Eigene Forschungen

Sonntag, 29. Dezember 2019

DAS SÖLDNERKOMMANDO


KILL SQUAD
Philippinen, USA 1982

Regie:
Patrick G. Donahue

Darsteller:
Jean Glaudé,
Jeff Risk,
Jerry Johnson,
Francisco Ramírez,
Bill Cambra,
Gary Fung,
Marc Sabin,
Cameron Mitchell



Inhalt:

Joes [Jeff Risk] Tag geht nicht gerade optimal zu Ende: Gerade freut er sich noch über die Zahlen seiner gewinnträchtigen Firma, da wird er in seiner eigenen Bude von einem Haufen abgehalfterter Halunken überfallen. Joe wehrt sich mit Händen und Füßen (vor allem mit Füßen) und tritt den Großteil der Brut fachgerecht zusammen, bis deren Anführer Butch [Cameron Mitchell] einfällt, dass er ja noch ne Knarre dabei hat. Die Folge: Joe wird angeschossen und landet im Rollstuhl, seine Frau hingegen überlebt den Überfall nicht. Die Polizei, da ist Joe sich sicher, kann nichts unternehmen. Aber zum Glück kennt Joe ein paar gute Leute: seine Vietnamkriegs-Kameraden Larry, Arthur, Pete, Tommy, K.C. und Alan. Dass die sich nicht lang bitten lassen, ist Ehrensache. Gemeinsam begibt man sich auf die Suche nach den Hintermännern des Anschlags. Dabei fliegen nicht nur fleißig die Fäuste, sondern auch Kugeln. Denn ein maskierter Scharfschütze lauert den Veteranen immer wieder auf, um sie mit gezielten Schüssen ins Jenseits zu schicken.

Kritik:

Sollte jemals jemand fragen, warum schlechte Filme besser sein können als gute, dann möge man ihm DAS SÖLDNERKOMMANDO reichen. Was Regisseur Patrick G. Donahue da Anfang der 80er Jahre auf die Leinwand zauberte, ist einfach ein ausgemacht behämmertes Hohlgeschoss, dessen sagenhafte Sinnbefreitheit einem die Freudentränen ins Knopfloch treibt. Freunden grobschlächtiger Billig-Action beschert das enthirnte Herumgekloppe ohnehin eine Überdosis Glückshormone, dienen die absurden Handlungsfragmente doch lediglich als notdürftiger Kitt zwischen einer Vielzahl ausufernder Prügelsequenzen. Die Story- und Figuren-Klischees, die dabei gleich kübelweise ausgeschüttet werden, machen KILL SQUAD (Originaltitel) zur eigenen Persiflage. Die erste halbe Stunde wandert der afrofrisierte Shaft-Verschnitt Larry lediglich von Mann zu Mann, um seine alten Kriegskumpel zwecks Rachefeldzug zusammenzutrommeln. Jeder, wirklich jeder der ehemaligen Soldaten ist bei Larrys Eintreffen zufällig gerade in eine Schlägerei verwickelt. Die Gründe dafür sind stellenweise von bemerkenswertem Schwachsinn: So arbeitet einer, Alan, inzwischen auf dem Bau und wird von seinen Kollegen am helllichten Tage einfach mal so vom Dach geschmissen. Grund: Er arbeitet zu schnell und lässt den Rest der Belegschaft daher zu schlecht aussehen. Aber Vietnam macht zäh: Alan trägt von dem Sturz nicht mal einen Kratzer davon und vermöbelt seine Möchtegern-Mörder nach Strich und Faden.

Ein simples „Joe braucht dich!“ genügt jeweils und schon sind die Kameraden an Bord, ohne jedes weitere Nachfragen und Wimpernzucken. So läuft das eben unter Vietnam-Veteranen! Jeder einzelne der auf diese Weise Rekrutierten ist eine fleischgewordene Karikatur, sei es der passionierte Messerwerfer, der dreschflegelschwingende Japaner oder das aufgepumpte Muskelpaket im modischen Michelin-Männchen-Gedächtnis-Look. Bevor es losgeht zur fröhlichen Vergeltungsaktion demonstrieren alle nochmal, einer Casting-Show gleich, ihre großartigen Fähigkeiten (z. B. Herumfuchteln mit Schlag- und Stechwerkzeug oder Anspannen der Muskeln) im Garten ihres Auftraggebers, was auch ein wenig unsinnig ist, da der sie ja gut kennt. Dann beginnt der eigentliche Auftrag, und zum Glück hat ihr Mandant bereits einen Namen parat: Einer der Gauner hörte auf den Namen 'Virgil'. Die Ermittlungen des Elitetrupps laufen nun dermaßen ab, dass sie einfach irgendwo hingehen und irgendwelche Leute fragen, ob sie einen Virgil kennen. Das endet dann immer – wer hätte es gedacht? - in einer kernigen Keilerei, bevor sie einen neuen Hinweis bekommen und sich zum nächsten Ort begeben, an dem dann wieder genau das Gleiche passiert. Dass sie bei ihren rabiaten Verhörmethoden jedes Mal auch ein paar Leichen zurücklassen, scheint indes niemanden zu interessieren.

Empfindlich dezimiert wird das Selbstjustiz-Kollektiv dabei von einem schwarzgewandeten Scharfschützen, der per gezieltem Beschuss dafür sorgt, dass auch die Helden nach und nach ins Gras beißen. Woher der Assassine schon immer genau weiß, wo er den Mannen eigentlich auflauern muss, warum er jedes Mal nur eine einzige Person über die Wupper schickt anstatt gleich die ganze Bagage, und warum die Runde nach jedem erfolgten Anschlag nur betroffen in der Gegend herumsteht, anstatt mal den Versuch zu unternehmen, ihren Kontrahenten am Schlafittchen zu packen, sind lauter Dinge, an die das Drehbuch nicht den Hauch eines Gedanken verschwendet hat. Wer hinter der Maske des mysteriösen Meuchlers steckt, ist dabei auch für ungeübte Knobelfreunde nicht schwer zu erraten. Dass die finale Auflösung dann trotzdem keinerlei Sinn ergibt, ist natürlich Ehrensache. Als Ausgleich für diese so konsequent durchgezogene Logik- und Vernunft-Ökonomie ballert sich der Verantwortliche Patrick G. Donahue (der neben Regie auch noch Drehbuch und Produktion übernahm) in einer amüsanten Nebenrolle als Kleinganove immerhin selbst in den Fuß. Sehr gut, Strafe muss sein!

Der enorme Vorteil dieser höchst einfallslosen Art des Geschichtenerzählens ist natürlich der, dass hier wirklich ständig etwas los ist. DAS SÖLDNERKOMMANDO besteht quasi zu annähernd 100 % aus reiner Kloppe und versucht gar nicht erst, irgendwelche Nebenschauplätze zu eröffnen. Da hier jeder noch so kleine Hilfsarbeiter offenbar Kung Fu beherrscht, kommen die Gegner dann auch regelmäßig aus allen Löchern gekrochen, um sich fachgerecht das Fell gerben zu lassen. Trotz dieser enthemmten Dauerkinetik wird das Geschehen allerdings doch rasch eintönig, da Bilder wie Situationen sich stets gleichen und den Machern auch bis zum Schluss nicht die kleinste Variation einfällt. Zudem wirken die Kampfgetümmel steif und einstudiert, und es ist kaum zu übersehen, dass die zahllosen Schläge und Tritte in Wahrheit ihr Ziel verfehlen (obwohl es von der Tonspur natürlich wieder scheppert, als würde jemand mit ner Baseballkeule durch nen Porzellanladen toben). Gepriesen sei daher der deutsche Verleih, der sich entschloss, die zahlreichen Defizite des kruden Werkes dadurch auszugleichen, dass man es gleich als Komödie unters Volk brachte. Das geht schon bei der Vermarktung los: „Haben Sie eine alte Rechnung zu begleichen? Hat Ihnen jemand die Braut ausgespannt? Pfuscht Ihnen einer ins Handwerk? Fackeln Sie nicht lange! Mieten Sie: 'Das Söldnerkommando'!“, heißt es im Trailer ganz nonchalant. Klar! Wer hat sich nicht schon mal ne Bande Söldner in die Bude bestellt, wenn die Alte fremdgegangen ist? Dass es sich bei den Protagonisten zudem gar nicht um Söldner handelt, sondern um einen Haufen versprengter Vietnam-Veteranen, war den Anbietern ebenfalls völlig wumpe.

All das ist aber nichts gegen das, was Synchronautor Michael Richter für den fertigen Film aus der Feder fließen ließ. Seine Dialoge sind von einem anderen Stern und realer menschlicher Kommunikation höchstens noch im Ansatz ähnlich. Sätze wie „Hör mal zu, du Rasenmäher!“ oder „Mein Freund hämmert dir ne Regenrinne in die Eule“ zählen da noch zu den normaleren Auswüchsen. Unterhaltungen wie „Ich glaube, ich muss dir ein paar Märchenfiguren in die Wolle schneiden, so kess wie du bist!“ - „Ich merk schon, du willst mir nen gebrauchten Lutscher ans Hemd kleben, du Bratenbengel!“ gelten hier als alltäglicher Sprachgebrauch, und auch verbaler Aberwitz wie „Für nass ist nicht! Deine Waschstraße hat’n Leck!“ oder „Das Dumme ist, dass Minus-Böcke keine Piepen bringen“ wird in dieser Welt mühelos verstanden. In Kombination mit der deutschen Sprachfassung wirkt der ohnehin schon bizarre und eigentümlich inszenierte Inhalt von DAS SÖLDNERKOMMANDO beinahe bewusstseinserweiternd. Für alle Interessierten der abseitigen Kino-Kunst ist das dadaistische Action-Brett sowieso Pflichtprogramm – zumal hier wirklich pausenlos die Post abgeht. Die permanente Prügelorgie wird höchstens mal unterbrochen von einer unmotivierten (und – Überraschung! - ebenfalls nicht sehr überzeugend in Szene gesetzten) Autojagd, einem kurzen Rückblick nach Vietnam (in dem die Figuren keinen Deut jünger aussehen als im Rest des Films) und wundersam-verschrobenen Szenen, in denen der Auftraggeber der Mission im Garten sitzt und mit entrücktem Blick an seinen Blumen riecht. Insgesamt nicht mehr und nicht weniger als der Hammer in Tüten!

Laufzeit: 84 Min. / Freigabe: ab 16

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