Eigene Forschungen

Montag, 29. September 2025

DAS SUPERDING DER SIEBEN GOLDENEN MÄNNER


IL GRANDE COLPO DEI SETTE UOMINI D’ORO
Italien/Frankreich/Spanien 1966

Regie:
Marco Vicario

Darsteller:
Philippe Leroy,
Rossana Podestà,
Gastone Moschin,
Gabriele Tinti,
Giampiero Albertini,
Dario De Grassi,
Manuel Zarzo,
Enrico Maria Salerno



„Das ist doch unmöglich – die Farbe Ihrer Augen kann doch nicht wechseln!“
„Das tut sie immer, wenn ich verliebt bin.“


Inhalt:

Der verbrecherische Vordenker Alfred [Philippe Leroy] und sein kriminelles Komplizen-Kollektiv, die Goldenen Männer, sind wieder in Aktion: In Rom knackt die Räuberbande einen Tresorraum auf altbewährte Art und Weise. Aber dieses Mal hat sie Pech – am Ausgang des Fluchttunnels wartet schon der amerikanische Geheimdienst, um die Gruppe in Gewahrsam zu nehmen. Überraschenderweise ist dieser aber gar nicht primär daran interessiert, die Gauner gesiebte Luft atmen zu lassen. Stattdessen möchte er die Dienste der Bande selbst in Anspruch nehmen. Der Grund: Auf einem südamerikanischen Eiland stiftet ein kommunistischer Extremist [Enrico Maria Salerno] jede Menge revolutionäre Unruhe. Die Goldenen Männer sollen ihn entführen – als Dank winken sieben Millionen Dollar und die Freiheit. Der Deal wird akzeptiert. Als Köder agiert Alfreds verführerische Freundin Giorgia [Rossana Podestà], die sich das Vertrauen des eitlen Umstürzlers erschleicht und ihn in Windeseile um den Finger wickelt. Was noch keiner ahnt: Während Giorgia das Entführungsopfer weichklopft, plant Alfred parallel dazu noch ein eigenes Ding. Im Hafen der Hauptstadt liegt nämlich ein russischer Militärfrachter vor Anker – und in diesem lagern 7000 Tonnen Gold.

Kritik:

Das verschmitzte Bankraub-Intermezzo SIEBEN GOLDENE MÄNNER kam 1965 so gut an, dass das erfolgreiche Septett nur ein Jahr nach seinem ersten Kino-Coup abermals zuschlagen durfte. Dafür wurden keinerlei Kompromisse gemacht und wirklich alle sind wieder mit dabei: Philippe Leroy als affektierter Anführer, Rossana Podestà als die schillernde Frau an seiner Seite und all ihre kauzigen Kumpanen aus aller Herren Länder. Auch hinter der Kamera ändert sich rein gar nichts, weswegen die Fortsetzung zumindest auf personeller Ebene dem Vorgänger alle erdenkliche Ehre macht. Allerdings auch nur auf dieser. Denn die Belegschaft, so kristallisiert sich schnell heraus, ist auch so ziemlich das einzige, was mitgenommen wurde. DAS SUPERDING DER GOLDENEN MÄNNER unterscheidet sich nämlich in nicht unerheblichem Maße vom ersten Teil und geht inhaltlich wie stilistisch eigene Wege. Dabei wähnt sich das Publikum zunächst noch auf vertrautem Terrain, wenn die Ereignisse der ersten Minuten das Original noch bestmöglich rekapitulieren und der einleitende Raubzug abermals mittels Tarnmanöver, Tunnelgebrauchs und technischen Geräts erfolgt. Allerdings gibt dieses Mal nicht etwa Giorgia den Blickfang in der Bankfiliale, wie es erst den Anschein hat, sondern ihr Partner Albert, in fesche Frauenkleider gehüllt, während sie selbst Zigarre schmauchend im Hotelzimmer hockt und Anweisungen gibt. Dieser Rollentausch spielt bereits gekonnt mit der Erwartungshaltung, wenn vertraute Situationen erst erschaffen, dann aber auf links gedreht werden – wie sich die gesamte Fortsetzung ebenfalls weigert, Vertrautes zu servieren.

War Teil 1 bereits dezent unterwandert von den Mechanismen des Agentenfilms, unternimmt Teil 2 fast einen Hechtsprung in eben jenes Metier, wenn die Goldenen Männer plötzlich von der CIA eingespannt werden, um einen unliebsamen Kommunisten-Strolch von einer südamerikanischen Insel zu entführen. Warum davon ausgegangen wird, eine Handvoll Bankräuber seien das perfekte Personal, um einen Revoluzzer hopszunehmen, bleibt dabei völlig schleierhaft. Hat der Geheimdienst keine eigenen Leute für sowas? Was machen die denn beruflich? Jedenfalls ändert dieser Auftrag die Tonart erheblich, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Lief der Coup im Vorgänger noch im Verborgenen ab, bricht sich hier die große und ganz und gar nicht geheime Action bahn. Da werden Fäuste geschwungen, Maschinengewehre leergeballert und Torpedos abgefeuert – von der früheren Filigranität ist nichts mehr übrig, es regiert die grobe Kelle. Gleichzeitig werden auch die Gimmicks zahlreicher, denn kaum eine Aktion verläuft hier ohne bizarre Hilfsmittel. Der Flugrucksack und das Luftkissenboot gehen dabei fast noch als realistisch durch, aber manches Mal wird auch übers Ziel hinausgeschossen, wenn ein Gegner beispielsweise mittels eines fliegenden Boxhandschuhs ins Reich der Träume geschickt wird. Und wenn dann noch der gefangengesetzte Aushilfs-Fidel-Castro an einen funkensprühenden Traumabbildungsapparat angeschlossen wird, gleitet das SUPERDING endgültig in Richtung halbseidenen Science-Fiction-Quatsch ab.

Derlei Albernheiten hätte es wahrlich nicht gebraucht, kratzen sie doch ein wenig am unschuldigen Charme der Show und an dem Eindruck, Autor und Regisseur Vicario würde sein Publikum in ausreichendem Maße ernstnehmen. Den Spaß an der Sache kann das dennoch kaum trüben, denn DAS SUPERDING DER SIEBEN GOLDENEN MÄNNER ist insgesamt doch ein schöner Cocktail geworden, der auch von dem exotischen Insel-Setting profitiert. Die überschaubaren Schauplätze des Erstlings, der überwiegend unter Tage, im Hotel oder in der Bank stattfand, weichen einem bunten Abenteuerspielplatz mit jeder Menge Urlaubsflair, bei dem zudem alle naslang auch noch die Kulisse gewechselt wird. Auch die Verschiebung in Sachen Figurengewichtung muss als gute Idee gewertet werden. Albert, der bei Teil 1 den Ton angab, hält sich hier nämlich eher bedeckt im Hintergrund und überlässt stattdessen seiner Partnerin das Feld, weswegen Darstellerin Rossana Podestà endlich zeigen kann, was sie auf dem Kasten hat. Zwar hat sie lediglich die eigentlich abgestandene Rolle der verhängnisvollen Verführerin inne, aber was sie daraus macht, ist ein wahres Fest. Nahezu jede Szene, in der sie auftritt, beherrscht sie komplett und die Momente, in denen sie „Il Generale Presidente“ fachgerecht um den Finger wickelt, gehören zu den Glanzlichtern der Veranstaltung. Dass ihr Bezirzungsopfer von Enrico Maria Salerno [→ DAS SYNDIKAT] verkörpert wird, macht die Angelegenheit definitiv nicht schlechter. Dieser ist ja eher für seriöse Rollen bekannt und geschätzt, weswegen sein Mitwirken in fröhlichem Unfug wie diesem schon ein kleiner Lacher für sich ist. Den radikalen Revolutionsführer erweckt er als gleichermaßen affige wie naive Machtmenschen-Karikatur zum Leben, wobei das Skript auf tatsächliche politische Stellungnahmen verzichtet.

Was der Fortsetzung fehlt, ist ein klarer Fokus, pendelt die Story thematisch bisweilen doch arg hin und her. Die Nebenepisode, in der die Bande versucht, einen Frachter um seine goldene Ladung zu erleichtern, verträgt sich nicht so recht mit der Entführungsgeschichte, weil beide Handlungsstränge sich gegenseitig immer ein wenig ausbremsen. Auch gehen die titelgebenden Männer, die ja eigentlich Sympathiefiguren sein sollen, bei der Kaperung erstaunlich brutal und skrupellos zu Werke, was nicht wirklich zu dem Eindruck passt, den sie bis dahin hinterlassen haben. Das ist dann wohl ein Nebeneffekt des Fortsetzungssyndroms, des Fluchs, dass beim zweiten Teil immer alles noch ein bisschen lauter, härter und schneller sein muss. Aber da das Superding als Ganzes so fabelhaft comicartig geriet und auch nie selbst damit handert, sind kleinere Ausfälle wie diese verzeihbar. Wie wenig ernstzunehmen die Chose ist, zeigt die Sequenz, in der Giorgia zu einem Geständnis gezwungen werden soll, indem man eine Handvoll Schwarzer Witwen auf sie zu krabbeln lässt. Allerdings sind diese so eindeutig als mechanische Spielzeuge erkennbar, dass man direkt nach den Aufziehschlüsseln auf den Rücken sucht. Passenderweise zeigt sie dann auch nicht die Spur von Furcht, sondern krault einen der tatsächlich ziemlich knuffigen Achtbeiner, als wäre er ein kleines Kätzchen. 

DAS SUPERDING DER GOLDENEN MÄNNER endet mit Szenen aus der Eröffnung des Vorgängers, wodurch wohl symbolisch so eine Art Kreis geschlossen werden soll. Da beide Auftritte der Goldenen Männer so unterschiedlich ausgefallen sind, wirkt das zwar nicht ganz stimmig, aber immerhin garantiert diese Vorgehensweise jede Menge Abwechslung. Wo Teil 1 eine amüsante, überwiegend jedoch seriös aufbereitete RIFIFI-Variante war, wirkt Teil 2 mit seinen zahlreichen Action- und Abenteuerversatzstücken, wie U-Boote, Torpedos, Revoluzzer, Feuergefechte, Tauchgänge und Haiangriffe, wie die inoffizielle Verfilmung eines TIM UND STRUPPI-Bandes. Und das ist wahrlich nicht die schlechteste Referenz.

Laufzeit: 102 Min. / Freigabe: ab 12

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