USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland 2017
Regie:
Ridley Scott
Darsteller:
Katherine Waterston,
Michael Fassbender,
Billy Crudup,
Carmen Ejogo,
Danny McBride,
Callie Hernandez,
Jussie Smollett,
Guy Pearce
„Wenn
Sie mich erschaffen haben, wer hat dann Sie erschaffen?“
Inhalt:
2104:
Das Kolonieschiff USCSS Covenant ist mit 2000 sich im Tiefschlaf befindlichen Menschen
auf dem Weg zum weit entfernten Planeten Origae-6, um diesen zu
besiedeln. Aufgrund eines Unfalls erwacht die Mannschaft vorzeitig
aus ihrem Kälteschlaf und nimmt einen unbekannten Funkspruch auf. In
der Hoffnung, bereits noch vor ihrer Ankunft bei Origae-6 auf einen
bewohnbaren Planeten zu treffen, ändert die Covenant ihren Kurs und
folgt dem unbekannten Signal. Tatsächlich findet man einen Planeten vor,
der nahezu paradiesisch wirkt und der Erde sehr ähnlich zu sein
scheint. Doch die Idylle trügt und als zwei Crew-Mitglieder sich
unbemerkt mit fremdartigen Sporen infizieren, beginnt ein Alptraum:
Kleine, unbekannte Wesen brechen kurze Zeit später aus ihren Körpern
und machen Jagd auf die restliche Besatzung. Eine Flucht erscheint
unmöglich, da das Landungsschiff bei einer Explosion zerstört
wurde. In höchster Not trifft die verzweifelte Crew auf den vor Ort
lebenden Androiden David [Michael Fassbender], der das gleiche Modell
ist wie der Android Walter [auch Michael Fassbender], welcher
ebenfalls zur Crew gehört. David bringt die Überlebenden zunächst
in Sicherheit. Doch diese ist nicht von Dauer.
Kritik:
1979,
als das ALIEN erstmals die Leinwände unsicher machte, wurde noch
nicht allzu viel gegrübelt. Zwar lässt sich Regisseur Ridley
Scotts düsterer Weltraum-Horror durch seine Verknüpfung von Gewalt
und Geburtsmetaphern und seine starke Frauenrolle (die dem fremden
Wesen final in Unterwäsche den Garaus macht) durchaus und sogar mit
relativer Leichtigkeit als Sinnbild für sexuelle Ängste deuten, im
Großen und Ganzen jedoch ging es noch darum, Menschen in Todesangst
durch enge Schächte zu scheuchen und dem Publikum damit eine
gehörige Gänsehaut zu verpassen. In ALIEN – COVENANT, dem
sechsten Beitrag des aus dem damaligen Erfolg erwachsenen Franchises
(den unsäglichen Ableger ALIEN VS. PREDATOR nicht mitgerechnet),
sieht es hingegen deutlich anders aus. Aus der simplen Monstershow
des Originals ist ein philosophischer Exkurs erwachsen, der nicht
mehr das titelgebende Untier in den Fokus rückt, sondern sich in
Dialog und Inhalt mit existenziellen Fragen beschäftigt. COVENANT
erzählt dabei die Vorgeschichte des 70er-Jahre-Kino-Meilensteins und
ist gleichzeitig die Fortsetzung des vier Jahre zuvor entstandenen
PROMETHEUS, welcher bereits damit begann, eine Erklärung für die
Ursprünge der tödlichen Lebensform zu liefern. Eine direkte
Weiterführung ist es dennoch nicht, denn COVENANT führt nicht etwa
die Reise von PROMETHEUS' Protagonistin Elizabeth Shaw weiter,
sondern überspringt 10 Jahre und widmet sich den Erlebnissen einer
neuen Crew, welche den Bogen zum Vorgänger erst im Laufe der Zeit
schlagen.
Diese
kommen einem dann allerdings auch arg vertraut vor: Eine Crew, die
aus dem Kälteschlaf erwacht, ein unbekanntes Signal, eine ungeplante
Landung in fremden Gestaden, ein feindlicher Organismus, der in Körper eindringt und alsbald platzende Leiber, schreiende Menschen
und heillose Panik zur Folge hat. Tatsächlich wird hier im Grunde über weite Strecken
lediglich die Handlung von Teil 1 wiederholt, die – so ehrlich muss
man sein – auch 1979 schon nicht unbedingt neu war. So läuft dann
alles in zwar großartig bebilderten, letztendlich jedoch vertrauten
Pfaden ab, bis mit dem Auftauchen des Androiden David schließlich
die Brücke zu PROMETHEUS geschlagen und es urplötzlich wieder
arg tiefgründig wird. Die Verquickung der dreckigen
ALIEN-Atmosphäre mit dem eher klinisch reinen PROMETHEUS-Ambiente
bildet dabei einen steilen, wenn auch nicht uninteressanten Kontrast,
der bereits in den ersten Minuten ins Auge fällt: COVENANT beginnt
mit einer Rückschau auf Ereignisse, die bereits vor dem Vorgänger
stattfanden, mit einem Dialog, der in einem blitzsauberen, massiv überbelichteten
Raum geführt wird, in dem alles geordnet, keimfrei und tadellos
arrangiert zu sein scheint, bevor man mit der Titeleinblendung wieder in die
Weiten des Alls geworfen und mit dem bekannt-schmutzigen Look des
Originals konfrontiert wird. Ein wenig unentschlossen wirkt dieses
Konzept auf Dauer schon, zumal es der eher gemäßigten Gangart des
Vorgängers widerspricht. Scott betonte in Interviews immer wieder, dass
PROMETHEUS zwar im ALIEN-Universum spiele, letztendlich jedoch eine
andere Geschichte erzähle. Bei COVENANT hingegen war ihm offenbar daran gelegen, sowohl die Vorgeschichte weiterzuverfolgen, als auch die konservativen ALIEN-Fans
zufriedenzustellen, die sich nichts anderes wünschten als eine
bissige Kreatur.
Dafür,
dass das offenbar nicht von Anfang an der Plan war, spricht, dass die
Fortsetzung ursprünglich unter dem Titel PARADISE LOST angedacht war und
die Weiterführung der auf einen Cliffhanger hinkonzipierten
Ereignisse ernüchternd lapidar mittels weniger Dialogzeilen
abgehandelt wird. Stattdessen kehrte nun Hals über Kopf das ALIEN
sowohl in den Titel zurück, als auch in die Handlung, um dort ein
bluttriefendes Schlachtfest anzurichten. Pflichtergeben lassen Ridley
Scott und seine Autoren die Mordbestie
erneut durch spärlich ausgeleuchtete Raumschiffgänge toben und
Besatzungsmitglieder zu Kleinholz verarbeiten. Wirklichen Schrecken
verbreitet das nicht mehr. Das einst so unheimliche Monster, welches
das Grauen in der Regel dadurch beschwor, dass es auf leisen Sohlen
durch dunkle Korridore schlich, um dann unvermittelt hinter der
nächsten Ecke zu lauern, ist zu einer gefeierten Popikone geworden,
zu einem tobenden Actionstar, der per Schädeldecke kraft- und
CGI-strotzend Panzerglasscheiben zertrümmert und Menschen anspringt
wie ein tollwütiger Hund. Die fleischlichen Protagonisten haben da
deutlich das Nachsehen und können nicht wirklich Akzente setzen.
Zwar sterben sie wie die Fliegen, aber es berührt einen nicht, da
das Skript die Figuren deutlich zurückstellt zugunsten des
Charakters des Androiden David, der sich im Vergleich zum Vorgänger
charakterlich deutlich weiterentwickelt hat und nun nicht mehr
LAWRENCE VON ARABIEN zitiert, sondern Percy
Bysshe Shelleys Gedicht Ozymandias,
Richard Wagners Einzug
der Götter in Walhall
hört und Blockflöte spielt. Wenn er dabei in einen
Interessenskonflikt mit seinem Nachfolgemodell Walter gerät, kommen
Fans des Schauspielers Michael Fassbender [→ SLOW WEST] voll und
ganz auf ihre Kosten, denn dieser stemmt seine Doppelrolle mehr als
souverän - COVENANT gehört quasi ihm.
Der
offensichtliche Versuch, es mehreren Parteien Recht zu machen, lässt
COVENANT letzten Endes irgendwo zwischen zwei Stühlen verharren. Man
spürt, dass den Machern der Exkurs in philosophische Gefilde weitaus
wichtiger war als die obligatorische Menschenhatz, die hier wie mit
heißer Nadel hineingestrickt wirkt. Das Ergebnis ist ein manchmal
etwas banal anmutendes, aber prinzipiell ansprechendes Potpourri aus mythologischen Motiven, religiösen Ideen und
existenziellen Fragen, in welches kurzerhand noch ein
ALIEN-Remake hineingedoktort wurde. Final noch garniert mit einer
überraschenden Wende, die eigentlich keine ist, ist COVENANT dank gekonnter
Regie, anregender Ideen und visuellem Reiz trotz durchaus gegebener Defizite einen Ausflug wert.
Laufzeit: 122 Min. / Freigabe: ab 16
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