lang überwiegend auf dem Teppich (mal
abgesehen davon, dass hier natürlich trotzdem beizeiten
kilometerweit durch die Luft gesegelt wird – gewisse Genre-Regeln
müssen schließlich eingehalten werden).
Diese
konservative Erdung erweist sich fatalerweise als die größte
Schwachstelle des Werkes, dem ein paar muntere Verrücktheiten ganz
gut zu Gesicht gestanden hätten. Das arg konventionell ers(p)onnene
Drehbuch reißt nämlich beileibe keine Bäume aus und weiß nach
vielversprechendem Beginn mit den etablierten Figuren schon bald
nichts mehr anzufangen. So verschanzt es Wang Yu, nachdem eigentlich
schon alles erzählt ist, aber noch 30 weitere Minuten bis zur erlösenden
Ende-Einblendung totgeschlagen werden müssen, in ein von Gegnern belagertes Gasthaus,
das er regelmäßig zwecks Kampf verlässt und dabei natürlich
siegreich bleibt, weswegen das Spiel im Anschluss wieder von Neuem
beginnen kann. Dass derartige Traktierungsaktionen sehr
spannungsreich ablaufen können, bewies vor allem John Carpenter ein
paar Jahre später in seinem düsteren Reißer ASSAULT (1976).
Regisseurin Kao Pao-Shu [→ SHAOLIN - DIE RACHE DER GELBEN TEUFEL]
allerdings weiß die Bedingungen nicht hinreichend zu nutzen, das
anvisierte Gefühl allgegenwärtiger Bedrohung bleibt aus. Das liegt
freilich auch daran, dass man nie den Eindruck gewinnt, gerade
dramaturgisch notwendigen Ereignissen beizuwohnen, sondern sich
stattdessen in den Klauen eines einzigen großen Retardierungsmoments
wähnt, ein Kind der narrativen Sackgasse, in die man unversehens
geschlingert ist.
Final
erschöpft sich dann alles wenig überraschend in einem ausladenden
Kampfgetümmel, das jedoch nur durchschnittlich choreographiert wurde
und deshalb schnell ermüdend wirkt. Zwar sterben dutzende von
Statisten, da aber auch an künstlichem Lebenssaft gespart wurde,
bleibt die Angelegenheit reichlich harmlos. Zudem fällt ins Auge,
dass fast alle Schwert- und Speerhiebe (auch die angeblich tödlichen)
deutlich am gegnerischen Körper vorbeigehen. So besitzt das
blutleere Gewoge am Ende gerade mal den Härtegrad einer besseren
Sandkastenbalgerei. Wang Yu, dem man seine fehlende Ausbildung
durchaus anmerkt, fuchtelt sich dabei immerhin recht wacker durch die
Konfrontationen. Wenn er sich nicht gerade im Kriegsmodus befindet,
wirkt er zwar oftmals ein wenig verschlafen, interpretiert seine
Rolle aber durchaus reizvoll zwischen edlem Ritter und verwundbarem
Sensibelchen. Ein großartiger Schauspieler war er freilich nie, wohl
aber jemand, dem man gern zusah. Unterstützt von der feurigen
Synchronisation Thomas Dannebergs (der auch schon Terence Hill und
Sylvester Stallone deutsches Stimmleben einhauchte) lässt er ein
paar wunderbar tiefsinnige Philosophien vom Stapel, wenn er seinem
Schützling rät: „Bedenke,
dass die Weisheit nie auf einer Lanzenspitze ruht!“
oder sich selbst zum Kampf anspornt mit weisen Worten wie: „Die
Wahrheit, die ein Mann erkannt hat, muss er auch verteidigen.“
Der
damals 11 Jahre alte You Long [→ DIE
WUT, DER SCHREI UND DER TOD]
agiert als junger Begleiter nicht nur erfreulich unnervig (keine
Selbstverständlichkeit bei Kinderrollen), sondern überzeugt auch
durch sein natürliches Spiel, von dem sich der eigentliche
Hauptdarsteller gern mal ne Scheibe hätte abschneiden dürfen. Wenn
er den brutalen Bösewichten in argloser verbaler Direktheit
begegnet, hat er die Sympathien umgehens auf seiner Seite. So
funktioniert auch die emotionale Komponente der Geschichte
überraschend gut, denn die vater-sohn-ähnliche Zweckgemeinschaft
hat schon etwas Rührendes. Seinen herz- und
lachmuskelerwärmenden Höhepunkt findet das in dem Moment, als Lung Tai den kleinen Ni
Chiu mitten im Schlachtgewitter huckepack nimmt und dieser ihm die
blutenden Wunden zudrückt. So sieht wahre Männerfreundschaft aus!
Dass auch die Frauenrollen in diesem Falle ungewöhnlich taff daherkommen, ist
vermutlich der weiblichen Regie zu verdanken. Während die Damen in
ähnlich gelagerten Beiträgen im Angesicht fieser Gangsterschar nur
zaghaft kreischen und warten können, bis der Held sie raushaut,
bleibt Lisa Chiao Chiao [→ DIE
RÜCKKEHR DES KÖNIGSTIGERS]
in ihrer (nichtsdestotrotz vernachlässigten) Rolle als
Gasthausbesitzerin hier erstaunlich cool: „Setzt
euch jetzt hin, und benehmt euch anständig!“
befielt sie den Halunken (die daraufhin sogar brav kuschen), und auf
die eindeutigen Avancen eines wirklich extrem hässlichen Schergen
reagiert sie mit einem süffisanten: „Sowas
hab ich mir schon immer gewünscht. Ich habe noch nie mit Einem ohne
Vorderzähne geschlafen.“
BLOOD
OF THE DRAGON
(Alternativtitel)
besitzt sicherlich nicht wenige Defizite, das Herz hat er trotzdem am rechten Fleck. Die Story ist alles andere als komplex,
versucht aber auch nicht, einen für dumm zu verkaufen. Wang Yu
drückt man trotz limitiertem Mienenspiel immer gern die Daumen, und
die Konstellation „Mann
mit Kind auf der Flucht“
funktioniert hier tadellos. So bietet HARUSCHI insgesamt doch recht ordentliche Zerstreuung für all jene, die
einfach gern dabei zusehen, wie kostümierte Chinesen sich
gegenseitig auf die Glocke hauen. Zum Schluss noch ein dreifaches Hoch auf den deutschen Titelausdenker! Weder gibt es hier einen Haruschi, noch schwingt Wang ein Schwert und statt aus Rache kämpft man hier in erster Linie zwecks Selbstverteidigung. Chapeau, dreimal ins Klo!
Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 18
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