Eigene Forschungen

Montag, 24. November 2025

TAXI HUNTER


DI SHI PAN GUAN
HK 1993

Regie:
Herman Yau Lai-To

Darsteller:
Anthony Wong Chau-Sang,
Yu Rongguang,
Ng Man-Tat,
Athena Chu Yun,
Perrie Lai Hoi-San,
Chan Fai-Hung,
Fan Oi-Kit,
Lung Tin-Sang



„Leg dich niemals mit nem Taxifahrer an.“
(Ob Kin diesen Ratschlag beherzigen wird? Nein, wird er nicht!)


Inhalt:

Ah Kin [Anthony Wong] ist Versicherungsagent – und als solcher ziemlich gut. Die verdiente Beförderung steht kurz bevor und auch privat läuft alles rund: Seine Frau [Perrie Lai Hoi-San] befindet sich in anderen Umständen. Einer glorreichen Zukunft scheint somit nichts mehr im Wege zu stehen. Aber zu fahren. Denn Kins Unglücksbringer sitzen hinter den Lenkrädern gelber Automobile. Schon mehrmals war er in der Vergangenheit mit Taxifahrern aneinandergeraten – zum Beispiel, als sie ihm bei einem vorgetäuschten Unfall eine Menge Geld aus der Tasche gezogen haben. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was am Tage der geplanten Niederkunft passiert: Durch die Unachtsam- und Gleichgültigkeit eines Taxifahrers kommt Kins Frau gewaltsam zu Tode – und mit ihr das noch ungeborene Kind. Kins Leben gerät daraufhin aus den Fugen. Vor einem Scherbenhaufen stehend, besorgt sich der einst so brave Bürger eine Knarre. Und ruft sich ein Taxi …

Kritik:

Irgendwann in den frühen 90ern muss ein Taxifahrer dem Herrn Herman Yau wohl mal gehörig ans Bein gepinkelt haben. Jedenfalls sah sich der vielbeschäftigte Filmschaffende dazu veranlasst, diese cineastische Schimpftirade vom Stapel zu lassen. Die kutschierende Zunft kommt nämlich alles andere als gut weg in der grobschlächtigen Rachevision, die das Konzept des Klassikers TAXI DRIVER (1976) auf links dreht und einen wutschnaubenden Anthony Wong zur Jagd auf liederliche Lenkradluder blasen lässt.

Yau war zu seinen Hochzeiten ein echter Tausendsassa des Hongkonger Kinos, verdingte sich als Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann, Produzent und in späteren Jahren auch als Schauspieler. Mangelnde Motivation konnte man ihm dabei nicht vorwerfen. Allein 1993, als auch TAXI HUNTER ins Kino kam, brachte er noch zwei weitere Leinwandvehikel auf den Weg – darunter den Bastard UNTOLD STORY, der in seiner makabren Mischung aus Polizeithriller, böser Satire und knallharter Kunstblutverprasserei mächtig die Magengruben malträtierte. Ganz so grenzüberschreitend geht es im vorliegenden Fall allerdings nicht zu, obwohl Subtilität weder beim Schreiben noch bei der Umsetzung zu den priorisierten Tugenden zählte. So werden hier zwar keine Tabus gebrochen, dafür aber eifrig Glas, Glück, Knochen … sowie Herz und Seele der Hauptfigur, die nach einem traumatischen Verlust zum einsamen Vigilanten auf den nächtlichen Straßen Hongkongs wird.

Dieses einschneidende Ereignis, der gewaltsame Tod der Ehefrau, ist im Prinzip die einzige wirklich drastische Szene, die allerdings so plötzlich passiert, dass ihre Schockwirkung noch lange Zeit nachhallt. Dass das erzwungene Ableben auf das Konto eines gewissenlosen Taxifahrers geht, der aufgrund erfolgreichen Fluchtverhaltens noch nicht einmal dafür belangt wird, lässt den zuvor herzensguten Ah Kin gegen besagten Berufsstand tüchtig Hass schieben. Dem Publikum ergeht es dabei ganz ähnlich, denn Yaus Skript zeichnet das Gewerbe als ein fast schon mafiös strukturiertes Kollektiv kleinkrimineller Kreaturen, das sich zusammenrottet, um mit fingierten Unfällen arglosen Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen, oder sich bei begangenen Straftaten – wie der Vergewaltigung betrunkener Fahrgäste – gegenseitig den Rücken deckt. Doch sind es nicht die Taxifahrer allein, die Ah Kin final zur Waffe greifen lassen: Generell entpuppt sich sein Umfeld als weitaus weniger generös, als es zuvor noch den Anschein hatte. Seine Kollegen treiben ihn mit völlig bescheuerten Kommentaren zur Weißglut („Du darfst nicht traurig sein – es ist passiert und lässt sich nicht ändern.“) und sein Boss, der ihn kurz zuvor noch zum Mitarbeiter des Monats ernannte, versteht überhaupt nicht, warum sich seine Arbeitsqualität plötzlich so rapide verschlechtert, streicht die versprochene Beförderung und verordnet Zwangsurlaub.

Seitdem sitzt Kin, in strömendem Regen und mit Bierflasche in der Hand, am Straßenrand und bläst Trübsal. Als er dabei eines Tages Zeuge wird, wie ein weiterer unverschämter Kilometerkassierer eine Frau übers Ohr hauen will, mischt er sich kurzerhand ein und verpasst dem Mann eine saftige Ohrfeige – eine Tat, die von den Umstehenden mit herzlichem Applaus quittiert wird. Von da an dauert es nicht mehr lang, bis Kin überzeugt ist, dass Maulschellen als Strafe noch längst nicht ausreichen. Der Weg vom traumatisierten Trauernden zum blindwütigen Mobilistenmeuchler ist psychologisch etwas holprig, aber im Rahmen des Unterhaltungsprogramms völlig ausreichend. Zumal Yau auch um ein wenig Tiefe bemüht ist: So versucht Kin, seine Morde durch geringfügige gute Taten auszugleichen – etwa, indem er einem kleinen Jungen zu einer teuren Sammelkarte verhilft. Und als er tatsächlich einmal auf einen Taxifahrer trifft, der unerwartet freundlich ist, lässt er von seinem Vorhaben ab und belohnt den Mann stattdessen mit einem großzügigen Geldbetrag. Übermenschliche Fähigkeiten entwickelt Kin dabei keine, was der Sache eine gewisse Glaubwürdigkeit verleiht. Während vielen anderen Kino-Killern jeder Coup gelingt, kassiert Kin von einem seiner potenziellen Opfer gehörig Dresche und bleibt wie ein geprügelter Hund am Straßenrand liegen.

Speziell letztere Szene ist bei aller Brutalität zum Piepen und verortet TAXI HUNTER trotz seiner Tragik, Dramatik und Drastik im Bereich der schwarzen Komödie. Noch deutlicher wird das, als Kin in seiner Wohnung das lässige Ziehen der Waffe übt. Was im Kino immer so einfach aussieht, scheitert bei ihm jedoch regelmäßig, weil das lästige Ding entweder in der Hosentasche hängen bleibt oder ihm aus den Fingern flutscht. Das ist natürlich eine ironische Referenz auf den berühmten Monologmoment aus TAXI DRIVER, bei dem sich Robert De Niro vor dem Spiegel den Revolverhelden antrainiert. Und für alle, denen das in Sachen Humor immer noch etwas zu fein ist, wurde mit dem von Ng Man-Tat [→ LEGACY OF RAGE] gespielten Polizisten Gao noch ein waschechter Pflaumenaugust ins Szenario gepflanzt. Schon sein Anblick ist zum Totlachen: Mit seinen viel zu weiten Klamotten, allesamt penetrant verziert mit den Logos amerikanischer Sportvereine, dazu das Baseball-Käppi verkehrt herum auf der Rübe, an deren Schirm zudem sein Dienstausweis baumelt, wirkt er optisch wie ein Zurückgebliebener – ein Eindruck, der durch sein kleinkindähnliches Benehmen nicht unbedingt entkräftet wird. Ng spielt die Rolle allerdings so sympathisch, dass man ihn sofort ins Herz schließt. Dass sein Auftreten ohnehin nur Tarnung und Verwirrtaktik ist, zeigt sich, als er sich im späteren Verlauf als überraschend kompetent erweist. 

Im Rahmen der Erzählung dient Gaos extravagantes Gebaren ohnehin vor allem der Konterkarierung seines Kollegen und Partners Yu Kai Chung, gespielt von Yu Rongguang [→ IRON MONKEY]. Dieser verkörpert nicht nur den klassischen knallharten Cop, sondern – und da wird es brisant – auch Ah Kins besten Kumpel. Natürlich ahnt er als solcher nichts von dem mörderischen Hobby seines Freundes, woraus TAXI HUNTER ein Großteil seiner Spannung bezieht: Wann wird der Polizist bemerken, dass sein Kindheitskamerad der kaltblütige Killer ist? Und wenn es passiert: Wie wird er reagieren? Das Personenensemble wird ergänzt durch Athena Chu Yun [→ MEGA COP] als Fernsehreporterin und Tochter von Gao. Zur Handlung trägt sie nichts Nennenswertes bei, aber die Interaktionen zwischen ihr und ihrem Vater, bei denen es nicht selten um Chili-Soße geht, verleihen den Figuren ein gerüttelt Maß an Menschlichkeit.

Trotz einer gehörigen Portion Galgenhumor verfehlt TAXI HUNTER seine aufrüttelnde Wirkung nicht und überzeugt als wilde Mischung aus TAXI DRIVER, DEATH WISH und dem typischen Hongkong-Kino jener Zeit. Anthony Wong spielt den bemitleidenswerten Ah Kin als eine Art asiatischen Paul Kersey und agiert dementsprechend sehr bodenständig, weit entfernt von der Überkandideltheit seiner sonstigen Psychopathenrollen (etwa in EBOLA SYNDROME). Woran es freilich mangelt, ist echte Spannung. Die Nummer ist zwar durchgehend unterhaltsam und erlaubt sich keine Durststrecken, wirkt aber niemals wirklich nervenzerrend. Auch hätte Wong gern etwas häufiger zuschlagen und noch ein paar mehr bösartige Bolidenbeschleuniger ins Jenseits befördern dürfen. Gewöhnungsbedürftig geriet zudem der Musikeinsatz: Oft erklingen dramatische Töne, wenn es gar nicht nötig wäre, während es in tatsächlich dramatischen Szenen dafür merkwürdig still bleibt. Für Actionfreunde gibt es zwar ein paar rabiate Stunts, aber es sollte klar sein, dass hier kein kinetisches Feuerwerk gezündet wird. Doch auch ohne viel Explosion und Exzess ist TAXI HUNTER eine gelungene Fahrt durch den in schönstes Neonlicht getauchten Großstadtdschungel, die in dieser Form wohl wahrlich nur zu ihrer Zeit und an ihrem Ort entstehen konnte. Ein Mann sieht gelb!

Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 16

Montag, 17. November 2025

P.O.W. - DIE VERGELTUNG


BEHIND ENEMY LINES
USA 1986

Regie:
Gideon Amir

Darsteller:
David Carradine,
Mako,
Charles Grant,
Steve James,
Phil Brock,
Daniel Demorest,
Tony Pierce,
Steve Freedman



„Ich kann mir nicht vorstellen, warum sie gerade ihn ausgesucht haben.“
„Erstens ist er der Beste. Und dann hat er ein Prinzip, mit dem er noch nie gebrochen hat.“
„Und welches ist das?“
„Jeder kommt wieder nach Hause.“

[Ein paar Filmminuten später sind dann übrigens alle Beteiligten mausetot. Aber gut … von lebend nach Hause war ja auch nie die Rede ...]


Inhalt:

1973: Das Ende des Vietnamkriegs steht kurz bevor; in wenigen Tagen sollen alle Truppen abgezogen werden. Das Problem: Nordvietnam leugnet die Existenz amerikanischer Kriegsgefangener. Sobald der Waffenstillstand in Kraft tritt, gelten alle bis dahin nicht zurückgekehrten Soldaten als verschollen. Die US-Regierung will das nicht hinnehmen und schickt den couragierten Colonel Cooper [David Carradine] in den Dschungel, um in einem aufmerksamkeitsstarken Husaranstück den geheimen Vietcong-Knast zu stürmen und die Vermissten zu befreien. Doch der Einsatz misslingt: Coopers Einheit wird vollständig ausgelöscht, er selbst gerät in die Gewalt des skrupellosen Aufsehers Vinh [Mako]. Dieser erhält den Befehl, den prominenten Gefangenen zu seiner Hinrichtung nach Hanoi zu bringen. Vinh willigt zum Schein ein, verfolgt jedoch eigene Pläne: Er beabsichtigt, sich heimlich in die USA abzusetzen – mitsamt aller Reichtümer, die er während des Krieges angehäuft hat. Es kommt zu einem ungewöhnlichen Deal: Cooper hilft Vinh bei der Flucht – unter der Bedingung, dass sämtliche Internierten mitkommen dürfen. Der Konvoi, der sich bald darauf in Bewegung setzt, dient daher nur scheinbar der Überführung des Colonels zur Schlachtbank. Tatsächlich soll es ein Trip in die Freiheit werden. Doch erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt …

Kritik:

Ja, die Mär von den geleugneten Kriegsgefangenen mal wieder! Tatsächlich hielten sich in den USA nach Ende des Vietnamkriegs hartnäckig Gerüchte, der Gegner halte noch etliche amerikanische Soldaten in geheimen Lagern fest. War ja auch deutlich einfacher als zu akzeptieren, dass diese sinnlose Stellvertreteraktion schlicht unfassbar viele Todesopfer gefordert hatte. Das nach zahlreichen Skandalen entfachte Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Regierung trug ebenfalls nicht gerade dazu bei, die Vorstellung einer Vertuschung zu entkräften. Beweise wurden – oh Wunder! – jedoch nie erbracht. Dafür nährten unzählige reaktionäre Actionfilme fleißig die Verschwörungsfantasie und ließen bis an die Zähne bewaffnete Einzelkämpfer ins ehemalige Kriegsgebiet vordringen, um die verlorenen Jungs doch noch rauszuholen. P.O.W. - DIE VERGELTUNG reiht sich, trotz durchaus vorhandener Story-Variation, recht nahtlos in diese Reihe ein. P.O.V. steht dabei für Prisoner of War (also eben Kriegsgefangener) und Die Vergeltung steht für Die Vergeltung. Wobei der offizielle Originaltitel eigentlich BEHIND ENEMY LINES lautet, hin und wieder auch mal abgelöst von P.O.W. - THE ESCAPE. Aber ganz gleich, unter welchem Banner man sich das Werk letzten Endes zu Gemüte führt, klar ist: Hier muss mal wieder ein Heros her, um hinter feindlichen Linien vermeintlich gefallene Kameraden zurück in die Freiheit zu führen.

Verantwortlich dafür war einmal mehr das berühmt-berüchtigte Cannon-Studio, das mit seinen kostengünstig, aber effizient produzierten patriotischen Gassenhauern in den 1980er-Jahren einige Kassenerfolge einfahren konnte. Die Hauptrolle wäre daher eigentlich wie geschaffen gewesen für den Berufsbärtigen Chuck Norris, einer der großen Stars des Hauses, dem die Kompetenz zur gewaltsamen Kombattantenheimführung schon stets in den markanten Gesichtspullover gestrickt war. Aber vielleicht wollte man nach zwei MISSING IN ACTION-Missionen (die dritte stand bereits in den Startlöchern) auch mal ein anderes Frontschwein von der Leine lassen. So darf sich hier nun David Carradine seine Sporen verdienen, der immer noch vom Erfolg der TV-Serie KUNG FU zehrte und zudem wesentlich sympathischer rüberkommt als sein ehemaliger Leinwandpartner (Norris und Carradine trafen 1983 in MCQUADE – DER WOLF aufeinander). Die Siegestrophäe für das beste Mienenspiel bleibt zwar auch diesmal brav in der Schublade, aber als kerniger Colonel mit Hang zum Zweitkick ist Carradine durchaus zelluloidtauglich. Dass sein Charakter eine Reihe saudummer Entscheidungen trifft und dadurch – entgegen permanenter Dialogbehauptung – keinen allzu qualifizierten Eindruck hinterlässt, ist ja nicht seine Schuld, sondern die der Drehbuchschurken (Ob man’s nun glaubt oder nicht: Ganze fünf Schreiberlinge mussten ran, um dieses erzählerisch doch sehr spartanische Scharmützel zu Papier zu bringen).

Der inhaltliche Hauptunterschied zum Gros der Kinokollegen besteht bei P.O.W. darin, dass die Handlung noch während des Krieges spielt. Die meisten Leinwandhelden durften erst nach Ende desselben ins Feindesland vorrücken, um Verschleppte zu befreien und dem ehemaligen Gegner nachträglich noch ein paar Nasenstüber mit auf den Weg zu geben. Hier jedoch findet die Aktion bereits während der letzten Schlachttage statt, was sich als recht reizvolle Variante entpuppt. Mehr denn je herrscht eine chaotische Weltuntergangsstimmung, in der endgültig auf jedwedes Regelwerk gepfiffen wird und jeder nur noch versucht, seine Schäfchen irgendwie ins Trockene zu bringen. Das gilt durchaus für beide Seiten, wird Colonel Cooper doch – entgegen vorheriger Pläne, die eine verdeckte Operation vorsahen – damit beauftragt, mit seiner Einheit ganz und gar unverdeckt und mit viel Krawall ein geheimes Dschungellager hochzunehmen und dabei zwecks intendierter Weltpresse-Aufmerksamkeit möglichst viel Rummel zu veranstalten. Das führt direkt zum Auftakt zu einem der größten Lacher überhaupt, wenn David Carradine und seine Mannen besagtes Camp stürmen und minutenlang wie die Wilden in der Gegend herumballern – bis ihnen auffällt, dass sie ganz allein auf weiter Flur sind und daher die ganze Zeit auch niemand zurückschießt. Diese Sequenz ist wirklich sagenhaft bescheuert und sagt am Ende mehr über das Genre aus, als ihr vermutlich lieb ist: Stumpfes Rotzen aus allen Rohren geht deutlich vor Sinn und Verstand.

Die Absenz jedweder Gegenwehr entpuppt sich als Hinterhalt, dem allen außer Carradines Cooper zum Opfer fallen. Es folgen ein paar der genreüblichen Fiesitäten, wenn der schurkische Kommandant Vinh die Bühne betritt, verkörpert vom japanischstämmigen Makoto Iwamatsu [→ DIE GROSSE KEILEREI], alias „Mako“, der in den USA zeitweise immer dann zum Einsatz kam, wenn ein asiatisches Gesicht gefragt war. Vinh fügt den überlebenden Colonel den übrigen Kriegsgefangenen hinzu und macht mittels mehrerer Exekutionen direkt deutlich, dass mit ihm nicht gut Kirschen essen ist. Etwas origineller wird es, als beide Parteien ein durchaus glaubhaftes Zweckbündnis eingehen: Kommandant Vinh weiß, dass das nahende Ende des Krieges ihm nicht nur seine Macht, sondern auch sein illegal beiseitegeschafftes Gold kosten wird. Ein Leben in Amnestie im Land des Feindes erscheint ihm daher als gangbare Alternative. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht er jedoch die Unterstützung Coopers – welcher seine Mitwirkung wiederum an die Bedingung knüpft, dass die Gefangenen sicher nach Hause gelangen. Das markiert den Auftakt einer zumindest im Ansatz abenteuerlichen Reise durch ein zerrüttetes Land, die einiges an Sprengkraft und Nervenkitzel birgt, wenn der Lagerkommandant gezwungen ist, seine eigenen Leute zu täuschen – denn der Vietcong kennt bei Verrätern keine Gnade.

Eine wirkliche Annäherung der beiden Antipoden findet dennoch niemals statt. Dazu setzt P.O.W. dann doch wieder zu sehr auf die altbekannte Gut-Böse-Schablone, die allzu ambivalente Anwandlungen gar nicht erst zulässt. Auch wird diese „Zusammen in einem Boot“-Idee nicht konsequent genug durchgezogen und das Skript verzettelt sich bald wieder in Story-Stereotypen. Ein nettes narratives Nebengleis wird immerhin befahren mit der Episode um den befreiten Soldaten Sparks, verkörpert von Charles Grant [→ DELTA FORCE]. Dieser erliegt nämlich ebenfalls der Gier nach Gold und Glitzer und setzt sich, mit geklauter hochkarätiger Altersvorsorge im Gepäck, vom Rest der Truppe ab, um auf eigene Faust außer Landes zu fliehen. Doch sein Glück, so wird ihm bald bewusst, wird er dabei nicht finden. Gerade noch rechtzeitig entdeckt er sowohl sein Gewissen als auch sein patriotisches Herz und kehrt zurück, um seine Kameraden im Kampf gegen die Unterdrücker zu unterstützen. Damit macht er immerhin mehr Charakterentwicklung durch als Colonel Cooper, der von Anfang bis Ende ein besserwisserischer Betonklotz bleibt und – beseelt von einem wirklich sagenhaften Selbstvertrauen – dauerhaft den Dicken markiert, was durchaus ein wenig vermessen erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass bereits zu Beginn die gesamte ihm unterstellte Kompanie aufgrund seiner zweifelhaften Entscheidungen ins Gras beißen musste. Trotzdem bleibt er sich und seinen Manierismen in unerschütterlicher Manier treu. Ohne Hadern, Zaudern oder gar Gewissensbisse zieht er sein Ding durch, bis er im Finale ins Sternenbanner gehüllt böse Kommunisten über den Haufen ballern darf.

Nein, P.O.W. ist gewiss nicht unumgänglich, bietet aber reichlich Rambazamba in schöner Kulisse, da die Philippinen mal wieder sehr überzeugend die Vegetation Vietnams doublen (wobei sich der Genre-Freund an diesen Look vermutlich schon so sehr gewöhnt hat, dass er ihm von Haus aus einfach „richtig“ vorkommt). Auch wirkt seine reaktionäre Botschaft insgesamt eher verschroben als verärgernd, wie zu Beispiel oft bei den Kollegen Norris & Co der Fall. An Klischees mangelt es freilich trotzdem nicht: Hahnenkämpfe, Hurenhäuser, Stromschnellen, Strohhütten, die explodieren, als bestünden sie aus Nitroglycerin … und natürlich die berühmte Dschungelfalle, jenes mit tödlichen Spitzen gespickte, urplötzlich aus dem Geäst schwingende Holzbrett, das garantiert immer irgendein Unglückseliger volle Kanne in die Goschen bekommt. Zu bedauern ist allerdings abermals die sträfliche Unterbeschäftigung des wie immer extrem coolen Steve James [→ DER EXTERMINATOR], der dem alles dominierenden Colonel Cooper zwar tatkräftig unter die Arme greifen darf, über den Status eines besseren Statisten aber dennoch nur nur geringfügig hinauskommt. Dabei hätte ihm die Hauptrolle vermutlich deutlich besser zu Gesicht gestanden.

Laufzeit: 89 Min. / Freigabe: ab 18

Montag, 10. November 2025

DER EXTERMINATOR II


EXTERMINATOR II
USA 1984

Regie:
Mark Buntzman

Darsteller:
Robert Ginty,
Mario Van Peebles,
Deborah Geffner,
Frankie Faison,
John Turturro,
Arye Gross,
Scott Randolf,
Reggie Rock Bythewood



„Du wolltest die Straße säubern? Ich bin die Straße!“
(Gut, seinen Namen kann man sich nicht aussuchen.)


Inhalt:

Einst kämpfte John Eastland [Robert Ginty] als Soldat in Vietnam. Inzwischen streift er ziellos durch die Straßen New Yorks. Nur seine Beziehung zur sympathischen Tänzerin Caroline [Deborah Geffner] bringt etwas Farbe in sein Leben. Doch nicht einmal sie ahnt etwas von Eastlands pikantem Hobby: Regelmäßig hört er den Polizeifunk ab, um herauszufinden, wo sich die bösen Jungs der Stadt herumtreiben. Diesen stattet er dann einen feurigen Besuch ab, der stets nur verkohlte Leichen zurücklässt. Denn John Eastland ist der Exterminator, der maskierte Bestrafer, der kriminelle Umtriebe mit dem Flammenwerfer ahndet. Als eines Tages eine sektenartigen Straßengang die Stadt heimsucht und beginnt, wahllos Menschen umzubringen, laufen einige ihrer Mitglieder Eastland ebenfalls ins Feuer. Für den Bandenchef „X“ [Mario Van Peebles] wird die Sache daher bald persönlich – und Caroline gerät ebenfalls ins Visier der Killer. Gemeinsam mit seinem einzigen Vertrauten, dem Müllwagenfahrer Be Gee [Frankie Faison], rüstet sich der Exterminator fürs finale Gefecht.

Kritik:

Vier Jahre nach seinem ersten Einsatz kehrte der Exterminator zurück – dieses Mal unter der Schirmherrschaft der Cannon Group, jener Produktionsfirma, die sich in den 1980ern mit ebenso radikalen wie reaktionären Action-Reißern einen anständig anrüchigen Ruf erarbeitete. Populäre Stars waren Chuck Norris oder Michael Dudikoff, die meist vor militärisch geprägtem Hintergrund für Recht und Ordnung sorgten. Aber auch Charles Bronson verspritzte ab 1982 sein Blei für Cannon, nachdem das Studio die Rechte daran erworben hatte, dessen Selbstjustiz-Klassiker DEATH WISH (1974) beliebig oft fortsetzen zu dürfen. Und weil ein Revolverheld auf Rachefeldzug noch längst nicht ausreichte, sicherte man sich zusätzlich noch die Erlaubnis, mit dem Gassenhauer DER EXTERMINATOR von 1980 das Gleiche zu tun – immerhin war dieser ja nicht unbedingt unerfolgreich gelaufen und das Interesse an anarchistischen Einzelgängern auf illegitimer Gerechtigkeitsmission war ungebrochen. Robert Ginty übernahm abermals die Titelrolle, während Mark Buntzman, beim Vorgänger noch als Produzent unterwegs, dieses Mal für Buch und Regie verantwortlich zeichnete. Ein Großteil seiner Arbeit bekam das Publikum jedoch nie zu Gesicht: Die Geldgeber waren mit den Ergebnissen so unzufrieden, dass im Nachhinein großzügige Änderungen vorgenommen wurden, die den Inhalt mehrheitlich neu arrangierten – mit heißer Nadel gestrickter Nachdrehs inklusive.

Dass man für diesen am Ende ja doch recht simplen Reißer so viel Aufwand betrieb, zeigt, dass die Produzenten das Werk offenbar weitaus wichtiger nahmen, als die Mehrheit der Kritiker es tat. Ob die zahlreichen Umschnitte und ausgetauschten Szenen ihm tatsächlich nutzten oder im Gegenteil eher schadeten, lässt sich kaum beziffern. Fest steht: EXTERMINATOR II reißt keine Bäume aus. Gut, das muss er auch nicht und hat wahrscheinlich ohnehin niemand erwartet, zumal ja schon Teil 1 nicht der Weisheit letzter Schluss war. Bereits der Einstieg geriet allerdings mehr als holprig, wenn das Publikum Zeuge wird, wie ein paar Wüstlinge einen Laden überfallen und dabei den Inhabern, einem älteren Ehepaar, die Lichter auspusten. Draußen vor der Tür wartet dann jedoch der Exterminator auf die jugendlichen Rowdys, um dort ebenfalls sein Licht auszupusten – das seines Flammenwerfers nämlich, was die eben noch so übermütigen Übeltäter in einen Haufen überknuspriger Grillhähnchen verwandelt. Wie überaus nett vom Exterminator, dass er lange genug vor dem Eingang gewartet hat, damit die Delinquenten auch genug Zeit hatten, ihre Opfer über die Klinge springen zu lassen – so ein strafender Feuerstoß will ja schließlich ausreichend gerechtfertigt sein.

Der auffälligste Unterschied zum Vorgänger besteht darin, dass EXTERMINATOR II tatsächlich eine stringente Geschichte erzählt. Keine sonderlich gute oder gar originelle, das ist klar. Aber wo Teil 1 noch sehr episodenhaft daherkam, folgt Teil 2 einer klassischen, durchgehenden Dramaturgie. Anstelle mehrerer Schmeißfliegen gibt es hier einen großen Antagonisten, den es zu besiegen gilt: der Anführer einer (was auch sonst?) Straßengang, der sich nur „X“ nennt und von Mario Van Peebles [→ HEARTBREAK RIDGE] als guruartiger Fanatiker verkörpert wird. Damit einhergehend wurde auch die einstige Authentizität über Bord geworfen: Das hier porträtierte New York gleicht einer Stadt am Rande der Apokalypse, noch nicht ganz so übertrieben als Kriegsschauplatz gezeichnet wie ein Jahr später bei DEATH WISH III, aber doch schon mit deutlicher Schlagseite in Richtung MAD MAXiger Endzeitvision. Schrill geschminkte Punks marodieren durch die Straßen, terrorisieren unschuldige Bürger, bringen Menschenopfer dar und schießen mit Raketenwerfern Hubschrauber ab. Das ergibt alles gar keinen Sinn, generell schien das Drehbuch alles in den Topf geworfen zu haben, was sich irgendwie mit „böse“ assoziieren lässt. Speziell die rituellen Opferungen erinnern doch sehr an die „Satanic Panic“, jene moralische Massenhysterie, die in den 1980er-Jahren vor allem in den USA um sich griff und viele Menschen glauben machte, überall existierten geheime satanische Kulte, die Jugendliche durch Musik, Spiele und  - Schreck, lass nach! - Filme verderben würden.

Das ist ziemlich gaga, liefert aber immerhin ein paar gelungene Momente traumartigen Einschlags, wenn die Gang im Dunkel der Nacht mit Rollschuhen an den Füßen und Fackeln in den Flossen ritualisiert in Richtung Opferstätte rollert. Doch nicht nur die Schurkenseite macht durch irreale Aktionen auf sich aufmerksam. Die Wirklichkeitsferne wird auch unterstrichen durch die Darstellung des „Helden“, der in der Fortsetzung zu einer Art unkaputtbarem Meuchelmörder umgedeutet wurde. Eingehüllt in eine Verkleidung aus schützendem Stahl, das Gesicht hinter einer Schweißermaske verborgen, übersteht er selbst massiven Kugelhagel ohne den kleinsten Kratzer. Eine Salve aus seinem Flammenwerfer hingegen verwandelt seine Gegner in Windeseile in ein elendes Häuflein Asche, meist akustisch untermalt von sakralen Orgelklängen, was den Exterminator in die Nähe eines göttlichen Bestrafers rückt. Im ersten Teil noch ein getriebener Vietnam-Veteran mit akuter Affektstörung, wirkt John Eastland nun, nicht nur aufgrund seiner martialischen Kostümierung, wie der Killer eines Slasherfilms der Marke FREITAG, DER 13. Hinweise auf seine Vergangenheit inklusive Kriegstrauma und Verlust seines besten Freundes werden hier völlig ausgespart. Zum einen sicherlich deshalb, weil (zurecht) davon ausgegangen werden konnte, dass das Publikum mit dem Vorgänger vertraut ist. Zum anderen passt diese Thematik aber auch gar nicht mehr in das in Teil 2 kreierte Szenario, das keinen Psychopathen braucht, sondern einfach einen rabiaten Dorfsheriff ohne Scheu vor harten Bandagen. Am Ende verwandelt Eastland dann einen Müllwagen mittels improvisierter Panzerung, Maschinengewehren und Raketenabschussrampen in sein persönliches Batmobil, was endgültig jeden realistischen Rahmen sprengt.

Die Idee, Eastland hinter einer metallenen Maske zu verstecken, stammte dem Vernehmen nach von William Sachs [→ CONCRETE WAR]. Der wird offiziell nur als Autor und Produzent gelistet, war aber auch verantwortlich für die zahlreichen Nachdrehs und Umstrukturierungen, nachdem das Studio mit Mark Buntzmans Arbeit unzufrieden war. Da Robert Ginty sein Antlitz jedoch nicht abermals zur Verfügung stellen konnte oder wollte, musste schnell eine Lösung her. Zum Glück gab es bereits eine Szene, in der Ginty besagtes Schweißer-Outfit trug. Und so wurde beschlossen, dieses zu seinem Markenzeichen zu machen. In jeder Szene, in welcher der Exterminator nun derart herausgeputzt zur Tötungstat schreitet, steckt also gar nicht Ginty hinter der Maske, sondern ein Double – und ja, das sind die meisten. Was aus der Not geboren wurde, erweist sich im Endeffekt als enorm eindrücklich: Eastland scheint jede Form von Menschlichkeit abgelegt zu haben und als stählerner Rachegott wiederauferstanden zu sein. Der Flammenwerfer als einziges Mordinstrument ist dabei freilich ebenfalls neu. In Teil 1 kam das Gerät eigentlich nur ein einziges Mal zum Einsatz – und auch das blieb eigentlich nur im Kollektivbewusstsein, weil das Kinoplakat diesen Anblick so eindrücklich verewigte. Hier hingegen ist er zum Charakteristikum geworden, was auf Dauer etwas eintönig ist, da die Einsätze immer gleich ablaufen und stets im gleichen müden Geisterbahn-Effekt münden: ein Feuerstoß in Richtung Kamera, dann ein paar mit den Armen rudernde Stuntleute im Brennumhang und ein paar Sekunden später liegen bereits die verkohlten Gerippe qualmend in der Gegend herum (das geht ja wirklich erstaunlich schnell). Geblieben sind das nihilistische Weltbild und die allgemeine Tristesse, die nur durch die unverkrampfte Beziehung Eastlands zur Tänzerin Caroline (Deborah Geffner aus MAXXXINEund seine wirklich herzliche Freundschaft zum poltrigen Müllwagenfahrer Be Gee (Frankie Faison aus GESCHENKT IST NOCH ZU TEUER) ein paar erhellende Farbtupfer erhält.

Die Fortsetzung der Flammenwerfer-Fabel wird fraglos niemals auf irgendjemandens Lieblingsliste landen, hat als Anschauungsbeispiel für die schroffe Attitüde des 1980er-Kinos aber durchaus ihre Berechtigung – obwohl der nuancierte Hintersinn, der den Vorgänger ein wenig aus der grauen Masse hervorheben konnte, hier vollkommen abwesend ist. Die zweite Runde des rabiaten Rabaukenrösters ist ein überwiegend uninspirierter, aber dennoch veritabler Nachschlag, dem sein Produktionschaos nicht unbedingt anzumerken ist. Robert Ginty selbst hasste diese neue Version zwar, doch wer von finsteren Vigilanten-Fantasien in großstädtischem Schmuddellook nicht genug bekommen kann, ist hier prinzipiell schon an der richtigen Adresse. Feuer frei!

Laufzeit: 90 Min. / Freigabe: ab 18

Montag, 3. November 2025

DER EXTERMINATOR


THE EXTERMINATOR
USA 1980

Regie:
James Glickenhaus

Darsteller:
Robert Ginty,
Steve James,
Christopher George,
Samantha Eggar,
Tony DiBenedetto,
Dick Boccelli,
Patrick Farrelly,
Michele Harrell



„Ich suche ein paar deiner Freunde. Einer davon ist so’n Kleiner mit Baskenmütze und Bart. Der andere ist ein großer, klotziger Kerl – hässlich, sieht aus wie’n Affe.“
(In Sachen Personenbeschreibung macht dem Exterminator keiner was vor.)


Inhalt:

In den Wirren des Vietnamkriegs geraten John Eastland [Robert Ginty] und sein Kamerad Michael Jefferson [Steve James] in feindliche Gefangenschaft und entrinnen nur knapp einem grausamen Tod. Jahre später arbeiten beide in einem New Yorker Lagerhaus, stets bemüht, das erlebte Grauen zu vergessen. Doch die Gewalt holt sie unvermittelt ein: Jefferson wird von einer Straßengang überfallen und dabei so schwer verletzt, dass er den Rest seines Lebens auf den Rollstuhl angewiesen ist. Bei Eastland brennen daraufhin alle Sicherungen durch: Mit Flinte und Flammenwerfer im Gepäck verübt er eiskalte brennende Rache. Derart auf den Geschmack gekommen, nimmt sich der Vietnam-Veteran in den folgenden Wochen weitere Kriminelle vor, um sie ihrer tödlichen Strafe zuzuführen: Mafiosi, Dealer, Zuhälter, korrupte Politiker – niemand ist plötzlich mehr sicher. Fieberhaft versucht der idealistische Detective James Dalton [Christopher George], die Identität des Rächers zu enthüllen. Und sogar die CIA nimmt Eastland ins Visir, da sie in seinen Aktionen eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sieht. Schließlich kommt es zur explosiven Konfrontation aller Parteien.

Kritik:

Nein, DER EXTERMINATOR ist nicht die Geschichte eines Killerroboters aus der Zukunft, der sich aufs Altenteil zurückgezogen hat. Exterminator, Bildungsbürger wissen das, ist die englische Bezeichnung für einen Kammerjäger. Dieser Berufsstand befreit bekanntermaßen die werte Behausung von lästigem Ungeziefer – womit Tonfall und Intention dieser groben Schlachtplatte auch schon treffend umschrieben wären. Gleich das erste Bild zeigt einen gigantischen Feuerball sowie die Silhouette eines Mannes, der unfreiwillig, dafür aber im hohen Bogen, vor ihm davon segelt. Es ist Krieg, so stellt sich heraus, und der Ort des Geschehens heißt Vietnam. Nur wenige Minuten später ist das Publikum bereits Zeuge zweier enorm brutal inszenierter Enthauptungen geworden und es ist klar: Das hier ist kein Ponyhof.

Der gerade aufgrund seiner Grausamkeit sehr wirkungsvolle Auftakt führt zugleich die beiden Helden ein, John Eastland und Michael Jefferson (Robert Ginty aus ZWEI MINUTEN WARNUNG und Steve James aus AMERICAN NINJA), und das wider Erwarten nicht etwa als sprücheklopfende Kampfmaschinen, sondern als verängstigte Soldaten, die dem Feind nur mit Müh und Not entkommen können. Die Überleitung vom rückblickenden Prolog in die Präsens der 1980er ist auffallend gelungen: Der Helikopter, der die zwei Freunde aus der Kriegshölle hinaus fliegt, scheint plötzlich durch die Zeit zu reisen. Nahezu nahtlos geht der vogelperspektivische Blick auf den Dschungel über in den auf die nächtliche Großstadt der Gegenwart. Die Kamera schwebt über die in zartes Licht gehüllten Dächer New Yorks, der Vorspann beginnt, eine sanfte Ballade setzt ein – ein Moment, der Ruhe und Frieden ausstrahlt, und damit im krassen Gegensatz zu den eben noch erlebten Gräueltaten steht, die freilich immer noch nachhallen. Es wird deutlich: Die Männer mögen dem Tod entronnen sein, den Ort gewechselt und die Jahre überdauert haben. Aber das Trauma des Tötens, das haben sie mitgenommen.

Nach dem Sprung ins Jetzt (in das des Produktionsjahres 1980, versteht sich) sieht man Eastland und Jefferson als kistenschleppende Lagerarbeiter, die ein zwar bescheidenes, aber zumindest augenscheinlich recht unbeschwertes Leben führen. Ihre Vergangenheit, so scheint es, hat sie zusammengeschweißt, ihre Freundschaft unerschütterlich zementiert. Hin und wieder schalten sie allerdings noch in den Verteidigungsmodus – so geschehend, als sie ein paar Langfingern, die gerade im Begriff sind, ein Depot zu plündern, gehörig und mit schwingender Faust die Tour vermasseln. Leider gehören die verhinderten Gerstensafteintreiber zu einer skrupellosen Straßengang, die dezent überreagiert und einem der Männer, Jefferson nämlich, in einer stillen Gasse auflauert, wo sie dessen Wirbelsäule per Gartenkralle malträtiert. Den Überfallenen befördert das umgehens in den Krankenkassen-Chopper – Rollstuhlpflicht bis ans Ende seiner Tage (die deutsche Synchronfassung behauptet an dieser Stelle übrigens, man habe ihm das Genick gebrochen, was offenkundig Unsinn ist). Grund genug für Eastland, den verborgenen Vigilanten zu aktivieren und Vergeltung für seinen Freund zu üben.

Es ist wahrlich erstaunlich, wie schnell und beinahe selbstverständlich das hier vonstattengeht: Von einer Szene auf die nächste hat Eastland bereits eines der Bandenmitglieder in seiner Gewalt, ohne jedwede Vorbereitung oder Herleitung. Es scheint, als habe er bereits vor langer Zeit alles organisiert und nur auf einen Anlass gewartet, den inneren Kammerjäger endlich von der Kette lassen zu dürfen. Von seinem Gefangenen (es wird übrigens niemals erklärt, wie er ihn überhaupt in die Finger bekam) erpresst er nun den Aufenthaltsort des Rests der Gang, woraufhin der kampferprobte Wutbürger dort konsequent klar Schiff macht. „Er war doch nur ein Nigger“, versucht einer der Delinquenten die grausame Tat zu rechtfertigen. Eastland hebelt diesen rassistischen Ausfall mit bestechendem Pragmatismus aus: „Dieser Nigger war mein bester Freund.“ So simpel!

Das Publikum ist dabei prinzipiell auf seiner Seite. Auch dann noch, als er sich im Folgenden weiteren menschlichen Unrat vorknöpft, um diesen für seine Vergehen zur verdienten Rechenschaft zu ziehen. Als Held oder gar Identifikationsfigur taugt er dennoch zu keiner Sekunde. Denn nur vordergründig geht es ihm darum, Gerechtigkeit zu üben. Die kurzen Erinnerungsfetzen an den Vietnamkrieg, die hin und wieder mal aufploppen, wirken in dem Zusammenhang fast ein wenig zu plump. Auch ohne dieses ausgelutschte Stilmittel wäre klar gewesen, dass Eastland aufgrund seiner Vergangenheit mentale Blessuren mit sich herumträgt. Der Anschlag auf seinen (vermutlich einzigen wirklichen) Freund hat einen Schalter umgelegt. Seine Racheaktionen treffen zwar nie die Falschen – Autor und Regisseur James Glickenhaus [→ DER PROTECTOR] hat da wirklich ein paar abstoßende (wenngleich nicht unglaubwürdige) Zeitgenossen zu Papier gebracht. Doch die Taten des selbsternannten Kammerjägers sind letztlich nichts anderes als Ausdruck seines zerrütteten Seelenlebens. Weder empfindet er Freude an seinem Feldzug noch verschafft er ihm Genugtuung. Und dem Zuschauer ergeht es ebenso. Denn die Inszenierung der Ereignisse spiegelt die Psyche ihres Protagonisten: Alles ist trist, trostlos und über alle Maßen traurig.

Tatsächlich werden gängige Sensationslüste trotz explizit ausgespielter Brutalitäten kaum befriedigt. Nach dem knalligen Kriegsauftakt regiert überwiegend die Entschleunigung, und das bei einem Spannungsaufbau, der sich einer Klimax konsequent verweigert. Eastlands Rache an der Straßengang ist bereits nach gut 20 Minuten abgeschlossen. Seine anschließenden Selbstjustizaktionen scheinen dann gar keinem Plan mehr zu folgen, wirken improvisiert und impulsiv. Entsprechend episodenhaft sind sie auch gegliedert – wofür Glickenhaus sogar auf das völlig altbackene und eher aus der TV-Landschaft bekannte Stilmittel der Auf- und Abblenden zurückgreift. Auf der Bildebene herrscht überwiegend eine funktionale, dokumentarisch angehauchte Nüchternheit, die jedwede Ausprägung von Attraktivität vermissen lässt. Die Gewaltakte sind zahlreich und definitiv nicht ohne, aber ebenfalls ohne jede Ästhetisierung und damit ähnlich schmucklos wie das restliche Erscheinungsbild DER EXTERMINATORs. Insbesondere die Szene, in der ein anzugtragender Halunke an einem Haken von der Decke hängend in einer riesigen mechanischen Fleischfräse endet, brennt sich als Sinnbild des filmischen Nihilismus ein.

Als Gegenentwurf zu Eastland agiert der vom ehemaligen Western-Akteur Christopher George [→ DRECKIGES GOLD] verkörperte Kriminalbeamte James Dalton, der den Rächer am Ende auch stellt. Wider gängiger Schablonen wird er allerdings nicht zu dessen Widersacher aufgebaut. Mehr noch: Die meiste Zeit agiert er völlig losgelöst von der Haupthandlung. Anstatt mitzuerleben, wie er Ermittlungen anstellt, Erkenntnisse gewinnt, sich auf Eastlands Spur setzt und seinem Zielobjekt dabei immer näher kommt, sieht man ihm bei seinem wenig spektakulären Alltagstrott zu. Dazu gehört auch eine kleine Liebelei mit der Ärztin Megan Stewart (Samantha Eggar aus KEIN KOKS FÜR SHERLOCK HOLMES) und natürlich liegt die Vermutung nahe, das werde später noch einmal von inhaltlichem Belang sein. Aber so ist es nicht. Obwohl ihren gemeinsamen Telefonaten, Strandspaziergängen und Abendessen recht viel Zeit gewidmet wird, kommt es niemals zu einer Verbindung mit dem Fall Eastland. Natürlich könnte man es sich hier einfach machen und behaupten, Glickenhaus habe beim Schreiben lediglich versucht, Zeit zu schinden. Aber tatsächlich funktioniert das Konzept, weil es zeigt, welche alternativen Wege sich beschreiten lassen, um im Großstadtdschungel zu bestehen. Es ist kaum anzunehmen, dass Dalton als Polizist und Stewart als Ärztin mit weniger Gewalt und Elend konfrontiert werden als Eastland es wird. Aber während der eine zum desillusionierten Selbstjustizler wird, suchen sich zwei andere mitten im Moloch ihr kleines privates Glück.

Jeder Vigilantenfilm muss sich am Urvater des Genres messen lassen: Michael Winners DEATH WISH von 1974 mit Charles Bronson in der Hauptrolle. Zwar liegt ein Vergleich zunächst nahe, da hier wie dort ein einsamer Racheritter durch das Dunkel der Großstadt streift. Längere Zeit darüber nachgedacht, ergeben sich jedoch fast mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Denn der Exterminator ist kein Durchschnittstyp, der nach und nach zur Mordmaschine wird. Er ist bereits eine. Er braucht keinen Progress, um zum Richter und Henker zu werden. Nur einen Auslöser. Denn Tod und Gewalt, das kennt er schon längst. Auch die Folgen seiner Taten unterscheiden sich auffallend vom (vermeintlichen) Vorbild: Während die Behörden dort zum heimlichen Verbündeten des Abweichlers werden, wird er hier zum Staatsfeind erklärt und zum Abschuss freigegeben. So ist DER EXTERMINATOR am Ende auch eine Abhandlung über das Los der Kriegsheimkehrer, die von den Mächtigen erst ausgenutzt, dann aber im Stich gelassen wurden. Das verleiht dem vordergründig natürlich sehr plakativen Werk eine unerwartete Tiefe, die es aus dem Gros seiner Mitbewerber hervorstechen lässt.

Zwischen all den von Schmutz und Tristesse geprägten Bildern gelingen Kameramann Robert M. Baldwin [→ GRAUEN UM JESSICA] zudem ein paar wunderbare surreale Momente. Etwa jener, in dem Eastland einen Anruf tätigt – aus einer einzelnen völlig intakten Telefonzelle inmitten eines riesigen Trümmerhaufens. Ein paar Klischees und Albernheiten muss man freilich dennoch in Kauf nehmen. Genannt seien das Auto, das mal wieder grundlos explodiert, die beiden Geldeintreiber, die aussehen, als kämen sie gerade vom Jahrestreffen der Blues-Brothers-Fangemeinde, oder der Unterschlupf der brutalen Straßengang, die dort dermaßen entspannt zu launiger Disco-Mucke herumschwoft, dass man einen Moment lang meint, Eastland habe sich in der Tür geirrt und mische gerade versehentlich einen chilligen Studentenclub auf.

Laufzeit: 102 Min. / Freigabe: ab 18