Frankreich 2018
Regie:
Benjamin Combes
Darsteller:
Eric Carlesi,
Philippe Allier,
Stéphane Asensio,
Olivier Dobremel,
Thémann Fagour,
Cécile Fargues,
Thyra Hann Phonephet,
Charlotte Poncin
„Seine Handlanger sind Ninjas.“ - „Verdammt, schon wieder diese Wichser!“
Inhalt:
Seine
Tage als wilder Kämpfer hat John Hunter [Eric Carlesi] nach Ende des
Vietnamkrieges hinter sich gelassen. Nun lebt er friedlich in einer
abgeschiedenen Hütte in den Wäldern Kanadas, zerhackt Baumstämme
per Schwerthieb und lässt den Lieben Gott nen guten Mann sein. Mit
der Ruhe ist es jedoch schlagartig vorbei, als sein alter
Kriegskumpan Leeroy Hopkins [Philippe Allier] bei ihm auf dem Rasen
steht und sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht
überbringt. Die gute: Johns Ex-Frau wurde kalt gemacht. Die
schlechte: Der Killer hat außerdem auch Johns kleine Tochter
entführt. Ob dieser Information schaltet der beinharte Ex-Soldat
umgehend wieder in den Kampfmodus und heftet sich ohne großen
Federlesens an die Fersen des Drahtziehers der ganzen Angelegenheit – die des ruchlosen Waffendealers Oleg Kinsky [Olivier Dobremel].
Dieser haust auf seinem Anwesen in Zentralamerika und lässt sich
Leib und Leben durch eine ganze Horde Ninjas schützen. Gottlob
besinnt sich John seiner Tage in Kriegsgefangenschaft, als er von
Colonel Yin [Thyra Hann Phonephet] in die Geheimnisse der
Ninja-Kampfkunst eingeweiht wurde. Derart geschult richtet John unter
Olegs Mannen ein zünftiges Blutbad an, das kaum einer an einem Stück
überlebt. Bevor er jedoch seine Tochter wieder in die muskulösen
Arme schließen kann, muss er sich noch einem viel stärkeren Gegner
stellen: einem mysteriösen Super-Ninja, der sich bei Bedarf
unsichtbar machen kann und scheinbar übernatürliche Kräfte
besitzt.
Kritik:
Wer
nicht genau hinsieht, der könnte den Gag glatt verpassen. Das schweiß-
und blutgetränkte Brutalo-Opus COMMANDO NINJA scheint nämlich auf
den ersten Blick unverkennbar dem tiefsten 80er-Jahre-Sumpf
entsprungen und somit Kind einer Zeit zu sein, in welcher Arnold
Schwarzenegger der ungekrönte Action-König war und raubeinige
Leinwand-Helden Konflikte noch mit gezückter Panzerfaust aus der
Welt schafften. Tatsächlich aber entstand dieser so altmodisch
anmutende cineastische Amoklauf erst 2018, nachdem der bis dahin in
Sachen Regie fast unbefleckte Franzose Benjamin Combes beschlossen hatte,
dass es an der Zeit sei für eine Ehrerbietung an das zum Teil
hemmungslos beknackte Krawall-Kino vergangener Tage. Mittels einer
Handvoll Euro und viel Wochenendfreizeit entstand so eine zunächst
45-minütige Retro-Sause, die dem Initiator aber immer noch nicht
ausreichte. Mit dem bereits vorhandenen Material als respektable
Visitenkarte warb er daher online bei Fans und Freunden in aller Welt
um weitere Gelder und brachte auf diese Weise genug Barschaft
zusammen, um den Otto dann doch noch so richtig von der Kette lassen
zu können. Zwar dauert die finale Version letzten Endes dann doch
nur etwas länger als eine Stunde, aber die hat es dafür auch in
sich. Denn für Action-Fanatiker der alten Schule ist COMMANDO NINJA
nicht weniger als ein kleines Fest.
Fast
wirkt es, als habe man tatsächlich beim Ausschlachten einer antiken Videothek die verstaubte VHS-Kassette eines längst vergessenen
B-Krachers entdeckt, der jahrzehntelang vor sich hinmoderte, um erst
Dekaden später wieder ein Publikum beglücken zu dürfen. Dabei sind
es entgegen dem Titel gar nicht so sehr die unzähligen Ninja-Heuler,
die hier genussvoll durch den Nostalgie-Fleischwolf gedreht werden. Die erste Hälfte orientiert sich stattdessen primär an Arnold
Schwarzeneggers tollkühner Tochter-Rettungsaktion aus
PHANTOM-KOMMANDO. Das verwundert kaum, gilt Mark L. Lesters ruppiger
Gassenhauer doch quasi als eine Art Prototyp des doof-lustigen
80er-Jahre-Spektakels. Der überwiegende Rest COMMANDO NINJAs zollt
dann dem philippinischen Vietnam-Vehikel Tribut und lässt
angestrengt cool dreinglotzende Mega-Machos in Kampfmontur und mit lässig ins Gesicht gesteckter Zigarre durch sumpfige
Dschungellandschaften stapfen, um sich mit plötzlich aus dem
Gesträuch springenden Unholden fetzige Feuergefechte zu liefern
(wobei auch durchaus mal ein Arm verlustig geht – was den
Angeschossenen natürlich nicht davon abhält, weiterhin wild blutend
um sich zu ballern).
Die
Anzahl der (vor allem visuellen) Zitate ist dabei enorm hoch. Bereits
nach wenigen Sekunden wähnt man sich beim PREDATOR (ebenfalls mit
Arnold Schwarzenegger), wenn die durch das Dickicht schleichenden
Soldaten visuell entfremdet aus der Sicht eines schnaufenden Untiers
präsentiert werden. Die unvermeidliche Trainingsmontage zur Halbzeit
gemahnt überdeutlich an Jean-Claude van Dammes
Blutgrätschen-Blockbuster BLOODSPORT und KICKBOXER. Und natürlich
bekommt bei einer Publikation diesen Titels auch Trash-Ikone Godfrey
Ho, der für die zweifelsfrei schrottigsten Ninja-Streifen der
Geschichte verantwortlich war, sein Fett weg: So telefoniert der
Oberschurke mit dem legendären Garfield-Telefon aus NINJA
TERMINATOR, einer der feindlichen Ninjas trägt den markanten
Schnauzbart von Hos Lieblings-Darsteller Richard Harrison spazieren,
und als Hauptprotagonist John Hunter einen seiner Feinde per Raketenbeschuss zur Hölle schickt, verwandelt sich dieser kurz vor der Explosion in
einen notdürftig behangenen Kleiderständer, so wie es bereits bei
Hos zusammengestümpertem Kokolores-Knaller ROBO VAMPIRE der Fall
war.
Gigantische
Bizepse, knackige Frauenkörper, Gegner, die dem Helden bereitwillig
ins Feuer laufen und sich brav der Reihe nach aufstellen, um
erschossen werden … Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit gelingt
es Autor und Regisseur Combes, Stil und Stimmung früherer Zeiten zu
imitieren, ohne dabei plump oder anbiedernd zu wirken. Das
funktioniert deswegen so gut, weil sich seine Hommage nicht etwa über
die Originale erhebt, sondern sie schlicht und ergreifend einfach
feiert. Combes hat erkannt, dass es unsinnig wäre, sich über die
Vorlagen lustig zu machen, da sich diese mit ihren schlechten
Effekten und teils sagenhaft dummen Sprüchen stets selbst schon
gefährlich nah an der Selbstpersiflage bewegten. Natürlich lacht
man, wenn John Hunter einen einzigen Wurfstern schleudert und damit
gleich zwei (weit voneinander entfernt stehende) Gegner auf einmal in
die ewigen Jagdgründe schickt oder sich ein von Kugeln durchsiebter
Kontrahent beim Sturz vom Dach urplötzlich und gut sichtbar in eine
stocksteife Schaufensterpuppe verwandelt. Aber ist diese Komik eben einfach das Resultat einer nahezu perfekten Reproduktion. Combes übertreibt es lediglich dezent an den richtigen Stellen und
inszeniert den Rest überraschend konventionell, was zur Folge hat, dass COMMANDO
NINJA über weite Strecken nicht einmal so wirkt, als sei er dem
Genre der Komödie zugehörig. Auch darum wirken Dinge wie die
sonderbar-sinnlose Sequenz, in welcher die Helden im Dschungel von
Laos „kommunistische Raptoren“ jagen, oder der noch kurz vor
Schluss eingeführte Science-Fiction-Einschlag nicht nur fehl am
Platze, sondern sogar regelrecht ein bisschen ärgerlich.
Die
Gewaltdarstellung ist zwar extrem, aber immer deutlich sichtbar als
billiger Jahrmarktstrick zu entlarven, und die aus dem japanischen
Kino entliehenen Blutfontänen verführen auch eher zum Lach- denn
zum Herzanfall. Digitale Unterstützung holte sich Combes nur im
Ausnahmefall und für Sekundenbruchteile; die Mehrheit der Effekte entstand in Handarbeit. Interessant ist der Umstand, dass die Ereignisse COMMANDO NINJAs in einem Kosmos stattfinden, in dem das
Kino-Kollegium tatsächlich existiert. So hängen im Zimmer von Johns
Tochter u. a. Plakate von RAMBO oder AMERICAN NINJA, während im
Videorekorder der Mama ein Bodybuilding-Video mit Arnold
Schwarzenegger läuft. In visueller Hinsicht setzt Combes, wie viele seine
Mitstreiter in Sachen Nostalgie-Kino, auf einen nachträglichen
Filter, der Materialschäden anhand von Bildfehlern,
Farbverfälschungen und Gerumpel bei Szenenwechseln vorgaukelt.
Allerdings dient diese Masche hier nicht etwa dazu, einen
hässlichen Digitallook zu kaschieren, wie es andernorts oft der Fall ist – gedreht wurde ganz klassisch auf echtem Film, und das sieht man auch.
Das anfängliche Tempo kann COMMANDO NINJA freilich nicht bis zum Finale halten. Sein bestes Pulver hat das Werk bereits nach 30 Minuten verschossen (im Wortsinn, versteht sich). Vieles von dem, was danach noch kommt, ist lediglich Makulatur. Besonders der Showdown ist im Vergleich doch etwas sehr lasch geraten (bietet aber immerhin ein schönes Kiesgruben-Setting, um abschließend auch noch dem italienischen Endzeitfilm seine Ehre zu erweisen). Am Ende muss man zudem konstatieren, dass das ein oder andere Zitat dann doch etwas zu viel des Guten war – eine KEVIN – ALLEIN ZU HAUS-Karikatur hätte es nun wahrlich nicht gebraucht. Macht aber alles nix, denn die herrlich hirnlose Kirmes verbreitet dennoch sagenhaft gute Laune. COMMANDO NINJA ist ein Triumph und zugleich ehrfurchtgebietendes Anschauungsobjekt dafür, wie man ungeachtet bescheidener Finanzen mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft Großartiges erschaffen kann. Man muss schon eine ausgemachte Miesmuschel sein, um bei dieser Parade aus Machismus, Sexismus und selbstzweckhafter Brutalität nicht zumindest ein kleines Glücksgefühl zu entwickeln. Ob die deutsche Sprachfassung deswegen so steif geriet, um abermals an alte Zeiten zu gemahnen, als man der Flut an über die Videotheken hereinbrechenden VHS-Premieren oft nur mit eilig ins Mikro gekübelten Spar-Synchronisationen Herr werden konnte, ist zwar nicht überliefert, allerdings fügt sich auch das wunderbar ins Gesamtkonzept. „Ninjaaaaaas!!! Feueeeeeeeeer!!!!“
Das anfängliche Tempo kann COMMANDO NINJA freilich nicht bis zum Finale halten. Sein bestes Pulver hat das Werk bereits nach 30 Minuten verschossen (im Wortsinn, versteht sich). Vieles von dem, was danach noch kommt, ist lediglich Makulatur. Besonders der Showdown ist im Vergleich doch etwas sehr lasch geraten (bietet aber immerhin ein schönes Kiesgruben-Setting, um abschließend auch noch dem italienischen Endzeitfilm seine Ehre zu erweisen). Am Ende muss man zudem konstatieren, dass das ein oder andere Zitat dann doch etwas zu viel des Guten war – eine KEVIN – ALLEIN ZU HAUS-Karikatur hätte es nun wahrlich nicht gebraucht. Macht aber alles nix, denn die herrlich hirnlose Kirmes verbreitet dennoch sagenhaft gute Laune. COMMANDO NINJA ist ein Triumph und zugleich ehrfurchtgebietendes Anschauungsobjekt dafür, wie man ungeachtet bescheidener Finanzen mit viel Enthusiasmus und Leidenschaft Großartiges erschaffen kann. Man muss schon eine ausgemachte Miesmuschel sein, um bei dieser Parade aus Machismus, Sexismus und selbstzweckhafter Brutalität nicht zumindest ein kleines Glücksgefühl zu entwickeln. Ob die deutsche Sprachfassung deswegen so steif geriet, um abermals an alte Zeiten zu gemahnen, als man der Flut an über die Videotheken hereinbrechenden VHS-Premieren oft nur mit eilig ins Mikro gekübelten Spar-Synchronisationen Herr werden konnte, ist zwar nicht überliefert, allerdings fügt sich auch das wunderbar ins Gesamtkonzept. „Ninjaaaaaas!!! Feueeeeeeeeer!!!!“
Laufzeit: 68 Min. / Freigabe: ungeprüpft
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