Eigene Forschungen

Montag, 22. September 2025

SIEBEN GOLDENE MÄNNER


SETTE UOMINI D'ORO
Italien 1965

Regie:
Marco Vicario

Darsteller:
Philippe Leroy,
Rossana Podestà,
Gastone Moschin,
Gabriele Tinti,
Giampiero Albertini,
Dario De Grassi,
Manuel Zarzo,
Maurice Poli



„Eine winzige Kleinigkeit lässt den besten Plan zum Teufel gehen.“
„Und wenn man selbst der Teufel ist?“

Inhalt:

Albert [Philippe Leroy], ein britischer Gentleman, und dessen Geliebte, die divenartige Giorgia [Rossana Podestà], beziehen gut gelaunt eine luxuriöse Suite in einem Hotel in der Genfer Innenstadt. Kaum unter sich, öffnen sie ihre Koffer und füllen ihr Zimmer mit allerlei Schnickschnack: Radaranlage, Funkgerät – und ein Teleskop. Denn der Ausblick interessiert die beiden brennend. Direkt gegenüber erhebt sich nämlich das Hauptgebäude der „Credit Suisse Bank“. In diesem lagern die größten Goldreserven des Landes. Und dazwischen, gut verborgen zwischen all dem Hochkarätigen, liegt ein Peilsender – deponiert von Giorgia, nachdem der arglose Bankdirektor der attraktiven Frau nur wenige Stunden zuvor Einblick in die Schatzkammern gewährt hatte. Nun wird unten auf dem Vorplatz eine Baustelle errichtet. Sechs Straßenarbeiter nehmen ihre Arbeit auf. Jeder von ihnen stammt aus einem anderen Teil der Welt. Noch bis vor kurzem hat keiner den anderen gekannt. Ihre Vornamen beginnen alle mit demselben Buchstaben: A. A wie „Albert“. Das ist kein Zufall. Denn Albert ist der Kopf des Ganzen. Er rekrutierte die Männer. Er konstruierte den Plan. Und er hält die Fäden in der Hand. Auf sein Zeichen geht es los: Die sechs Komplizen begeben sich in die Tiefe und bahnen sich, per Funk gesteuert von den Anweisungen Alberts, ihren Weg durch die Kanalisation – schnurstracks in Richtung Reichtum.

Kritik:

Der französische RIFIFI (oder, im Original ausführlicher: DU RIFIFI CHEZ DES HOMMES) von 1955 verhalf aufgrund seines Erfolges einem Subgenre des Kriminal- und Gangsterfilms zu plötzlicher Popularität: dem Heist-Movie. Seither versammelten sich immer wieder mal mehr, mal weniger illustre Schauspieler-Ensembles auf der Leinwand, um gemeinsam den perfekten Raub zu begehen. SIEBEN GOLDENE MÄNNER reiht sich da recht nahtlos ein und variert die bekannten Story-Stationen nur rudimentär. Die düstere Noir-Attitüde der Vorlage allerdings weicht hier der beschwingten Lebensfreude der 1960er-Jahre, während die Erzählung selbst mit Elementen und Stilmitteln des damals ungemein angesagten Agentenfilms verknüpft wird. Das läuft wunderbar rund, zum einen, weil Regisseur Marco Vicario [→ DIE NACKTEN STUNDEN] sein Werk voll und ganz im Griff hat, zum anderen, weil das Publikum hier schlichtweg genau das bekommt, was es auch erwartet: die Faszination der Verbrechensplanung, den Nervenkitzel bei deren Umsetzung – und nicht zuletzt, dem Zeitgeist entsprechend, eine gehörige, wenngleich das Szenario nicht erdrückende Portion Humor.

Dramaturgisch geschickt wird der Zuschauer zu Beginn erst einmal ins kalte Wasser geworfen. Die Aktion startet nämlich ziemlich unverzüglich und verzichtet auf deskriptives Vorgeplänkel. Mit Erklärungen wird ökonomisch umgegangen, Personen werden nicht vorgestellt und Zusammenhänge müssen in Eigenverantwortung eruiert werden. Das funktioniert auch deswegen, weil die Autoren (zu denen auch der Regisseur selbst gehört) eine gewisse Vorerfahrung seitens des Publikums voraussetzen können – die Konventionen sind schließlich geläufig und für welches Genre die Eintrittskarte gelöst wurde, sollte ebenfalls bekannt sein. Worum es geht und wie genau der Plan aussieht, erschließt sich einem somit erst Stück für Stück, auch mittels mehrerer Zeitsprünge in vergangene Ereignisse. Wahnsinnig originell oder gar kompliziert ist das Vorhaben nun allerdings nicht und auch in puncto Glaubwürdigkeit müssen einige Abstriche gemacht werden. Aber darauf kommt es eigentlich gar nicht an: Im Mittelpunkt steht nicht der schnöde Realismus, sondern elegante Kino-Unterhaltung mit einer gesunden Dosis mondänen Flairs, das mit nahezu diebischer Freude zelebriert wird. Schon der Auftakt stellt die Weichen: Noch während die beschwingte Titelmelodie läuft, schäkern Philippe Leroy [→ MILANO KALIBER 9] als „Albert“ und Rossana Podestà [→ DAS SCHLOSS DES GRAUENS] als Giorgia in der schicken Limousine und scheinen dabei Steed und Peel aus MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE Konkurrenz machen zu wollen.

Dieser feinen Herausgeputztheit steht das harte Handwerk gegenüber, für das die sechs weiteren Goldenen Männer zuständig sind, die natürlich gar nicht golden sind, sondern die orangefarbenen Overalls der städtischen Straßenarbeiter tragen. Während Albert und Giorgia im Hotelzimmer die Nobelhobel geben und den Einsatz akribisch durchorchestrieren, simuliert der Rest der Belegschaft in besagter Tarnung die Umsetzung akuter Baumaßnahmen, während er sich eigentlich – stets per Funk mit der „Kommandozentrale Luxussuite“ verbunden – durch das unterirdische Tunnelsystem den Weg zum Tresorraum der nahgelegenen Bankfiliale bahnt. Die technischen Spielereien, die dabei aufgefahren werden, manövrieren das charmante Gaunerstück entschieden in Richtung Spionage-Krimi; neben recht profanen Dingen wie Sprengstoff, Betonbohrern und Förderbändern kommen auch Peilsender sowie Radaranlagen oder versteckte Kameras zum Einsatz. Geht es dabei anfangs noch recht gemächlich zu, steigen Tempo und Dramatik spürbar, je mehr sich der zugrundeliegende Plan herauskristallisiert und je vertrauter einem die Figuren werden. Denn dass der Coup nicht ohne Komplikationen abläuft, liegt in der Natur der Sache – und des Skripts, das natürlich redlich bemüht ist, möglichst viele spannungsfördernde Stolpersteine unterzubringen. Und so treiben neugierige Polizisten, versiegende Luftzufuhr oder außerplanmäßige Wachmannanwesenheiten die Pulsschläge der Protagonisten zwischenzeitig tüchtig nach oben.

Dass der Bruch dennoch gelingt, ist ebenfalls keine Überraschung – SIEBEN GOLDENE MÄNNER folgt dann doch zu sehr den Regeln des Reißbretts, um das Rad neu zu erfinden. Und natürlich geht nach erfolgreichem Abschluss der Aktion das große Behumsen los: Jeder will plötzlich die Beute für sich und auf die einstige Kameradschaft wird ein goldener Haufen gesetzt. Das geschieht allerdings erst nach gut einer Stunde – so lange dauert es nämlich, bis die Barren ins Trockene gebracht sind. Leider bricht damit die Nervenkitzelkurve auch ein wenig ein. Vor allem das Finale zieht sich doch ziemlich und geriet auch generell eher unbefriedigend. Dem positiven Gesamteindruck freilich kann das nichts anhaben – zumal im letzten Drittel, nachdem sie zuvor in erster Linie als Blickfang eingesetzt wurde, auch endlich die Frau an der Seite der sieben Goldjungs charakterlich an Profil gewinnen darf. Rossana Podestà war die Gattin des Regisseurs, der ihre Ausstrahlung gekonnt in Szene zu setzen wusste. So steckt sie bei nahezu jedem ihrer Auftritte in einem neuen extravaganten Kostüm, trägt die imposanteste Perückenpracht spazieren und die verruchteste Brillenmode zur Schau, bevor sie sich im halbtransparenten Catsuit grazil auf der Couch lümmelt. Dass sie weitaus mehr auf dem Kasten hat, als durch Liebreiz zu glänzen, und ihre Rolle über die des attraktiven Anhängsels hinausgeht, beweist sie vergleichsweise spät, aber dafür umso eindrücklicher.

SIEBEN GOLDENE MÄNNER mag RIFIFI als Blaupause nutzen, besitzt jedoch genügend eigene Qualitäten, um aus dem Schatten des Vorbilds herauszutreten. Der spitzbübische Humor ist wohldosiert und schwebt eher als ironischer Unterton über dem Geschehen. Zugleich setzt die Inszenierung gezielt auf Kontraste: hier das Schwelgen in der luxuriösen Umgebung von Schalterhalle und Hotelzimmer, dort die Ungemütlichkeit des Untergrunds mit all seinen Rohren, Gängen und Ungastlichkeiten. Nicht jeder Einfall zündet gleichermaßen: Dass alle Männer namentlich mit „A“ beginnen und aus unterschiedlichen Ländern stammen, ist ein Gimmick, das eher redundant wirkt. Zumindest in der deutschen Fassung mutet Philippe Leroy als Anführer mit seiner verschliffenen Artikulation und den englischsprachigen Einschüben auch weniger wie ein Brite an, denn eher wie jemand, der sich gleich nen Tex-Mex-Burger mit doppelt Zwiebeln bestellen wird. Im Gegenzug dazu wurde in der Synchronfassung unterschlagen, dass eigentlich auch ein Deutscher zu den Goldenen Männern gehört – wahrscheinlich, weil dieser im Original den originellen Namen „Adolf“ trägt, der ja dezent vorbelastet ist. In der deutschen Fassung heißt er nun „Arturo“ und soll vermutlich einen Italiener darstellen. Für gute Laune sorgt zusätzlich die musikalische Untermalung, ein flauschiger Klangteppich, der ganz im Sinne des Zeitgeists gewoben wurde: locker-leichter Jazz, Bossa-Nova-Einflüsse und fröhlich gepfiffene Melodien, dazu lässige Orgel- und Trompetenklänge. All das in einem Kessel miteinander verschmolzen, macht aus den Goldenen Männern am Ende glänzende Unterhaltung. Das Publikum sah das wohl ähnlich  weswegen sie im Folgejahr gleich für einen neuen Coup zurückkehren durften.

Laufzeit: 91 Min. / Freigabe: ab 12

Montag, 15. September 2025

DER TODESRÄCHER VON SOHO


DER TODESRÄCHER VON SOHO
BRD 1972

Regie:
Jess Franco

Darsteller:
Fred Williams,
Horst Tappert,
Barbara Rütting,
Elisa Montés,
Siegfried Schürenberg,
Rainer Basedow,
Wolfgang Kieling,
Jess Franco



„Hallo! Hier spricht Edgar Wallace … sein Sohn.“


Inhalt:

In London mordet es sich immer noch am schönsten. Dieser Auffassung ist zumindest ein mysteriöser Messerwerfer, der seine Klingenschleuderkunst dazu missbraucht, ein paar Herren in die ewigen Jagdgründe zu befördern. Zuvor packt der Killer seinen Opfern aber jedes Mal noch die Koffer. Inspektor Redford [Fred Williams] versteht die Welt nicht mehr und sein Freund, der Krimi-Autor Charles Barton [Horst Tappert], der sich mit Rätseln aller Art beschäftigt, ist ihm ebenfalls keine Hilfe. Eine vage Spur führt den Ermittler schließlich zu dem undurchsichtigen Dr. Bladmore [Siegfried Schürenberg] und dessen Assistentin Helen [Elisa Montés].

Kritik:

Kino-Krimi-Kundigen dürfte der Inhalt entfernt bekannt vorkommen. Die ausgetauschten Namen täuschen nicht darüber hinweg, dass hier lediglich der gut 10 Jahre zuvor entstandene DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER neu geschnürt wurde. Sinn und Zweck der Aktion sind durchaus streitbar, zumal die vorherige Verfilmung gut goutierbar war und diese Neuinterpretation ihr nichts Nennenswertes hinzuzufügen hat. Interesse weckt sie dann auch in erster Linie als Anschauungsobjekt dafür, wie unterschiedlich sich ein und dieselbe Story interpretieren und inszenieren lässt. Denn obwohl DER TODESRÄCHER VON SOHO seinem Vorgänger erstaunlich dicht folgt, teils bis in den Dialog hinein, ist seine Wirkung doch völlig anders. War schon das Original nicht unbedingt ein Musterbeispiel stringenten Erzählens, gleicht die Präsentation hier durch das Weglassen oder zu lapidare Abhandeln von Informationen zeitweise einem Puzzle mit fehlenden Teilen. Beinahe publikumsverachtend springt man ziellos von Ort zu Ort, von Person zu Person, von Zeile zu Zeile, und erzählt dabei nur scheinbar eine Geschichte. In Wahrheit aber irrlichtern konturlose Gestalten wie Gespenster durch die Gegend und suggerieren eine nicht vorhandene Bedeutung, ohne dabei einen Hauch von Halt oder Orientierung zu bieten. Gelegenheiten, Einzelszenen spannend zu gestalten, wurden dabei fast konsequent in den Wind geschlagen.

Wer einen flüchtigen Blick auf den Namen des Regisseurs wirft und sich ein wenig im europäischen Bahnhofskino der damaligen Zeit auskennt, wird vermutlich nicht groß staunen: Dem Spanier Jess Franco, der eigentlich Jesús Franco Manera hieß, ging es eigentlich nie um die Einhaltung dramaturgischer Konventionen, sondern um das Kreieren von Stimmungen. Oft mit surrealer Note versehen und nicht selten unter prekären finanziellen Bedingungen entstanden, meist unter Zuhilfenahme populärer Zutaten wie Nacktheit, Kunstblut und unmoralischem Gebaren. Gerade deswegen verwundert es, dass man die Chance, veränderten Sehgewohnheiten Tribut zu zollen, überwiegend ungenutzt ließ. Das Original war, den Zeitumständen geschuldet, nämlich eigentlich viel zu brav und schrie regelrecht nach einer reißerischen Aufarbeitung. Brutale Messermorde, Wahn und Suizid im Drogenrausch, verruchte Tanzlokale auf sündigen Meilen ... Eigentlich ein Heimspiel für den Regisseur, der sich seine Lorbeeren in diesen Bereichen längst verdient hatte. Ausgerechnet hier legte er jedoch eine ungewöhnliche Zurückhaltung an den Tag. Immerhin führt der Weg einmal in die berühmte „Flamingo-Bar“, die nur deswegen so berühmt ist, weil sie andauernd in Jess-Franco-Filmen erwähnt und/oder besucht wird. Da sitzen die Herr- und Damschaften dann immer ganz gesittet, als befände man sich nicht etwa in einer miesen Spelunke, sondern im vornehmen Opernhaus, und schauen zu schwofeligem Saxophongesäusel dem Mädchen der Saison minutenlang beim mal mehr, mal minder rythmischen Ablegen der Abendgarderobe zu. Aber nicht einmal das wird hier vollends ausgespielt, wendet sich die Kamera doch fast schamhaft von der Bühne ab, bevor die Show überhaupt erst so richtig beginnt. 

Das ist umso rätselhafter, da es offensichtlich nie das Ziel war, sich als anspruchsvolle Unterhaltung zu tarnen. DER TODESRÄCHER VON SOHO ist bis ins Mark durchdrungen von den typischen Schmuddel-Schwingungen des damaligen Bahnhofskinos, vor allem manifestiert in seinem schäbigen Look, der stark von Schauplätzen wie düsteren Hinterhöfen und ungastlichen Gässchen geprägt ist. Um den tristen Örtlichkeiten doch noch ein bisschen Leben einzuhauchen, lichtete sie Kameramann Manuel Merino Rodríguez [→ DIE SIEBEN MÄNNER DER SUMURU] oftmals im Weitwinkelmodus und aus ungewöhnlichen Perspektiven ab. Das Ergebnis sind unwirkliche, teils (alp-)traumhafte Bilder, die an den deutschen Expressionismus erinnern. Zwar wirkt der Einsatz eher willkürlich, statt wirklich Teil eines künstlerischen Konzepts zu sein. Dennoch bleibt die Bildgestaltung der einzige Aspekt, der zumindest im Ansatz den Anschein von Ambition vermittelt. Da begeben sich die Protagonisten schonmal zwischen zwei Spiegel, um einen sehnervverwirrenden Blick in die Unendlichkeit zu ermöglichen. Ins Auge stechen des Weiteren eine kurze visuelle Hommage an Alfred Hitchcocks VERTIGO sowie das Finale, wenn der Schurke versucht, der Justiz durch einen Tunnel zu entkommen – Bilder, die für den Bruchteil einer Sekunde an ähnliche Augenblicke aus dem Klassiker DER DRITTE MANN erinnern. Dass der Ort je nach Einstellung völlig anders ausgeleuchtet ist und Licht und Schatten sich dabei fröhlich die Klinke in die Hand geben, beweist dann allerdings wieder die generelle Gleichgültigkeit, mit der man hier zu Werke ging.

Die Besetzungsliste wird angeführt von Horst Tappert [→ PERRAK] als rotzigem Privatermittler mit Selbstjustiz-Allüren. Horst tappert trantütig durch die kargen Kulissen und lässt dabei keine Identifikationsmöglichkeit zu – zumal die Hintergründe seiner Figur über weite Strecken im Dunkeln bleiben. Ähnlich verhält es sich mit dem von Fred Williams [→ SIE TÖTETE IN EKSTASE] verkörperten Inspektor Redford, der laut Skript ein gewitzter Kriminalist sein soll. Aber anstatt zu ermitteln und logische Schlussfolgerungen zu ziehen, markiert er lieber den Schürzenjäger, taumelt ziellos durch die Gegend und trifft Entscheidungen, die schlichtweg nicht nachvollziehbar sind. Zwar gelingt es ihm am Ende, den Täter zu stellen, aber das ist eher dem Zufall als seinem Spürsinn zu verdanken. Insgesamt ist seine Rolle so überflüssig, dass man ihn auch gleich ganz aus dem Spiel hätte lassen können. Siegfried Schürenberg ist dem Krimifilmfan noch gut bekannt als Sir John von Scotland Yard aus der klassischen Edgar Wallace-Reihe, erstmals 1962 in DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN. Hier spielt er als zwielichtiger Arzt eine völlig andere Rolle, zwar gewohnt routiniert, sich aber sicherlich auch fragend, was das eigentlich alles soll. Perlen vor die Säue warf man mit Elisa Montés [→ DJANGO – DER RÄCHER], die in ihrer ersten Szene sehr charmant und schlagfertig eingeführt wird, später aber wirklich nur noch flennen und sich retten lassen darf. Für die humoristische Note sorgt Luis Morris [→ TODESMELODIE] als Fotograf, der laufend Sätze vom Stapel lässt wie „Ach, wie wunderbar sind doch des Schicksals Fügungen“. Die Figur kommt in der Kritik im Allgemeinen schlecht weg, ist aber tatsächlich ganz witzig und um Lichtjahre besser als ihr von Chris Howland gespieltes Pendant im originalen DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER. Und auch Regisseur Jess Franco [→ SADISTEROTICA] selbst gibt wieder einen Gastauftritt als „Messerexperte“ (ein schöner Beruf!), der allerdings nichts Nennenswertes beisteuert.

Gedreht wurde offenbar in Spanien – oder war es doch Portugal, wie von Jess Franco selbst einmal behauptet? Sicher ist nur: London war es nicht, auch wenn das Drehbuch unermüdlich darauf besteht. Allerdings gaben sich die Macher nicht einmal für fünf Pfennige die Mühe, eine überzeugende Illusion aufzubauen, was für ein maximales Desinteresse spricht, eine glaubhafte Welt zu servieren. Natürlich wäre es ein Leichtes, den Schwarzen Peter dafür dem Regisseur zuzuschieben, aber damit machte man es sich etwas zu einfach. Denn auch den Produzenten war offenbar nicht daran gelegen, ihrem Publikum etwas Brauchbares zu bieten. Hauptsache, auf der Leinwand bewegt sich was und der Name „Bryan Edgar Wallace“ (von dem stammt die Romanvorlage) steht als Lockmittel auf dem Plakat. Stand die "Wallace"-Marke gut zehn Jahre zuvor noch für eine gewisse (sogar stilbildende) Sorgfalt, kann davon hier nun wahrlich nicht mehr die Rede sein. Der schluderig zusammengeschusterte DER TODESRÄCHER VON SOHO ist für eine Massenbegeisterung völlig ungeeignet und nahezu ausschließlich für Fans der verschrobenen Eigenarten des Regisseurs von Interesse. Denn wie so oft bei Franco treffen visuelle Finesse und skurrile Einfälle auf einen (vermeintlichen) Dilettantismus, was einen durchaus faszinierenden Effekt erzielt. Wenn sich dazu noch Dialoge gesellen wie „Was wollen Sie?“ – „Ich möchte Sie heiraten!“ – „Ich hab heute meinen Quarktag und an meinem Quarktag heirate ich nie“, läuft ohnehin fast jede ernsthafte Kritik ins Leere.

Wer sich für die Lösung des Rätsels um die gepackten Koffer interessiert, der muss sich nach Auslaufen des Abspanns übrigens die letzten Minuten der älteren Verfilmung zu Gemüte führen. Die hat man hier nämlich schlichtweg vergessen. Dabei hätte man bei der Gelegenheit auch gleich mal klären können, warum überhaupt die ganze Zeit von Koffern die Rede ist, obwohl es doch offenkundig Reisetaschen sind.

Laufzeit: 81 Min. / Freigabe: ab 16

Montag, 8. September 2025

DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER


DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER
BRD 1962

Regie:
Werner Klingler

Darsteller:
Joachim Hansen,
Senta Berger,
Hans Reiser,
Leonard Steckel,
Chris Howland,
Peter Carsten,
Helga Sommerfeld,
Stanislav Ledinek



Ruhig, Brauner? Von wegen! Nachdem die Rialto-Film-GmbH mit ihren auf Vorlagen des britischen Autors Edgar Wallace basierenden Grusel-Krimis ab 1959 unerwartete Erfolge einheimsen konnte, zögerte die Konkurrenz nicht lang. Auf der Suche nach weiterem gewinnträchtigem Material stieß Produzent Artur Brauner auf den Filius des prominenten Vielschreibers, der sich ebenfalls als Verfasser schauriger Verbrechensgeschichten verdingte und dessen Name praktischerweise nur eine Silbe länger war: Bryan Edgar Wallace. Brauner sicherte sich nicht nur die Verfilmungsrechte an dessen Storys, sondern auch die Erlaubnis, eigene Stoffe unter dem Wallace-Banner vertreiben zu dürfen. Schon das zeigt, dass Inhalte hier gar nicht so wichtig waren – entscheidend war die Marke. Und tatsächlich klebte der findige Geschäftsmann das Wallace-Etikett in den Folgejahren auch auf eingekaufte Produktionen, die mit dem angeblichen Verfasser nicht das Geringste zu tun hatten. DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER, das erste Werk dieser neuen Reihe aus dem Jahre 1962, trägt das Siegel jedoch noch zurecht, denn es handelt sich tatsächlich um die Adaption einer Geschichte des berühmten Sohnes, die dem Vorbild wenig überraschend inhaltlich wie stilistisch bestmöglich nacheifert.

Inhalt:

Scotland Yard ist in Aufruhr. Schon mehrere Geschäftsmänner wurden per Dolchwurf hingerichtet. Das Mysteriöse: Der Mörder nahm sich jedes Mal die Zeit, seinem Opfer zuvor noch den Koffer zu packen. Wer seine Siebensachen verschnürt vorfindet, muss mit seinem baldigen Ableben rechnen. Inspektor Finch [Joachim Hansen] und sein Vertrauter, der Kriminologe Curtis Humphrey [Hans Reiser], versuchen gemeinsam, das Rätsel zu lösen, tappen aber überwiegend im Dunkeln. Eine vage Spur führt schließlich zur Praxis des ominösen Dr. Bransby [Leonard Steckel], der sich zunächst verdächtig macht, die Bedenken aber auch schnell wieder zerstreuen kann. Dafür lernt Finch bei dem Besuch die attraktive Arzthelferin Susan Brown [Senta Berger] kennen, auf die er auch prompt ein Auge wirft. Die junge Frau stammt aus den Vereinigten Staaten und ist erst kürzlich nach London gereist, um ihren Bruder zu suchen, der vor einiger Zeit spurlos verschwunden ist.

Kritik:

Es ist erahnbar: Natürlich hängen beide Fälle zusammen, wie hier ohnehin fast alles auf teils abenteuerliche Weise miteinander verknüpft ist. London ist groß, die USA sind es ebenfalls, aber am Ende ist trotzdem jeder irgendwie mit jedem verbandelt. Plausibel ist das nicht und inhaltlich kommt man laufend vom Hölzchen aufs Stöckchen. Zur Mörderhatz gesellt sich alsbald die Brudersuche und ähnlich hurtig befindet man sich unversehens in der halbseidenen Welt des Drogenhandels, alles dargeboten im Gewande des naiven Groschenromans und gespickt mit abstrusen Zufällen und haarsträubenden Ideen. Das erfindet das Wort „Aufregung“ gewiss nicht neu, ist aber schon mit sicherer Hand und Gespür für Atmosphäre umgesetzt. Speziell die Mordsequenzen sind stimmig arrangiert und bedienen sich mehrerer reißerischer Elemente, die erst später durch den italienischen Giallo kultiviert wurden, wie das schwarze Handkleid des Täters oder das effektive Aufblitzen der Klinge kurz vor der Tötung. Dass die panischen Opfer noch so sehr die Beine in die Hand nehmen können, vom Meuchler dennoch stets wider jede Logik eingeholt werden, nimmt sogar bereits den Slasher vorweg. Gegen Berufspsychopathen wie Michael Meyers oder Jason Vorhees hatten später ja nicht einmal professionelle Marathonläufer den Hauch einer Chance. Mit Maskierungen oder ähnlichen Gruselelementen hielt man sich hier ansonsten allerdings zurück, was fast ein wenig schade ist. Das hätte der allgemein eher dröge servierten Suppe zumindest noch etwas Salz hingefügt.

DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER spielt zwar – mit Ausnahme weniger Minuten – in London, doch wie bei der Konkurrenz von Rialto wurden nur ein paar Stadtimpressionen tatsächlich in Großbritannien gedreht, der Rest wurde in Berlin in den Kasten gekurbelt. Die Übergänge funktionieren dabei erstaunlich gut, zumal man sich einige Mühe gab, die Illusion aufrechtzuerhalten. Wer ein paar der Orte kennt, dem zieht’s dennoch hin und wieder die Mundwinkel gen Himmel, wenn die Straßen Spandaus mit britischem Fuhrpark und Linksverkehr zweckentfremdet werden. Ein kurzer erzählerischer Abstecher in die USA, genauer gesagt in die dortige FBI-Zentrale, sollte vermutlich noch mehr Internationalität vortäuschen – nötig gewesen wäre er allerdings nicht. Die Informationen, die Hauptfigur Finch dort bekommt, hätte er ebenso gut per Telefon erfragen können. Gewiss, in der Realität wäre das nahezu unmöglich. Aber in der hier entworfenen Fantasiewelt sind Hindernisse wie Datenschutzbestimmungen und geheimdienstliche Regelwerke schlichtweg nicht existent. Da reicht ein kurzer kumpelhafter Bürobesuch unter Männern und schon wird das benötigte Material gönnerhaft aus dem Ärmel geschüttelt. Aus dramaturgischer Sicht äußerst schwach ist allerdings, dass Finch seine neu gewonnenen Erkenntnisse dann gar nicht nutzt. Und das auch nicht zum ersten Mal: Bereits zuvor erfuhr er aufgrund eines völlig bekloppten Zufalls, dass eine Person aus seinem Umfeld nicht so unschuldig ist, wie es scheint. Doch anstatt den Verdächtigen zur Rede zu stellen, Vorgesetzte einzuweihen oder zumindest weitere Untersuchungen einzuleiten, unternimmt er – nichts. Er lässt die Dinge einfach laufen, bis am Ende alle Fäden automatisch zusammenführen und die Sache sich von selbst auflöst.

Das zeigt, wie wenig Wert darauf gelegt wurde, dem Publikum eine durchdachte Geschichte zu präsentieren. Stattdessen verließ man sich auf bewährte Versatzstücke und lieferte routinierten Dienst nach Vorschrift. Da die Umsetzung in kompetenten Händen lag, ist das Ergebnis zumindest auf formaler Ebene vorzeigbar. Besonders die teils wunderschönen Schwarz-Weiß-Kompositionen von Kameramann Richard Angst [→ DAS INDISCHE GRABMAL] stechen ins Auge. Aufgrund vertraglicher Verpflichtungen konnten die Produzenten allerdings nicht auf die versierten Schauspieler der Rialto-Reihe zurückgreifen – prominente Gesichter wie Joachim Fuchsberger, Karin Dor oder Eddie Arent sollten fest mit dem „Original-Wallace“ verbunden bleiben. Im Nachhinein ist das durchaus als Vorteil zu werten, da hier einmal ein paar andere Gestalten die Gelegenheit bekommen, durch Nacht und Nebel zu ziehen. Als ermittelnder Inspektor gibt sich Joachim Hansen [→ PERRY RHODAN – SOS AUS DEM WELTALL] die Ehre. Er spielt solide, doch fehlt es ihm ein wenig an weltmännischer Kaltschnäuzigkeit. In seinen unvorteilhaftesten Momenten wirkt er wie ein öliger Schlagersänger, der seine schmierigen Flossen nicht bei sich behalten kann. Ziel seiner oft aufdringlichen Annäherungsversuche ist die ahnungslos in den Fall verstrickte Arzthelferin Susan Brown, die von Senta Berger [→ SHERLOCK HOLMES UND DAS HALSBAND DES TODES] wacker verkörpert wird, obwohl sie ihrem offensichtlichen Vorbild Karin Dor nicht das Wasser reichen kann. Für die (zweifelhafte) Komik sorgt Chris Howland [→ SADISTEROTICA], der als „Geräuschjäger“ mit Tonbandgerät und Mikrofon durch die Szenerie schleicht – und dabei zufällig immer genau dort auftaucht, wo gerade etwas passiert. Im echten Leben wäre das hochverdächtig und würde mit Untersuchungshaft enden, hier soll es ein Witz sein. Was noch fehlt, ist eine echte Type vom Schlage eines Klaus Kinski. Zumindest im Ansatz übernimmt diese Funktion Zeev Berlinsky [→ DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE] als Kleinganove, der zu Beginn versucht, den von Hans Reiser [→ DER WÜRGER VON SCHLOSS BLACKMOOR] dargestellten Kriminologen Humphrey zu erpressen. Strotzend vor Selbstbewusstsein steht er in dessen Wohnung und konfrontiert ihn mit seinem Vorhaben. Doch als dieser den Spieß umdreht und ebenfalls mit brisantem Wissen über sein Gegenüber aufwarten kann, sieht der verhinderte Verbrecher seine Felle davonschwimmen und verlässt das Zimmer kleinlaut und Entschuldigungen murmelnd wieder auf dem Wege, auf dem er bereits gekommen war: durchs Fenster.

Zum Glück gibt es mehrerer solcher gelungenen Momente, die stets als gesundes Gegengewicht zu den weniger geglückten dienen können. Zu letzteren zählt neben den gewohnt ungelenk umgesetzten Keilereien auch die Szene, in der eine Frau sich in Todessehnsucht vom Dach stürzt, was aber keine Sau zu kümmern scheint, denn als sie am Fenster vorbei segelt, geht das Leben in der Bar ganz normal weiter als wäre nichts gewesen. Monty Python machte später aus der Nummer einen Sketch. Die Dialoge haben derweil oft durchaus Pfiff und die jazzige Musik von Gert Wilden [→ KÄPT’N RAUHBEIN AUS ST. PAULI] verleiht dem Geschehen anständigen Schwung. Ernüchternd ist nur, wie gleichgültig den Autoren ihre eigene Story war, deren Auflösung extra im Eilverfahren abgefrühstückt wird, damit man gar nicht erst die Zeit hat zu bemerken, dass hier kaum etwas Sinn ergibt. Ein Ereignis, das Verschwinden einer Reisetasche vom Tatort, um das zuvor ein Riesen-Brimborium gemacht wurde, wurde vom Skript dann sogar vollkommen vergessen und somit gar nicht mehr aufgeklärt. Und dann wäre da noch der große geheimnisumwitterte Aufhänger: die Koffer, die der Killer seinem Kanonenfutter noch bereitstellt, bevor er zur Tat schreitet. Am Ende ist es dann tatsächlich nicht mehr als eben das: ein Aufhänger, ein Köder fürs mysteriumaffine Publikum, der ziemlich hurtig keine Rolle mehr spielt und dessen (natürlich ebenfalls hanebüchene) Erklärung final in einem Nebensatz heruntergerattert wird. Ein bisschen mehr hätten Brauner & Co. ihrem Publikum beim Imitieren schon zutrauen dürfen.

Laufzeit: 81 Min. / Freigabe: ab 16

Montag, 1. September 2025

SEXUALRAUSCH


THE TOY BOX
USA 1971

Regie:
Ronald Víctor García

Darsteller:
Sean Kenney,
Ann Perry,
Jack King,
Uschi Digard,
Neal Bishop,
Debbie Osborne,
T. E. Brown,
Kathy Hilton


„Sonderfilm“ prangte in großen Lettern auf dem deutschen Kinoplakat zu SEXUALRAUSCH. Man kann also nicht behaupten, man sei nicht gewarnt gewesen. Allerdings wäre das, was da 1971 die Leinwand heimsuchte, mit „sonderlich“ noch recht wohlwollend umschrieben. THE TOY BOX, wie sich das obskure Treiben im Original nennt, ist tatsächlich nicht mehr und nicht weniger als die verfilmte Merkwürdigkeit.

Initiator der Veranstaltung war Produzent Harry H. Novak [→ DER SCHLÄCHTER], der sich die spätestens ab Mitte der 1970er-Jahre greifende Liberalisierung in Sachen Sex- und Gewaltdarstellung zunutze machte, um mit billig fabrizierten Exponaten sensationslüsternes Publikum anzulocken. Die Gründe für das Zeigen nackter Tatsachen waren dabei, wie so oft im beackerten Genre, natürlich überwiegend fadenscheinig und generell von der Mühe begleitet, das Gezeigte auf abendfüllende Länge zu zerren, obwohl man eigentlich gar nichts zu erzählen hatte. Prinzipiell schien dafür keine Idee zu absurd, solang man mit ihr irgendwie Nuditäten an den Mann bringen konnte. THE TOY BOX ist eines der Resultate dieser Philosophie und wirbelt als solches die Synapsen des Betrachters tüchtig durcheinander. Bereits beim Vorspann wähnt man sich buchstäblich im falschen Film, wenn zu den Einblendungen der Stabangaben eine Spielzeugeisenbahn um ein paar Puppen herumfährt, um schließlich von einer auf den Gleisen liegenden Babyflasche gestoppt zu werden. Dabei ist die Szene in Anbetracht des Originaltitels ja sogar noch nachvollziehbar. Kaum 70 Minuten später jedoch liegt jeder Hauch von Nachvollziehbarkeit in Schutt und Asche.

Inhalt:

Wenn ‚Onkel [Jack King] zur Sause lädt, dann zögert der gemeine Swinger nicht lang: Von fern und nah strömen verdorbene Männlein wie Weiblein in ‚Onkels altes Haus, um bei der bunten Massensexorgie mal wieder so richtig die Sau freizulassen (die Losung lautet übrigens: ‚Glücklicher Onkel‘). Dort stehen dann allerlei fidele Dinge auf dem Tages- bzw. Nachtplan, sei es hemmungsloses Herumtanzen, massiver Matratzensport oder ruchlose Rollenspiele. Alle halbe Stunde jedoch muss ein Pärchen die Treppe hinauf: Dort wartet bereits ‚Onkel auf sie, ein fetter alter Sack, bequem in seinem Ohrensessel sitzend, dem die Auserwählten dann eine zünftige Privatshow liefern dürfen. Sollte das Gezeigte sein Wohlwollen ernten, darf danach in die Spielzeugkiste gelangt werden, welche eine schöne Belohnung für die Kopulierer bereithält. Doch Ralph [Sean Kenney] und Donna [Ann Perry], zwei Stammgäste der gepflegten Feierlichkeit, kommt dieses Mal so einiges nicht geheuer vor, zumal es hieß, ‚Onkel sei bereits verstorben.

Donna (bei ‚Onkels Anblick im Sessel):
„Warum liegt er denn nicht in einem Sarg?“

Ralph:
„‚Onkel in einem Sarg? Der ist doch kein Spießer!“

Und tatsächlich entdecken sie Entsetzliches: ‚Onkel hat fürwahr bereits den lüsternen Löffel gereicht. Allerdings hat sich ein Außerirdischer dessen Körpers bemächtigt und steuert diesen nun fremd. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Der extraterrestrische Eindringling sammelt Erdbewohner, um sie auf seinem Planeten zu verkaufen – denn dort dienen diese als beliebte Droge.

Kritik:

‚Droge‘ scheint überhaupt das richtige Stichwort zu sein, denn was Autor und Regisseur Ronald Víctor García hier zusammengerührt hat, scheint vorwiegend im Delirium entstanden zu sein. Abgetrennte Köpfe teleportieren sich durch die Gegend, geheimnisvolle Lichter blinken und sprechen dabei, dichte Nebel wabern durchs Bild … „Erzähl uns endlich, was das alles hier soll!“, ruft die weibliche Hauptrolle in einem Moment aus, und man möchte aufspringen und ihr Beifall klatschen.

Ist die Sache im Original schon meschugge genug, arrangierte die deutsche Fassung alles noch mal ein bisschen neu. Das geht ja schon bei der Vermarktung los: SEXUALRAUSCH. Herrje, geht’s noch etwas formeller? Klingt, als habe man einen streng puritanisch erzogenen Akademiker mit vorgehaltener Waffe dazu gezwungen, sich den Titel eines Schmuddelfilmchens auszudenken. Aber natürlich ist das noch längst nicht der einzige Bregenverbieger. Aus unerfindlichen Gründen sah man sich beim deutschen Verleih nämlich dazu genötigt, das sündige Treiben mit einem erklärenden Off-Kommentar zu versehen. Gut, nun ist eine Erklärung des Ganzen eigentlich auch dringend notwendig. Aber anstatt ein paar erhellende Antworten zu liefern, wird einem zusätzlich ein moralinsaurer Vortrag über die Zuchtlosigkeit des Menschen um die Ohren gehauen, und zwar mit solch einer Inbrunst, dass man sich ob der Verkommenheit der eigenen Spezies direkt vor den nächsten (Spielzeug-)Zug werfen möchte.

Bereits der Anfangskommentar ist dermaßen tiefschürfend, dass er einfach komplett zitiert werden muss:

„Wenn man die materiellen Werte über die menschlichen stellt, wenn man den eigenen Körper in zahllosen Ausschweifungen zerstört hat und der Sexualtrieb abgestumpft ist, wenn von allen früheren Bedürfnissen nur noch eine unersättliche Machtgier übriggeblieben ist und der Hass auf die Jugend mit ihren zahllosen Möglichkeiten, dann gebraucht man die Macht, die man in den Händen hält, nicht zum Wohl der Mitmenschen, sondern zu ihrem Verderben. Und der Hass wird immer größer je mehr man spürt, dass man zum Zuschauen verurteilt ist, dass man die eigene Leere, Verlorenheit und Sinnlosigkeit des Daseins nur noch dadurch erträglich gestalten kann, dass man als Voyeur am Verderben der anderen Menschen teilnimmt, die man in materielle Abhängigkeit gebracht hat.

Es ist einfach in der heutigen Zeit, wo die menschlichen Werte veräußerlicht sind, wo der einzige Maßstab das Geld und alles käuflich ist, Menschen dazu zu bringen, ihre Würde zu verschachern, um sich zum Spielzeug eines perversen Voyeurs zu machen, der sein erbärmliches kleines Ich zu scheinbarer Größe aufbläht, wenn er andere Menschen wie Marionetten ohne eigenen Willen agieren lässt, ihr Intimstes bloßlegt, sie quält und lächerlich macht. Gegen Bezahlung werden sie zu Exhibitionisten, die ihren eigenen Körper und dessen Funktionen zur Schau stellen.

Wenn ein zum Voyeurtum verurteilter Psychopath über ausreichende Mittel verfügt, sich unerreichbar durch Unbefugte, versteckt vor den Augen des Gesetzes weiß, wenn er seine geheimen Wünsche ausleben kann, ohne die Ächtung der Gesellschaft fürchten zu müssen, dann beginnen die sexuellen Fantasien unkontrolliert zu wuchern und sich von einer Perversion in die andere hineinzusteigern in ein bizarres Inferno der seelischen Abgründe, wo Traum, Wachzustand, Vorstellung und Realität verschmelzen zur grotesken Wirklichkeit des sexuellen Wahnsinns, der nur ein erbärmlicher Ersatz ist für den echten menschlichen Kontakt.“

Potzblitz! Da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht!

Nochmal zum Mitschreiben: Man hat es hier mit einer siffigen Koitusparade zu tun über ein Alien, das Menschen sammelt, und zu diesem Zweck in den Körper eines toten Lustgreises fährt, um die begehrten Kohlenstoffeinheiten, die auf seinem Planeten als Droge gehandelt werden, vor seinen toten Augen miteinander kopulieren zu lassen. Und aus diesem Mosaik der Merkwürdigkeiten, dem es primär darum geht, Fortpflanzungsorgane ins rechte Licht zu rücken, hat man in Deutschland versucht, ein teils philosophisches, teils dokumentarisch angehauchtes Moralstück zu machen, das einem ständig vorjammert, der Mensch sei nur noch ein Voyeur. Das ist so widersprüchlich, das sprengt einem fast die Hirnschale weg. Der erzkonservative Konsens, der von der Norm abweichendes Sexualverhalten als krank und gesetzeswidrig bezeichnet, sei dabei noch nicht einmal erwähnt. Und so wird immer wieder bierernst und bedeutungsschwanger der Untergang des Abendlandes prophezeit, weil alle Welt nur an Geld und Genitalien denkt. Da ist dann schon mal von sexueller Erniedrigung‘ die Rede, obwohl das Bildmaterial das eigentlich gar nicht hergibt. Eingesprochen wurde das tiefschürfende Geraune übrigens von Christian ‚Robert De Niro Brückner, und zwar teils schön über die eigentlichen Dialoge hinweg. 

Dazu passend wurden in die Synchronisation immer wieder Dialoge eingefügt, um die Geldgier aller Beteiligten zu verdeutlichen und damit zu suggerieren, die Protagonisten ließen sich aus reinem Gewinnstreben in sexuelle Abhängigkeiten treiben. Es wäre interessant zu wissen, ob nach dieser Standpauke ein paar Besucher aus dem Sessel gesprungen sind und den Heimweg angetreten haben, um von da an ein geläutertes, tugendhaftes Dasein zu führen. Im Finale veränderte man dann auch noch ein wenig den (ohne kaum vorhandenen) Sinn und kehrte das Science-Fiction-Element nahezu vollends unter den Teppich, um stattdessen eine weitere Predigt über menschliche Verworfenheit einzuflechten (Die männliche Hauptrolle kommentiert das sehr treffend mit: „Wen wollen Sie denn mit dem Blödsinn hinterm Ofen hervorlocken?“). Kaum der Rede wert, dass diese Änderung das Geschehen noch unverständlicher macht, da die scheinbar übernatürlichen Kräfte des Porno-Opis so gar nicht erklärt werden und die Bedeutung der Schlussszene ebenfalls nebulös bleibt.

SEXUALRAUSCH ist somit am Ende nach konventionellen Maßstäben kaum zu bewerten – ein echter „Sonderfilm“ eben. Immerhin kann man feststellen, dass die enorme Verrücktheit dieses beinahe psychedelischen Trips einen ebenso ungewöhnlichen wie bizarren Zeitvertreib gewährleistet. Somit ist THE TOY BOX zwar eine verdammt billige, aber immerhin keine wirklich lahme Kiste geworden – und hat ja vielleicht sogar ein paar Seelen vor der Verderbtheit gerettet. Denn, wie heißt es doch so schön am Ende?:

„Die totale Destruktion der Persönlichkeit ist nun nicht mehr aufzuhalten. Das Ich zerfällt, und das Dasein des zur Marionette herabgewürdigten Individuums endet in hoffnungsloser Leere.

Amen! 

Laufzeit: 74 Min. / Freigabe: ab 18

Montag, 28. Juli 2025

ROBOMAN


ROBOWAR - ROBOT DA GUERRA
Italien 1989

Regie:
Bruno Mattei

Darsteller:
Reb Brown,
Catherine Hickland,
Massimo Vanni,
Romano Puppo,
Max Laurel,
Jim Gaines,
John P. Dulaney,
Mel Davidson



Regie: Vincent Dawn! Was für ein Name! Fast zu geil, um wahr zu sein. Und so ist es auch. Denn der Mann, der 1989 den ROBOWAR entfesselte, hieß eigentlich Bruno Mattei und war einer der fleißigsten Ideenkopierer der italienischen Filmindustrie. Zusammen mit seinem Kollegen Claudio Fragasso verwandelte er in den 1970er- und 1980er-Jahren Hollywoods Blockbuster in unverhohlene und schmal budgetierte Plagiate, die bei minimalem Aufwand maximalen Profit erwirtschaften sollten.

Wer im Action-Kino der 1980er-Jahre ein bisschen bewandert ist, erkennt dann auch auf Anhieb, welcher Leinwanderfolg dieses Mal Pate stand: PREDATOR von 1987, der die Schauspielkarriere des ehemaligen Bodybuilders Arnold Schwarzenegger nachhaltig zementierte. Selbiger tigerte dort mit einer Truppe testosteronschwitzender Freizeit-Kombattanten durch die schwüle Ungastlichkeit des Urwalds, um ein bisschen Krieg zu spielen und irgendwelche Rebellenheinis hopszunehmen. Doch nach Erfüllung des Auftrags beginnt ein außerirdischer Super-Killer das Söldner-Kommando zu dezimieren, bis nur noch der österreichische Anabolikafreund übrig ist, um dem Eindringling Paroli zu bieten. Der Mix aus Action und Science-Fiction ist inhaltlich zwar reichlich krude, besticht aber durch dichte Atmosphäre und einen gekonnten Spannungsaufbau.

ROBOWAR hingegen tut das nicht. Krude ist er trotzdem.            

Inhalt:

Ein Colonel, der nach dieser Einleitung nie wieder vorkommt, liefert dem Militärfuzzi Mascher eine kleine private Diashow.

„Hier sehen Sie Corporal Neal Corey, Waffenexperte. Ein Mann wie aus Stahl.“

Ein Mann wie aus Stuhl.


„Private Larry Garino, ein exzellenter Fährtensucher. Genannt: Didi. Oder Didi Bob.“

Hoppla, falsches Didi-Dia erwischt! Höhöhöhö ...

*tscha-kluk*

So, nun aber ...


Didi Bob sucht seine Fährte.


„Albert Bray, er war Stabsarzt in Vietnam. Genannt: Papa Doc.“

Eine echte Pfeife.


„Sonny Peel, eine menschliche Kampfmaschine. Wird Blood genannt.“

Wird Blood genannt. Ist aber Blöd.


„Nung-Quo, der beste Späher weit und breit. Er nennt sich Quang. Er hat einen sechsten Sinn, der ihn vor Gefahren warnt.“

Warum hat ihn sein Sinn nicht davor gewarnt, sich Quang zu nennen?


„Und hier der Kopf der Truppe: Major Murphy Black. Ein Offizer, der sämtliche Tapferkeitsorden verliehen bekam.“

Und die hat er offenbar alle unterm Barett versteckt.

Kaum ist die kleine Vorstellungsrunde vorbei, krauchen die sechs knallharten Knallchargen mit den verkniffenen Verstopfungsmienen auch schon durchs dichteste Dickicht, den etwas unkoordinierten und unstet umherwandernden Blicken nach zu urteilen allerdings reichlich planlos und generell auch ohne rechte Ahnung, wie eigentlich ihr Auftrag lautet. Nur der zwielichtige Mascher, der sich der von ihm rekrutierten Söldnertruppe ebenfalls angeschlossen hat, weiß, was Sache ist: Ein von der Armee mit heißer Nadel zusammengelöteter Kampfroboter namens Omega One läuft Amok durch den Busch und ballert nicht nur den Feind, sondern auch die eigenen Leute über den Haufen. Immer wieder finden die Männer unterwegs skelettierte Leichen, deren Herkunft sie sich nicht erklären können – Opfer von Omega One. Dann beginnt auch innerhalb der eigenen Reihen das Sterben: Der Schrott-Bot bläst zum Angriff und killt das Kollektiv Mann für Mann. Gibt es einen Ausweg?

Kritik:

Den außerirdischen Krieger aus der Vorlage hat man also gegen einen wildgewordenen Blechkameraden ersetzt, dem nicht nur ein paar Schaltkreise durchgeschmort sind, sondern der offenbar auch eine waschechte Persönlichkeitsstörung entwickelt hat. Bereits der Vorspann enthüllt: Das Teil parliert fortwährend mit sich selbst und gibt sich eigenmächtig Befehle, die es dann umgehend bestätigt und ausführt:

„Höchste Bereitschaftsstufe einschalten! Zu Befehl! Feinde anpeilen! Zu Befehl! Gefecht vorbereiten! Zu Befehl! Feinde ohne Ausnahme vernichten! Zu Befehl!“

Allerdings scheinen beim Bau noch so einige andere Dinge schiefgelaufen zu sein. Wie die subjektive Sicht der Killermaschine, die dem Publikum hin und wieder mal gewährt wird, verrät, sieht sie nämlich alles nur extrem verpixelt, was bei einem auf Treffsicherheit getrimmten Kampfroboter ja nun maximal suboptimal ist. Bei dem Wahrnehmungsvermögen müsste das Teil eigentlich ständig gegen Bäume laufen. Trotzdem holt es bereits zum Auftakt einen Heli vom Himmel und macht auch ansonsten ziemlich viel Rabatz. Die Wahl der Waffen variiert dabei stark und erscheint nicht immer ganz schlüssig: Mal feuert das Ding rücksichtlos aus allen Rohren, mal schleudert es lediglich Messer durch die Gegend oder fährt – Inspektor Gadget lässt grüßen! – kilometerlange Greifarme aus, um seine Beute pfiffig aus der Botanik zu pflücken. Wie diverse Leichenfunde nahelegen, häutet es seine Opfer manchmal auch, während von anderen sogar nur noch blitzeblanke Gerippe übrigbleiben, was nun so gar keinen rechten Sinn mehr ergibt. Hat Kollege Klapperkiste seinen Kontrahenten da am Ende etwa in heißhungriger Leidenschaft das Fleisch vom Knochen geknabbert?

Sehr wenig Leidenschaft floss hingegen in das Design des amoklaufenden Antagonisten: Der in Deutschland Roboman getaufe Rüpel-Bot ist einfach nur ein stinknormaler Typ mit Motorrad-Helm und entsprechenden Lederklamotten, auf die ein paar unsinnige Verzierungen gepappt wurden. Futuristisch wirkt das nicht für fünf Pfennig. Eher wie frisch aus dem Altkleider-Sack gezogen. Gewagt geriet auch das Outfit von Reb Brown [→ EINER GEGEN DAS IMPERIUM], der hier als Anführer der Söldnertruppe die Rolle übernimmt, die in der Vorlage Arnold Schwarzenegger innehatte. Der geht bei seinem ersten Auftritt nämlich in hautenger hellblauer Aerobic-Kluft an Land, gerade so, als habe man ihn für den Auftrag unmittelbar vom Tuntenball abkommandiert. Zum Glück tauscht er die kühne Klamotte später gegen etwas Dschungeltauglicheres ein – wobei eine Entscheidungsschlacht mit nem Helden im Polyester-Outfit natürlich schon einen gewissen Reiz gehabt hätte. Denn dass der von Brown verkörperte Murphy Black dem freidrehenden Kurzschluss-Kalle final als Endgegner gegenübertreten wird, ist in Anbetracht der hier abgefeuerten Klischeekanone so sicher wie das Amen in der Kirche.

Bis es soweit ist, passiert allerdings erst einmal jede Menge Garnichts. Die Story reicht nämlich vorn und hinten nicht aus, um 90 Minuten füllen. Das versucht man in erster Linie dadurch zu kaschieren, dass man die Gurkentruppe ellenlange Spaziergänge durch den Dschungel unternehmen lässt – stets von aufwühlendem Soundtrack und konzentriertem Mienenspiel begleitet, um Spannung zu suggerieren, wo schlichtweg keine ist. Zwar passierte strenggenommen auch beim PREDATOR gar nicht großartig mehr. Aber dort sorgten gekonnte Inszenierung und geschickte Dramaturgie dafür, dass der Trip trotzdem ausreichend Spannung erzeugte. Hier hingegen latschen lebendig gewordene Pappaufsteller durch den Busch, quatschen dummes Zeug in Dauerschleife („Drogensüchtig und verrückt – ich wette, dass die zwei Aids haben.“) und versuchen verzweifelt, dabei irgendwie Zeit zu schinden. Zwischendurch tappt einer der Experten wenigstens mal in eine Bärenfalle – aber das haut nun auch niemanden langanhaltend vom Schlitten.

Weil selbst Mattei und Fragasso klar war, dass ein Actionfilm auch ein bisschen Action braucht, wird irgendwie noch eine randalierende Rebellentruppe in die fade Robosuppe gerührt – und die gehört, da sind sich die hauptrollenden Helden schnell einig, ausgelöscht. Immerhin müssen sie versteckt mit ansehen, wie die garstigen Guerillas eine fliehende Geisel auf offener Straße exekutieren. Eingegriffen wird aber erst, als der weiblichen Gefangenen das gleiche Schicksal blüht – der hässliche Typ davor durfte ruhig ins Gras beißen. „Ich sie töten“, droht der Unhold den Befreiern, die Frau bereits mit der Knarre kitzelnd, und aufgrund des schlecht imitierten Fantasieakzents klingt es wie: „Ich seh Titten.“ Schön für ihn! Ist dann allerdings auch das letzte, was er sieht. Denn „Waffenexperte“ Neal Corey (das ist der, der wie aus Stahl ist) leert übertriebenerweise gleich ein ganzes Magazin in den Mann. Darum ist er ja auch Experte. Wer diese Aufständischen überhaupt sind, woher sie kommen und was sie wollen, das sind Fragen, für die interessiert sich hier keiner. Fest steht nur, dass sie böse sind. Als Murphy und seine Mannschaft die spanische Mission, in der sie hausen, dem Erdboden gleichmachen, gleicht das einem feucht-fröhlichen Jagdausflug hirnfreier Hinterwäldler, bei dem der Feind, der bereitwillig ins Feuer läuft, mit rassistischen Schimpfwörtern und launigen Sprüchen wie „Nur nicht so schnell – einer nach dem anderen“ ins Jenseits befördert wird.

Aufregend ist auch das nicht. Mattei und Team gelingt es an keiner Stelle, dem Geschehen irgendeine Form von Dynamik einzuhauchen. Das gilt für die Action ebenso wie für den Rest. Denn auch die permanente Bedrohung durch den synthetischen Krieger überträgt sich keine Sekunde lang aufs Publikum. Zum einen wirkt der Gegner, im Gegensatz zum Vorbild Predator, niemals wirklich unbezwingbar, sondern eben nur wie ein bewaffneter Motorradfahrer, dem man zur Not mit einem kernigen rechten Haken das Licht auspusten könnte. Und zum anderen ist einem die Truppe schlichtweg egal. Dabei sind die Darsteller eigentlich sogar recht gut besetzt – zumindest optisch. Jedes Figurenklischee wurde mit einem passenden Gesicht versehen. Tatsächliches Talent war da wohl eher zweitrangig. Allerdings dürfte es auch ziemlich schwierig sein, gegen die Albernheiten, die das Skript bereithält, darstellerisch zu bestehen. Da muss John P. Dulaney [→ SABATA KEHRT ZURÜCK], alias „Papa Doc“, schon mal rudernden Armes so tun, als würde er von irgendetwas unter Wasser gezogen. Schön ist auch der Moment, in dem der Roboman seinen (offenbar kilometerlangen) Arm heimlich über den Dschungelboden gleiten lässt, um einen der Männer zu schnappen und „abzuschleppen“. Sein Kamerad sieht das zwar. Aber anstatt Alarm zu schlagen, fragt er nur ganz verdutzt: „Was ist denn das an deinem Bein?“ Oder der Augenblick, in dem die Laufburschen ein in der Landschaft liegendes Leichenteil finden und jemand kommentiert das mit: „Das ist ja ein Arm.“ Mensch, danke für die Info!

Ansonsten verärgern die überwiegend unlogischen Verhaltensweisen aller Beteiligten. Da trägt der verräterische Auftraggeber Mascher, der sich als Erfinder des Roboters entpuppt, ein klobiges Gerät mit sich herum, das den Feind offenbar über „elektromagnetische Impulse“ kontrollieren kann. Als Quang (der mit dem sechsten Sinn, der ihn vor Gefahren warnt) das bemerkt, wirft er das Ding, ohne zu wissen, was das eigentlich ist und kann, einfach in den Fluss und meint: „Jetzt bist du so schwach wie wir“. Dass er hier womöglich gerade die Lösung aller ihrer Probleme in den Wassermassen versenkt hat, kommt ihm offenbar nicht in den Sinn. Nicht einmal in den sechsten. Allerdings trägt Mascher noch einen weiteren Apparillo mit sich spazieren, mit dem man den Roborolf sogar ganz simpel per Knopfdruck vernichten könnte. Das funktioniert aber leider nur, wenn man ihm direkt gegenüber steht und „mit der Frequenz direkt zwischen die Augen“ trifft. Wie ungemein praktisch erdacht und entworfen! Hoffentlich sind auch Batterien drin. Der Showdown versucht dann sogar noch, eine emotionale Komponente ins Spiel zu bringen, was eventuell sogar funktioniert hätte, würde Reb Brown nicht jede Nuance komplett vergeigen.

Nein, ROBOWAR ist nicht wirklich gut. Und auch die Synchronisation, die lahmen Enten wie diesen ja oft noch etwas Feuer unterm Hintern machen konnte, schickt sich nicht an, an der gegebenen Situation etwas ändern zu wollen. Allerdings ist die Nummer in ihrer Gesamtheit nun auch wieder nicht so unterirdisch, dass man sich darüber über Gebühr amüsieren könnte. Immerhin sieht hier alles tatsächlich nach Film aus, nicht nach Amateurkrams. Der PREDATOR-Look wurde meist ziemlich gut getroffen, der philippinische Dschungel sorgt für stimmungsvolles Ambiente und ein paar der Maskeneffekte sind richtig schön eklig. Positiv anzumerken ist auch der Synthie-Soundtrack, der speziell im Vorspann richtig gut reinhaut.

Empfehlung? Ja. Aber auch nein.

Laufzeit: 91 Min. / Freigabe: ungeprüft

Montag, 21. Juli 2025

SÖLDNERKOMMANDO II


DRAGON FORCE
USA, Hongkong 1982

Regie:
Michael Mak

Darsteller:
Bruce Baron,
Ho Tsung-Tao/Bruce Li,
Mandy Moore,
James Barnett,
Olivia Cheng,
Fong Min,
Randy Channel,
Seon Blake



Trübsal ist nicht alles, was geblasen wird.
[Jack Sargeant hat immer ein passendes Bonmot parat.]

Inhalt:

Wenn jemand schon Jack Sargeant heißt, dann dürfte klar sein, dass dieser jemand seinen Lebensunterhalt nicht durch Blumengießen bestreitet. Das zeigt sich bereits gleich zu Beginn, als die eben so genannte Person ihrem Gegenüber eine hübsche Kette um den Hals legt. Allerdings keine filigrane aus Gold und Geschmeide, sondern ein massives Eisenprodukt, das sich bestens dazu eignet, unliebsame Gestalten in ungeahnte Höhen zu hieven. Tatsächlich nämlich ist Sargeant [Bruce Baron] ein knallharter Killer, der im Auftrag der Regierung halbseidenes Geschmeiß zurück zum Absender schickt. Kaum gönnt er sich nach seinem letzten Einsatz eine Auszeit am Pool, bereitet Vater Staat seinem entspannten Geplänkel auch schon wieder ein jähes Ende. Eine neue Mission liegt bereit: Prinzessin Rawleen [Mandy Moore], Thronfolgerin des fernen Landes Mongrovia (das liegt vermutlich dort, wo die Auerochsen und Ure wohnen), wurde bei einem Staatsbesuch aus dem Domizil ihrer Freundin Elana [Cheng Man-Nga] entführt. Die Spur führt nach Asien, wo der schurkische General Marushka [James Barrett] sie gefangen hält und dazu zwingen will, politische Entscheidungen zu seinen Gunsten zu treffen. Sargeant nimmt Kurs auf Hongkong und trifft dort auf Dai Lung [Ho Tsung-Tao], den Anführer der Dragon Force, so eine Art Kung-Fu-Elite-Einheit, die ihn nach Absolvierung diverser Aufnahmerituale in ihre Reihen aufnimmt. Gemeinsam ziehen sie nun zu Felde gegen den garstigen General, der wiederum seine Ninja-Armee in die Schlacht schickt. Ein explosiver Kampf entbrennt.

Kritik:

DRAGON FORCE ist Bahnhofskino wie aus dem Bilderbuch und vereint in dieser Funktion so ziemlich alle Klischees, die von solch einem billigen Actionbrett erwartet werden darf. Bereits der grobschlächtige Beginn badet regelrecht in stereotypischen Szenen und Situationen, wenn – nach ein paar einleitenden Aufnahmen aus der verschwitzten Muckibude – der schmierige Bruce Baron ein paar Ganoven beim Diamanten-Deal behumst und im Anschluss so lang in der Gegend herum schießt, schlägt, stößt und stranguliert, bis jede Gegenwehr im Keim erstickt ist. In Kombination mit den schäbigen Schauplätzen, dem plumpen Schnitt und nicht zuletzt den saudummen Sprüchen, die dabei – zumindest in der deutschen Fassung – vom Stapel gelassen werden, ergibt das exakt die Art anspruchsloser Bodensatzunterhaltung, die man nach einem anstrengenden Arbeitstag in der Neurochirurgie einfach mal braucht.

Die Handlung ist wenig überraschend alles andere als originell und klingt zu Beginn fast wie aus einem Märchenbuch, wenn die Prinzessin eines Fantasiestaates aus den Gemächern ihres Schlosses (ok, es ist „nur“ so eine Art Herrenhaus) geraubt wird. Verantwortlich dafür sind jedoch nicht etwa geflügelte Ghule oder ähnliche Gestalten, sondern ein paar handelsübliche Ninjas, wie sie in den 1980ern nach Erfolgen wie ENTER THE NINJA an jeder zweiten Kinoecke zu finden waren  zum Glück, denn Ninjas machen fast alles noch ein kleines bisschen geiler. Bei geklauten Königstöchtern muss natürlich ein Fachmann ran, weswegen die Regierung keinen anderen Ausweg sieht, als Bruce Baron (alias Jack Sargeant) einzuschalten, der es sich gerade am Schwimmbecken gut gehen lässt. Hier war eindeutig James Bond die Blaupause – wobei man offensichtlich bestrebt war, das Vorbild noch zu übertreffen. Und wie toppt man eine dieser typischen Szenen, in denen Schwerenöter 007 kurz vor dem nächsten Auftrag mit einer leicht bekleideten Dame herumschäkert? Klar: Man verdoppelt den Weiblichkeitsfaktor und lässt seine Kopie gleich bei zwei Badenixen auf Tuchfühlung gehen. Auffallend attraktive Erscheinungen sind die beiden freilich nicht, aber Bruce Baron sieht ja auch nicht aus wie Sean Connery – eher wie jemand, der vorbeikommt, wenn das Rohr verstopft ist.

Und das Rohr ist verstopft, und zwar gewaltig. Darum geht es für Baron alias Sargeant postwendend nach Hongkong, wo er zunächst einen Kontaktmann treffen muss („Sagen Sie mir die geheime Parole!“ - „Die was? Es gibt keine Parole!“ - „Sehr richtig, das ist die Parole.“). Diese Episode ist eigentlich ziemlich überflüssig, denn weder der kugelsichere Pulli noch das explosive Jojo aus dem Arsenal des chinesischen Q können Sargeant begeistern. Stattdessen erhält er lediglich Informationen über seinen nächsten Ansprechpartner: den Anführer der Kung-Fu-Kampfeinheit Dragon Force, die der Originalfassung zu ihrem Namen verhilft. Dieser wird gespielt von Ho Tsung-Tao und ist Fans des Hongkong-Kinos alles andere als unbekannt, agierte er doch in mehreren Machwerken als Nachahmer und -folger der früh verstorbenen Kampfkunst-Ikone Bruce Lee (wofür er von den Produzenten das alberne Pseudonym Bruce Li verpasst bekam).

Das Erbe Bruce Lees ist nach Ninjas und James Bond dann auch die dritte Zutat, die in den großen DRAGON FORCE-Kopftopf geworfen wurde. Speziell das Finale erinnert massiv an den Durchbruch des Publikumslieblings: den 1973er-Kung-Fu-Kult ENTER THE DRAGON, der bereits zahlreiche Imitatoren beflügelte. Aber bevor die Fronten im attraktiven Insel-Setting geklärt werden, hangelt sich die Nummer ziemlich vergnüglich und im gesunden Tempo von Station zu Station und gefällt dabei durch ihr infantiles Gebaren ebenso wie durch ihr stets eingehaltenes Mindestmaß an Produktionsqualität. Klar, das Ganze ist kostengünstig und wenig ambitioniert in Szene gesetzt. Aber ein paar der späteren Schauplätze sind wirklich schick und die Actionszenen gefallen durch eine kompetente Umsetzung. Spannung im klassischen Sinne kommt freilich niemals auf. Aber langweilig wird es eben auch nicht, wenn Baron am laufenden Band von den skurrilsten Gestalten angegriffen wird, die wie die Perlen an der Schnur ins Szenario gleiten, sei es ein Samurai-Krieger, ein kostümiertes Drachentänzer-Duo oder eine nur scheinbar harmlose Flötenspielerin, die plötzlich ganz andere Töne anschlägt. Realistisch sind die Schlagabtausche natürlich keine Sekunde lang. Vielmehr erinnert das Ganze an eine launige Zirkusvorstellung, wenn fortwährend bunte Ninjas von den Dächern hüpfen, und das meist in praktischen Zweierpacks, weil sie so viel einfacher zu besiegen sind. Der Härtegrad bleibt dabei eher moderat – wohl auch, weil für ausufernde Brutalitäten das Budget fehlte. Und fliegen doch mal abgetrennte Gliedmaßen durch die Gegend, befindet sich die Effektqualität so ungefähr auf Geisterbahnniveau.

Bruce Baron [→ SÖLDNER KENNEN KEINE GNADE] in der Hauptrolle ist so schlecht, dass es schon fast als Karikatur durchgeht. Der in Hongkong aufgewachsene Darsteller machte sich vor allem durch seine Auftritte für Ramsch-Regisseur Godfrey Ho einen Namen. Dieser erwarb in den 1980ern die US-Rechte für zahlreiche asiatische Produktionen und drehte fürs amerikanische Publikum neue Szenen hinzu – oft mit irgendwelchen Hampelmännern, die in billigen Ninja-Kostümen durch die Botanik springen. Auch Baron war mehrmals dabei und mimisch passte er dort auch rein. Den weltmännischen Witwentröster hingegen kauft man ihm keine Sekunde lang ab; seine mit dreckigem Grinsen garnierten Anmachsprüche hätten in der Realität nicht einmal in der Dorfdisco um 5 Uhr morgens Erfolg. Hier hingegen wird er als unwiderstehlicher Charmebolzen verkauft, was immerhin als unfreiwilliger Lacherfolg funktioniert. Deutlich besser schlägt sich (im Wortsinne) Ho Tsung-Tao [→ TAG DER BLUTIGEN RACHE], der richtig Glanz in die Hütte bringt. Großartig besser als der Rest spielt er zwar strenggenommen nicht, aber er besitzt halt echtes Charisma. Zudem hat er körperlich auch wirklich etwas auf dem Kasten, weswegen die Kampfszenen mit ihm richtig was hermachen. Schade ist das frühe Ausscheiden des (fast schon obligatorischen) SHAFT-Verschnitts Max Leon, gespielt von Seon Blake, der als Sicherheitsbeauftragter der Prinzessin erst groß eingeführt, dann aber recht lieblos links liegengelassen wird. Dabei kam der schon ziemlich cool rüber und gern hätte man ihn später als Teil der Truppe gesehen.

Apropos Truppe: Der deutsche Titel forciert unnötigerweise eine Verbindung zum 1982er-Heuler KILL SQUAD, der vom selben Verleih als DAS SÖLDNERKOMMANDO vertrieben wurde. Das ist ziemlich paradox, denn Parallelen existieren weder auf inhaltlicher Ebene noch auf stilistischer. Die einzige Gemeinsamkeit liegt darin, dass beide Werke aufgrund ihres Trommelfeuers an Stereotypen und Stupiditäten reichlich gute Laune verbreiten. DRAGON FORCE ist ein ziemlich blöder, ziemlich bunter und ziemlich temporeicher Trip mit einem Drehbuch, das wirkt, als hätten es zwei 15-Jährige nach ner Runde Alkopops verfasst: Kloppe, Ninjas, nackte Weiber, dazu Missetäter aus der Mottenkiste, Hypnose durch rituelles Akupunktieren und dumme Sprüche, bis der Arzt kommt. Der Oberschurke ist so fett, dass er im Türrahmen steckenbleibt und einen Helikopter am Abheben hindern kann. Und die Ninjas? Die springen wie die Cheerleader übereinander, um Pyramiden zu bilden, und explodieren seltsamerweise, sobald sie besiegt sind. Trotz ihres relativ späten Erscheinungsjahrs ist die Veranstaltung zudem immer noch durchzogen von den wohltuenden Vibrationen der Post-Bruce-Lee-Ära, als sich die Tugenden des Hongkong-Kinos regelmäßig mit denen der amerikanischen Blaxploitation und Crime-Serien kreuzten. Das geht klar!

Laufzeit: 93 Min. / Freigabe: ungeprüft